Urteil des OLG Köln vom 05.12.2001

OLG Köln: anleger, verrechnung, geschädigter, geldanlage, kündigungsfrist, rückzahlung, geschäftsführer, treuhänder, anfang, sicherheitsleistung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 13 U 38/01
05.12.2001
Oberlandesgericht Köln
13. Zivilsenat
Urteil
13 U 38/01
Landgericht Aachen, 12 O 300/99
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Aachen
vom 12. Dezember 2000 - 12 O 300/99 - wird auf seine Kosten
zurückgewiesen. 2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des
Landgerichts Aachen vom 12. Dezember 2000 - 12 O 289/99 - wird auf
ihre Kosten zurückgewiesen. 3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110% des aufgrund dieses Urteils gegen sie vollstreckbaren
Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
Die klagenden Eheleute nehmen die beklagte Bank auf Ersatz von Anlagebeträgen in
Anspruch, die sie in der Zeit vom 19.09.1995 - 31.01.1996 auf ein bei der Beklagten
geführtes Kontokorrentkonto (Nr. ; im folgenden nur noch /01) der W. Wirtschaftsberatungs
GmbH (im folgenden W-GmbH), deren Geschäftsführer der Anlageberater C. W. war,
eingezahlt haben, und zwar der Kläger in Höhe von insgesamt 66.000,00 DM und die
Klägerin in Höhe von insgesamt 22.000,00 DM. Am 31.07.1996 hat die Klägerin auf ihr
Drängen hin von der W-GmbH einen Teilbetrag in Höhe von 5.000,00 DM zurückerhalten.
Wegen ihrer verbliebenen Forderungen haben die Kläger Vollstreckungstitel gegen die W-
GmbH und Herrn W. persönlich erwirkt. In dem am 17.11.1997 eröffneten und am
26.01.2001 nach Abhaltung des Schlusstermins aufgehobenen Konkursverfahren über das
Vermögen der W-GmbH sind die Kläger ausgefallen; Vollstreckungsversuche gegen Herrn
W. persönlich blieben erfolglos. Herr W. ist mit Urteil der 6. großen Strafkammer des
Landgerichts Aachen vom 11.11.1997 wegen Betruges, unerlaubten Betreibens von
Bankgeschäften sowie Unterlassung des Konkurs- oder Vergleichsantrages zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und 6 Monaten verurteilt worden.
Die W-GmbH führte seit Mai 1993 - damals noch unter anderem Namen firmierend - bei der
Beklagten unter anderem ein Geschäftskonto mit der Nr. . Bei der Einrichtung des hier in
Rede stehenden Unterkontos /01 im Juni 1993 veranlasste Herr W., dass dieses
Unterkonto mit der auf den Kontoauszügen erscheinenden Bezeichnung "Treuhandkonto"
geführt wurde. Nachdem sich auf diesem Konto aus dort vorübergehend "geparkten"
Geldanlagen von Kunden der W-GmbH ein hoher Guthabensaldo gebildet hatte, den Herrn
W. verzinst haben wollte, kam es im Mai 1994 zu einer Vereinbarung mit der Beklagten,
wonach das im Soll geführte Hauptkonto der W-GmbH sowie das Unterkonto /01 "zins- und
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mindestreservemäßig kompensiert" wurden. Mit Schreiben vom 17.05.1994, welches Herr
W. für die W-GmbH am 19.05.1994 zum Zeichen des Einverständnisses gegenzeichnete,
bestätigte die Beklagte diese Vereinbarung wie folgt:
"Ihre bei uns geführten laufenden Konten Nr. und werden zins- und mindestreservemäßig
kompensiert. Dabei werden Ihre Konten bei der Abschlussberechnung so gestellt, als
würden alle Umsätze nur über ein Konto gebucht. Um eine Mindestreservekompensation
für die Salden der einzelnen Konten durchführen zu können, müssen von uns die
Anweisungen der D.B. über Mindestreserven (A.) strikt eingehalten werden. So dürfen u.a.
nur solche Forderungen mit Verbindlichkeiten kompensiert werden, die täglich fällig sind
oder mit einer Kündigungsfrist von einem Tag gekündigt werden können.
........
Um Ihre Konten auch weiter zins- und mindestreservemäßig kompensieren zu können,
müssen wir mit Ihnen folgende Absprache treffen:
Alle Forderungen unseres Hauses gegen Sie, die mit Ihren Sichteinlagen kompensiert
werden, sind in Höhe der täglich fälligen Guthaben täglich mit einer Kündigungsfrist von
einem Geschäftstag kündbar."
In der Folgezeit nutzte die W-GmbH die durch die Kompensationsvereinbarung erhöhte
Kreditlinie auf dem Hauptkonto aus. Am 20.03.1996 nahm die Beklagte mit Einverständnis
des Herrn W. eine Verrechnung beider Konten vor, indem sie das Guthaben auf dem
Unterkonto /01 in Höhe von 580.777,01 DM auf das Hauptkonto /00 zur teilweisen
Rückführung des dortigen Sollsaldos umbuchte. Bis zur Schließung des Unterkontos /01
am 20.03.1996 waren über dieses Konto knapp 5 Mio. DM geflossen.
Die Kläger haben behauptet, Herr W. habe ihnen für die auf dem Konto /01 eingezahlten
Anlagebeträge einen Zinssatz von 10,5% zugesagt und ihnen versichert, dass es sich bei
jenem Konto um ein Treuhandkonto handele, über das ausschließlich mit Zustimmung des
Auftraggebers verfügt werden könne, so dass keinerlei Risiko bestehe. Der Beklagten sei
auch bekannt gewesen, dass die W-GmbH auf dem Konto Geldbeträge ihrer Kunden
ansammelte, die ihr zu Anlagezwecken treuhänderisch anvertraut worden seien.
Die Kläger - der Ehemann im Rechtsstreit 12 O 300/99 und die Ehefrau im Rechtsstreit 12
O 289/99 (beide LG Aachen) klagend - haben beantragt,
die Beklagte - gesamtschuldnerisch haftend mit der W-GmbH und Herrn C. W. - zu
verurteilen, an den Kläger 66.000,00 DM und an die Klägerin 17.000,00 DM jeweils nebst
6% Zinsen seit dem 16.07.1999 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie hat behauptet, ihre Servicemitarbeiterin habe in dem von Herrn W. gewünschten Zusatz
"Treuhandkonto" bei der Einrichtung des Unterkontos /01 lediglich eine informatorische
Bezeichnung des internen Verwendungszwecks für die W-GmbH gesehen; der Zusatz sei
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auch nicht in den Eröffnungsunterlagen vermerkt, sondern nur in die EDV eingegeben
worden. Eine Vereinbarung über die Führung des Unterkontos als Treuhandkonto habe es
nicht gegeben; der Treuhandcharakter der dort eingezahlten Gelder sei ihr auch nicht
bekannt gewesen.
Mit Urteilen vom 12.12.2000, auf die Bezug genommen wird, hat das Landgericht beide
Klagen abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihren Berufungen unter
Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie meinen, das Landgericht habe die
in den angefochtenen Urteilen grundsätzlich zutreffend festgestellten tatsächlichen
Umstände unrichtig bewertet. Der Treuhandcharakter des Unterkontos /01 habe durch die
zwischen der W-GmbH und der Beklagten getroffene Kompensationsvereinbarung vom
17./19.05.1994 nicht verloren gehen können. Jedenfalls habe die Beklagte nicht sehenden
Auges zulassen dürfen, dass Herr W. weiterhin Treuhandgelder auf diesem Konto
ansammelte und eigenmächtig darüber verfügte. Es habe der Beklagten vielmehr oblegen,
eindeutige Verhältnisse zu schaffen und die Anleger aufzuklären. In Kenntnis des
Treuhandcharakters der häufig - so auch bei Einzahlungen der Kläger - mit dem
Verwendungszweck "Treuhandauftrag" gekennzeichneten Geldanlagen von Kunden der
W-GmbH auf diesem Konto habe die Beklagte keine Auszahlungen zulassen dürfen, die
den Treuhandcharakter nicht berücksichtigten; erst recht habe sie nicht selbst auf dieses
Konto als Sicherheit Zugriff nehmen dürfen. Bei rechtmäßigem Verhalten der Beklagten
wäre das Guthaben in Höhe von rd. 581.000,00 DM für eine Rückzahlung an sie - die
Kläger - erhalten geblieben.
Nachdem der Senat beide Berufungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und
Entscheidung verbunden hat, beantragen die Kläger,
unter Abänderung der angefochtenen Urteile die Beklagte - gesamtschuldnerisch haftend
mit der W-GmbH und Herrn C. W. - zu verurteilen, an den Kläger 66.000,00 DM und an die
Klägerin 17.000,00 DM jeweils nebst 6,5% Zinsen seit dem 16.07.1999 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
1. die Berufungen der Kläger zurückzuweisen,
2. hilfsweise der Beklagten gemäß § 711 ZPO zu gestatten, eine zur Abwendung der
Zwangsvollstreckung der Kläger zulässige Sicherheitsleistung auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu
erbringen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Urteile. Sie habe zu keiner Zeit einen - sei es
auch nur stillschweigenden - Verzicht auf ihr Vertragspfandrecht an dem Unterkonto /01
erklärt. Im Übrigen hätten die Kläger auch ohne die am 20.03.1996 von ihr vorgenommene
Verrechnung des Restguthabens auf dem Konto /01 keinen Anspruch darauf gehabt, ihre
der W-GmbH anvertrauten Gelder aus diesem Guthaben zurückzuerhalten.
Wegen aller Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat bereits in zwei Vorprozessen Klagen geschädigter Anleger der W-GmbH
gegen die Beklagte abgewiesen (mit Urteilen vom 31.05.2000 - 13 U 194/99 - und vom
14.06.2000 - 13 U 195/99 -). Die Akten jener Rechtsstreite waren Gegenstand der
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mündlichen Verhandlung.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die formell bedenkenfreien Berufungen der Kläger bleiben erfolglos. Das Landgericht hat
die allein in Betracht kommende deliktische Haftung der Beklagten (§§ 823, 826 BGB) für
den von den Klägern geltend gemachten Schaden mit Recht verneint. Voraussetzung für
eine solche Haftung wäre,
dass die Einzahlungen der Kläger auf ein sog. offenes Treuhandkonto der W-GmbH
bei der Beklagten geleistet wurden,
dass die Kläger ohne die Verrechnung des Habensaldos des (unterstellt) offenen
Treuhandkontos mit dem Debetsaldo des Eigenkontos der W-GmbH die eingezahlten
Beträge ganz oder jedenfalls teilweise (über die an die Klägerin zurückgezahlten 5.000,00
DM hinaus) zurückerhalten hätten,
dass diese Rückzahlung nicht aus Treuhandmitteln anderer, hierdurch geschädigter
Anleger erfolgt wäre, das verbleibende Guthaben vielmehr zur Befriedigung der
Rückzahlungsansprüche aller anderen Anleger ausgereicht hätte,
dass die Beklagte bewusst gegen die treuhänderische Bindung des Kontoguthabens
verstoßen und unter billigender Inkaufnahme, dass die Kläger hierdurch um die
Rückzahlung ihrer Geldanlagen gebracht würden, auf dieses Konto Zugriff genommen hat,
oder dass sie gar schon mit der Kompensationsvereinbarung vom 17./19.05.1994 bewusst
dem betrügerischen Verhalten der W-GmbH Vorschub geleistet hat.
Keine dieser Voraussetzungen ist erfüllt:
1. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Unterkonto /01 zunächst tatsächlich um ein
offenes Treuhandkonto handelte, hat dieses Unterkonto jedenfalls mit der
Kompensationsvereinbarung vom 17./19.05.1994 diese Eigenschaft verloren. Bei einem
offenen Treuhandkonto ist in aller Regel der Ausschluss des vertraglichen Pfandrechts an
dem Kontoguthaben sowie des Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechts der Bank mit
eigenen Ansprüchen gegen den Kontoinhaber gemäß §§ 133, 157 BGB als vereinbart
anzusehen. Ein Habensaldo auf einem offenen Treuhandkonto darf daher nicht mit einem
Debetsaldo auf einem Eigenkonto des Treuhänders verrechnet werden (BGH NJW 1973,
1754; NJW 1985, 1954; NJW 1987, 3250; NJW 1991, 101; NJW 1993, 2622). Die zwischen
der W-GmbH und der Beklagten getroffene Kompensationsvereinbarung vom
17./19.05.1994 hat aber gerade eine solche jederzeitige Verrechnungsbefugnis zum
Gegenstand. Die genannten Konten wurden danach zwar saldenmäßig getrennt
weitergeführt und zunächst nur zins- und mindestreservemäßig kompensiert. Das setzte
jedoch - wie in dem der Vereinbarung zugrunde liegenden Schreiben der Beklagten vom
17.05.1994 erläutert - nach den Anweisungen der D.B. eine taggleiche Fälligkeit der
Forderungen voraus, weshalb denn auch mit der Kompensationsvereinbarung zugleich
hinsichtlich der zu kompensierenden Konten eine tägliche Kündigung mit einer
Kündigungsfrist von einem Geschäftstag vereinbart wurde. Eine solche
Kompensationsvereinbarung schließt es schlechterdings aus, eines der zu
kompensierenden Konten noch als offenes Treuhandkonto zu behandeln. In dem gegen
den geschäftsführenden Gesellschafter der W-GmbH ergangenen Urteil der 6. großen
Strafkammer des Landgerichts Aachen (86 KLs 4/97) vom 11. November 1997 ist dies
richtig erkannt und klar herausgestellt worden: "Die vereinbarte Kompensation der beiden
Konten führte dazu, daß das Kundengeldkonto entgegen dem durch die Bezeichnung
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"Treuhandkonto" hervorgerufenen Eindruck für das Geschäftskonto der Firma des
Angeklagten voll haftete. Da die C. dadurch die Möglichkeit des Zugriffs auf die
Kundengelder erhielt, gewährte sie dem Angeklagten eine entsprechende Erhöhung der
Kreditlinie bezüglich des Geschäftskontos. Mithin konnte der Angeklagte das eingehende
Fremdgeld des Kontos "01" über den Kredit auf das Geschäftskonto praktisch
"abschöpfen". Das Guthaben auf dem Konto "01" blieb lediglich optisch stehen, während
der Soll auf dem Konto "00" ständig weiter erhöht wurde." (Seite 12 der
Urteilsausfertigung). Von einem offenen Treuhandkonto kann keine Rede mehr sein, wenn
zwischen dem Kontoinhaber und der Bank ausdrücklich eine jederzeitige
Verrechnungsmöglichkeit des Guthabens auf diesem Unterkonto mit dem Debetsaldo auf
dem Hauptkonto vereinbart wird. Jedenfalls die nach der Kompensationsvereinbarung vom
17./19.05.1994 von Kunden der W-GmbH auf das Konto /01 eingezahlten Gelder
unterliegen daher nicht dem für Treuhandkonten typischen vertraglichen
Verrechnungsverbot der Bank.
Ein Treuhandkonto setzt auch voraus, dass auf dieses Konto ausschließlich
treuhänderisch gebundene Gelder fließen. Andernfalls ist es für die Bank kaum möglich
festzustellen, welche Beträge der treuhänderischen Bindung unterliegen und welche nicht,
und eine Einstellung in das Kontokorrent praktisch undurchführbar. Ein Konto, welches nur
teilweise treuhänderisch gebunden ist, kann es daher nach allgemeiner Ansicht nicht
geben (vgl. Nobbe, Bankrecht, Rz. 62; OLG Brandenburg, WM 1999, 267 m.w.Nachw.). Die
aus der Kontenübersicht ersichtliche Handhabung, aus der sich regelmäßige
Bareinzahlungen auf das Konto ohne Treuhandhinweis ergeben, ist damit nicht zu
vereinbaren; sie spricht vielmehr entschieden gegen die Annahme eines offenen
Treuhandkontos.
1. Im Übrigen können die Kläger schadensersatzrechtlich nicht besser gestellt werden,
als sie stünden, wenn die Beklagte das Konto /01 als offenes Treuhandkonto behandelt
hätte. Schon in tatsächlicher Hinsicht kann indessen nicht mit einer nach § 287 ZPO
ausreichenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Kläger dann im
Gegensatz zu einer Vielzahl anderer Anleger die streitgegenständlichen Beträge von der
W-GmbH zurückerhalten hätten. Im Urteil der 6. großen Strafkammer wird zu der ab
November 1995 immer heikler werdenden Liquiditätslage der W-GmbH festgestellt (Seite
25 f. UA): "Ab November 1995 erhielt auch die Zeugin B. ihre Gehaltsschecks nur noch mit
erheblichen Verzögerungen und erst auf häufige Nachfragen. Der Angeklagte verzichtete
ab Ende 1995 auf sein Geschäftsführergehalt. Gleichwohl spitzte sich Anfang 1996 die
bereits ausweglose Finanzlage der Firma des Angeklagten weiter zu. So war jetzt nicht
einmal mehr ausreichende Liquidität vorhanden, um Rechnungen für Büromaterial zu
begleichen oder die Leasingraten für den Bürokopierer zu zahlen. Die Kreditlinie bei der C.
D., die bei ca. 500.000,- DM lag, war um 300.000,- DM überzogen. In der Folgezeit mit der
C. getroffene Rückführungsvereinbarungen wurden vom Angeklagten nicht erfüllt. Im
Februar 1996 führte der Angeklagte noch eine Mitarbeiterversammlung in der Stadthalle D.
durch, in deren Rahmen er versuchte, Optimismus zu verbreiten, gleichzeitig aber seine
Angestellten um kurzfristigen Gehaltsverzicht bat. In der Folgezeit ging er jedoch dazu
über, sich nach und nach von sämtlichen Mitarbeitern zu trennen....". Die Kläger gehören
auch nicht zu denjenigen Anlegern, die auf ihr Drängen hin von der W-GmbH auf das
Unterkonto /01 gezogene, von der Beklagten jedoch seit Anfang Februar 1996 trotz des
ausgewiesenen Guthabens "mangels Deckung" nicht mehr eingelöste
Verrechnungsschecks erhalten haben. Dafür, dass die Kläger ohne den Zugriff der
Beklagten auf das Restguthaben des Kontos /01 hieran wenigstens teilweise partizipiert
hätten, bestehen keine Anhaltspunkte. Zum Zeitpunkt einer etwaigen Kündigung ihrer
Festgeldanlagen tragen die Kläger nichts vor. Als die Klägerin am 31.07.1996 eine
Teilrückzahlung durch die W-GmbH in Höhe von 5.000,00 DM verlangt und erwirkt hat,
geschah dies erklärtermaßen nicht aufgrund einer Kündigung der gesamten Geldanlage,
sondern weil sie kurzfristig einen Teilbetrag in dieser Höhe benötigte und sich von Herrn
W. nicht vertrösten ließ, sondern in dessen Büro darauf bestand, so lange zu bleiben, bis
ihr das Geld ausgehändigt wurde. Dass sie damit Erfolg hatte, passt sich in die
Hinhaltetaktik der W-GmbH gegenüber den drängendsten Anlegern ein, wie sie im Urteil
der 6. großen Strafkammer vom 11.11.1997 näher dargestellt ist, gibt jedoch keinen
hinreichenden Anlass zu der Annahme, dass die Kläger ohne den Zugriff der Beklagten auf
das Konto /01 ihre Geldanlagen auch im Übrigen zurückerhalten hätten. Ohne die
Verrechnungsmöglichkeit mit dem Konto /01 hätte die Beklagte der W-GmbH auch nur eine
entsprechend geringere Kreditlinie auf dem Hauptkonto /00 verfügbar gehalten, so dass der
wirtschaftliche Niedergang der W-GmbH keinen anderen, den Klägern etwa günstigeren
Verlauf genommen hätte.
2. Angesichts der Vielzahl geschädigter Anleger (ca. 80) und der Höhe der
Gesamteinzahlungen auf das Konto /01 (ca. 5 Mio. DM) kann auch bei überschlägiger
Berücksichtigung als solcher erkennbarer Rückzahlungen nicht annähernd davon
ausgegangen werden, dass das per 20.03.1996 auf diesem Konto verbliebene und von der
Beklagten zur Verrechnung mit dem Debetsaldos des Kontos /00 verwendete
Restguthaben (= 580.777,01 DM) zum Ausgleich der Ansprüche sämtlicher weiterer
Forderungsberechtigter ausgereicht hätte. Soweit nach Januar 1996 überhaupt noch
Rückzahlungen aus dem Konto /01 erfolgt sind, konnten sie jedenfalls nur mit Mitteln
bewirkt werden, die aus Treuhandeinzahlungen weiterer Anleger auf dieses Konto
stammten. Selbst wenn man unterstellt, dass die Kläger zu den "Glücklichen" gehört hätten,
die auf diese Weise jedenfalls einen Teil ihrer Geldanlage aus Neueingängen
zurückerhalten hätten (wofür indessen nicht einmal eine hinreichende
Schätzungsgrundlage besteht), könnte dies keinen Schadensersatzanspruch in
entsprechender Höhe auslösen. Der Verlust einer tatsächlichen oder rechtlichen Position,
auf die der Geschädigte keinen Anspruch hat, stellt grundsätzlich keinen ersatzfähigen
Nachteil dar. Der Schaden muss bei wertender Betrachtungsweise in einem inneren
Zusammenhang zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen (vgl. BGH NJW
1994, 453). Daran fehlt es hier, soweit den Klägern durch das Verhalten der Beklagten die
Möglichkeit entgangen ist, aus Neueingängen weiterer Anleger Rückzahlungen zu
erhalten. Dieser Nachteil kann nicht als Schaden im Rechtssinne angesehen werden, weil
die Kläger keinen Anspruch darauf hatten, aus treuhänderisch gebundenen Mitteln anderer
Anleger befriedigt zu werden und auf diese Weise Vorteile aus dem von dem Treuhänder
W. fortgesetzten betrügerischen Verhalten zum Nachteil weiterer Anleger zu ziehen. Es
kann daher nicht darauf ankommen, ob der Guthabensaldo vom 20.03.1996 ausreichen
würde, neben den Schadensersatzforderungen der Kläger auch die diejenigen weiterer
Anspruchsteller, mit denen die Beklagte Stillhalteabkommen getroffen oder denen
gegenüber sie auf die Verjährungseinrede verzichtet hat, abzudecken. Die isolierte
Rechtsverfolgung einzelner Geschädigter rechtfertigt es nicht, die Rechte der übrigen
Geschädigten bei der Verteilung des Endsaldos auf dem Konto /01 außer Betracht zu
lassen.
3. Schließlich fehlt es aber auch an tragfähigen Anhaltspunkten für die Annahme, dass die
Beklagte im hier zu beurteilenden Anlagezeitraum Kenntnis von dem Treuhandcharakter
der streitgegenständlichen Geldanlagen der Kläger auf dem Konto /01 hatte. Das
allgemeine Wissen der Beklagten darum, dass die W-GmbH auf diesem Konto
Kundengelder ansammelte, reicht hierzu nicht aus. Die Tatsache, dass ein Bankkunde - für
die Bank erkennbar - bestimmte Geschäftsbereiche seines Unternehmens über hierfür
eingerichtete Sonderkonten abwickelt (die W-GmbH führte außer den hier in Rede
stehenden Konten noch eine Reihe weiterer Geschäftskonten bei der Beklagten, unter
anderem zur Abwicklung von Mieteinnahmen aus Wohnungsverwaltungen), kann allein
nicht genügen, um der Bank jede Möglichkeit zu nehmen, zur Durchsetzung ihrer
Forderungen aus anderem Zusammenhang bei wirtschaftlichem Zusammenbruch des
Kunden auf Guthaben solcher Sonderkonten zuzugreifen (vgl. BGH NJW 1985, 1954). Der
Beklagten müsste daher schon im jeweiligen Einzelfall Kenntnis von der treuhänderischen
Bindung der betreffenden Einzahlung nachzuweisen sein, wobei es der erforderlichen
positiven Kenntnis gleichzusetzen ist, wenn sie sich dieser Erkenntnis bewusst
verschlossen hat. Die Beklagte war indessen nicht verpflichtet, den vereinzelt von
Einzahlern angegebenen Verwendungszweck "Treuhandauftrag" zur Kenntnis zu nehmen.
In Rechtsprechung und Schrifttum besteht auch Einigkeit darüber, dass mit der Einrichtung
von Treuhandkonten keine allgemeine Pflicht des Kreditinstituts zur Überwachung des
Treuhänders verbunden ist, ob dieser sich bei Verfügungen über das Konto jeweils im
Einklang mit seinen Pflichten aus dem Treuhandverhältnis verhält, dass es vielmehr Sache
des Treugebers ist, darüber zu wachen, dass sich der Treuhänder nach den Anweisungen
des Treuhandverhältnisses richtet (vgl. BGH WM 1987, 1416, 1418; Gößmann in: BuB, Rz.
2/247; Hadding/Häuser in: Bankrechtshandbuch, 2. Aufl., § 37 Rn. 57; Hüffer/van Look,
Rechtsfragen zum Bankkonto, 4. Aufl., Rn. 136 m.w.Nachw.). Die Kläger behaupten selbst
nicht, sich etwa bei der Beklagten über die Richtigkeit der Versicherung des
Geschäftsführers der W-GmbH vergewissert zu haben, bei dem Konto, auf das die Kläger
ihre Einzahlungen zur Geldanlage erbringen sollten (und erbracht haben), handele es sich
um ein Treuhandkonto, über das ausschließlich mit Zustimmung der Treugeber verfügt
werden könne (!). Die Kläger tragen nicht einmal vor, dass ihnen zum Zeitpunkt ihrer
Einzahlungen der Aufdruck "Treuhandkonto" auf den das Unterkonto /01 betreffenden
Kontoauszügen der W. GmbH bekannt gewesen sei und sie etwa hierdurch in dem
Glauben an die Richtigkeit der Zusage bestärkt worden seien. Die Darstellung der Kläger,
sie hätten ihre Zahlungen im Vertrauen auf die Seriosität der Beklagten als Treuhandbank
geleistet, entbehrt daher jeglicher Grundlage. Sie haben vielmehr blindlings auf die
unrealistischen Angaben des Geschäftsführers der W-GmbH vertraut.
4. Der Umstand, dass sich die Beklagte um das Innenverhältnis zwischen der W-GmbH und
ihren Kunden, die Gelder auf das Konto /01 einzahlten oder durch die W-GmbH einzahlen
ließen, nicht zu kümmern brauchte, schließt zwar eine solche Kenntnis nicht aus. Für den
maßgeblichen Zeitraum der nach der Kompensationsvereinbarung vom 17./19.05.1994
erfolgten streitgegenständlichen Einzahlungen der Kläger bietet der Streitstoff indessen
keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine solche Kenntnis. Auf eine nach der letzten
Einzahlung der Kläger liegende Kenntniserlangung kann es für die Beurteilung einer
deliktischen Schadensersatzverpflichtung der Beklagten gegenüber den Klägern ebenfalls
nicht ankommen. Eine nachfolgende Kenntnis der treuhänderischen Bindung lässt weder
die vertraglichen Rechte der Bank gegenüber dem Kontoinhaber entfallen noch die
Ausübung dieser Rechte als sittenwidrig erscheinen. Erst recht lässt sich nicht feststellen,
dass die Beklagte mit der Kompensationsvereinbarung vom 17./19.05.1994 etwa bewusst
dem betrügerischen Verhalten der W-GmbH Vorschub geleistet und sich bereits damit nach
§ 826 BGB den weiteren Anlegern - ohne Begrenzung auf das verrechnete Guthaben des
Kontos /01 - schadensersatzpflichtig gemacht haben könnte. Der Streitstoff gibt in
tatsächlicher Hinsicht nichts für die Annahme her, dass die Beklagte mit der
Kompensationsvereinbarung im Eigeninteresse unter Inkaufnahme einer Schädigung von
Anlegern gehandelt hat. Zu der Kompensationsvereinbarung ist es gekommen, als der
Geschäftsführer W. die Beklagte auf eine Verzinsung des Guthabens auf dem Konto /01
angesprochen hat. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Beklagte noch keinen Anlass zu der
Annahme, dass sich die W-GmbH in finanziellen Schwierigkeiten befinde. Es bestand
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daher bei der Beklagten kein erkennbarer Bedarf, sich zur Vermeidung oder Verminderung
eines Ausfallrisikos den Zugriff auf dieses Konto zu sichern. Hätte dieses Konto - bei
unterstellter anfänglicher Treuhandabrede: weiterhin - als offenes Treuhandkonto geführt
werden sollen, dann wäre folgerichtig der Kreditrahmen der W-GmbH auf dem im Soll
geführten Konto /00 nicht um den jeweiligen Habensaldo auf dem Konto /01 erweitert
worden, wie dies Bestandteil der Kompensationsvereinbarung war. Ebenso wenig hätte die
Beklagte dann Veranlassung gehabt, die beiden Konten zugunsten der W-GmbH
zinsmäßig zu kompensieren. Es ist daher zum damaligen Zeitpunkt kein Eigeninteresse
der Beklagten ersichtlich, welches es nahe legen könnte, sie habe sich bewusst und
rücksichtslos der Erkenntnis verschlossen, dass die W-GmbH ungeachtet der
Kompensationsvereinbarung - weiterhin - auf dem Konto /01 Kundengelder unter der
Vortäuschung ansammelte, es handele sich um ein echtes Treuhandkonto.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711
ZPO.
Streitwert für die Berufungsinstanz ab Verbindung beider Prozesse und Beschwer der
Kläger durch dieses Urteil: 83.000,00 DM.