Urteil des OLG Köln vom 16.04.2008

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Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 33/08
Datum:
16.04.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 33/08
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den
Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 30.01.2008 –
29 T 181/07 – wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt die
Antragsgegnerin. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt nicht.
Der Geschäftswert beträgt für die Rechtsbeschwerde 6.000,- €.
G r ü n d e
1
I
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Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der Wohnung Nr. 2 der Beteiligten zu 3. Die
Teilungserklärung in Verbindung mit ihrer späteren notariellen Änderung sieht u. a . vor,
dass dem jeweiligen Eigentümer der Einheit Nummer 2 unter Ausschluß der anderen
Eigentümer das alleinige Nutzungsrecht an einem Teil des zu dieser Wohnanlage
gehörenden Gartengrundstücks zusteht. Insoweit besteht ein Sondernutzungsrecht. Der
dem Sondernutzungsrecht des Eigentümers der Einheit Nummer 2 zugeordnete
Gartenanteil erfaßt ca. die Hälfte des hinter dem Haus liegenden Gartens, wobei eine
Grenze in der Mitte des Hauses rechtwinklig bis zum Grundstückende verläuft. Die
Antragsgegnerin hat ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer ihren Gartenanteil mit
einem tischhohen Maschendrahtzaun eingrenzen lassen, wie aus den zu den Akten
gereichten Lichtbildern ersichtlich ist.
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Mit ihrem Antrag verfolgen die Beteiligten zu 2. die Entfernung des Zaunes. Die
Beteiligte zu 3. verlangt Ersatz der Kosten des beauftragten Verfahrensbevollmächtigten
für dessen vorgerichtliches Tätigwerden. Das Amtsgericht hat beiden Anträgen
stattgegeben. Auf die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1. hat das Landgericht diese
Entscheidung bestätigt. Hierzu hat es ergänzend zur Erstentscheidung ausgeführt, dass
den Antragstellern - Beteiligte zu 2. – ein Anspruch auf Entfernung des Zaunes gemäß §
1004 BGB, §§ 15 Nr. 3, 14 Nr. 1, 22 WEG a.F. zustehe. Es handele sich um eine
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bauliche Veränderung, die auch zustimmungsbedürftig sei, da die Errichtung des
Zaunes zu einer nachhaltigen negativen Änderung des optischen Gesamteindrucks der
Anlage führe. Die Wohnanlage sei parkähnlich, wie aus den vorgelegten Lichtbildern
ersichtlich sei. Dies sei von Anfang an Bestandteil des Konzepts der Wohnanlage
gewesen, was auch die Antragsgegnerin nicht bestritten habe. Wegen des
Zahlungsanspruchs hat das Landgericht auf die Vorentscheidung Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Rechtsmittel.
II.
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Die in formeller Hinsicht unbedenkliche sofortige weitere Beschwerde ist nicht
begründet.
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Die Entscheidung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen, die allein Gegenstand des
Rechtsbeschwerdeverfahrens sein können (§ 27 FGG i. V. m. 546 ZPO), nicht zu
beanstanden.
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Aufgrund des festgestellten Sachverhalts ist das Landgericht zu Recht davon
ausgegangen, dass der von der Beteiligten zu 1. errichtete Zaun, der eine bauliche
Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG darstellt, zu entfernen ist. Denn die
für die bauliche Veränderung erforderliche Zustimmung der anderen Eigentümer ist
nicht gegeben. Das Aufstellen des Zaunes ist nicht gemäß § 14 WEG hinzunehmen, da
es mit einer nicht unerheblichen nachteiligen optische Beeinträchtigung des
Gesamteindrucks der Wohnanlage verbunden ist.
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Es entspricht einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung, die auch vom Senat geteilt
wird, dass für eine Beeinträchtigung, die über das Maß der §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 WEG
hinausgeht, bereits eine nicht ganz unerhebliche Veränderung des optischen Eindrucks
einer Anlage ausreicht (beispielsweise Senat vom 10.06.2005, OLGR 2005, 701; Senat
vom 12.01.2000 – 16 Wx 149/99; BayObLG, NJW-RR 91,722; OLG Düsseldorf NJWE-
MieR 1997, 111; Bärmann/Pick, WEG (a.F.), 16. Aufl., § 22 Rdnr. 2 m.w.N.). Diese
Grundsätze gelten auch für den Eigentümer, dem wie hier ein Sondernutzungsrecht an
einer Freifläche bzw. Garten eingeräumt worden ist. Auch dieser darf bauliche
Veränderungen an der ihm zugewiesenen Fläche, die unter die Voraussetzungen der
§§ 22 Abs. 1, 14 WEG a.F. fallen, nur mit Zustimmung aller Eigentümer vornehmen
(OLG Düsseldorf, a.a.O., mit w. N. Bärmann/Pick, WEG (a.F.), 16. Aufl., § 14, Rdnr. 11).
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Durch die Neufassung des WEG hat sich für diese Frage keine Änderung ergeben.
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Das Landgericht hat verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass der ursprüngliche Eindruck
des weder zu den Nachbargrundstücken noch in sich abgegrenzten Gartens der
Wohnungseigentümergemeinschaft der einer Parklandschaft ähnlich gewesen sei.
Diesen Eindruck hat das Gericht anhand der vorgelegten Lichtbilder gewonnen. Die zu
den Akten gereichten Fotos stellen eine ausreichende Grundlage für die Würdigung des
Landgerichts dar. Es bedurfte nicht noch eines Augenscheins, um sich einen
aussagekräftigen Eindruck von dem Garten der Wohnanlage sowie der Umgebung zu
machen. Zwar weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass der Beurteilung
nicht die gesamte auf den Lichtbildern erkennbare Grünfläche zugrunde gelegt werden
kann, da die Wohnanlage nur aus dem Haus Nr. 11 besteht. Jedoch begründet allein
schon die zum Haus Nr. 11 gehörende Gartenfläche den vom Landgericht festgestellten
weitläufigen Eindruck. Zur Wohnungseigentümergemeinschaft gehören zumindest zwei
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Gartenanteile, nämlich der der Antragsgegnerin zugewiesene sowie ein weiterer, daran
im Süden angrenzender Anteil, wie der der Teilungserklärung beigefügte Lageplan
erkennen lässt. Diese beiden Gartenteile waren bei Begründung der
Wohnungseigentümergemeinschaft weder unter sich noch zu den
Nachbargrundstücken in irgendeiner Form eingefriedet, so dass für die Gartenfläche des
Hauses Nr. 11 ursprünglich der Eindruck einer großzügigen, offenen Freifläche hinter
dem Haus entstand. Dass somit durch die Erstellung des Maschendrahtzaunes um die
Sondernutzungsfläche der Antragsgegnerin das optische Gesamterscheinungsbild der
Anlage nachhaltig gestört wird, ist ohne weiteres ersichtlich.
Bei der Beurteilung kommt es nicht darauf an, ob mit der Errichtung des Zaunes gewisse
Vorteile (für den Nutzer) verbunden sein mögen. Auch wenn das Sondernutzungsrecht
an einem "offenen" Garten nicht jede Nutzung ermöglicht oder manche Nutzungsart
erschwert wird, ist dies rechtlich ohne Bedeutung. Vielmehr ist allein entscheidend, ob
die Voraussetzungen des §§ 22 Abs. 1, 14 WEG vorliegen, mithin der optische
Gesamteindruck nicht unerheblich verändert wird (vgl. auch OLG Düsseldorf, a.a.O.).
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Soweit die Antragsgegnerin sich auf abweichende Entscheidungen auch des
erkennenden Senats stützt, kann sie damit keinen Erfolg haben. Es kommt jeweils
entscheidend auf das ursprüngliche Gesamtbild der Anlage an, somit auf die Umstände
des Einzelfalles, wie die Vorinstanzen zu Recht betont haben. Es ist denkbar, dass bei
anderen Wohnungseigentümergemeinschaft, die von vornherein eine Abgrenzung der
einzelnen Teileigentums- oder Sondernutzungsflächen vorsehen, das Aufstellen eines
Zaunes ins Bild passt und keine Beeinträchtigung der anderen Eigentümer darstellt.
Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor.
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Aufgrund des berechtigten Beseitigungsverlangens kann die Beteiligte zu 3. auch die
Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Inanspruchnahme ihres Rechtsanwalts
verlangen. Ergänzend wird auf die zutreffenden Gründe des Beschlusses des
Amtsgerichts Köln vom 19.06.2007 Bezug genommen.
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Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsgegnerin die Gerichtskosten des ohne
Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen haben, § 47 Satz 1 WEG a.F..
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Gründe, nach § 47 Satz 2 WEG a.F. eine Erstattung außergerichtlicher Kosten
anzuordnen, hat der Senat nicht gesehen.
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Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 III WEG a. F..
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