Urteil des OLG Köln vom 10.04.2002

OLG Köln: zahnarzt, wiedereröffnung, behandlungsfehler, erstellung, versorgung, universität, schmerzensgeld, rüge, unterlassen, sachverständiger

Oberlandesgericht Köln, 5 U 156/01
Datum:
10.04.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 156/01
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 11 O 297/99
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. Juli 2001 verkündete Urteil
der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 11 O 297/99 - wird
zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
1
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
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Das Landgericht hat die auf Leistung von Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen
einer nach der Behauptung der Klägerin fehlerhaften prothetischen Behandlung durch
den Beklagten gerichtete Klage mit zutreffenden Erwägungen, denen sich der Senat
anschließt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§
543 Abs. 1 ZPO a.F.), zu Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen gibt lediglich
Anlass zu folgenden ergänzenden Bemerkungen:
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Die zunächst mit der Berufung ausschließlich erhobene Rüge, das Landgericht habe es
verfahrensfehlerhaft unterlassen, ein weiteres Gutachten nach § 412 ZPO einzuholen,
ist unbegründet. Zwar kann die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 412 ZPO
in Betracht kommen, wenn ein anderer Sachverständiger über überlegene
Forschungsmittel verfügt (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 412, Rdn. 1). Dazu fehlt
es aber an einem substantiierten Sachvortrag der Klägerin. Die Klägerin hätte die nach
ihrer Behauptung angeblich an einer Universität vorhandenen technischen Mitteln zu
einer Rekonstruktion der früheren Gebisssituation zumindest ansatzweise beschreiben
und darlegen müssen, wo diese angeblich verfügbar sind. Dem Senat, der seit vielen
Jahren für das Arzt- und damit auch für das Zahnarzthaftungsrecht zuständig ist und
nicht selten Gutachtenaufträge auch an Universitäten vergibt, sind solche
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Rekonstruktionsmöglichkeiten nicht bekannt.
Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 6. März 2002 - hier eingegangen am 7. März
2002 - nunmehr zur Untermauerung ihres Vortrages, dem Beklagten seien bei der
prothetischen Versorgung Behandlungsfehler unterlaufen, eine Stellungnahme des
Zahnarztes B. zu den gutachterlichen Feststellungen des in erster Instanz
herangezogenen Sachverständigen Dr. M. vorgelegt hat, zwingt auch das nicht zu einer
weiteren Sachaufklärung, denn dieses neue Vorbringen ist verspätet.
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Die Klägerin hat die Einwendungen, die sie nunmehr unter Bezugnahme auf die
Stellungnahme des Zahnarztes B. vorbringt (insbesondere den erstmals vorgebrachten
Einwand, der Beklagte habe eine Methode gewählt, bei der ein höheres
Misserfolgsrisiko bestehe), entgegen der ihr wirksam in erster Instanz gesetzten Frist
nicht bis zum 12. März 2001 vorgetragen (§§ 528 Abs. 1, 273 Abs. 2 Nr. 1, 411 Abs. 4,
296 ZPO). Sie hat diese Einwendungen auch nicht innerhalb der
Berufungsbegründungsfrist vorgebracht (§§ 527, 519 Abs. 2, 296 ZPO). Die Zulassung
des somit verspäteten Vorbringens würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern,
weil der Senat einer Entscheidung nicht das Privatgutachten des Zahnarztes B.
zugrunde legen könnte, sondern ggf. eine weitere Sachaufklärung anordnen müsste.
Vorbereitende Maßnahmen waren dem Senat nicht möglich, da die Stellungnahme des
Zahnarztes B. erst 6 Tage vor dem Verhandlungstermin hier eingegangen ist.
Hinreichend entschuldigt hat die Klägerin den verspäteten Sachvortrag nicht. Private
Schwierigkeiten des Zahnarztes B., die eine zeitnahe Erstellung verhindert haben,
könnten allenfalls dann entschuldigend wirken, wenn die Klägerin seine Beauftragung
so frühzeitig veranlasst hätte, dass eine fristgerechte Stellungnahme grundsätzlich
innerhalb der vorgenannten Fristen möglich gewesen wäre. Die Klägerin hat indes nicht
einmal vorgetragen, wann sie den Zahnarzt B. beauftragt hat. Sollte dies erst nach
Erlass des erstinstanzlichen Urteils geschehen sein, müsste sie sich entgegenhalten
lassen, dass sie bereits die vom Landgericht gesetzte Stellungnahmefrist -
unentschuldigt - versäumt hat. Spätestens aber nach Erlass des erstinstanzlichen
Urteils, das am 11. Juli 2001 verkündet worden ist, hätte die Klägerin den Zahnarzt B.
beauftragen müssen, damit dessen Stellungnahme mit der Berufungsbegründung hätte
vorgelegt werden können. Dass der Zahnarzt B. nicht in der Lage war, die
Stellungnahme innerhalb eines Zeitraumes von 4 Monaten (Juli bis November 2001)
oder jedenfalls noch so rechtzeitig zu erstellen, dass dem Senat zur Vorbereitung des
Termins am 13. März 2002 vorbereitende Maßnahmen möglich gewesen wären, ist nicht
dargetan. Im übrigen ist auch nicht näher erklärt worden, warum die unter dem 5.
Februar 2002 erstellte Stellungnahme des Zahnarztes B. dem Senat erst über einen
Monat später - am 7. März 2002 - vorgelegt worden ist.
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Zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung besteht kein Anlass. Die
Verhandlung ist verfahrensfehlerfrei geschlossen worden. Eine generelle Verpflichtung
zur Wiedereröffnung bei verspäteter Vorlage eines Privatgutachtens besteht - entgegen
der Auffassung der Klägerin - nicht (vgl. BGH, NJW 1988, 2302, 2303).
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2
ZPO n.F.)
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Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer der Klägerin: 7.912.37 EUR
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(s. Senatsbeschluss vom 23. November 2001)
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