Urteil des OLG Köln vom 19.05.2010

OLG Köln (einstweilige verfügung, werbung, verkehr, verfügung, verwendung, zpo, waschmittel, ausdrücklich, annahme, wirkung)

Oberlandesgericht Köln, 6 U 205/09
Datum:
19.05.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 205/09
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 O 503/09
Normen:
UWG § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Tenor:
1.) Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 5.11.2009
verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln -31 O
503/09 - abgeändert:
Die einstweilige Verfügung der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln
vom 25.8.2009 - 31 O 503/09 - wird aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird
zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
3.) Streitwert:
bis zum 24.8.2009: 100.000 €
danach (einschließlich des Berufungsverfahrens): 75.000 €.
G r ü n d e :
1
I.
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Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt für Wasch- und Reinigungsmittel. Die
Antragsgegnerin bewarb einen neuen Fleckentferner u.a. durch einen Werbeprospekt
unter dem Titel "Tipps & Tricks für strahlend saubere Wäsche". Dieser enthält auf den
Seiten 6/7 folgende, im Original farbige, Darstellung:
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Bild/Grafik nur in Originalentscheidung vorhanden.
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Der mit dem Stern angezeigte Hinweis lautet:
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"Getestet bei 40°C, Ariel Fleckentferner Pulver in Kombination mit Flüssig-/Pulver-
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Waschmittel. Das Ergebnis kann je nach Fleckenart variieren."
Die Antragstellerin hält die bildliche Gegenüberstellung auf der Seite 5 "Vor der
Wäsche"/"Nach 1 Wäsche" in zweifacher Hinsicht für irreführend: es werde suggeriert,
mit einer Wäsche könne bei Verwendung des Fleckentferners der Weißgrad eines
neuen Textils erzielt werden sowie der Fleckentferner bewirke eine Aufhellung der
Wäsche.
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Das Landgericht hat es der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung
verboten, mit dem auf Seite 6 des Prospekts abgebildeten "Side-by-Side-Vergleich" zu
werben. Der Widerspruch der Antragsgegnerin ist erfolglos geblieben. Hiergegen richtet
sich die Berufung der Antragsgegnerin; die Antragstellerin verteidigt die einstweilige
Verfügung.
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Im Übrigen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO von der
Darstellung des Sachverhalts abgesehen.
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II.
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Die Berufung der Antragsgegnerin ist begründet; sie führt zur Aufhebung der
einstweiligen Verfügung und Abweisung des Verfügungsantrags.
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1. Das Verbot kann bereits deshalb nicht bestehen bleiben, weil aus der eingeblendeten
konkreten Verletzungsform der Kern der Verletzungshandlung nicht hinreichend
hervorgeht. Dies gilt zum einen deshalb, weil in der schwarz-weißen Einblendung der
angegriffenen Darstellung die nach der angegriffenen Entscheidung maßgeblichen
Farbunterschiede des Originals nicht authentisch wiedergegeben sind; zum anderen
vermag die (antragsgemäße) Wiedergabe allein der Seite 6 des Prospekts den
Gesamteindruck der Werbung, den das Landgericht zu Recht bei der Beurteilung der
Irreführung herangezogen hat, nicht zu vermitteln.
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2. Die einstweilige Verfügung ist aber auch deshalb aufzuheben, weil die Werbung in
dem Prospekt der Antragsgegnerin nicht irreführend ist. Die Werbung enthält keine
unwahren oder sonstigen zur Täuschung geeigneten Angaben über die
Zwecktauglichkeit oder die von der Verwendung der Ware zu erwartenden Ergebnisse
im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.
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a) Durch die Werbung wird nicht suggeriert, die Verwendung des beworbenen
Fleckentferners führe dazu, dass Textilien nach einer Wäsche den Weißgrad neuer
Wäsche erreichten. Der Text der Werbung gibt für diese Annahme nichts her. Auch der
bildliche Vergleich von Textilien vor und nach einer Wäsche ist nicht geeignet, eine
solche Vorstellung hervorzurufen, weil das auf der rechten Seite "nach 1 Wäsche"
abgebildete Textil nicht absolut weiß ist, sondern sich deutlich von dem weißen
Hintergrund abhebt. Die Vorstellung eines strahlend weißen, und also neuen Textils
vermittelt diese Abbildung daher nicht.
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b) Die Werbung ist nicht geeignet, bei dem Verkehr die falsche Vorstellung
hervorzurufen, der beworbene Fleckentferner verfüge über eine aufhellende Wirkung.
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Die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen die Mitglieder des Senats gehören,
gehen davon aus, dass ein Fleckentferner, zumal wenn er ausdrücklich als solcher
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bezeichnet und beworben wird, dazu dient, Flecken aus der Wäsche zu entfernen.
Dieses Verständnis wird durch den Bildvergleich vor und nach der Wäsche bestätigt.
Dort sind auf der linken Seite solche Flecken, die dem Verkehr als besonders hartnäckig
bekannt sind, abgebildet und ausdrücklich bezeichnet ("Blaubeere", "Karotte",
"Rotwein" und "Tomatensoße"). Auf der rechten Seite findet sich an der entsprechenden
Stelle der Hinweis auf den Fleckentferner der Antragsgegnerin. Der Werbetext auf der
gegenüberliegenden Seite 7 bekräftigt diese Annahme zusätzlich, indem dort auf die
"Wirksamkeit gegen hartnäckige Flecken" und die Entfernung "besonders
eingetrockneter Flecken" hingewiesen wird. Der Verkehr hat daher keinen Anlass zu der
Annahme, dass dem Mittel weitergehende Wirkungen, insbesondere eine
Aufhellleistung, zukämen. Diese Wirkungen – einschließlich der Aufhellung – wird der
Verkehr daher dem Waschmittel zuschreiben, denn nicht nur in dem Sternchen-Hinweis
zu dem Bildvergleich, sondern auch im Werbetext auf Seite 7 wird deutlich gemacht,
dass der beworbene Fleckentferner ein Zusatz zum gewöhnlichen Waschmittel ist und
dieses nicht ersetzt.
Das Versprechen einer Aufhellleistung lässt sich unter diesen Umständen auch nicht
daraus entnehmen, dass in dem Bildvergleich das dargestellte Textil vor der Wäsche
deutlich grauer ist als nach der Wäsche. Dies spiegelt vielmehr das Ergebnis wieder,
das der Verkehr von einer Wäsche ohne zusätzliche Verwendung des beworbenen
Fleckentferners erwartet. Daran ändert sich nichts deshalb, weil – wie das Landgericht
ausgeführt hat – die auf der linken Seite dargestellte Wäsche einen Grauschleier
aufweist, der so stark ist, dass der Verkehr nicht von einer normalen Verschmutzung
ausgeht. Denn dadurch wird der Gesamteindruck der Werbung, die auf die
fleckenentfernende Wirkung des beworbenen Mittels abhebt, nicht nachhaltig verändert.
Wäre Gegenstand der Werbung auch eine Verstärkung der Aufhellleistung des
Waschmittels, so erwartete der Verkehr, dass diese Wirkung ausdrücklich in der
Werbung angesprochen würde. Dies gilt jedenfalls hinsichtlich des
verfahrensgegenständlichen Prospekts, der sich eingehend auf insgesamt 24 Seiten mit
dem Thema Wäschereinigung befasst und eine die Wäsche aufhellende Funktion
gerade des Fleckenentferners an keiner Stelle erwähnt.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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4. Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.
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