Urteil des OLG Köln vom 18.02.1999

OLG Köln (vereinbarung, kläger, konkursmasse, grundsatz der gleichbehandlung, beginn der frist, beteiligung, verzicht, anfechtung, konkursverfahren, auslegung)

Oberlandesgericht Köln, 1 U 96/98
Datum:
18.02.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 U 96/98
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 15 O 39/98
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 20. August 1998 verkündete
Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 15 O 37/98 - wird
kostenpflichtig mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte
auch die Kosten des Streithelfers zu tragen hat. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger
gegen Leistung einer Sicherheit von 95.000 DM, die des Streithelfers
durch Leistung einer Sicherheit von 40.000 DM abwenden, falls nicht der
Kläger oder der Streithelfer zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Beiden Parteien und dem Streithelfer wird nachgelassen, die
Sicherheitsleistung auch durch eine unwiderrufliche und
selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder
öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.
T a t b e s t a n d:
1
Der Kläger ist Verwalter im Konkursverfahren des im April 1985 verstorbenen H. G. K.,
welches beim Amtsgericht Köln unter dem Aktenzeichen 71 N 641/85 geführt wird. Zu
dem Nachlass gehörten u.a. die in Köln gelegene Immobilie "W.-C." und
Immobilienvermögen in Ka. und den U..
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Die Beklagte ist absonderungsberechtigte Gläubigerin. In Abteilung 2 Nr. 642 der
Konkurstabelle ist am 10. Juli 1987 eine von der Beklagten angemeldete Forderung von
18.162.595,37 DM in Höhe des nachzuweisenden Ausfalls (§ 64 KO) anerkannt worden,
den die Beklagte mit Schreiben vom 13. Oktober 1997 per 18. August 1989 mit
4.012.260,13 DM beziffert hat.
3
Der Kläger hat die Forderung der Beklagten in die Verzeichnisse für die beiden
Abschlagsverteilungen vom Dezember 1994 und vom Dezember 1997/ Januar 1998
nicht aufgenommen. Die von der Beklagten begehrte Berichtigung des
Verteilungsverzeichnisses hat das Konkursgericht rechtskräftig abgelehnt.
4
Der Kläger begehrt mit der Klage die Feststellung, dass die Beklagte mit ihrer
Ausfallforderung in die Gläubigerverzeichnisse nicht aufzunehmen und an den
Verteilungen nicht zu beteiligen ist. Er beruft sich dabei auf eine Vereinbarung mit der
Beklagten vom 23./24. Mai 1989, die im Zusammenhang mit der Veräusserung des
5
Nachlassgrundstückes "W.-C." durch den Kläger am 18. Mai 1989 zum Preise von 51
Million DM zustandegekommen war, und an der neben den Parteien auch die F.
Hy.bank beteiligt war. In dieser Vereinbarung heisst es u.a.:
"...
6
5.
7
Zum Ausgleich von Ansprüchen, die die Konkursmasse K. bei einer
Zwangsversteigerung, zumal im Bereich des sogenannten "Gl.-Warenhauses" nach
Zuteilung des Versteigerungspreises und Ausgleich der valutierenden Ansprüche der
Bank, erwarten kann, erhält die Konkursmasse K. aus dem Veräußerungspreis von 51
Mio DM (ggf. zuzüglich anfallender gesetzlicher Umsatzsteuer) einen Betrag von 2 Mio
DM (ggf. zuzüglich anfallender gesetzlicher Umsatzsteuer aus dem gesamten
Kaufpreis). Dieser Kaufpreisanteil wird fällig und zahlbar an den Konkursverwalter
zusammen mit den übrigen Kaufpreisteilen.
8
Wegen der von den Banken von der B. Hy- und Web. AG erworbenen auf dem
sogenannten "Gl.-Warenhaus" abgesicherten Forderungen werden die Banken aus dem
Kaufpreis vollständig befriedigt werden, nachdem der Konkursverwalter weitergehende
Forderungen unter Hinweis auf die neueste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
zur Verzugszinsenregelung nicht anerkannt hat.
9
6.
10
Wegen ihrer auf dem "W.-C." abgesicherten eigenen Forderungen werden die Banken
angabegemäß jedoch aus den ihnen zufliessenden Kaufpreisanteilen nicht vollständig
befriedigt werden.
11
a) Gleichwohl werden die Banken die ausfallenden Forderungsteile im beim
Amtsgericht Köln anhängigen Konkursverfahren über den Nachlass G. K. nicht (mehr)
geltend machen. Der Bestand der Restforderung soll dadurch nicht berührt, ein
Verzicht damit nicht erklärt werden.
12
b) Hinsichtlich der in Ü. belegenen Teile des Nachlasses K. werden die Banken ihre
ausgefallenen Forderungen in Abstimmung mit dem Konkursverwalter weiterverfolgen.
Sie bestätigen und erkennen ausdrücklich an, daß eventuelle Erlöse aus dieser
Rechtsverfolgung in Ü. oder aus Ü. frei von eigenen Einreden an den
Konkursverwalter zur Konkursmasse K. herausgegeben werden.
13
c) Mit Maßnahmen vorstehender lit. b) zusammenhängende direkte Kosten werden
den Banken vom Konkursverwalter gegen Nachweis unverzüglich erstattet. Darüber
hinaus entstehende sogenannte kalkulatorische Kosten werden dadurch abgegolten,
daß die Banken 5 % der zur Masse des beim Amtsgericht Köln geführten
Nachlasskonkursverfahrens G. K. abzuführenden Erlöse aus der Rechtsverfolgung in
Ü. vergütet erhalten. Diese Vergütung wird auch geschuldet, wenn eventuelle
Zahlungen auf die Restforderungen der Banken unmittelbar von den jeweiligen
Verwaltern in U. und/oder Ka. zur Masse des Konkursverfahrens in Köln geleistet
werden sollten.
14
7.
15
Für den Fall, dass der Verkauf an die Gemeinschaft A./Z. erwartungswidrig nicht
durchgeführt werden sollte, sind die Parteien schon jetzt darüber einig, daß zum Preis
von mindestens 50 Mio DM an einen anderen Erwerber veräussert werden soll. Sofern
der Gesamtkaufpreis 50 Mio DM (ggf. zuzüglich Umsatzsteuer) beträgt, erhält der
Konkursverwalter daraus 1,5 Mio DM (ggf. zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer auf
den Kaufpreis). Alle weiteren Verabredungen gelten unverändert.
16
8.
17
Die Vereinbarung zum freihändigen Verkauf zum Preis von 51 Mio DM/50 Mio DM und
den daraus abgeleiteten Rechtsfolgen gilt auf der Basis der gemeinschaftlichen
Annahme der Parteien, daß ein Verkauf in der vorausgesetzten Weise bis 31.12.1989
stattfinden kann.
18
..."
19
Die Parteien haben in einem früheren Rechtsstreit zunächst darüber gestritten, ob der
Kläger der Beklagten aus der Konkursmasse pauschalierten Kostenersatz in Höhe von
5 % des Wertes des zur Masse gelangten ausländischen - unerwartet hohen -
Nachlassvermögens gemäss Ziffer 6 c) der Vereinbarung schulde. Dieses Ü.ische
Vermögen hatte der Kläger unstreitig ohne Mitwirkung der Beklagten und ohne
Inanspruchnahme ihrer Forderungen zur deutschen Konkursmasse gezogen. Die
ka.sche Konkursmasse wurde als Ergebnis eines Zwangsvergleichs zur deutschen
Konkursmasse vereinnahmt, wobei der Zwangsvergleich ohne Mitwirkung der
Forderungen der Beklagten zustandegekommen ist. In den U. gelang es dem Kläger in
seiner Eigenschaft als Konkursverwalter ebenfalls ohne Mitwirkung der Beklagten das
Nachlassvermögen - allerdings mit erheblichen Schwierigkeiten - zur Konkursmasse zu
ziehen.
20
Das Landgericht Hannover hat in diesem Rechtsstreit durch Urteil vom 5. Oktober 1995 -
2 O 48/95 - entschieden, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Klage, mit der der Kläger
die Feststellung begehrt hatte, dass der Beklagten keine Ansprüche gegen ihn aus der
Vereinbarung vom 23./24. Mai 1989 mehr zustehen, in der Hauptsache erledigt sei und
die widerklagend erhobene Auskunftsklage der Beklagten abgewiesen. Mit
rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 6. November 1996 - 3 U
279/95 - ist die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden.
Das Oberlandesgericht Celle hat ausgeführt, aus der fraglichen Vereinbarung stünden
der Beklagten keine Zahlungsansprüche zu. Der Anspruch auf pauschale Abgeltung der
kalkulatorischen Kosten, wie er in Ziffer 6 c) vereinbart worden sei, habe nur für den Fall
und nur insoweit gegeben sein sollen, als der Konkursmasse aus Ü. Vermögenswerte
dadurch zufließen würden, dass die Banken ihre Ansprüche gegen den Nachlass K. in
den U. und Ka. erfolgreich durchsetzen und die erzielten Erlöse entsprechend Nr. 6 b)
zur Konkursmasse herausgeben würden. Für den Fall, dass der Kläger als
Konkursverwalter selbst und ohne Beteiligung der Banken das Auslandsvermögen zur
Konkursmasse ziehe, sei hingegen nach der Vereinbarung keine pauschale Beteiligung
der Banken an den erzielten Erlösen vorgesehen. Der in § 6 a) vorgesehene
Quotenverzicht sei als "Gegenleistung" der Banken für den wesentlich höheren
Veräusserungserlös der Immobilie "W.-C." durch den Kläger zu sehen, die zu einer
erheblichen Begrenzung der Ausfallforderung geführt habe. Ein Zusammenhang mit
dem Auslandsvermögen des Nachlasses K. ergebe sich aus dem wirtschaftlichen
21
Zusammenhang daher nicht. Eine von dieser schriftlichen Vereinbarung abweichende
mündliche Vereinbarung habe die Beklagte nicht substantiiert behauptet. Auch für die
Behauptung, es habe ein Irrtum oder Dissens vorgelegen, sei angesichts der Tatsache,
dass auf allen Seiten Juristen mitgewirkt hätten und die Vereinbarung von allen Seiten
schriftlich vorbereitet worden sei, ohne näheren Vortrag kein Raum. Es fehle auch an
einer entsprechenden Anfechtungserklärung, die in der als Widerklage erhobenen
Auskunftsklage nicht gesehen werden könne. Auf das ebenfalls zweifelhafte Vorliegen
der Voraussetzungen der Anfechtungsfrist und des Anfechtungsgrundes komme es
demnach nicht an.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Revision ist seitens der Beklagten am 8. April 1997
zurückgenommen.
22
In einem entsprechenden Prozess ist auch die F. Hy.bank gemäss dem Urteil des
Oberlandesgerichts Frankfurt vom 22. Januar 1996 - 18 U 52/95 - unterlegen. In diesem
Rechtsstreit ist die Hauptsache nicht für erledigt erklärt worden. Vielmehr hat das
Oberlandesgericht - unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung - festgestellt,
dass die dortige Beklagte keine Ansprüche gegen den Kläger aus der fraglichen
Vereinbarung habe. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat ein schützenswertes Interesse
des Klägers an der Feststellung bejaht, ob der dortigen Beklagten generell noch Rechte
gegen die Konkursmasse zustünden, und dies im Hinblick auf den Wortlaut der
Vereinbarung und die Interessenlage verneint.
23
Der Bundesgerichtshof hat die hiergegen gerichtete Revision durch Beschluss vom 19.
September 1996 - IX ZR 35/96 - nicht angenommen, weil die Rechtssache keine
grundsätzliche Bedeutung habe und die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg biete.
Zwingende Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung der Vereinbarung im Sinne
der dortigen Beklagten seien nicht gegeben. Die Auslegung der Beklagten führe
nämlich möglicherweise dazu, dass sie sich unter Verstoß gegen den Grundsatz der
Gleichbehandlung aller Gläubiger im Konkurs eine Vergütung für letztlich nicht im
Ausland gemeldete Forderungen habe versprechen lassen, womit der Kläger jedenfalls
ohne einen insoweit ausdrücklichen Hinweis der Beklagten nicht habe zu rechnen
brauchen.
24
Nach Rücknahme der Revision im Vorprozess erklärte die Beklagte mit Schreiben vom
15. April 1997 die Anfechtung der Ziffern 6 a) bis c) der vorstehenden Vereinbarung mit
der Begründung, sie sei bei Abschluss der Vereinbarung einem Erklärungsirrtum
unterlegen. Sie habe den Begriff der "kalkulatorischen Kosten" in der Weise verstanden,
dass ihr auf jeden Fall - unabhängig von einer eigenen Verfolgung der Forderung im
Ausland - die vereinbarte Beteiligung an den zur deutschen Konkursmasse gelangten
Erlösen aus der Rechtsverfolgung in Ü. zustehe.
25
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe in Ziffer 6 a) der
Vereinbarung auf die Geltendmachung der Ausfallforderung im Konkursverfahren
verzichtet. Dem stehe nicht entgegen, dass nach der rechtskräftigen Entscheidung des
OLG Celle feststehe, dass die Beklagte gegen die Konkursmasse keine
Zahlungsansprüche aus Ziffer 6 c) hinsichtlich des Ü.-Vermögens geltend machen
könne. Hierdurch sei die Geschäftsgrundlage für die Regelung in Ziffer 6 a) der
Vereinbarung nicht entfallen. Die Anfechtungserklärung der Beklagten vom 15. April
1997 sei verspätet. Der Begriff der "kalkulatorischen Kosten" sei auch keineswegs
missverständlich gewesen. Die möglicherweise bei der Beklagten vorhandene
26
Vorstellung, die in Ziffer 6 c) der Vereinbarung vorgesehenen Beträge auf jeden Fall zu
vereinnahmen, sei ein für eine Anfechtung nicht ausreichender Motivirrtum.
Der Kläger hat beantragt,
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28
festzustellen, dass die Beklagte im beim Amtsgericht Köln anhängigen
Konkursverfahren über den Nachlass des H. G. K. mit dem Aktenzeichen 71 N
641/85 mit der von ihr behaupteten Forderung von 4.012.260,13 DM in
Gläubigerverzeichnisse für die Zwecke von Quotenverteilungen nach § 151 KO nicht
aufzunehmen und an solchen Verteilungen nicht zu beteiligen ist.
29
Die Beklagte hat beantragt,
30
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31
die Klage abzuweisen.
32
Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei an die vertragliche Vereinbarung in Ziffer 6 a)
nicht mehr gebunden.
33
Geschäftsgrundlage dieser Regelung sei die weitere Vereinbarung in Ziffer 6 c)
gewesen, wonach ihr die Vereinnahmung des dort vorgesehenen Betrages von 5 % der
zur Konkursmasse abzuführenden Erlöse aus der Rechtsverfolgung in Ü. zugestanden
habe. Bei Abschluss der Vereinbarung seien alle Beteiligten der festen Überzeugung
gewesen, dass der Kläger mangels einer grenzüberschreitenden Wirkung des im Inland
eröffneten Konkurses nicht in der Lage sein werde, das ausländische Vermögen zur
Konkursmasse zu ziehen. Man sei daher davon ausgegangen, dass die Gläubiger aktiv
werden müssten und der Kläger sie als Konkursverwalter lediglich unterstützen könne.
Deshalb habe man in Aussicht genommen, die Forderungen der Banken als "Vehikel"
zu benutzen, um auf diese Weise die ausländischen Vermögen zur deutschen
Konkursmasse zu ziehen. Daher seien die Beteiligten davon ausgegangen, dass die
5%-ige Beteiligung der Beklagten am Auslandsvermögen auf jeden Fall wirksam werde.
Wenn der Kläger letztlich ohne die Mitwirkung der Beklagten im Ausland ausgekommen
sei, so habe er den Eintritt des von beiden Parteien vorausgesetzten Bedingungseintritts
treuwidrig verhindert. Er müsse daher entweder die Vergütung auszahlen oder dürfe
sich nicht auf den Quotenverzicht berufen. Sie, die Beklagte, sei nur deshalb, weil sie
mit der versprochenen Erfolgsbeteiligung im Ausland fest gerechnet habe, bereit
gewesen, den Verzicht auf die Konkursquote im deutschen Konkursverfahren
auszusprechen. Dem Kläger sei klar gewesen, dass sie, die Beklagte, den Verzicht
nicht ausgesprochen hätte, wenn der Kläger keine Beteiligung an den Auslandserlösen
hätte auskehren müssen. Eine entsprechende Forderung des Klägers hätte sie, die
Beklagte, damals abgelehnt (Zeugen M., Mü., P., S., J., GA. 93, 97f.).
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Die Geschäftsgrundlage für diese Vereinbarung in Ziffer 6 c) sei mit dem Urteil des
Oberlandesgerichts Celle vom 6. November 1997 weggefallen, weil danach unstreitig
feststehe, dass ihr gegen die Konkursmasse keinerlei Ansprüche aus Ziffer 6 c)
zustünden. Für diesen Fall könne der Quotenverzicht nach dem übereinstimmenden
Willen der Parteien nicht greifen. Ausserdem habe sie die Vereinbarung wirksam wegen
eines Erklärungsirrtums angefochten. Sie habe den Begriff der "kalkulatorischen
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Kosten" in Ziffer 6 c) so verstanden, dass ihr die vereinbarte Beteiligung in jedem Falle
zustehe. Deshalb komme auch ein versteckter Dissens in Betracht, dessen
Geltendmachung allerdings an der Rechtskraft der Entscheidung des
Oberlandesgerichts Celle scheitern könne (GA 96).
Im übrigen habe sie dem Kläger - wie unstreitig ist - im Frühjahr 1988 anwaltliche
Vollmacht zur Vertretung ihrer Interessen im ausländischen Konkursverfahren erteilt. Im
Hinblick auf den behaupteten Nichtgebrauch dieser Vollmacht, die dem Kläger
persönlich und nicht in seiner Funktion als Konkursverwalter erteilt worden sei, hat die
Beklagte dem Kläger persönlich mit Schriftsatz vom 24. Juni 1998 den Streit verkündet.
Sie meint, der Kläger habe, wenn seine Behauptung zutreffe, schuldhaft von der ihm
erteilten Vollmacht keinen Gebrauch gemacht und daher das Entstehen des
Vegütungsanspruchs gemäss Ziffer 6 c) der Vereinbarung schuldhaft verhindert. Er sei
daher persönlich zum Schadensersatz verpflichtet.
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Der Streitverkündete, also der Kläger persönlich, ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom
14. Juli 1998 auf Seiten des Klägers beigetreten und hat dessen Antrag unterstützt.
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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, der Kläger
könne die Einhaltung der Vereinbarung vom 23./24. Mai 1989 verlangen. Die
Anfechtung der Vereinbarung wegen Irrtums sei verspätet, weil sie spätestens nach dem
Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 6. November 1996 habe erklärt werden
müssen. Grundlage der Vereinbarung sei auch nicht die Erwartung der Beklagten
gewesen, am Auslandsvermögen mit 5 % beteiligt zu werden. Der
Gesamtzusammenhang der Vereinbarung ergebe vielmehr, dass die in Ziffer 6 c)
niedergelegte Beteiligung nur dann Platz greifen sollte, wenn das ausländische
Vermögen mit Hilfe der Beklagten unter Verwendung der ausgefallenen
Bankenforderung herbeigeschafft worden wäre, was unstreitig nicht der Fall sei. Der
Verzicht auf die Geltendmachung der Restforderung im deutschen Konkursverfahren
stehe daher nicht im Zusammenhang mit der Beibringung des Auslandsvermögens,
sondern sei allein im Zusammenhang mit der das Grundstücksveräusserungsgeschäft
betreffenden Gesamtregelung zu sehen. Hätten die Parteien das Schicksal der
ausgefallenen Forderungen unmittelbar mit der Einbringung des Auslandsvermögens in
die Konkursmasse verknüpfen wollen, so hätten sie eine gesonderte Regelung,
geknüpft an die Beibringung des Auslandsvermögens, treffen können. In Ziffer 8 sei die
Wirksamkeit der Vereinbarung auch nicht von der Beibringung des Auslandsvermögens,
sondern allein von der Veräusserung des fraglichen Grundstückes abhängig gemacht
worden.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete
Berufung der Beklagten.
39
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertritt den
Standpunkt, es liege bereits ein versteckter Einigungsmangel vor. Mit dem Begriff
"kalkulatorische Kosten" hätten die Parteien einen objektiv mehrdeutigen Begriff
verwendet, den jede Partei unterschiedlich verstanden habe. Während der Kläger der
Meinung sei, eine Erstattung dieser Kosten komme nur in Betracht, wenn die Banken
sich aktiv am Einzug des Auslandsvermögens beteiligt hätten, habe sie, die Beklagte,
den Begriff so verstanden, dass damit ihre Beteiligung am Auslandserlös
festgeschrieben werde, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sie beim Einzug
des Auslandsvermögens aktiv sein werde (Zeugen J., P. und S.). Jedenfalls habe sie
40
ihre Erklärung aber rechtzeitig wegen Irrtums angefochten. Für den Beginn der Frist
könne nur die Rechtskraft der Entscheidung im Vorprozess massgeblich sein, weil erst
dann festgestanden habe, welche Auslegung zugrundezulegen sei. Vorher sei eine
Anfechtung der Willenserklärung widersprüchlich gewesen, weil sie, die Beklagte,
zunächst für die von ihr vertretene Auslegung der Erklärung habe streiten dürfen.
Nachdem der Revisionsanwalt sie über den Eintritt der Rechtskraft am 8. April 1997
unterrichtet habe, habe sie mit Schreiben vom 15. April 1997 ihre Willenserklärung
unverzüglich angefochten. Die Anfechtung sei auch begründet, weil sie die vom
Oberlandesgericht objektiv bindend festgestellte Erklärung, nicht habe abgeben wollen.
Sie habe geglaubt zu erklären, dass die 5%-ige Beteiligung unabhängig von ihrem
Tätigwerden gezahlt werde, da sie dem Kläger ihre Forderungen als Mittel zur
Realisierung des Ü.ischen Vermögens zur Verfügung gestellt habe (Zeugen J., P. und
S.).
Unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sei Ziffer 6 a) der
Vereinbarung insofern einzuschränken, dass der "Quotenverzicht" nur bei einer
Beteiligung an den Auslandserlösen habe gelten sollen. Der Auffassung des
Landgerichts, der Quotenverzicht sei allein im Zusammenhang mit der
Grundstücksveräusserung zu sehen, widerspreche schon die Systematik der
Vereinbarung. Während in Ziffer 5 die Veräusserung des Grundstücks regele, sei der
Verzicht in Ziffer 6 a) gleichrangig neben den Unterpunkten b) und c) geregelt, die die
Art und Weise des Einzugs von Ü.ischem Nachlassvermögen betroffen hätten. Der
Zusammenhang zwischen Quotenverzicht und Beteiligung am Auslandsvermögen sei
auch wirtschaftlich sinnvoll. Zur Realisierung der Ausfallforderung habe sie, die
Beklagte, zwei Möglichkeiten gehabt, nämlich einerseits die Geltendmachung im
Inlandskonkurs und andererseits die Verfolgung der Forderung in den ausländischen
Konkursverfahren. Keineswegs habe sie auf beide Realisierungsmöglichkeiten
verzichten wollen. Indem sie den Quotenverzicht im Inland ausgesprochen habe, sei sie
nicht gehindert gewesen, ihre Forderungen im ausländischen Konkursverfahren
durchzusetzen und damit den Zufluss dieser Erlöse zur inländischen Konkursmasse zu
unterbinden, was dem Konkursverwalter auch bewusst gewesen sei. Die Beteiligung an
den Auslandserlösen sei deshalb für sie Voraussetzung für den Quotenverzicht
gewesen, wie sie bereits erstinstanzlich unter Benennung mehrerer Zeugen vorgetragen
habe (GA 93). Es habe sich nicht um eine einseitige Vorstellung gehandelt, sondern um
die Geschäftsgrundlage des Vertrages. Unstreitig seien die Beteiligten seinerzeit davon
ausgegangen, dass ohne die Mitwirkung der Banken (z.B. durch Zuverfügungstellung
der Forderungen) ein Einzug des Ü.ischen Nachlassvermögens zur Konkursmasse
nicht möglich sein würde. Dies habe sich erst später als entbehrlich erwiesen. Bei
Vertragsschluss seien also beide Seiten davon ausgegangen, dass die Banken die
Erlösbeteiligung von 5 % erhalten würden. Nur weil man fälschlicherweise davon
ausgegangen sei, dass mangels Anerkennung des deutschen Konkursverwalters in
Nordam. die Banken beim Forderungseinzug mitwirken müssten, habe man auf die
ausdrückliche Formulierung einer Bedingung verzichtet, die den Quotenverzicht auch
förmlich von dem Erhalt der Erlösbeteiligung nach Ziffer 6 c) abhängig gemacht hätte.
41
Diese Auslegung folgte schließlich auch aus der Entstehungsgeschichte der Ziffer 6 c)
der Vereinbarung. Die ursprüngliche Formulierung habe besagt, dass die Banken die 5
% als unbedingte Beteiligung an den Auslandserlösen erhalten sollten. Der Kläger habe
aber Bedenken gehabt, ob der Gläubigerausschuss diese Formulierung mittragen
würde und deshalb die Formulierung der Erstattung "kalkulatorischer Kosten"
vorgeschlagen, ohne dass dies eine inhaltliche Änderung habe bedeuten sollen
42
(Zeugen J., P., S.). Der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage habe zur Folge, dass Ziffer 6
a) insoweit einzuschränken sei, als ein Quotenverzicht nur gelte, wenn die
Auslandsbeteiligung nach Ziffer 6 c) fliesse. Es könne nämlich nicht richtig sein, dass
sie, die Beklagte, weder an den Auslandserlösen beteiligt werde noch im inländischen
Konkurs zumindest die Quote erhalte.
Die Beklagte beantragt,
43
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Köln vom 20. August
1998 - 15 O 37/98 - die Klage abzuweisen.
44
Der Kläger beantragt,
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46
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
47
Der Streitverkündete unterstützt auch im Berufungsverfahren den klägerischen Antrag.
48
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Er vertritt die Auffassung, die Beklagte
unternehme den untauglichen Versuch, eine von den Parteien nicht gewollte inhaltliche
Verknüpfung zwischen Ziffer 6 a) und 6 c) herzustellen und die in Ziffer 6 c)
vorgesehene mögliche Zahlung von 5% der zur deutschen Konkursmasse
abzuführenden Erlöse aus der Rechtsverfolgung in Ü. als eine Gegenleistung für den
Quotenverzicht im Inlandskonkursverfahren auszugeben. Das Gegenteil stehe auf
Grund des Urteils des Oberlandesgerichts Celle vom 6. November 1996 mit
Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien fest.
49
Die Vereinbarung sei auch nicht auf Grund eines versteckten Dissenses ganz oder
teilweise unwirksam. Der Begriff der kalkulatorischen Kosten und der Sinn der
Regelung der Ziffer 6 c) seien eindeutig. Die Auslegung dieser Regelung stehe auf
Grund des Urteils des Oberlandesgerichts Celle ebenfalls zwischen den Parteien
rechtskräftig fest. Dabei habe das Oberlandesgericht Celle die Entstehungsgeschichte
der Klausel zutreffend dahin gewertet, dass der Quotenverzicht nicht mit der
Auslandsbeteiligung, sondern ausschließlich mit dem für die Banken günstigen
freihändigen Grundstücksverkauf durch den Kläger zu sehen sei. Hintergrund der
streitgegenständlichen Vereinbarung, so trägt der Kläger ergänzend vor, sei es
gewesen, dass es den Banken, darunter der Beklagten, unstreitig nicht gelungen sei,
die Immobilie "W.-C.", die noch durch den Gemeinschuldner in 901
Wohnungsgrundbücher aufgeteilt worden sei, angemessen zu verwerten. Es habe eine
umfangreiche Korrespondenz zwischen ihm und der federführenden F. Hy.bank
stattgefunden, aus der sich eindeutig ergebe, dass die Banken bereit gewesen seien,
auf die Geltendmachung der Ausfallforderung im Inlandskonkurs vollständig zu
verzichten. Dies sei den auf Seiten der Beklagten verhandelnden erfahrenen Juristen
aus dem der Vereinbarung vorangehenden Schriftverkehr bekannt gewesen. Diese
hätten auch gewusst, dass aussschließlich auf seine, des Klägers Initiative eine
Konstruktion vereinbart worden sei, die eine Verfolgung der Ausfallforderungen in Ü.
ermöglichte, ohne dass die Banken einen unbedingten Anspruch auf Beteiligung an den
in Ü. erzielten Erlösen haben sollten. Dies hätten die Banken in den Verhandlungen
auch nicht verlangt. Von einem versteckten Einigungsmangel könne bei dieser
Sachlage keine Rede sein.
50
Die Erklärung der Beklagten sei auch nicht wirksam angefochten. Die Anfechtung vom
15. April 1997 sei nahezu 8 Jahre nach Abschluss der fraglichen Vereinbarung erfolgt.
Schon Anfang 1995, als ihr das Verständnis des Klägers vom Inhalt der Vereinbarung
mit Schreiben vom 3. Januar 1995 verdeutlicht worden sei, jedenfalls aber im Laufe des
Vorprozesses vor dem Landgericht Hannover, das in seinem Urteil vom 5. Oktober 1995
auf die Möglichkeit der Irrtumsanfechtung ausdrücklich hingewiesen habe, habe die
Beklagte die Eventualanfechtung erklären müssen. Der Fristbeginn setzte nämlich nicht
die volle Überzeugung vom Bestehen des Anfechtungsgrundes voraus. Wenn der
Erklärende erkenne, dass sich sein Wille und seine Erklärung auch nur möglicherweise
nicht gedeckt hätten, müsse er aus Gründen der Rechtssicherheit zur Fristwahrung eine
Eventualanfechtung erklären. Zweifel bei der Auslegung eines Vertrages seien der
klassische Fall einer Eventualanfechtung.
51
Jedenfalls sei ein hinreichender Anfechtungsgrund nicht gegeben. Die beteiligten
Banken seien zu einem bedingungslosen Verzicht auf die Ausfallforderung bereit
gewesen und hätten dies nicht von der Beteiligung an den ausländischen
Verwertungserlösen abhängig gemacht. Es liege allenfalls ein unbeachtlicher
Motivirrtum vor.
52
Auch eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage scheide aus.
Zwischen den Parteien stehe mit Rechtskraftwirkung fest, dass eine inhaltliche
Verknüpfung zwischen Ziffer 6 a) und 6 c) gerade nicht vereinbart worden sei. Es bleibe
daher ohne jede Auswirkung, ob sich die angeblichen Erwartungen der Parteien über
die Notwendigkeit einer Mitwirkung der Beklagten am Einzug des Ü.ischen
Nachlassvermögens zur Konkursmasse bewahrheitet hätten oder nicht. Selbst wenn die
Parteien gewusst hätten, dass es einer solchen Mitwirkung der Banken nicht bedurfte,
hätten sie, so behauptet der Kläger, den Quotenverzicht als Gegenleistung für die vom
Kläger vermittelte günstige freihändige Verwertung der Immobilie "W.-C." vereinbart
(Zeugen RA Ja. und He.).
53
Die Regelung in Ziffer 6 c) habe, für die für die Beklagte tätigen Juristen eindeutig
erkennbar, nicht bedeutet, dass den Banken aus den ausländischen Erlösen vorab eine
Quote von 5% zugesichert werden sollte. Eine solche Vereinbarung hätte einen
eklatanten Verstoss gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger
bedeutet und ihn gegenüber diesen schadensersatzpflichtig gemacht. Die in Ziffer 6 c)
enthaltene Vereinbarung sei daher als Erstattung von Sonderaufwand nur mit der
Prämisse zu rechtfertigen gewesen, dass die Banken selbst Erlöse aus dem Ü.ischen
Nachlassvermögen erzielten und zur deutschen Konkursmasse herausgaben.
54
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen ihnen
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
55
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
56
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
57
Die Feststellungsklage des Klägers ist als Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767
ZPO zu werten und als solche zulässig. Die Eintragung der Beklagten in die
Konkurstabelle am 10. Juli 1987 wirkt wegen der festgestellten Forderung ihrem Betrag
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und ihrem Vorrecht nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber allen
Konkursgläubigern (§ 145 Abs. 2 KO) und in gleicher Weise auch gegenüber dem
Konkursverwalter. Einwände gegen diese festgestellte Forderung, die nachträglich
entstanden sind, kann der Konkursverwalter im Wege der Vollstreckungsgegenklage
verfolgen (vgl. nur BGH KTS 1985, 90ff, 92, 93 m.w.N.; GA 79ff.). Über diesen
rechtlichen Ansatzpunkt herrscht zwischen den Parteien kein Streit.
Der Kläger hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, da über den Gegenstand
der vorliegenden Vollstreckungsgegenklage noch nicht rechtskräftig entschieden
worden ist.
59
In dem zwischen den Parteien bis zum OLG Celle geführten Rechtsstreit ist der Tenor
des landgerichtlichen Urteils bestätigt. Es ist festgestellt worden, dass sich der dortige
Rechtsstreit, gerichtet auf die Feststellung, dass der Beklagten gegen den Kläger keine
Ansprüche aus der Vereinbarung vom 23./24. Mai 1989 zustehen, in der Hauptsache
erledigt hat. Ausserdem sind die widerklagend erhobenen Auskunftsansprüche
abgewiesen worden. Damit ist aber nur rechtskräftig darüber entschieden worden, ob
die Beklagte aus der Vereinbarung gegen den Kläger noch Ansprüche geltend machen
kann, während es hier darum geht, ob den gemäss § 145 Abs. 2 KO titulierten
Ansprüchen der Beklagten Einwendungen i.S.v. § 767 BGB entgegengehalten werden
können. Gegenstand des damaligen Rechtsstreits war nach dem Inhalt der Urteile auch
eher die Frage, ob der Beklagten noch Ansprüche aus Ziffer 6 c) auf die 5-%ige
Auslandvergütung zustanden und nicht die Frage, ob die 1987 zur Konkurstabelle
angemeldete Ausfallforderung zu Recht bestand oder nicht. Die Beklagte hat in dem
Vorprozess vielmehr versucht, 5 % der Auslandskonkursmasse zu erhalten und hätte
bei Erfolg im Vorprozess den Verzicht auf die Ausfallforderung im Inlandskonkurs
gemäss Ziffer 6 a) gelten lassen.
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Die Vollstreckungsgegenklage ist auch begründet. Auf Grund der Vereinbarung der
Parteien vom 23./24. Mai 1989 ist die Beklagte nicht berechtigt, die Ausfallforderung von
4.012.260,13 DM noch im inländischen Konkursverfahren 71 N 641/85 AG Köln geltend
zu machen. Denn sie hat auf diese Geltendmachung wirksam verzichtet.
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Allerdings ergibt sich die Begründetheit der Vollstreckungsgegenklage nicht ohne
weiteres aus den rechtskräftigen Feststellungen im Vorprozess. Eine Bindungswirkung
der Entscheidungsgründe des Urteils des OLG Celle ist hinsichtlich der Auslegung der
Ziffer 6 a) der Vereinbarung nicht gegeben, auch wenn das Urteil in seinen die
Entscheidung tragenden Rechtsausführungen eindeutig zu den hier entscheidenden
Fragen Stellung nimmt. Mit Rechtskraftwirkung steht zwischen den Parteien nur fest,
dass die Beklagte keine Ansprüche aus der fraglichen Vereinbarung herleiten kann, mit
anderen Worten, dass ihr keine Ansprüche gemäss Ziffer 6 c) der Vereinbarung auf eine
Beteiligung am Auslandsvermögen zustehen. Damit ist - auch wenn sich die
Rechtsfragen in beiden Prozessen überschneiden - aber nicht entschieden, ob der
Beklagten nach Ziffer 6 a) der Vereinbarung die Geltendmachung ihrer Ausfallforderung
im Inlandskonkurs abgeschnitten ist.
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In der Sache ist es der Beklagten auf Grund der am 23./24. Mai 1989 getroffenen
Vereinbarung verwehrt, die Ausfallforderung im inländischen Konkurs noch geltend zu
machen. Dies folgt, wie die vorgelegten Entscheidungen im Zusammenhang mit dem
nun 14 Jahre dauernden Konkursverfahren mit eingehender Begründung darstellen, aus
dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte (Vorkorrespondenz) und der Interessenlage.
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Danach ist die fragliche Vertragsbestimmung eindeutig dahin auszulegen, dass die
Beklagte auf eine Geltendmachung der Ausfallforderung im Inlandskonkurs in Ziffer 6 a)
der Vereinbarung vom 23./24. Mai 1989 als "Gegenleistung" für die günstige
Veräusserung der Immobilie "W.-C." wirksam und bedingungslos verzichtet hat.
Soweit die Beklagte meint, aus der Systematik der Vertragsbestimmungen, namentlich
der Trennung von Ziffer 5 und 6, ergebe sich eine zwingende Auslegung zu ihren
Gunsten, kann ihr nicht gefolgt werden. Während Ziffer 5 der Vereinbarung den
vollständigen Ausgleich von Ansprüchen insbesondere im Bereich des sogenannten
"Gl.-Warenhauses" aus dem erzielten Kaufpreis von 51 Mio DM regelt, befasst sich
Ziffer 6 mit den auf dem "W.-C." abgesicherten Forderungen, wegen derer die Banken
aus dem Kaufpreis angabegemäß nicht vollständig befriedigt werden können. Die
hierzu in lit. a) bis c) getroffenen Regelungen stehen dabei nicht in einem Verhältnis
gegenseitiger Abhängigkeit oder Bedingtheit. Vielmehr regelt lit. a) die ausgefallenen
Forderungen in dem inländischen Konkursverfahren vor dem Amtsgericht Köln, lit. b) die
Verfolgung der Forderungen im Ausland und lit. c) die im Zusammenhang mit lit. b)
entstehenden Kostenerstattungen bzw. Vergütungen für die Rechtsverfolgung im
Ausland. Dieser Systematik lässt sich der von der Beklagten interpretierte
Zusammenhang zwischen der Realisierung der Forderungen im Ausland und dem
Verzicht auf die Ausfallforderungen im Inlandskonkurs gerade nicht entnehmen. Auch
aus dem der Vereinbarung vorausgegangenen Schriftwechsel der Parteien folgt dieser
Zusammenhang nicht.
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Auch der wirtschaftliche Hintergrund der Vereinbarung rechtfertigt es nicht, den Bestand
der Verzichtserklärung in Ziffer 6 a) von einer Beteiligung der Banken am Auslandserlös
gemäß Ziffer 6 c) in dem Sinne abhängig zu machen, dass die Beteiligung der Banken
an den Auslandserlösen Geschäftsgrundlage oder Bedingung der Regelung in Ziffer 6
a) gewesen ist. Die damalige Erwartung der Parteien, die Mitwirkung der Banken durch
die Einbringung ihrer Forderungen werde bei der Verwertung des Auslandsvermögens
erforderlich sein, ist eben nicht zur Geschäftsgrundlage der Regelung in Ziffer 1 a)
gemacht worden. Hätten die Parteien diese Verknüpfung gewollt, so hätte nichts näher
gelegen, als diese Regelung in der Vereinbarung festzuschreiben. Die Vereinbarung
wurde über mehrere Monate ausgehandelt und von den bei der Beklagten tätigen,
erfahrenen Juristen sowie den ebenso qualifizierten Mitarbeitern der F. Hy.bank im
einzelnen geprüft. In keinem der vorgelegten Korrespondenzschreiben ist die nun
begehrte Verknüpfung zwischen dem Verzicht im Inlandskonkurs und der Realisierung
des Vergütungsanspruchs angesprochen worden. Die Beklagte hat auch nicht
substantiiert dargelegt, in welchen Gesprächen etwa eine hiervon abweichende
Vereinbarung mit dem Kläger zustande gekommen sein soll. Dass sie bzw. ihre
Vertreter, wie die Beklagte behauptet, möglicherweise einseitig von dieser Vorstellung
ausgegangen sein mögen, führt nicht dazu, dass diese einseitige Vorstellung als
Geschäftsgrundlage oder Bedingung der getroffenen Vereinbarung angesehen werden
könnte.
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Unter diesen Umständen besteht auch für die Annahme eines Dissenses kein Raum.
Ein versteckter Einigungsmangel nach § 155 BGB setzt voraus, dass die Parteien
glauben, vollständig einig zu sein, während das in Wirklichkeit nicht zutrifft, wenn also
der Inhalt der abgegebenen Erklärungen nicht übereinstimmt. Nicht genügend ist
hingegen, dass die Parteien Verschiedenes gewollt haben. Stimmen die Erklärungen in
ihrer gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermittelnden objektiven Bedeutung überein, ist § 155
BGB unanwendbar. Die Partei, die ihre Erklärung mit einem anderen als dem objektiven
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Sinn verbunden hat, kann allenfalls zur Anfechtung wegen eines Erklärungsirrtums
berechtigt sein. Auch hiermit hat die Beklagte vorliegend indes keinen Erfolg.
Hinsichtlich eines Dissenses oder Irrtums der Beklagten hat das Oberlandesgericht
Celle bereits für die Vertragsklausel der Ziffer 6 c) darauf hingewiesen, dass angesichts
des ausgehandelten klaren Wortlautes ohne nähere Darlegungen der Beklagten kein
Raum für eine solche Behauptung sei. Dies gilt erst recht für die eindeutige, auf beiden
Seiten unter Juristen ausgehandelte Bestimmung der Ziffer 6 a) der Vereinbarung. Den
von der Beklagten konstruierten Zusammenhang von Ziffer 6 a) und 6 c), wäre er
tatsächlich gewollt gewesen, hätten die auf Seiten der Beklagten und der F. Hy.bank
tätigen Juristen herstellen müssen, also insbesondere regeln müssen, ob der Verzicht
auf die Geltendmachung der Ausfallforderung der Beklagten im Inlandskonkurs an die
Geschäftsgrundlage oder auch einseitige Erwartung geknüpft gewesen war, dass die
5%-ige Beteiligung am Auslandsvermögen realisiert werden konnte. Eine solche
Verknüpfung enthält der Wortlaut des Vertrages eindeutig nicht. Dieser legt vielmehr -
wie in Übereinstimmung mit den Entscheidungen des Vorprozesses festzustellen ist -
nahe, dass der Verzicht auf die "Quotenforderung" nur im Hinblick auf den günstigen
Immobilien-Verkauf erfolgt ist und in keinerlei Zusammenhang mit dem
Auslandsvermögen gestanden hat.
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Es bedarf auch keiner Beweisaufnahme über die Vorstellungen der Beklagten bei
Abschluss der Vereinbarung durch Vernehmung der von der Beklagten benannten
Zeugen J., P. und S.. Eine solche Beweisaufnahme liefe auf eine Ausforschung nicht
geschilderter Gesprächsinhalte hinaus und befasste sich mit intern gebliebenen
Vorstellungen der Mitarbeiter der Banken zu dem fraglichen Zusammenspiel der
vertraglichen Regelungen. Jeder Vertragspartner war in der Lage, Inhalt, Umfang und
Risiko der Vereinbarungen zu erkennen und genau zu prüfen. Diese Möglichkeit haben
beide Parteien ausgiebig wahrgenommen. Hierfür spricht schon der zeitliche Rahmen
und die Vorkorrespondenz, vor allem aber die Ausbildung der beteiligten Vertreter der
Beklagten und die Bedeutung der Angelegenheit.
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Auch die Anfechtung wegen eines Erklärungsirrtums greift nicht durch. Zutreffend hat
das Landgericht angenommen, die erst am 15. April 1997 erklärte Anfechtung sei
verfristet. Die Beklagte war nicht berechtigt, mit der Anfechtung ihrer Erklärungen bis
zum rechtskräftigen Abschluss des Vorprozesses zu warten. Für den Beginn der Frist
des § 121 BGB ist die volle Überzeugung vom Bestehen des Anfechtungsrechts nicht
erforderlich. Sobald der Anfechtungsberechtigte erkennt, dass sich Wille und Erklärung
möglicherweise nicht gedeckt haben, ist zur Fristwahrung eine Eventualanfechtung
geboten (BGH NJW 1968, 2099; 1979, 765; Palandt/Heinrichs, 56. Aufl., § 121 Rdnr. 2).
Dass Ziffer 6 c) im Sinne der späteren Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle
ausgelegt werden konnte und damit eine Anfechtung der gesamten Regelung in Ziffer 6
a) bis c) in Betracht zu ziehen war, wusste die Beklagte letztlich bereits seit dem
Schreiben des Klägers vom 2. Januar 1995, in dem dieser ihr mitgeteilt hatte, dass die
Kostenerstattungsregelung in Ziffer 6 c) keine Gegenleistung für den Verzicht auf die
Ausfallforderungen darstelle und dass die Erstattung kalkulatorischer Kosten gemäss
Ziffer 6 c) mangels Mitwirkung der Beklagten oder Einsatz ihrer Forderungen nicht in
Betracht komme. Schon zu diesem Zeitpunkt, also fast 3 Jahre vor der
Anfechtungserklärung, wusste die Beklagte, dass sich der Kläger einerseits auf den
Verzicht auf die Ausfallforderung berufen und andererseits auch die Vergütung aus der
ausländischen Konkursmasse streitig stellte. Schon zu diesem Zeitpunkt hätte die
Beklagte erkennen müssen, dass sich ihr Wille und ihre Erklärungen bei Abschluss der
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Vereinbarung möglicherweise nicht gedeckt haben, und dementsprechend ihre
Erklärung anfechten müssen. Jedenfalls hätte sie eine solche Anfechtung im Laufe des
Vorprozesses abgeben können und müssen. Das Landgericht Hannover hatte in seinem
Urteil vom 5. Oktober 1995 darauf hingewiesen, dass es an einer wirksamen Anfechtung
der Erklärungen fehle. Das Oberlandesgericht Celle hat seine Entscheidung, aus der
sich alle massgeblichen Erwägungen zur Auslegung der Vereinbarung ergeben, am 6.
November 1996 verkündet. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte allen
Anlass zu einer Eventualanfechtung. Sie durfte nicht durch den Einlegung und spätere
Rücknahme der Revision den Beginn der Anfechtungsfrist des § 121 BGB hinauszögern
und von ihrem eigenen prozessualen Verhalten abhängig machen.
Aber auch ein Anfechtungsgrund ist nicht hinreichend dargetan. Dies setzt ein
unbewusstes Auseinanderfallen von Wille und Erklärung voraus. Die Beklagte müsste
also den in Wahrheit nicht zum Ausdruck gekommenen Zusammenhang zwischen
Quotenverzicht und Auslandsbeteiligung als Inhalt ihrer Erklärung gewollt haben. Dafür
fehlt ein nachvollziehbarer Vortrag der Beklagten. Hierfür reicht es nämlich nicht, dass
die Beklagte seinerzeit möglicherweise davon ausgegangen ist, dass sie die 5%-ige
Beteiligung auf jeden Fall erhalte, weil sie dem Konkursverwalter ihre Forderungen zur
Realisierung des ausländischen Vermögens zur Verfügung gestellt habe. Damit hat sie
nämlich nicht substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt, nur wegen der
sicheren Beteiligung am Auslandsvermögen habe sie auf die Ausfallforderung im
Inlandskonkurs verzichtet. Ein solcher Wille ist vielmehr in der gesamten Korrespondenz
nicht zum Ausdruck gekommen. Tatsachen, die diese Willensrichtung der Beklagten
untermauern könnten, hat diese nicht vorgetragen. Die Vernehmung der benannten
Zeugen liefe auf einen Ausforschungsbeweis hinaus.
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Die Beklagte muss sich danach an dem objektiv Erklärten, also an der Vereinbarung
vom 23./24. Mai 1989 im Sinne einer verständigen Würdigung der Willenserklärungen
nach §§ 133, 157 BGB festhalten lassen. Ihre internen Vorbehalte und Erwartungen
mögen hiervon abgewichen sein. Vertragsrechtlich sind sie aber unbeachtlich. Sie
stellen weder einen Dissens dar noch berechtigen sie zur Irrtumsanfechtung, die
ohnehin verfristet wäre, noch machen sie die Regelung der Ziffer 6 c) zur
Geschäftsgrundlage für Ziffer 6 a).
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Die Berufung war nach alledem mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO und - im
Hinblick auf § 101 ZPO - mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die dem Streithelfer in
beiden Instanzen entstandenen Kosten der Beklagten aufzuerlegen waren.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.
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Der Streitwert für beide Instanzen und der Wert der Beschwer der Beklagten wird -
abweichend von der Wertfestsetzung des Landgerichts - entsprechend dem nach den
Abschlagverteilungen erzielbaren Wert von 39 % der behaupteten Ausfallforderung von
4.012.260,13 DM auf 1.564.781,45 DM festgesetzt.
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