Urteil des OLG Köln vom 15.01.2001

OLG Köln: wohl des kindes, subjektives recht, drucksache, auflage, altersgrenze, vollstreckung, ausschuss, ausschluss, vorschlag, erlass

Oberlandesgericht Köln, 27 WF 1/01
Datum:
15.01.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
27 WF 1/01
Vorinstanz:
Amtsgericht Siegburg, 31 F 562/00
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 14.12.2000 wird der
Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegburg vom 4.12.2000
- 31 F 562/00 - abgeändert. Der Antragstellerin wird ratenfreie
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. in H.
bewilligt.
Gründe
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Die zulässige Beschwerde ist begründet.
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Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin hat hinreichende Aussicht auf
Erfolg. Nach § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB kann das Familiengericht über den Umfang des
Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher
regeln. Das Familiengericht übt seine Regelungsbefugnis auf Antrag oder von Amts
wegen aus. Wenn der umgangsberechtigte Elternteil und der Personensorgeberechtigte
sich über das Ob und Wie des persönlichen Umgangsrecht nicht einigen können und
auch nur zum Zwecke der späteren Erzwingbarkeit gem. § 33 FGG eine
Gerichtsentscheidung wünschen, kann jeder von ihnen den Erlass einer
Umgangsregelung beim Familiengericht beantragen (Johannsen/Henrich, Eherecht, 3.
Aufl., § 1684 Rz. 21). Die Umgangsbefugnis trägt, wie das Elternrecht im Ganzen, den
Charakter eines Pflichtrechts. Darauf beruht die Regelungsmacht des Familiengerichts,
das den Umgang eines Elternteils im Interesse des Kindeswohls einerseits
beschränken oder sogar ausschließen, andererseits im Interesse des Kindes auch
gegen einen gleichgültigen Elternteil anordnen kann (Schwab, Hdb. des
Scheidungsrechts, 4. Aufl., III Rz. 222).
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Dieser Regelungsbefugnis steht nicht entgegen, dass - wie das Amtsgericht meint - das
Umgangsrecht des Kindes nach § 1684 Abs. 1 BGB nicht zu einem gerichtlich
durchsetzbaren Recht ausgestaltet worden. So weit sich das Amtsgericht für seine
Auffassung auf die Kommentierung bei Palandt/Diederichsen, Kommentar zum BGB,
59.Auflage, § 1626 Rz. 25 und die BT-Drucksache 13/4899 S. 68 f stützt, ist dem
entgegenzuhalten, dass der dem zu Grunde liegende Regierungsentwurf nicht Gesetz
geworden ist. Schon nach dem Wortlaut des § 1684 Abs. 1 BGB ist das Recht des
Kindes auf Umgang mit jedem Elternteil und die Pflicht und das Recht jeden Elternteils
zum Umgang mit dem Kind als ein durchsetzbares Recht anzusehen. Die Schaffung
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eines Umgangsrechts des Kindes in § 1684 Abs. 1 BGB ruht auf einer Empfehlung des
Rechtsausschusses, der einen Vorschlag des Bundesrates aufgegriffen hat. Zur
Begründung des Umgangsrecht des Kindes führt der Rechtsausschuss aus (BT-
Drucksache 13/8511 Seite 74):
" Der Rechtsausschuss hat das Umgangsrecht auch als subjektives Recht des Kindes
auf Umgang mit seinen Eltern ausgestaltet. Neben dem Umgangsrecht der Eltern hat
der Rechtsausschuss korrespondierend zum Recht des Kindes eine Pflicht der Eltern
zum Umgang mit ihrem Kind formuliert. Das gesetzliche Umgangsrecht soll Eltern
darauf hinweisen, dass der Umgang mit ihnen, auch und gerade wenn das Kind nicht
bei ihnen lebt, für die Entwicklung und das Wohl des Kindes eine herausragende
Bedeutung hat."
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Weiter heißt es in der BT-Drucksache unter 2.c) zur Durchsetzung des Umgangsrechts:
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" Der Ausschuss hat sich in seinen Beratungen intensiv mit der Frage auseinander
gesetzt, wie die Durchsetzung von Umgangsrechten verbessert werden kann. Er hält es
für außerordentlich unbefriedigend, das Umgangsregelungen leer- laufen, weil entweder
der Elternteil, der verpflichtet ist, den Umgang zu ermöglichen, sich sperrt oder
derjenige, der den Umgang wahrnehmen soll, sich dem entzieht. Die
Ausschussmehrheit hat einen Ausschluss der Vollstreckung in Übereinstimmung mit
dem Regierungsentwurf nicht für vertretbar gehalten ... Die Ausschussmehrheit hält es
...für den besseren Weg, dem Kind ein eigenes Umgangsrecht einzuräumen, das es -
insoweit abweichend von der Lösung des Bundesrates - unabhängig von einer
Altersgrenze geltend machen kann und dessen Durchsetzbarkeit auch nicht
ausgeschlossen sein soll."
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Dementsprechend wird in der Literatur (Schwab, Hdb. des Scheidungsrechts, 4.Auflage,
III Rz. 288) aus dem subjektiven Recht des Kindes auf Umgang die Möglichkeit der
gerichtlichen Geltendmachung abgeleitet.
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Dass die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verurteilen, ein Umgangsrecht
wahrzunehmen, steht der beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht entgegen, da das
Familiengericht gehalten ist, sofern überhaupt ein bestimmter Antrage für erforderlich
gehalten wird, auf einen sachgemäßen Antrag hinzuwirken.
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