Urteil des OLG Köln vom 16.02.1993

OLG Köln (zeitschrift, kläger, verwendung, werbung, teil, veröffentlichung, ige, verbraucher, bild, zustimmung)

Oberlandesgericht Köln, 15 U 125/92
Datum:
16.02.1993
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 U 125/92
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 28 O 40/92
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der
weitergehenden Berufung des Beklagten zu 3) wird das Urteil des
Landgerichts Köln vom 17. Juni 1992 - 28 O 40/92 - abgeändert und wie
folgt neu gefaßt: Den Beklagten zu 3) wird bei Vermeidung eines vom
Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden
kann, einer Ordnungshaft, oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten
(Ordnungsgeld in Einzelfall bis zu 500.000,00 DM, Ordnungshaft
insgesamt höchstens zwei Jahre), untersagt, Bildnisse, insbesondere
Fotografien, des Klägers wie nachstehend wiedergegeben ohne dessen
Zustimmung zu Werbezwecken zu veröffentlichen und/oder
veröffentlichen zu lassen, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten beider Rechtszüge
werden, wie folgt, verteilt: Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen
Kosten des Klägers tragen der Kläger zu 87 %, der Beklagte zu 3) zu 13
%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) trägt der
Kläger. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) trägt der
Kläger zu 60 %, im übrigen der Beklagte zu 3) selbst. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die
Beklagten zu 1) und 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils
6.000,-- DM, durch den Beklagten zu 3) durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 4.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Der Beklagte zu 3)
kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,--
DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet. Die jeweiligen Sicherheiten können auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder
öffentlichen Sparkasse erbracht werden.
1
T a t b e s t a n d
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Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten, Bildnisse des Klägers in
einer Kunden-zeitschrift zu verwenden.
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Der Beklagte zu 1) verlegt die Kundenzeitschrift "C.", deren Chefredakteur der
Beklagte zu 2) ist. Der Beklagte zu 3) ist Alleininhaber der bundes-weit vertretenen
S.-Märkte, von denen sich minde-stens einer auch in Köln befindet. In diesen Märk-
ten wird die "C." als Hauszeitschrift der S.-Märk-te kostenlos verteilt. Die Auflage der
monatlich erscheinenden Zeitschrift liegt bei 2,45 Millionen Exemplaren.
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In der Ausgabe 1991 der "C." ist der Kläger zusammen mit der Fernsehansagerin D.
B. auf der Titelseite abgebildet, außerdem findet sich im Innenteil der Zeitschrift ein
kurzer Artikel, dem ein weiteres Bild des Klägers vorangestellt ist. Dabei handelt es
sich um mit Zustimmung des Kläge-rs und von Frau B. bei einem Fototermin
anläßlich einer Veranstaltung in Duisburg von dem Fotografen W. erstellte Bilder. Ein
Entgelt wurde nicht ge-zahlt. Hierbei war allen Beteiligten klar, daß die bei diesem
Termin erstellten Fotos an Bildagentu-ren, Bilderdienste und Bildarchive
weitergeleitet würden, wo sie dann zum Abdruck im Zusammenhang mit
redaktioneller Bildberichterstattung verwendet werden sollten.
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Weitere Vereinbarungen wurden weder beim Fototer-min noch in der Folgezeit weder
mit dem Fotografen noch mit den Beklagten getroffen.
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Der Beklagte zu 3) schaltete in nahezu sämtlichen bundesdeutschen
Tageszeitungen, u. a. im Kölner Stadt-Anzeiger vom 02.12.1991 die im Tenor wieder-
gegebende Anzeige.
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Der Kläger hat unter dem 13.01.1992 beim Land-gericht Köln wegen der
Veröffentlichung seiner Bildnisse eine Unterlassungsverfügung erwirkt. Er hat mit
Schreiben vom 15.01.1992 die Beklagten zu 1) und 2) zur Abgabe der
Abschlußerklärung auf-gefordert. Die Beklagten zu 1) bis 3) haben durch ihre
Anwälte mitteilen lassen, daß sie nicht zur Abgabe einer Abschlußerklärung bereit
seien.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die Verbreitung seiner Bildnisse in der
"C." durch die Beklagten rechtswidrig erfolgt sei. Er hat hierzu vorgetragen, daß die
Veröffentlichung ohne seine Zustimmung erfolgt sei. Zwar sei ihm klar gewesen, daß
der Fotograf, wie üblich, versuchen würde, die Fotos bei Zeitschriften unterzubringen,
von Wer-bung sei aber nie die Rede gewesen.
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Bei der Verwendung der Fotos durch die Beklagten handele es sich nämlich nicht um
die Verwendung in einer Publikumszeitschrift, sondern um die rein werbemäßige
Verwendung in einer Kundenzeitschrift. Diese Veröffentlichung diene aber nicht den
schutzwürdigen Interessen und dem Informationsbe-dürfnis der Allgemeinheit, wie
sie von § 22 KUG geschützt würden, sondern allein oder zumindest überwiegend den
eigennützigen gewerblichen Inter-essen der Beklagten. Dies ergebe sich aus einer
Gesamtwürdigung des Inhaltes der C.. Bei der Ein-spiegelung des Titelbildes von C.
in der S.-Anzei-ge handele es sich nicht um eine Werbung für die Kundenzeitschrift,
sondern um die Werbung für Dut-zende von S.produkten mit dem Titelbild, also mit
dem Bild des Klägers.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Beklagten bei Vermeidung eines vom Ge-richt für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses
nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ord-nungshaft bis
zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 500.000,00 DM, Ord-
nungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre),
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zu untersagen,
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Bildnisse, insbesondere Fotografien, des Klä-gers ohne dessen Zustimmung zu
Werbezwecken zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, zu verbreiten
und/oder verbrei-ten zu lassen, insbesondere durch Verteilung der "C." mit solchen
Bildnissen in den S.-Märkten.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie haben die Auffassung vertreten, daß die Ver-öffentlichung der Bildnisse durch §
23 Abs. 1 KUG gedeckt sei. Die Zustimmung des Klägers umfasse außerdem auch
die Verbreitung in der C..
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Zwar handele es sich hierbei um eine Kundenzeit-schrift. Aber auch derartige
Zeitschriften könnten und würden die Informationsbedürfnisse der Allge-meinheit
befriedigen. Dabei würde allein der hohe Anteil an Werbung diesen Charakter nicht
verändern - auch Publikumszeitschriften wiesen zum Teil ei-nen Werbeanteil von 50
% auf - und nicht alle be-worbenen Produkte würden in Märkten des Beklagten zu 3)
vertrieben. Ein sogenannter Werbenebenef-fekt, der im übrigen auch bei den
Publikumszeit-schriften vorhanden sei, ändere nichts daran, daß die Veröffentlichung
der Bilder dem redaktionellen Teil der Zeitschrift zuzuordnen sei.
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Durch Urteil des Landgerichts Köln vom 17. Ju-ni 1992 - 28 O 40/92 - sind die
Beklagten an-tragsgemäß verurteilt worden. Zur Begründung hat das Landgericht
ausgeführt, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung nach
§§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit 22 KUG zu. Der Kläger habe nämlich weder
seine Zustimmung zu der vorliegenden Veröffentlichung ihres Bildes er-teilt, noch
liege eine Ausnahme von der Regel des § 22 S. 1 KUG vor, da § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG
wegen § 23 Abs. 2 KUG vorliegend keine Anwendung finde. Bei einer
Gesamtwürdigung der Aufmachung und des Inhaltes der C. stehe der werbliche
Charakter dieser Kundenzeitschrift und daraus folgend der werbliche Charakter der
Verwendung des Bildnisses des Klägers so im Vordergrund, daß die vorliegende
Verwendung des Bildes nicht mehr als "redaktio-nelle Nutzung" angesehen werden
könne. Folglich umfasse die Zustimmung des Klägers auch nicht die konkrete Art der
Nutzung durch die Beklagten. Eine Befugnis der Beklagten zur Verwendung des
Bild-nisses in der konkreten Art und Weise könne auch nicht aus § 23 Abs.1 Nr. 1
KUG hergeleitet werden, da durch diese Verwendung berechtigte Interesse des
Klägers verletzt würden (§ 23 Abs. 2 KUG). Die in Rede stehende konkrete
Verwendung der Bildnisse stehe in engem und beabsichtigtem Zusammenhang mit
einer werblichen Nutzung, während die Nutzung im Zusammenhang mit einem
schutzwürdigen Interesse der Allgemeinheit an Information fast vollständig
zurücktrete. Das Interesse des Klägers, selbst über die werbliche Verwendung zu
entscheiden, habe daher im konkreten Fall den Vorrang.
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Gegen dieses ihnen am 29.06.1992 zugestellte Ur-teil haben die Beklagten mit am
28.07.1992 einge-gangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit am
15.10.1992 eingegangenem Schriftsatz be-gründet haben.
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Die Beklagten wiederholen und vertiefen zunächst ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Sie sind der Auffassung, eine werbemäßige Verwendung des Bildes liege nicht vor,
die Abbildung sei vielmehr dem redaktionellen Teil, nämlich dem informierenden und
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unterhaltenden Teil der als Kundenzeitschrift zu qualifizierenden Zeitschrift
zuzuordnen. Kein Leser komme auf den Gedanken, daß der Kläger Wer-bung für
Produkte der S.-Märkte oder für das Un-ternehmen mache oder gar hierfür bezahlt
werde.
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Die Beklagten beantragen,
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in Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Kläger wiederholt und vertieft gleichfalls sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist
der Auffassung, daß es sich bei der Kundenzeitschrift nicht um eine unabhängige
Zeitschrift, sondern um ein Werbemittel handele. Dies zeige sich auch daran, daß für
Kundenzeitschriften das Gebot der Trennung von redaktionellem Teil und
Anzeigenteil nicht gelte. Da die Zeitschrift als solche daher ein Werbemittel darstelle,
sei es irrelevant, ob mit dem Bildnis des Klägers auf der Titelseite primär für die
Kundenzeitschrift und sekundär für das Unternehmen und Sortiment des Beklagten
zu 3) geworben werde, es bleibe jedenfalls eine Werbung für den Beklagten zu 3).
Auch die "redaktionellen" Beiträge seien nicht nur unbedeutend, sondern ih-rem
Inhalt nach auf das Unternehmen und Sortiment der S.-Märkte bezogen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und
eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die form- und fristgerecht eingelegten und im übrigen zulässigen Berufungen der
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Beklagten zu 1) und 2) haben in der Sache in vollem Umfang Erfolg, die Berufung
des Beklagten zu 3) nur in dem erkannten Umfang.
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I.
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Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlas-sungsanspruch wegen der
Verwendung seines Bild-nisses auf der Titelseite und auf S. 26 der Zeitschrift "C."
nicht nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 22 S. 1 KUG zu. Die Verwendung
des Bildnisses auf der Titelseite und im Innern der Zeitschrift ist vielmehr zum einen
durch die Einwilligung des Klägers mit der Veröffentli-chung im Zusammenhang mit
redaktioneller Bericht-erstattung gedeckt, zum anderen ist eine Veröf-fentlichung
auch ohne diese Einwilligung gemäß §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, 23 Abs. 2 KUG vom
Kläger hinzunehmen.
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Zwar bezog sich die Einwilligung des Klägers mit der Veröffentlichung seiner
Bildnisse nur auf eine Veröffentlichung im Zusammenhang mit redak-tioneller
Berichterstattung, nicht hingegen auf eine Verwendung seiner Bildnisse zu
Werbezwecken. Eine Veröffentlichung zu Werbezwecken wäre auch nicht durch § 23
Abs. 1 Nr. 1 KUG gerechtfertigt, da der Kläger zwar gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG
eine relative Person der Zeitgeschichte ist, der werbemäßigen Verwendung seiner
Bildes aber jeden-falls berechtigte Interessen nach § 23 Abs. 2 KUG
entgegenstünden, sofern man nicht bereits § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine immanente
Beschränkung auf eine Veröffentlichung zu Informationszwecken entnehmen will
(vgl. zur rechtssystematischen Ein-ordnung BGH GRUR. 1979, 425, 426). Auch einer
re-lativen oder absoluten Person der Zeitgeschich-te steht allein die Entscheidung
darüber zu, ob sie ihr Bild als Anreiz für einen Waren-verkauf zur Verfügung stellen
will oder nicht (BGH AfP 1992, S. 149 ff., BGHZ 20, 345 ff. (Paul Dahlke); BGH
GRUR. 1972, 97 ff. (Liebestropfen); BGHZ 49, 289 ff. (Sammelbilder)).
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Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß die Verwendung der Bildnisse des Klägers
auf dem Titel und im Innern der Kundenzeitschrift des Beklagten zu 3) unter
Berücksichtigung des Charakters der Zeitschrift zumindest auch dem Informations-
und Unterhaltungsinteresse der Öffentlichkeit dient. Allein die Tatsache, daß die
Kundenzeitschrift als solche Werbezwecke verfolgt, genügt nicht, um die
Verwendung der Bildnisse des Klägers als werbemä-ßige Verwendung und damit als
berechtigten Inter-essen des Klägers zuwiderlaufend anzusehen.
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Bei dem Druckerzeugnis des Beklagten zu 3) han-delt es sich um eine
Kundenzeitschrift im Sinne der Definition des § 1 Abs. 2 e Zugabeverordnung.
Hierunter fallen Zeitschriften belehrenden und unterhaltenden Inhalts, die
unentgeltlich an den Verbraucher abgegeben werden, und die nach ihrer
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Aufmachung und Ausgestaltung der Werbung von Kunden und den Interessen des
Verteilers dienen. Derartige Zeitschriften würden ohne die Vorschrift des § 1 Abs. 2 e
Zugabeverordnung unter das Zu-gabeverbot fallen, weil in dem unterhaltenden und
belehrenden Teil der Zeitschrift eine Zug-abe, nämlich eine Wertreklame läge.
Zeitschrif-ten, die keinen belehrenden und unterhaltenden Teil, also keinen
redaktionellen Teil enthalten, sondern reine Werbeschriften sind, fallen nicht unter
diese Vorschrift, sie sind vielmehr von vornherein nicht als Zugabe zu werten (vgl.
BGH GRUR. 1967, 665 ff.).
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Auch die Zeitschrift des Beklagten zu 3) ist keine reine Werbeschrift, sie enthält
vielmehr neben der Werbung auch unterhaltende und belehrende Teile wie
Backrezepte (S. 4), Make-up Tips (S. 6), Kaffeerezepte (S. 8) etc. Daß diese Beiträge
jedenfalls überwiegend einen Bezug zu von dem Beklagten zu 3) vertriebenen
und/oder von dem Be-klagten zu 3) in der Zeitschrift selbst beworbenen Artikel (siehe
Jacobs-Kaffee S. 9) haben, nimmt den Beiträgen nicht den redaktionellen Charakter.
Die Voraussetzungen einer redaktionellen Werbung im wettbewerbsrechtlichen
Sinne, die einen Verstoß gegen § 3 UWG darstellt, erfüllen diese Beiträ-ge sämtlich
nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt auch das Verbot der redaktionellen
Werbung für Kundenzeitschriften (vgl. Baumbach-He-fermehl, § 2 ZugabeVO, Rn. 90
m. w. N.). Auch dies zeigt, daß derartige Zeitschriften nicht aus-schließlich Werbung
beinhalten, sondern in ihrem redaktionellen Teil Presseerzeugnisse sind, die dem
Schutz des Art. 5 GG unterstehen. Zum redak-tionellen Teil der Kundenzeitschrift des
Beklagten zu 3) gehört auch der Beitrag über den Kläger und D. B. auf S. 26 der
Zeitschrift. Dabei kann weder diesen noch den übrigen redaktionellen Beiträgen der
Charakter als redaktioneller Beitrag deshalb abgesprochen werden, weil ihr Inhalt,
worauf der Kläger hinweist, wenig substanzvoll und wenig anspruchsvoll ist. Die
Qualifizierung einer Zeit-schrift oder eines Beitrags als Informationszwek-ken
dienend oder unterhaltend ist von der Qualität und Niveau unabhängig. Eine Vielzahl
von Zeit-schriften, die nicht als Kundenzeitschriften der Werbung von Kunden und
Interessen des Verteilers dienen, bewegt sich im übrigen auf einem qualita-tiv nicht
höheren Niveau.
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Danach dient zwar die Zeitschrift des Beklag-ten zu 3) Werbezwecken, und zwar
einerseits im Sinne einer Zugabe, nämlich der unentgeltlichen Zuwendung von
Lesestoff, andererseits aber auch dadurch, daß der Verbraucher zum Erhalten dieses
Lesestoffs die Läden des Beklagten zu 3) betreten muß und im übrigen beim Lesen
der Zeitschrift auch die Werbung des Beklagten zu 3) zur Kenntnis nimmt. Allein dies
kann aber eine werbemäßige Ver-wendung der Fotos des Klägers auf der Titelseite
und auf S. 26 der Zeitschrift nicht begründen. Eine werbemäßige Verwendung läge
vielmehr nur dann vor, wenn das Titelfoto und das Foto S. 26 der Zeitschrift entweder
nicht dem redaktionellen, nämlich dem unterhaltenden oder belehrenden Teil der
Zeitschrift, zuzuordnen wären, sondern der Kläger unmittelbar als Werbeträger für
Einzel-produkte oder die Produktpalette der S.-Märkte herausgestellt würde, oder
aber wenn die mittelbar durch die Abbildung des Klägers herbeigeführte
Werbewirkung für die Zeitschrift selbst und hier-mit für die S.-Märkte als
werbemäßige Verwendung der Abbildung des Klägers anzusehen wäre. Dies ist
nicht der Fall.
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Unmittelbar mit Einzelprodukten oder der Produkt-palette der S.-Märkte wird der
Kläger weder durch die Abbildung auf der Titelseite noch durch das Foto bei dem
auch auf ihn bezogenen Beitrag im Innern in Zusammenhang gebracht. Auf der
Titelsei-te selbst sind Produkte der S.-Märkte nicht bewor-ben. Eine werbemäßige
Verwendung des Bildes des Klägers auf der Titelseite ist auch nicht unter dem
Gesichtspunkt anzunehmen, daß der Verbraucher aufgrund der Gestaltung des
Titelbildes und der Zeitschrift meinen könnte, der Kläger werbe für die S.-Märkte als
solche oder stehe mit seiner Persönlichkeit für die in dieser Zeitschrift beworbenen
oder von dem Beklagten zu 3) allgemein vertriebenen Produkte. Ebenso wie die
Gesamtauf-machung der Zeitschrift mit ihren unterhaltenden und belehrenden Teilen
erweckt auch die Titelseite nicht den Eindruck einer reiner Werbezeitschrift, sondern
den einer Kundenzeitschrift, von der der Verbraucher, der derartige Zeitschriften in
viel-fältigen Bereichen gewöhnt ist, sich neben Werbung auch Lesestoff verspricht
und gerade aus diesem Grunde derartige Kundenzeitschriften mitnimmt. Der Senat
hat keine Zweifel, daß der Verbraucher, der auf dem Titelbild die Abbildung des
Klägers als bekanntem Fernsehunterhalter zusammen mit D. B. sieht, dies dem dort
angekündigten belehrenden oder unterhaltenden und damit redaktionellen Teil der
Zeitschrift zuordnet und erwartet, in Inneren der Zeitschrift auch einen Beitrag über
den Kläger und/oder D. B. vorzufinden. Die Abbildung des Klägers auf dem Titelbild
der Zeitschrift soll er-sichtlich der Kläger nicht als Werbeträger für die S.-Märkte
herausstellen, sondern die Attraktivität der Zeitschrift dadurch steigern, daß sie einer
Unterhaltungsillustrierten angenähert wird, wie dies die auf dem Titelblatt
hervorgehobenen Arti-kel und das dort genannte Weihnachtsgewinnspiel gleichfalls
bewirken sollen.
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Eine werbemäßige Verwendung des Bildnisses des Klägers, die seinen berechtigten
Interessen wider-spräche, kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht,
daß mittelbar durch die Abbildung des Klägers auf der Titelseite der Zeitschrift die
Bereitschaft des Verbrauchers, die Zeitschrift mitzunehmen und hierbei die in der
Zeitschrift ge-zeigte Werbung zur Kenntnis zu nehmen, gesteigert wird und dies sich
letztlich auch im Verkaufser-gebnis der S.-Märkte niederschlagen soll und wird.
Insoweit unterscheidet sich die Abbildung des Klägers auf dem Titelblatt der
Kundenzeitschrift des Beklagten zu 3) nicht wesentlich von der etwaigen Abbildung
auf dem Titelblatt von käuflich zu erwerbenden Publikumszeitschriften. Auch diese
steigern die Attraktivität ihrer Zeitschriften durch die Abbildungen attraktiver bzw.
interes-santer Persönlichkeiten auf dem Titelbild. Auch bei diesen Zeitschriften, die
teilweise in ganz erheblichen Umfang Werbung beinhalten und sich hieraus
finanzieren, wird die Werbewirksamkeit der in ihnen enthaltenen Anzeigen durch die
Attrak-tivität des Titelbilds deutlich gesteigert. Je größer die Attraktivität und Auflage
der Zeit-schrift, desto interessanter ist die Zeitschrift für Inserenten. Allein die
Förderung des Gewinns des Verwenders eines Bildnisses reicht nicht aus, um
dessen Verwendung als werbemäßig oder sonst berechtigten Interessen des
Abgebildeten zuwi-derlaufend anzusehen, ebensowenig das Interesse des
Abgebildeten, selbst wirtschaftlich an der Verwendung seines Bildnisses beteiligt zu
werden (vgl. BGH GRUR. 1979, 425, 426, 427). Das eigene wirtschaftliche Interesse
des Beklagten zu 3) an der Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers auf der
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Titelseite der Kundenzeitschrift mindert weder das Informationsinteresse der
angesprochenen Leser noch nimmt es diesem die Schutzwürdigkeit. Ausreichend ist
vielmehr, daß das Bild des Klägers auch als Informationsträger benutzt wird. Die Klä-
gerin kann sich nach Auffassung des Senats durch die Verwendung seines
Bildnisses auf der Titelsei-te der Kundenzeitschrift des Beklagten zu 3) je-denfalls
nicht in erheblich stärkerem Maße kommer-zialisiert sehen, als dies bei einer
Abbildung auf der Titelseite einer Unterhaltungsillustrierten der Fall wäre. In beiden
Fällen ist das Interesse des die Zeitschrift Lesenden auf die Person des Klägers und
D. B. als populäre Persönlichkeiten gerichtet, sie will er im Bild sehen und über sie
will er Information und Unterhaltung haben. Ebensowenig wie der Verbraucher bei
Publikumsillu-strierten, auf deren Titelblatt der Kläger abge-bildet wäre, an eine
Verbindung des Klägers zu der Zeitschrift und ihrem Herausgeber oder dem son-
stigen Inhalt der Zeitschrift denken würde, wird er eine derartige Verbindung
zwischen dem Kläger und den S.-Märkten und deren Produkten herstellen. Dies gilt
erst recht für die Abbildung des Klägers im Innern der Zeitschrift, die in
Zusammenhang mit dem kurzen Artikel über den Kläger und D. B. steht und
ersichtlich dem Informations- und Unterhal-tungsinteresse dient.
80
II.
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Demgegenüber ist die Verwendung des Bildnisses des Klägers durch Abbildung der
Titelseite der Zeit-schrift "C." in der im Tenor wiedergegebenen Wer-beanzeige des
Beklagten zu 3) nicht von der Ein-willigung des Klägers gedeckt, der Verwendung
des Bildnisses in dieser Weise stehen auch berechtigte Interessen nach § 23 Abs. 2
KUG entgegen.
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In der konkreten Art der Abbildung der Titelseite der Zeitschrift "C." in der
Werbeanzeige liegt ei-ne werbemäßige Verwendung des Bildnisses des Klä-gers.
Zwar ist dem Beklagten zu 3) grundsätzlich unbenommen, für die Kundenzeitschrift
als solche zu werben und hierbei auch das Titelbild der "C." wiederzugeben. Eine
Werbung für die Zeitschrift "C." ist der Werbeanzeige jedoch nicht hinreichend zu
entnehmen. Vielmehr erweckt die Abbildung der Zeitschrift der CHRIS-REVUE in der
Anzeige den Eindruck, als werbe der Kläger für die dort ge-nannten Produkte. Das
Titelbild der C. ist derart verkleinert wiedergegeben, daß die Aufschriften auf dem
Titelbild der Zeitschrift im Vergleich zum Schriftbild des unmittelbar für die Produkte
des Beklagten zu 3) werbenden Teils der Zeitschrift jedenfalls nicht ohne weiteres ins
Auge fallen; dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsa-che, daß es sich bei dem
dem Senat vorgelegten Exemplar der Anzeige um eine Ablichtung handelt und die
Aufschriften im Original sicherlich eine bessere Lesbarkeit aufweisen. Daß es sich
über-haupt um das Titelbild einer (Kunden-) Zeitschrift handelt, ist nicht hinreichend
erkennbar, jeden-falls nicht für den Verbraucher, der nicht bereits weiß, daß es sich
bei der Zeitschrift "C." um eine Kundenzeitschrift handelt. Damit entsteht für einen
nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher, zu denen auch die
Mitglieder des Se-nats zählen, der Eindruck, als werde mit dem Foto des Klägers und
D. B. für die in der Anzeige be-worbenen Produkte Werbung betrieben.
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Die Verwendung des Bildnisses des Klägers in die-ser Werbeanzeige ist auch vom
Antrag des Klägers umfaßt. Der Kläger hat zwar als konkrete Form der begehrten
Unterlassung die Verteilung der Zeit-schrift genannt, aus der schriftsätzlichen
Begrün-dung erster und zweiter Instanz in Verbindung mit dem allgemein gehaltenen
Teil des Unterlassungs-antrags ergibt sich jedoch, daß der Kläger auch Unterlassung
der Verwendung des Bildnisses in der Werbeanzeige begehrt.
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Unterlassung insoweit kann der Kläger allerdings nur vom Beklagten zu 3), nicht
jedoch von dnm Be-klagten zu 1) und 2) verlangen.
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Wie die Parteien im Termin vom 15.12.1992 be-stätigt haben, hat die Schaltung der
hier in Rede stehenden Werbeanzeige der Beklagte zu 3) veranlaßt. Eine irgendwie
geartete Mitwirkung der Beklagten zu 1) und 2) hieran hat der Kläger nicht dargelegt,
vielmehr war der Beitrag der Beklagten zu 1) und 2) auf die Herausgabe der
Zeitschrift "C." als solche beschränkt. Allein aus der von den Beklagten zu 1) und 2)
geäußerten Rechtsauffas-sung, eine Werbung für die Zeitschrift müsse mög-lich sein,
ergibt sich auch keine Erstbegehungsge-fahr für eine zukünftige Mitwirkung der
Beklagten zu 1) und 2) an einer derartigen Werbung, die wie die konkret in Rede
stehende Werbeanzeige in Wahr-heit gerade keine Werbung für die Zeitschrift als
solche, sondern eine Werbung für die Produkte des Beklagten zu 3) darstellt.
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92
III.
93
94
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
95
96
Streitwert für das Berufungsverfahren: 75.000,00 DM (3 x 25.000,00 DM).
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98
Wert der Beschwer für den Kläger: 65.000,-- DM
99
100
(2 x 25.000,-- DM + 25.000,-- DM - 10.000,-- DM (Beklagte zu 3));
101
102
für den Beklagten zu 3): 10.000,-- DM.
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