Urteil des OLG Köln vom 07.05.1999

OLG Köln (grobes verschulden, beschwerde, vollmacht, sache, zimmermann, gerichtskosten, rechtsmittel, auftrag, unterbringung, erklärung)

Oberlandesgericht Köln, 16 WX 74/99
Datum:
07.05.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 WX 74/99
Normen:
FGG § 13;
Leitsätze:
Vollmachtsnachweis im FGG-Verfahren
FGG § 13 Im FGG- Verfahren muß der Nachweis der
Vollmachtserteilung insbesondere von Rechtsanwälten nicht notwendig
durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde erbracht werden, sondern kann
auch in anderer Weise durch das Ergebnis entsprechender Ermittlungen
geführt werden.
16 Wx 74/99 6 T 28/99 LG Köln 81 XVII Sch 172/92 Ag Brühl
OBERLANDESGERICHT KÖLN B E S C H L U S S
In der Betreuungssache
pp.
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine
Mitglieder Dr. Schuschke, Reinemund und Dr. Schmitz
am 7.5.99
b e s c h l o s s e n :
Auf die weitere Beschwerde der Rechtsanwältin H. wird der Beschluss
der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 12.4.99 - 6 T 28/99 -
aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung
an das Landgericht zurückverwiesen.
Rechtskraft:
unanfechtbar
G r ü n d e
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Durch Beschluss vom 19.11.98 genehmigte das Amtsgericht Brühl gemäß §§ 7o h, 69 f
Abs.1 FGG iVm § 19o6 BGB die vorläufige Unterbringung der Betroffenen in einer
geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis zum 15.12.98. Die
dagegen von der Rechtsanwältin H. eingelegte sofortige Beschwerde verwarf das
Landgericht mangels einer Vollmacht der Betroffenen zur Rechtsmitteleinlegung und
eines eigenen Beschwerderechts der Rechtsanwältin mit Beschluss vom 16.12.98 - 6 T
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6o7/98 - auf deren Kosten als unzulässig. Auf die weitere Beschwerde der
Rechtsanwältin hob der Senat - 16 Wx 6/99 - den angefochtenen Beschluss auf und
verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurück mit der
Begründung, das Rechtsmittel sei am 16.12.98, dem Zeitpunkt der Entscheidung, zwar
unzulässig gewesen, weil sich die angefochtene Entscheidung zu diesem Zeitpunkt
infolge Zeitablaufs bereits erledigt hatte, das Landgericht habe aber nicht hinreichend
geklärt, ob die Rechtsanwältin, die unzweifelhaft das Rechtsmittel im Namen der
Betroffenen eingelegt habe, nicht doch Vollmacht gehabt habe. Das Landgericht hat
eine schriftliche Erklärung der Betroffenen zur Frage der Vollmachtserteilung
herbeigeführt und sodann mit Beschluss vom 12.4.99 - 6 T 28/99 - nach Erledigung der
Hauptsache die Kosten der beiden Beschwerdeverfahren - 6 T 6o7/98 und 28/99 -
sowie des Rechtsbeschwerdeverfahrens - 16 Wx 6/99 - der Rechtsanwältin H. auferlegt,
weil die Betroffene mit ihrer schriftlichen Erklärung vom 4.3.99 eindeutig klargestellt
habe, diese weder schriftlich noch mündlich mit einer entsprechenden Tätigkeit
beauftragt zu haben. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Rechtsanwältin.
Die gemäß §§ 27 Abs. 2, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde gegen die isolierte
Kostenentscheidung des Landgerichts hat in der Sache Erfolg.
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Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§§ 27 FGG, 55o ZPO).
Die Ermittlungen des Landgerichts zum Vollmachtsnachweis sind nach wie vor
unzureichend (§ 12 FGG). Die Entscheidung unterliegt daher der Zurückverweisung, da
dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht eigene Ermittlungen versagt sind.
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1) Es ist anerkannt, dass im FGG-Verfahren der Nachweis der Vollmacht insbesondere
bei Rechtsanwälten nicht unbedingt durch eine Vollmachtsurkunde erbracht werden
muss, sondern auch in anderer Weise durch das Ergebnis entsprechender Ermittlungen
erfolgen kann (vgl. Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler FGG § 13 Rdnr. 16 mwN).
Rechtsanwälte werden oft - aus vielfältigen Gründen, insbesondere aber bei sofort zu
treffenden fristwahrenden Maßnahmen - auf Grund nur eines mündlichen Auftrags tätig.
Die vom Landgericht indes angestellten Ermittlungen des Landgerichts zur
anschließend getroffenen Feststellung, Rechtsanwältin H. habe vollmachtlos die
sofortige Beschwerde eingelegt, lassen - wie die Rechtsbeschwerdeführerin mit Recht
geltendmacht - wesentliche Umstände unberücksichtigt, wodurch gebotene weitere
Ermittlungen unterblieben sind. Bei der Beweiswürdigung unerörtert gelassen wurde die
anwaltliche Versicherung der Rechtsanwältin vom 9.4.99 dahin, dass sie von der Frau
N. im Auftrag der Betroffenen unter Aushändigung des Unterbringungsbeschlusses
nebst dem Zustellungsnachweis beauftragt worden sei, gegen den
Unterbringungsbeschluss fristwahrend Beschwerde einzulegen - außerdem habe sie,
als ihre Vollmacht angezweifelt wurde, am 13.12.98 die Betroffene in der Klinik
aufgesucht, die sie dabei letztlich gebeten habe, die Sache doch weiterzuverfolgen
(Bl.123 GA). Der Versicherung beigefügt war die Erklärung der Frau N. vom 18.3.99,
wonach sie von der Betroffenen den Auftrag erhalten habe, die Rechtsanwältin zu bitten,
im Auftrag und Namen der Betroffenen Beschwerde gegen den
Unterbringungsbeschluss einzulegen, was sie am 3.12.98 dann auch getan habe (Bl.
127 GA). Mithin hätte das Landgericht vor einer Entscheidung der Betroffenen, die an
Eidesstatt nur mitgeteilt hatte, dass die Rechtsanwältin zu keiner Zeit weder schriftlich
noch mündlich eine Vollmacht von ihr erhalten habe, in ihrer Angelegenheit tätig zu
werden (Bl.11o GA), Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem abweichenden
Vorbringen geben und sie u.U. dazu im Beisein der Rechtsanwältin auch persönlich
anhören müssen.
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2) Es bedarf deshalb der Zurückverweisung der Sache zur gebotenen weiteren Klärung.
Aus gegebenen Anlass weist der Senat für die erneute Entscheidung auf folgendes hin:
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a) Sollte der Vollmachtsnachweis gelingen, müsste die Entscheidung lauten: Eine
Kostenentscheidung in dem in der Hauptsache erledigten Beschwerdeverfahren ist
nicht veranlasst.
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Der Senat hat bereits im vorangegangenen Beschluss ausgeführt, dass die
Rechtsanwältin H. die Erstbeschwerde nicht etwa im eigenen sondern im Namen der
Betroffenen eingelegt hatte. Das ergibt der Beschwerdeschriftsatz zweifelsfrei, wenn es
darin u.a. heißt, der Betroffenen gehe es darum, nicht grundlos in einer geschlossenen
Anstalt festgehalten zu werden. Ferner ist nach Einlegung der Beschwerde eine
Hauptsacheerledigung dadurch eingetreten, dass das Genehmigungsverfahren mit der
Beendigung der genehmigten Unterbringung erledigt ist. Mithin kam im Verfahren nach
§ 19o6 BGB, in dem mehrere im entgegengesetzten Sinn an der Angelegenheit beteiligt
sind, nämlich der Betreute und sein Betreuer, für eine Kostenentscheidung nur § 13 a
Abs. 1 S. 1 FGG in Betracht (vgl. Zimmermann aaO § 13 a Rdnr. 47 mwN). Danach hat
ein Beteiligter einem anderen Beteiligten im Verfahren erwachsene Kosten ganz oder
teilweise zu erstatten, wenn dies der Billigkeit entspricht. Eine diesbezügliche
Kostenentscheidung war indes hier nicht veranlasst, ebensowenig etwa nach § 13 a
Abs. 2 S. 2 FGG.
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aa) Die Übernahme von Gerichtskosten für das Erstbeschwerde- und/oder das
vorangegangene Rechtsbeschwerdeverfahren kommt nicht in Betracht, weil die
eingelegte Beschwerde solche überhaupt nicht ausgelöst hatte. Nach § 131 Abs.1 S. 1
Nr. 1 und 2 KostO erwächst im Beschwerdeverfahren eine Gebühr nur dann, wenn die
Beschwerde verworfen, zurückgewiesen oder zurückgenommen wird; im übrigen ist das
Beschwerdeverfahren gebührenfrei (§ 131 Abs.1 S. 2 KostO). Keiner der
gebührenpflichtigen Fälle liegt hier vor. Weil der Beschluss des LG vom 16.12.98 durch
die Entscheidung des Senats aufgehoben ist und bei der erneuten Entscheidung des
LG keine Fallgestaltung des § 131 Abs. 1 S.1 Nr. 1 oder 2 KostO vorliegt, waren für das
Erstbeschwerdeverfahren Gerichtsgebühren nicht erwachsen. Das gleiche gilt für das
Rechtsbeschwerdeverfahren.
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bb) Bei der nach § 13 a Abs. 1 FGG weiter vorgesehenen Entscheidung hinsichtlich der
außergerichtlichen Kosten geht es ausschließlich um die Frage, ob derjenige, der das
Rechtsmittelverfahren in Gang gesetzt hat, die einem anderen Verfahrensbeteiligten
dadurch erwachsenen Kosten zu erstatten hat, etwa weil der Rechtsmittelführer ein
unbegründetes oder unzulässiges Rechtsmittel eingelegt hat oder ihn ein grobes
Verschulden trifft ( vgl. Zimmermann aaO § 13 a Rdnr. 31). Im Verfahren der
Erstbeschwerde sowie der weiteren Beschwerde war indes der Bescherdeschriftsatz
dem anderen Verfahrensbeteiligten, nämlich dem Betreuer nicht mitgeteilt worden, so
dass eine formelle Beteiligung des Beschwerdegegners und mithin eine Entscheidung
entfiel, ob die Voraussetzungen für eine Anordnung der Kostenerstattung vorliegen (vgl.
Zimmermann aaO § 13a Rdnr. 16 mwN).
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Ob die Rechtsanwältin H. die ihr für die Einlegung der Beschwerde erwachsenen
Anwaltskosten von der Betroffenen beanspruchen kann, betrifft hingegen das
Innenverhältnis zwischen der Rechtsanwältin und der Betroffenen, das nicht
Gegenstand einer Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 FGG ist. Wenn es in einem
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Kostentenor nach § 13 a FGG heißt, die "Kosten" eines Verfahrens werden einem
Beteiligten auferlegt, wird damit nur entschieden, dass dieser die Gerichtskosten zu
tragen sowie die dem bzw. den anderen Verfahrensbeteiligten erwachsenen
außergerichtliche Kosten zu erstatten hat.
cc) Die Kostenentscheidung lässt sich auch nicht etwa auf § 13 a Abs. 2 FGG stützen.
Wird in einer Betreuungssache eine Betreuungsmaßnahme nach den §§ 1896 bis 19o8
i BGB abgelehnt, als ungerechtfertigt aufgehoben, eingeschränkt oder das Verfahren
ohne Entscheidung über eine Maßnahme beendet, können auch einem am Verfahren
nicht beteiligten Dritten, wenn er die Tätigkeit des Gerichts veranlaßt hat und ihn ein
grobes Verschulden trifft, die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise auferlegt
werden ( § 13 a Abs. 2 S. 2 FGG). Hier war die Betreuungsma nahme - Genehmigung
der Unterbringung - angeordnet worden, also von vorneherein kein Fall des § 13 a Abs.
2 S. 1 und 2 FGG gegeben.
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b) Sollte der Vollmachtsnachweis nicht erbracht werden, dürfte die Entscheidung lauten:
Die Beschwerde der Betroffenen wird als unzulässig verworfen. Die Gerichtskosten des
Beschwerdeverfahrens trägt Rechtsanwältin H..
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In diesem Fall fehlt es an einer Verfahrensvoraussetzung mit der Folge, dass das von
vorneherein unzulässige Rechtsmittel, das sich mithin nicht erledigen konnte, als
unzulässig zu verwerfen ist, und die Entscheidung der Form nach auf den Namen des
angeblich vertretenen Beteiligten ergehen muss (vgl. OLG Frankfurt OLGZ 8o, 282 = JB
8o, 1389; OLG Köln Rpfleger 7o, 355). Im übrigen bedarf die Kostentragungspflicht
hinsichtlich der Gerichtskosten hier der besonderen Erwähnung, weil sie einen am
eigentlichen Verfahren nicht beteiligten Kostenschuldner betrifft und sie somit einen
Ausnahmefall darstellt (vgl. z.B. OLG Hamm FamRZ 98, 37 mwN). Bestreitet
Rechtsanwältin H. gleichwohl dann die Kostenpflicht, würde gegebenenfalls im
Kostenerinnerungsverfahren zu klären sein, ob die Betroffene zum Auftreten der
vollmachtlosen Vertreterin im Verfahren Veranlassung gegeben hat (OLG Frankfurt
aaO); zur Veranlasserhaftung im übrigen: BGH NJW 93, 1865; OLG Frankfurt MDR 97,
3o3).
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Dr. Schuschke Dr. Schmitz Reinemund
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