Urteil des OLG Köln vom 08.02.2001
OLG Köln: kapitalerhöhung, erhöhung des grundkapitals, verfügung, erwerb, einzahlung, kredit, anweisung, rückführung, winter, umwandlung
Oberlandesgericht Köln, 14 U 9/99
Datum:
08.02.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
14. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 U 9/99
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 82 O 85/98
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Köln vom 2. Juli 1999 - 82 O 85/98 -
wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der
Kläger zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 44.000,00 DM
(in Worten: vierundvierzigtausend Deutsche Mark) abwenden, wenn
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet. Die Sicherheit kann auch jeweils durch unwiderrufliche,
schriftliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und
Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden. Der Wert der
Beschwer des Klägers beträgt 3.690.282,91 DM.
a) Fa. P. Maschinenfabrik AG
3.000.000,00 DM,
b) die Beklagte
1.500.100,00 DM,
c)
Fa. F.W. Werkzeugmaschinen AG
1.499.900,00 DM.
Tatbestand:
1
Durch Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 1.4.1997 (72 N 53/97) wurde über das
Vermögen der Firma H.K. Maschinenfabrik AG (nachfolgend als Gemeinschuldnerin
bezeichnet) das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger ist als Konkursverwalter bestellt
und nimmt in dieser Eigenschaft die Beklagte auf Nachzahlung von Einlagen im
Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung in Betracht. Dem liegt im Einzelnen
folgender Sachverhalt zugrunde:
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Die Gesellschafterversammlung der 1990 mit einem Stammkapital von 10 Mio. DM
gegründeten Gemeinschuldnerin, deren Gesellschafterin unter anderen die Beklagte
war, beschloß am 18.5.1992 eine Erhöhung des Grundkapitals auf 16 Mio. DM durch
Ausgabe neuer Inhaberaktien. Das erhöhte Grundkapital wurde von folgenden
Gesellschaftern übernommen:
3
Die Einzahlung des erhöhten Grundkapitals sollte durch Bareinzahlung erfolgen mit
Ausnahme eines Teilbetrages von 709.900,00 DM, den die Fa. F.W.
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Werkzeugmaschinen AG auf die von ihr übernommenen Anteile als Sacheinlage durch
Umwandlung einer bestehenden Forderung erbringen sollte. Wegen des weiteren
Inhalts des Beschlusses vom 18.5.1992 wird auf die notarielle Urkunde des Notars Dr.
R. (Anlage 7 zur Klageschrift) und ergänzend wegen der Einzelheiten der
Beteiligungsverhältnisse an der Gemeinschuldnernin vor und nach der Kapitalerhöhung
auf die Seiten 5 und 6 der Klageerwiderung (Bl. 30f. d.A.) Bezug genommen.
Auf den von ihr übernommenen Erhöhungsbetrag leistete die Fa. F.W.
Werkzeugmaschinen AG die vorgesehene Bareinzahlung von 790.000,00 DM. Hierzu
wird auf die Bestätigung des Bankhauses D. vom 1.6.1992 (Bl. 50 d.A.) verwiesen. Mit
der über den Restbetrag von 709.900,00 DM durch Umwandlung einer bestehenden
Forderung zu erbringenden Sacheinlage hatte es folgende Bewandtnis:
5
Bei der angesprochenen Forderung handelte es sich um die Restforderung aus einem
partiarischen Darlehen über 18 Mio. DM, welches die Fa. W. und K.
Werkzeugmaschinen GmbH in B. (später Fa. F.W. Werkzeugmaschinen AG) der
Gemeinschuldnerin am 5.4.1990 mit einer Laufzeit bis 2006 gewährt hatte. Mit Vertrag
vom selben Tage hatte die Gemeinschuldnerin von der Fa. W. und K.
Werkzeugmaschinen GmbH deren in K. geführten Geschäftsbetrieb zu einem Kaufpreis
von mehr als 42 Mio. DM netto übernommen. Das Darlehen wurde dergestalt gewährt,
daß der von der Gemeinschuldnerin zu zahlende Übernahmepreis in Höhe der
Darlehenssume in eine Darlehensforderung der Fa. W. und K. Werkzeugmaschinen
GmbH gegen die Gemeinschuldnerin umgewandelt wurde. Mit der
Darlehensrückzahlungsforderung trat die Fa. W. und K. Werkzeugmaschinen GmbH
gegenüber allen anderen Gläubigern der Gemeinschuldnerin im Rang zurück. Am
20.12.1991 wurde eine Tilgung des Darlehens in Höhe von 4 Mio. DM durch
Verrechnung mit einer entsprechenden Kaufpreisforderung der Gemeinschuldnerin
gegen die nunmehr als F.W. Werkzeugmaschinen AG firmierende Darlehensgeberin
vorgenommen, so daß eine restliche Darlehensforderung von 14 Mio. DM verblieb.
Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den Darlehensvertrag vom 5.4.1990 und den
Nachtrag vom 20.12.1991 (Anlagen 2 und 3 zur Klageschrift) verwiesen.
6
Die Fa. P. Maschinenfabrik AG erbrachte auf den von ihr übernommenen
Erhöhungsbetrag eine Bareinzahlung von 1.500.000,00 DM.
7
Unter dem 29.5.1992 wies die Beklagte ein Bankhaus in F. an, zu Lasten ihres dort
geführten Kontos zwei Überweisungen auf das Sonderkonto Kapitalerhöhung Nr.
1.00.10616 der Gemeinschuldnerin bei dem Bankhaus O. in K. auszuführen, und zwar
eine Überweisung über den Betrag von 1.500.100,00 DM, die andere über 1.500.000,00
DM. Beide Überweisungen sollten mit dem Verwendungszweck "Kapitalerhöhung"
gekennzeichnet werden. Hierzu wird auf das Schreiben der Beklagten vom 29.5.1992
(Anlage 8 zur Klageschrift und Bl. 53 d.A.) verwiesen. Das Bankhaus führte den Auftrag
am 1.6.1992 aus, wobei allerdings beide Überweisungen jeweils auf den Betrag von
1.500.000,00 DM lauteten (Bl. 54f. d.A.). Nach am 2.6.1992 erfolgter Stornierung einer
von dem Bankhaus O. verursachten Fehlbuchung wurden die beiden Beträge von je
1.500.000,00 DM mit Wertstellung zum 1.6.1992 dem Sonderkonto Kapitalerhöhung der
Gemeinschuldnerin gutgeschrieben. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben
des Bankhauses O. vom 13. November 1997 (Anlage 13 zur Klageschrift und Bl. 263f.
d.A.) sowie auf die Kontoauszüge vom 1. und 2.6.1992 (Bl. 298, 308, 311 d.A.) Bezug
genommen.
8
Die Gemeinschuldnerin selbst überwies auf das vorgenannte Sonderkonto einen Betrag
von 100,00 DM, der nach eigener Darstellung des Klägers "zur Glattstellung des
Kapitalkontos der Beklagten" bestimmt war (Bl. 11 d.A.) und am 1.6.1992
gutgeschrieben wurde (vgl. Überweisungsträger Anlage 9 zur Klageschrift und Bl. 297
d.A. in Verbindung mit dem Kontoauszug Bl. 298 d.A.). Danach wies das Sonderkonto
einen Habensaldo von 3.000.100,00 DM aus.
9
Am 4.6.1992 wurde die Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister
eingetragen (vgl. Anlage 1 zur Klageschrift und Schreiben des Amtsgerichts Köln vom
2.6.1998, Bl. 51f. d.A.). Wegen weiterer Einzelheiten der Anmeldung der
Kapitalerhöhung zum Handeslregister wird auf die Seiten 6ff. der Klagererwiderung (Bl.
31ff. d.A.) verwiesen.
10
Aufgrund eines Überweisungsauftrages der Gemeinschuldnerin vom 9.6.1992 wurde
der Betrag von 3.000.100,00 DM mit Wirkung vom 11.6.1992 von dem Sonderkonto
Kapitalerhöhung auf das ebenfalls bei dem Bankhaus O. geführte laufende Konto der
Gemeinschuldnerin mit der Nr. 10616 übertragen. Das bis dahin mit einem Debetsaldo
von über 2,8 Mio DM geführte laufende Konto schloß nach der Übertragung mit einem
Habensaldo von knapp 170.000,00 DM ab. Hierzu wird auf das bereits erwähnte
Schreiben des Bankhauses O. vom 13.11.1997, die Kontoauszüge vom 2. und
11.6.1992 (Bl. 212, 213 d.A.) sowie auf die Kontoumsatzübersichten (Bl. 309, 310 d.A.)
Bezug genommen.
11
1995 erwarb die Beklagte sämtliche von der Fa. F.W. Werkzeugmaschinen AG und der
Fa. P. Maschinenfabrik AG gehaltenen Aktien der Gemeinschuldnerin. Beide Firmen
sind zwischenzeitlich ebenfalls in Konkurs gefallen.
12
Die mit der Klage geltend gemachte Hauptforderung von 3.690.382,91 DM setzt sich
aus Teilbeträgen von 709.900,00 DM, 1.480.382,91 DM, 1.500.000 DM und 100,00 DM -
letztere sind im Berufungsverfahren nicht mehr im Streit - zusammen.
13
Der Kläger hat dazu behauptet, die Gemeinschuldnerin sei von Anfang an illiquide
gewesen und habe 1992 einen Kredit von 3 Mio DM zurückführen müssen. Um ihre
Überschuldung aufzufangen, sei es zu der Kapitalerhöhung gekommen. Die restliche
Darlehensforderung der Fa. F.W. Werkzeugmaschinen AG sei nicht werthaltig und nicht
einlagefähig gewesen. Deswegen, so hat der Kläger ausgeführt, sei die W. AG
verpflichtet geblieben, eine Bareinlage in Höhe von 709.900,00 DM zu leisten. Insoweit
sei ihre Haftung mit dem Erwerb der Aktien auf die Beklagte übergegangen.
14
Von dem von der Fa. P. Maschinenfabrik AG übernommenen Erhöhungsbetrag stehe
noch eine Einlage von 1,5 Mio. DM offen, für deren Einzahlung die Beklagte aufgrund
der Übernahme der von der P. AG gehaltenen Inhaberaktien ebenfalls hafte. Soweit die
Beklagte sich darauf berufe, sie habe mit der 2. Überweisung von 1,5 Mio. DM am
1.6.1992 die restliche Einlageschuld der P. AG erfüllt, treffe dies nicht zu. Denn insoweit
habe es sich nach internen Anweisungen nur um die Gewährung eines Darlehens durch
die Beklagte an die Gemeinschuldnerin gehandelt.
15
Hinsichtlich des Teilbetrages von 1.480.382,91 DM hat der Kläger behauptet, in dieser
Höhe hätten die von der Beklagten gezahlten 1.500.000,00 DM nicht zur freien
Verfügung des Vorstandes der Gemeinschuldnerin gestanden. Durch ein
Verwendungsdiktat sei der eingezahlte Betrag weitestgehend wieder an die Beklagte
16
zurückgeflossen, indem mit den Mitteln zwar einerseits das im Debet stehende Konto
der Gemeinschuldnerin ausgeglichen worden sei, dadurch aber andererseits mittelbar
weitere Kreditlinien für die Beklagte eröffnet worden seien. Zu weiteren Einzelheiten des
diesbezüglichen Vorbringens wird auf die Seiten 11 bis 16 der Klageschrift und die
Seiten 8 bis 11 des Schriftsatzes des Klägers vom 16.11.1998 (Bl. 11 bis 15, 63 bis 66
d.A.) verwiesen.
Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.690.382,91 DM nebst 4 % Zinsen seit dem
18.8.1998 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat vorgetragen, es habe keinerlei Absprachen oder gar Verwendungsdiktate
gegeben, durch welche der Vorstand der Gemeinschuldnerin in der freien
Verfügungsmöglichlichkeit über die im Rahmen der Kapitalerhöhung eingezahlten
Beträge beeinträchtigt gewesen sei, es habe auch keinen Rückfluss von Einlagen an
sie - die Beklagte - gegeben. Mit den beiden Überweisungen von jeweils 1,5 Mio. DM
habe sie einerseits die eigene Einlageverpflichtung - bis auf versehentlich nicht
gezahlte 100,00 DM - erfüllt, andererseits für die P. AG auf deren Einlageverpflichtung
geleistet. Die Darlehensforderung der Fa. W. AG gegen die Gemeinschuldnerin sei
werthaltig und einlagefähig gewesen.
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Die Beklagte hat weiter ausgeführt, sie hafte auch nicht als Rechtsnachfolgerin der
Firmen F.W. Werkzeugmaschinen AG und P. Maschinenfabrik AG, weil sie beim Erwerb
der von diesen Firmen gehaltenen Inhaberaktien gutgläubig gewesen sei.
25
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird,
hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 100,00 DM (diesen Betrag hat die
Beklagte zwischenzeitlich an den Kläger bezahlt) nebst Zinsen an den Kläger verurteilt
und im Übrigen die Klage abgewiesen.
26
Zur Begründung der Klageabweisung hat das Landgericht ausgeführt, selbst wenn man
davon ausgehe, daß die Fa. F.W. Werkzeugmaschinen AG ihre Einlageverpflichtung
noch nicht erfüllt habe, sei eine Haftung der Beklagten hierfür ausgeschlossen, weil die
Beklagte beim Erwerb der Inhaberaktien gutgläubig gewesen sei und deshalb
lastenfreies Eigentum erlangt habe. Es bestehe auch kein Anspruch auf Zahlung von
1.480.382,91 DM, weil der Vorstand der Gemeinschuldnerin nicht an der freien
Verfügung über die von der Beklagten eingezahlten Mittel gehindert gewesen sei. Eine
entgegenstehende Verwendungsabrede sei nicht dargetan und es sei auch nicht zu
einem Verstoß gegen das Rückflußverbot gekommen. Schließlich hafte die Beklagte
auch nicht als Rechtsnachfolgerin der Fa. P. Maschinenfabrik AG. Deren
27
Einlageverpflichtung sei durch eigene Bareinzahlung von 1,5 Mio. DM und durch die
von der Beklagten erbrachte Zahlung in gleicher Höhe, bei der es sich um die zulässige
Leistung durch einen Dritten mit Erfüllungswirkung gehandelt habe, getilgt worden.
Das Urteil ist dem Kläger am 7.7.1999 zugestellt worden. Seine hiergegen eingelegte
Berufung ist am 4.8.1999, die Berufungsbegründung nach Fristverlängerung bis zum
6.10.1999 an diesem Tage bei dem Oberlandesgericht eingegangen.
28
Der Kläger verfolgt die Klageforderung, soweit ihr das Landgericht nicht entsprochen
hat, weiter. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz und trägt
insbesondere vor, einem gutgläubigen Erwerb der Inhaberaktien durch die Beklagte
stehe entgegen, daß sie selbst Gründungsaktionärin der Gemeinschuldnerin und beim
Erwerb der Aktien 1995 über die Situation der Gemeinschuldnerin bestens unterrichtet
gewesen sei. Herr G.R. sei Aufsichsratsmitglied sowohl bei der Gemeinschuldnerin als
auch bei der Beklagten gewesen, so daß seine Intimkenntnisse aus
Aufsichtsratssitzungen der Gemeinschuldnerin auch dem Vorstand der Beklagten
bekannt geworden seien. Die von der Beklagten auf das Sonderkonto Kapitalerhöhung
eingezahlten Beträge hätten nicht zur freien Verfügung des Vorstandes der
Gemeinschuldnerin gestanden. Die Beklagte habe dem Vorstand der
Gemeinschuldnerin, Herrn B., die strikte Anweisung erteilt, vor einem Zeitraum von 6
Wochen nicht über die die eingezahlten Beträge zu verfügen und auch dann nur zum
Zwecke der Rückführung des Debetsaldos bei dem Bankhaus O.. Das Bankhaus hätte
auch keine anderweitigen Verfügungen als die Glattstellung des laufenden Kontos
zugelassen. Der Kredit der Gemeinschuldnerin bei dem Bankhaus sei zum 30.6.1992
gekündigt worden.
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Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn
über den Betrag von 100,00 DM hinaus weitere 3.690.282,91 DM nebst 4 % Zinsen
seit dem 18.8.1998 zu zahlen,
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im Unterliegensfalle ihm nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung, auch durch Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen
zugelassenen Kreditinstituts, abzuwenden
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
39
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den in mündlicher Verhandlung
40
vorgetragenen Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
41
Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne
Erfolg.
42
Zu den im zweiten Rechtszug noch streitigen Teilbeträgen der Klageforderung ist im
Einzelnen Folgendes auszuführen:
43
1. Anspruch auf Zahlung von 709.900,00 DM
44
Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, daß eine Haftung der Beklagten als
Rechtsnachfolgerin der Fa. F.W. Werkzeugmaschinen AG jedenfalls deshalb
ausscheidet, weil die Beklagte mit dem Erwerb der Inhaberaktien gutgläubig lastenfreies
Eigentum erlangt hat. Auf die Frage, ob die W. AG ihre Einlageverpflichtung hinsichtlich
der Kapitalerhöhung zuvor bereits erfüllt hatte oder nicht, kommt es deshalb nicht an.
45
Werden über die durch eine Kapitalerhöhung neu geschaffenen Mitgliedschaftsrechte
entgegen § 10 II 1 AktG Inhaberaktienurkunden ausgegeben und in den Verkehr
gebracht, ohne daß die Einlagen auf diese Aktien geleistet sind, so haftet ein
gutgläubiger Zweiterwerber der Aktien nicht auf die Zahlung rückständiger Einlagen
(RGZ 144, 138ff. [145]; BGH NJW 1993, 1983ff. [1987]; Hüffer, Aktiengesetz, 4. Aufl.
1999, § 10 Rdn. 6 und § 54 Rdn. 4 mit weiteren Nachweisen). So liegt der Fall hier, wie
das Landgericht zu Recht angenommen hat. Auch in 2. Instanz fehlt schlüssiger Vortrag
des Klägers dazu, daß die Beklagte beim Erwerb der Aktien im Jahre 1995 entweder
wußte oder aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht wußte, daß die W. AG ihre
Einlageverpflichtung noch nicht vollständig erfüllt haben könnte. Wie im angefochtenen
Urteil zutreffend ausgeführt, kommt es insoweit gemäß § 166 Abs. 1 BGB auf den
Kenntnisstand der Vorstandsmitglieder der Beklagten an. Der Kläger hat nicht einmal
vorgetragen und es ist auch sonst aus den Akten nicht ersichtlich, welche Personen
damals - 1995 - dem Vorstand der Beklagten angehörten. Schon deswegen ist der
pauschale Hinweis des Klägers auf durch das Aufsichtsratmitglied R. dem Vorstand der
Beklagten vermittelte "Intimkenntnisse" nicht geeignet, den guten Glauben der
Beklagten an die Erfüllung der Einlageverpflichtung durch die W. AG zu widerlegen.
Darlegungs- und beweispflichtig für eine Bösgläubigkeit der Beklagten ist der Kläger
(vgl. allgemein dazu Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl. 2001, § 932 Rdn. 15).
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2. Anspruch auf Zahlung von 1.480.382,91 DM
47
Die Beklagte hat ihre eigene Einlageverpflichtung - soweit sie im Berufungsverfahren
noch im Streit ist - durch Überweisung des Betrages von 1,5 Mio. DM am 1.6.1992
erfüllt. Der Vorstand der Gemeinschuldnerin war an der freien Verfügung über den
gezahlten Betrag nicht gehindert, auch nicht durch eine Verwendungsabrede, und es
liegt auch kein Verstoß gegen das Rückgewährverbot nach § 57 I AktG vor.
48
a) Verwendungsabreden im Bezug auf gezahlte Einlagen, auch solche zwischen
Gesellschaft und Einleger, stehen der freien Verfügbarkeit grundsätzlich nicht entgegen,
wenn sie nicht dem Rückfluß der eingezahlten Mittel an den Einleger zu dienen
bestimmt sind (vgl. BGH NJW 1991, 226ff. [227] = WM 1990, 1820 = GmbHR 1990,
49
554ff.; NJW 1992, 2698ff. [2700] = WM 1992, 1432, jeweils für die gleichgelagerte
Problematik bei der GmbH). Hierzu hat das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt,
daß es im vorliegenden Fall - das Vorbringen des Klägers zur Verwendungsabrede oder
zum Verwendungsdiktat als zutreffend unterstellt - an Abreden zwischen der
Gemeinschuldnerin und der Beklagten oder Anordnungen seitens der Beklagten fehlte,
die zum Rückfluß der von ihr eingezahlten Beträge an sie führen sollten. Eine infolge
der Einzahlung der Einlage bewirkte Eröffnung von Kreditlinien für die Beklagte hat das
Landgericht in diesem Zusammenhang zu Recht als unerheblich angesehen.
Es kommt hinzu, daß - wiederum das Vorbringen des Klägers zur Verwendungsabrede
oder zum Verwendungsdiktat als richtig unterstellt - nicht ersichtlich ist, was die
Gemeinschuldnerin gehindert haben sollte, mit den auf dem Kapitalerhöhungskonto
eingegangenen Beträgen anders zu verfahren als später mit der Überweisung auf das
laufende Konto tatsächlich geschehen, was also einer freien Verfügbarkeit der Einlage
entgegenstand. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf bindende
Anweisungen über die Verwendung der Einlage verweist, reicht dies nicht aus. Es
kommt darauf an, ob der Vorstand der Gemeinschuldnerin so gebunden war, daß ihn
der einlegende Gesellschafter - hier die Beklagte - an jedweder anderen, auch an einer
möglicherweise absprachewidrigen oder weisungswidrigen Verwendung der Einlage
hätte hindern können (vgl. dazu BGH NJW 1991, 226 ff [227]). Dafür gibt der Vortrag des
Klägers indessen nichts her. Insbesondere fehlt es an der Darlegung, welche
Zugriffsmöglichkeiten die Beklagte noch gehabt haben soll, nachdem die Einlage auf
dem Kapitalerhöhungskonto eingegangen war. Daß eine solche Zugriffsmöglichkeit für
die Beklagte selbst nicht mehr bestand, hat der Kläger nach entsprechendem Hinweis
des Senats (Bl. 285R, 286 d.A.) eingeräumt (Bl 292 d.A.). Soweit er gleichzeitig
behauptet hat, daß zum Zeitpunkt der Einzahlung der Kredit auf dem laufenden Konto
gekündigt gewesen sei und das Bankhaus O. keine anderweitigen Verfügungen über
die gezahlten Beträge als die Glattstellung des laufenden Kontos zugelassen hätte,
steht dem das Schreiben des Bankhauses O. vom 13.11.1997 (Bl. 263f. d.A.) entgegen.
Danach hatte die Bank zu keinem Zeitpunkt darauf bestanden, die aufgrund der
Kapitalerhöhung gezahlte Einlage zum Ausgleich des von der Gemeinschuldnerin in
Anspruch genommenen Kredits zu verwenden. Die in dem Schreiben enthaltene
Erklärung der Bank "Keinesfalls und zu keinem Zeitpunkt haben wir darauf bestanden,
daß die beschlossene Kapitalerhöhung der K. AG zur Abdeckung des von K. bei uns in
Anspruch genommenen Kredites verwendet werden müsse" ist die Antwort auf eine
entsprechende Anfrage des Klägers im Schreiben vom 4.11.1997 "Hatten Sie auf
Rückführung des Überziehungskredits gedrängt oder (be)stand über den Zeitpunkt der
Einzahlung auf Sonderkonto und Umbuchung auf laufendes Konto noch weiterhin eine
Kreditlinie offen?" (Bl. 296 d.A.). Angesichts dieses unmittelbaren Zusammenhangs läßt
die Erklärung des Bankhauses im Schreiben vom 13.11.1997 auch keinen Raum für
Mißverständnisse. Weiterhin war der Bank von Verwendungsauflagen, die der
Gemeinschuldnerin im Rahmen der Kapitalerhöhung gemacht worden sein könnten,
nichts bekannt. Nach alledem wäre also die Gemeinschuldnerin nicht gehindert
gewesen, im oben dargestellten Sinne einer ihr erteilten Verwendungsauflage zuwider
anderweitig über die von der Beklagten eingezahlten Beträge zu verfügen. Tatsächlich
hat ja auch die Gemeinschuldnerin jedenfalls nicht die vom Kläger behauptete Weisung
der Beklagten befolgt, sich vor Ablauf von 6 Wochen jedweder Verfügung über die
eingezahlten Beträge zu enthalten, und hat stattdessen schon am 9.6.1992 den Auftrag
zur Überweisung der Beträge auf das laufende Konto erteilt.
50
b) Die Erfüllungswirkung ist auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß die von der
51
Beklagten gezahlten Beträge zur Rückführung des Debetsaldos auf dem laufenden
Konto der Gemeinschuldnerin verwendet wurden. Der vorliegende Fall unterscheidet
sich von dem Sachverhalt, in dem der Gesellschafter die Einlage unmittelbar auf ein
debitorisches Bankkonto der Gesellschaft einzahlt (wie etwa im Fall BGH NJW 1991,
1294ff. = GmbHR 1991, 152ff.). Vielmehr sind die beiden Beträge von jeweils
1.500.000,00 DM zunächst auf das Kapitalerhöhungskonto Nr. 001.0010616 geflossen
und erst später - nachdem die Durchführung der Kapitalerhöhung bereits im
Handelsregister eingetragen war (4.6.1992) - aufgrund einer eigenen Anweisung der
Gemeinschuldnerin auf das laufende (debitorische) Konto Nr. 10616 überwiesen
worden. Die Grundsätze, nach denen eine vom Gesellschafter auf ein debitorisches
Konto der Gesellschaft geleistete Zahlung der Einlage gegen das Gebot verstoßen
kann, die Einlage zur freien Verfügung des Vorstands zu leisten (vgl. dazu BGH NJW
1991, 1294ff. = GmbHR 1991, 152ff.; NJW 1991, 226ff. [227] = WM 1990, 1820 =
GmbHR 1990, 554ff.; Hüffer, a.a.O., § 36 Rdn. 8; Scholz/Winter, Kommentar zum GmbH-
Gesetz, I.Band, 9. Aufl. 2000, § 7 Rdn. 29 und 37), sind deshalb jedenfalls nicht
unmittelbar anwendbar (vgl. dazu auch allgemein Scholz/Winter, a.a.O., Rdn. 37).
Soweit der Kläger behauptet (Bl. 292 d.A.), dem Bankhaus O. habe ein
Kompensationsrecht zugestanden und der Gemeinschuldnerin sei nur die Möglichkeit
geblieben, die auf dem Sonderkonto Kapitalerhöhung eingegangenen Zahlungen auf
das laufende Konto zu übertragen, steht dem wiederum das Schreiben des Bankhauses
O. vom 13.11.1997 (Bl. 263f. d.A.) entgegen. Danach war die Gemeinschuldnerin - wie
bereits ausgeführt - an einer anderweitigen Verfügung über die eingezahlten Beträge
gerade nicht gehindert. Dementsprechend lassen auch die vorgelegten
Kontenunterlagen keinerlei Beschränkung in der Verfügungsmöglichkeit erkennen,
worauf die Beklagte im Verhandlungstermin vom 19. Dezember 2000 zu Recht
hingewiesen hat. Die Verwendung der Beträge zur Rückführung des Debetsaldos auf
dem laufenden Konto war demgemäß eine autonome Entscheidung der
Gemeinschuldnerin, mit der sie von ihrer Verfügungsmöglichkeit Gebrauch machte (vgl.
auch BGH NJW 1991, 226ff. [227] = WM 1990, 1820 = GmbHR 1990, 554ff. und
Scholz/Winter, a.a.O., Rdn. 37, zum ähnlich gelagerten Fall, in dem die Gesellschaft
selbst einen ihr erfüllungshalber vom Inferenten übergegebenen Scheck zur Gutschrift
auf ein debitorisches Konto einreicht).
52
Ob, wie der Kläger behauptet, der Kredit der Gemeinschuldnerin bei dem Bankhaus O.
zum Zeitpunkt der Zahlungen der Beklagten auf das Sonderkonto Kapitalerhöhung
gekündigt war, ist nach den vorstehenden Ausführungen unerheblich, so daß es dazu
auch keiner Beweiserhebung bedarf. Entscheidend ist, daß das Bankhaus O.
ausweislich des Schreibens vom 13.11.1997 nicht darauf bestanden hatte, die aufgrund
der Kapitalerhöhung gezahlten Beträge zum Ausgleich des von der Gemeinschuldnerin
in Anspruch genommenen Kredits zu verwenden. Den Widerspruch zwischen seiner
Behauptung, das Bankhaus O. habe keine anderweitigen Verfügungen über die
gezahlten Beträge als die Glattstellung des laufenden Kontos der Gemeinschuldnerin
zugelassen, und dem zitierten Schreiben des Bankhauses vom 13.11.1997, hat der
Kläger auch nach mehrfachem Hinweis des Senats (Bl. 314f., 344 d.A.) nicht aufzulösen
vermocht. Er hat insbesondere nicht geltend gemacht, daß das Schreiben vom
13.11.1997 unzutreffende Angaben enthalte.
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3. Anspruch auf Zahlung von 1.500.000,00 DM
54
Insoweit folgt der Senat dem angefochtenen Urteil darin, daß die Beklagte mit der
55
zweiten Zahlung von 1,5 Mio. DM auf das Sonderkonto Kapitalerhöhung bei dem
Bankhaus O. die noch in Höhe dieses Betrages offen stehende restliche
Einlageverpflichtung der Fa. P. Maschinenfabrik AG erfüllte, so daß sie - die Beklagte -
als Erwerberin der Inhaberaktien und insoweit Rechtsnachfolgerin der P. AG nicht mehr
auf Nachzahlung der Einlage in Anspruch genommen werden kann.
Soweit der Kläger behauptet, bei der 2. Zahlung von 1,5 Mio. DM habe es sich aufgrund
telefonischer Anweisung um ein Darlehen der Beklagten an die Gemeinschuldnerin
gehandelt, steht dem einerseits das Auftragsschreiben der Beklagten an die American
Express Bank vom 29.5.1992 (Bl. 53 d.A.) entgegen. Sowohl der ausdrücklich
vorgegebene Verwendungszweck "Kapitalerhöhung" wie auch die Anweisung, den
Betrag auf das allein für die Kapitalerhöhung eingerichtete Sonderkonto der
Gemeinschuldnerin zu transferieren, sind mit der behaupteten Darlehenshingabe nicht
in Einklang zu bringen.
56
Es kommt hinzu, daß auch die Gemeinschuldnerin offensichtlich nicht von einer
Darlehensgewährung ausgegangen ist. Denn ein Darlehen der Beklagten hätte in der
Bilanz der Gemeinschuldnerin für das Jahr 1992 ihren Niederschlag finden müssen,
was indes nicht geschehen ist (vgl. Prüfungsbericht der KPMG für 1992, Anlage 5 zur
Klageschrift, dort Seite 32), wie der Kläger einräumen muß (Bl. 293). Seine Erklärung
dazu, "daß in der Bilanzvorbesprechung das Darlehen umgepoolt wurde in
Kapitaleinlage der P. AG", ist nicht nachvollziehbar, es sei denn, damit sollte zum
Ausdruck kommen, daß die Gemeinschuldnerin die zweite Zahlung von 1,5 Mio. DM
durch die Beklagte so eingeordnet wissen wollte, wie sie nach den vorliegenden
Unterlagen auch gemeint war, nämlich als Leistung auf die offen stehende
Einlageverpflichtung der P. AG im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung.
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Schließlich ist das Vorbringen des Klägers zur angeblichen Darlehensgewährung auch
- trotz Hinweises des Senats - jedenfalls insoweit unsubstantiiert geblieben, als es um
die näheren Modalitäten des Darlehens geht, zudem hat der Kläger widersprüchlich
vorgetragen. Letzteres betrifft die im Termin vom 13. Januar 2000 aufgestellte
Behauptung, es sei darüber gesprochen worden, daß das Darlehen der A.
"abzusichern" sei (Bl. 272 d.A.). Auf die Auflage des Senats, dies näher zu erläutern -
weil die Hingabe einer Sicherheit Rückschlüsse auf eine tatsächliche erfolgte
Darlehensgewährung zugelassen hätte - (Bl. 286 d.A.), hat der Kläger dann
vorgetragen, die R.-Gruppe habe eine Patronatserklärung gegenüber dem Bankhaus O.
für sämtliche Kredite der Autania-Gruppe übernommen (Bl. 292). Da es aber nicht um
von dem Bankhaus O. eingeräumte Kredite ging, sondern um ein angeblich von der
Beklagten gewährtes (nicht ein von ihr in Anspruch genommenes) Darlehen, war diese
Behauptung des Klägers unerheblich und keine Antwort auf die Anfrage des Senats. Im
Termin vom 19. Dezember 2000 hat der Kläger auf nochmaligen Vorhalt nur erklärt, eine
Absicherung des Darlehens sei nicht erfolgt (Bl. 365f. d.A.).
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Nach alledem kann nicht von der behaupteten Darlehensgewährung ausgegangen
werden.
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Soweit es um die Frage der freien Verfügbarkeit des für die P. AG gezahlten Betrages
von 1,5 Mio. DM geht, ist auf die vorstehenden Ausführungen unter 2. zu verweisen, die
hier entsprechend gelten.
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Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711
ZPO (Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit).
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.690.282,91 DM
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