Urteil des OLG Köln vom 25.08.1997

OLG Köln (eintragung, grundbuch, vormerkung, verhältnis zwischen, 1995, wirksamkeit, beschwerde, reihenfolge, grundpfandrecht, antrag)

Oberlandesgericht Köln, 2 Wx 42/97
Datum:
25.08.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Wx 42/97
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 11 T 179/97
Tenor:
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) vom 4. Juli 1997
gegen den Beschluß der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 6.
Juni 1997 - 11 T 179/97 - wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
1
I.
2
Die Beteiligte zu 1) ist als Eigentümerin im Grundbuch von L. Blatt x
(Wohnungsgrundbuch) und Blatt x (Teileigentumsgrundbuch) eingetragen. Durch
notariellen Vertrag vor Notar H. vom 19. Dezember 1996 hat sie das Wohnungs- und
Teileigentum an die Beteiligten zu 2) veräußert, zu deren Gunsten am 17. Januar 1997
eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden ist. Zum Zweck der
Kaufpreisfinanzierung haben die Beteiligten zu 2) im Namen der Beteiligten zu 1) -
gestützt auf eine in dem notariellen Vertrag enthaltene Belastungsvollmacht - durch
Erklärung vom 10. März 1997 vor Notar H. zugunsten der Beteiligten zu 3) eine
Grundschuld im Betrag von 368.250 DM bestellt. In der Urkunde vom 10. März 1997
haben sie ferner die Eintragung eines Rangrücktritts der Auflassungsvormerkung hinter
die Grundschuld sowie die Eintragung eines Vermerks bewilligt und beantragt, daß die
Grundschuld gegenüber der Vormerkung wirksam sei.
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Der Notar hat namens der Beteiligten die Eintragung der Grundschuld sowie die
Eintragung eines Vermerks beantragt, daß das Grundpfandrecht gegenüber der
Auflassungsvormerkung wirksam sei.
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Der Rechtspfleger hat - nach vorheriger Beanstandung - durch Beschluß vom 21. April
1997 den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Eintragung eines
Wirksamkeitsvermerks sei unzulässig, weil die Beteiligten ihr Ziel durch einen
Rangrücktritt der Auflassungsvormerkung erreichen könnten. Der hiergegen gerichteten
Erinnerung haben der Rechtspfleger und der Richter des Amtsgerichts nicht abgeholfen.
Auf entsprechenden Antrag hat das Grundbuchamt am 15. Mai 1997 die Grundschuld
ohne Wirksamkeitsvermerk eingetragen.
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Das Landgericht hat die als Beschwerde geltende Erinnerung durch Beschluß vom 6.
Juni 1997 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der
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Wirksamkeitsvermerk sei nicht eintragungsfähig, weil durch ihn letztlich ein
Rangverhältnis ausgedrückt werden solle. Für rangfähige Belastungen - nach
herrschender Meinung sei die Auflassungsvormerkung rangfähig - sehe das
Grundbuchrecht die Eintragung eines Rangvermerks vor, wenn sich die Rangfolge nicht
aus der zeitlichen und räumlichen Reihenfolge der Eintragung ergebe.
Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit ihrer weiteren Beschwerde, mit der sie im
wesentlichen geltend machen, ohne die Eintragung des Wirksamkeitsvermerks sei das
Grundbuch unrichtig. In Rechtsprechung und Literatur werde daher die Eintragung des
Wirksamkeitsvermerks für zulässig erachtet.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß und die darin
enthaltenen Bezugnahmen sowie auf die Begründung der weiteren Beschwerde Bezug
genommen.
8
II.
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Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft und auch im übrigen zulässig,
insbesondere formgerecht eingelegt (§ 80 Abs. 1 Satz 3 GBO).
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In der Sache ist sie jedoch nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht
nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, §§ 78 GBO, 550, 551, 563 ZPO. Ohne
Rechtsfehler hat das Landgericht die die Eintragung des Wirksamkeitsvermerks
ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt. Der Senat teilt die Auffassung
des Landgerichts.
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1. Der Wirksamkeitsvermerk ist eine im Gesetz nicht vorgesehene Eintragung. Er
wird in beachtlichen Stimmen ausnahmsweise als Vermerk mit lediglich
deklaratorischer Bedeutung für zulässig erachtet. So soll er etwa aus dem
Grundbuch ersichtlich machen, daß ein eingetragenes Recht gegenüber einer
Verfügungsbeschränkung oder gegenüber dem Nacherben wirksam ist (vgl.
Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 4. Aufl., Einl. J 25 unter b ;
Meikel, Grundbuchrecht, 7. Aufl. Rn. 102; Haegele/Schöner/Stöber,
Grundbuchrecht, 10. Aufl., Rn. 296;, BayObLG FGPrax 1997, 135, 136). Es handelt
sich dabei um Fallgestaltungen, bei denen die Wirksamkeit aus dem Grundbuch
nicht erkennbar ist und auch nicht durch Rangänderung kenntlich gemacht werden
kann, weil ein änderbares Rangverhältnis nicht besteht.
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1. Sind jedoch im Grundbuch einzutragende Rechte rangfähig und besteht zwischen
ihnen demgemäß ein Rangverhältnis im Sinn von § 879 BGB, fehlt regelmäßig ein
Anlaß, die Wirksamkeit der Rechte untereinander durch Eintragung eines
Wirksamkeitsvermerks im Grundbuch klarzustellen. In einem solchen Fall sind der
Rang der Rechte und damit die Reihenfolge, in der sie bei der
Zwangsvollstreckung berücksichtigt und befriedigt werden, ohne weiteres aus dem
Grundbuch ersichtlich. Wollen die Beteiligten eine andere Reihenfolge
herbeiführen, haben sie die Möglichkeit der Vereinbarung eines Rangvorbehalts
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(§ 881 BGB) oder einer nachträglichen Rangänderung (§ 880 BGB). Nach deren
Eintragung im Grundbuch ist das Rangverhältnis ohne weiteres aus dem
Grundbuch zu entnehmen. Die im Gesetz vorgesehenen Regelungen ermöglichen
es mithin, durch entsprechende Vereinbarungen und deren Eintragung im
Grundbuch das Verhältnis der eingetragenen Rechte zueinander zweifelsfrei
klarzustellen. So liegt es auch hier:
1. Nach völlig herrschender Meinung ist die Auflassungsvormerkung als dingliche
Sicherung eines schuldrechtlichen Anspruchs rangfähig im Sinne des § 879 BGB
(vgl. BGHZ 46, 124, 127; BGH, WM 1986, 46, 48; Palandt-Bassenge, BGB, 56.
Aufl., § 879 Rn. 5; § 883, Rn. 29). Die entsprechende Anwendung der Vorschriften
über die Rangordnung (§§ 879 bis 891 BGB) rechtfertigt sich aus den Parallelen
zwischen der Auflassungsvormerkung und den beschränkten
Liegenschaftsrechten, insbesondere der rangwahrenden Wirkung der Vormerkung
(§ 883 Abs. 3 BGB). Grundsätzlich ist deshalb das Rangverhältnis zwischen
beschränkten dinglichen Rechten und der Auflassungsvormerkung nach den für
das Rangverhältnis geltenden gesetzlichen Bestimmungen im Grundbuch
erkennbar. Die allgemeinen Regelungen über das Rangverhältnis gelten mithin
entsprechend auch für Auflassungsvormerkungen. Rangvorbehalt und
Rangrücktritt sind möglich (vgl. Haegele/Schöner/Stöber, a.a.O, Rn. 1531). Eine
Rangänderung zwischen Grundpfandrecht und Auflassungsvormerkung wird
allgemein für zulässig gehalten (vgl. etwa BayObLG NJW-RR 1991, 567).
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1. Die Notwendigkeit eines Wirksamkeitsvermerks im Grundbuch wird damit
begründet, dieses werde ohne entsprechende Eintragung unrichtig (so z.B.
Demharter, Grundbuchordnung, 21. Aufl., § 22 Rn. 19; Lehmann, NJW 1993, 1558,
1559). Nach einhelliger Auffassung ist der Auflassungsvormerkungsberechtigte,
der der Bestellung einer Grundschuld zustimmt, verpflichtet, dem Grundpfandrecht
im Fall der Zwangsversteigerung das Vorrecht zu gewähren (vgl. RGZ 154, 355,
367; BGH LM § 883 BGB Nr. 6). Stimmt er der Grundschuldbestellung zu (§§ 182,
185 BGB), entfällt die auf § 883 Abs. 2 BGB beruhende relative Unwirksamkeit der
Grundschuldbestellung mit der Folge, daß die Grundschuld ihm gegenüber
unmittelbar wirksam wird (vgl. OLG Saarbrücken, BWNotZ 1995, 170, 171 =
MittRHNotK 1995, 25, 27; Frank, MittBayNot 1996, 271, 272;
Haegele/Schöner/Stöber, a.a.O., Rn. 1523). Deshalb stimmt dann die aus dem
Grundbuch ersichtliche Rechtslage, die die Vormerkung mit ihrer eingetragenen
ursprünglichen Wirkung wiedergibt, mit der wirklichen Rechtslage nicht mehr
überein. Infolge der Zustimmung des Vormerkungsberechtigten zur Bestellung der
Grundschuld ist bereits außerhalb des Grundbuchs die Rechtsänderung im
Verhältnis zwischen der Vormerkung und der Grundschuld eingetreten und das
Grundbuch damit insoweit unrichtig geworden, als es verlautbart, das
Grundpfandrecht sei gegenüber dem Vormerkungsberechtigten unwirksam (vgl.
OLG Saarbrücken, a.a.O., 171; Lehmann, a.a.O., 1558; Frank a.a.O., 272;
Demharter, a.a.O., Rn. 19). Um dies zu vermeiden, soll bei der Eintragung des
Grundpfandrechts vermerkt werden können, daß es gegenüber dem
Vormerkungsberechtigten wirksam ist (so OLG Saarbrücken, a.a.O., 171, für den
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Fall, daß die Grundschuld bereits isoliert eingetragen ist, mit zust. Anm. v. Bühler;
LG Saarbrücken MittBayNot 1996, 451; LG Amberg, MittBayNot 1996, 41; Stöber,
MittBayNot 1997, 165, 167; Frank, a.a.O., 272;). Unterschiedlich beantwortet wird
die Frage, ob der Wirksamkeitsvermerk nur bei dem Grundpfandrecht (so OLG
Saarbrücken, a.a.O., 171; Lehmann a.a.O., 1560) oder zusätzlich auch bei der
Auflassungsvormerkung eingetragen werden muß oder zumindest sollte (so
Demharter, a.a.O., Rn. 19; Stöber, a.a.O., 169, mit Nachweisen zum
Meinungsstand).
1. Allein die bereits durch Zustimmung des Vormerkungsberechtigten zur
Grundschuldbestellung eingetretene Änderung der Rechtslage vermag indes nach
Ansicht des Senats die Notwendigkeit eines Wirksamkeitsvermerks zumindest für
den hier zur Entscheidung stehenden Fall nicht zu rechtfertigen. Wie bereits
ausgeführt, entspricht es allgemeiner Auffassung, daß die Wirksamkeit einer die
Vormerkung beeinträchtigenden Belastung durch Rangänderung im Grundbuch
ersichtlich gemacht werden kann (vgl. etwa die Nachweise bei Stöber, a.a.O., 143;
zweifelnd Lehmann, a.a.O., 1560). Auch die Rangänderungsbewilligung des
Vormerkungsberechtigten enthält jedoch die Zustimmung zu den
beeinträchtigenden Belastungen und ist damit bereits wirksam und unwiderruflich,
wenn sie dem Verfügenden zugeht. Auch die Eintragung der Rangänderung ist
daher, soweit sie eine solche der Vormerkung betrifft, ungeachtet des § 880 Abs. 2
BGB insofern eine Grundbuchberichtigung, die die bereits außerhalb des
Grundbuchs eingetretene Rechtsänderung verlautbart (vgl. Kehrer/Bühler/Tröster,
Notar und Grundbuch, § 8 A, Anm. 65; Bühler, BWNotZ 1995, 171, 172; Frank,
MittBayNot 1996, 271, 273; Lehmann a.a.O, 1560; Staudinger/Gursky, BGB, 12.
Aufl., § 883, Rn. 182). Dies steht indes der Vereinbarung und der Eintragung der
Rangänderung in Bezug auf die Vormerkung nicht entgegen.
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1. Besteht aber grundsätzlich in solchen Fällen die Möglichkeit der Vereinbarung
und Eintragung einer Rangänderung, fehlt - anders als etwa im Fall der
Wirksamkeit eines Rechts gegenüber einem Nacherben - eine zwingende
Notwendigkeit, die Eintragung eines Wirksamkeitsvermerks zuzulassen. Auch
soweit die Auffassung vertreten wird, bei Zustimmung des
Auflassungsvormerkungsberechtigten zur Grundschuldbestellung sei die
Eintragung eines Wirksamkeitsvermerks grundsätzlich zulässig, wird darauf
hingewiesen, daß es sich im Vergleich zu der Eintragung der Rangänderung
letztlich um eine von der Praxis entwickelte alternative Gestaltungsmöglichkeit
handele, mit der in gleicher Weise die Wirksamkeit der Belastung gegenüber der
Vormerkung aus dem Grundbuch ersichtlich gemacht werden könne, die aber vor
allem im Vergleich zu der "Rangänderungslösung" den Vorteil der
Gebührenfreiheit biete (vgl. Stöber, a.a.O., 143; Frank, a.a.O.; Bühler, BWNotZ
1995, 171, 172; Frank, a.a.O., 273).
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1. Auch bei Berücksichtigung dieser Argumente teilt der Senat die Auffassung des
Landgerichts, daß der Wirksamkeitsvermerk hier nicht eintragungsfähig ist, weil
das Grundbuchrecht für Belastungen, die im Sinn des § 879 BGB rangfähig sind,
die Lösung des Rangvermerks für die Fälle vorsieht, in denen sich die die
Rangfolge nicht aus der zeitlichen oder - bei Eintragung in derselben Abteilung -
räumlichen Reihenfolge ergibt. Geht man mit der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs davon aus, daß die Auflassungsvormerkung im
Zwangsversteigerungsverfahren einen nach dem Zeitpunkt ihrer Eintragung
bestimmten Rang hat (vgl. BGHZ 46, 124, 127), und erkennt man weiterhin die
Möglichkeit an, die Reihenfolge der Rechte im Grundbuch auch in Bezug auf eine
Vormerkung durch Rangvorbehalt oder Rangänderung zu bestimmen, fehlt die
Notwendigkeit, alternativ den im Grundbuchrecht nicht vorgesehenen
Wirksamkeitsvermerk zuzulassen. Die Handhabung, ausgehend von der
Rangfähigkeit der Vormerkung die Reihenfolge der Rechte und damit deren
Wirksamkeit zueinander ausschließlich durch die im Gesetz vorgesehenen Arten
der Rangfolge zu bestimmen, hat zudem den Vorteil größerer Klarheit des
Grundbuchs. Dies verdeutlichen bereits die unterschiedlichen Auffassungen dazu,
bei welchem Recht der Wirksamkeitsvermerk eingetragen werden muß oder auch
unter Zweckmäßigkeitsgründen (zusätzlich) eingetragen werden soll, um die
Wirksamkeit zweifelsfrei ersichtlich zu machen (vgl. die Nachweise bei Stöber,
a.a.O., MittBayNot 1997, 147).
1. Die Beteiligten haben keinen Zweifel daran gelassen, daß hier maßgeblich für den
Antrag auf Eintragung des Wirksamkeitsvermerks allein die Erwägung gewesen
ist, dieses Vorgehen sei gebührenfrei (vgl. die entsprechenden Ausführungen des
LG Saarbrücken, MittBayNot 1996, 451; Lehmann a.a.O., 1560; Frank, a.a.O.,
272). Dies kann aber nicht den Ausschlag geben.
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1. Hinsichtlich der durch die Eintragung der Rangänderung entstehenden Kosten
weist der Senat darauf hin, daß grundsätzlich bei vergleichbaren Fallgestaltungen
auch die Möglichkeit besteht, schon bei der Auflassungsvormerkung die
Eintragung eines Rangvorbehalts für Grundpfandrechte zu vereinbaren und zu
bewilligen. In diesem Fall ist die Eintragung des Rangvorbehalts ein
gebührenfreies Nebengeschäft zu der Eintragung der Vormerkung, wenn sie
zugleich mit dieser vorgenommen wird (vgl. Senat, MittRhNotK 1992, 122, 123;
Frank, a.a.O., 271).
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1. Einer Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 79 Abs. 2 Satz 1 GBO bedarf es
nicht. Zwar hat das Oberlandesgericht Saarbrücken in seinem Beschluß vom 16.
Januar 1995 (BWNotZ 1995, 170, 171 = MittRhNotK 1995, 25, 27) die Eintragung
eines Wirksamkeitsvermerks im Grundsatz für möglich gehalten für den Fall, daß
die Grundschuld bereits bestellt ist. Auf dieser Auffassung beruht jene
Entscheidung jedoch nicht, da das Oberlandesgericht Saarbrücken den auf
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Eintragung des Wirksamkeitsvermerks gerichteten Antrag im Ergebnis für
unbegründet gehalten hat.
1. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 2 Nummer 1 KostO entbehrlich.
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Wert der weiteren Beschwerde: bis 2.000,00 DM
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