Urteil des OLG Köln vom 09.07.2002

OLG Köln: vernehmung von zeugen, ablauf der frist, unbeteiligter dritter, wirtschaftliches interesse, versicherungsvertrag, versicherungsnehmer, leasingvertrag, gutachter, entschädigung

Oberlandesgericht Köln, 9 U 239/96
Datum:
09.07.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 239/96
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 0 291/95
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.11.1996 verkündete Urteil
der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 0 291/95 - unter
Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert
und unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts
Köln vom 28.03.1996 wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 38.704.80 EUR (75.700,00
DM) zu zahlen nebst Zinsen
vom 06.02.1995 bis 30.3.1995 in Höhe von 9,5%
vom 01.04.1995 bis 24.08.1995 in Höhe von 9 %,
vom 25.08.1995 bis 14.12.1995 in Höhe von 8,5 %,
vom 15.12.1995 bis 18.04.1996 in Höhe von 8 %,
vom 19.04.1996 bis 08.10.1999 in Höhe von 7,5 %,
vom 09.10.1999 bis 31.12.1999 in Höhe von 6,95 %,
vom 01.01.2000 bis 30.04.2000 in Höhe von 7,68 %,
vom 01.05.2000 bis 30í08.2000 in Höhe von 8,42 % und
seit 01.09.2000 in Höhe von 9,26 %.
Im übrigen bleibt das Versäumnisurteil des Landgerichts
aufrechterhalten.
Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz werden zu 30 % dem
Kläger und zu 70 % der Beklagten auferlegt; die durch die Anrufung des
Landgerichts Düsseldorf entstandenen Mehrkosten und die Kosten der
Säumnis hat jedoch der Kläger zu tragen.
Die Kosten des Rechtsstreits der zweiten Instanz werden zu 22 % dem
Kläger und zu 78 % der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000.00 EUR abzuwenden, wenn
nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die jeweiligen Sicherheitsleistungen dürfen auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank,
Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger hatte für den Porsche 968 Coupé mit dem amtlichen Kennzeichen
2
x - xx xxx bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen.
3
Durch Leasingvertrag vom 10.03.1992 hatte der Kläger den Wagen von der A. Leasing
GmbH &Co OHG geleast. Gemäß § 6 der Leasingbedingungen verpflichtet sich der
Leasingnehmer, eine Vollkaskoversicherung mit 1.000,-- DM Selbstbeteiligung
abzuschließen. Ferner heißt es dort, dass mit Abschluss des Leasingvertrages der
Leasingnehmer die Entschädigungsleistungen aus Versicherungsverträgen an den
Leasingeber abtritt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Leasingvertrag
Bezug genommen (Bl. 85, 86GA).
4
In der Nacht vom 30.07. auf den 31.07. 1993 brannte das Fahrzeug in einem Parkhaus
im F. Bahnhofsviertel (M.straße) aus. Der Kläger hatte den Wagen dort geparkt. Der
Hergang des Schadenereignisses ist zwischen den Parteien streitig. Zu diesem
Zeitpunkt befand sich der Kläger mit Leasingraten in Verzug. Vor dem Brand hatte der
Kläger das Fahrzeugradio entfernt.
5
Durch Vertrag vom 06./23.09.1993 leaste der Kläger bei der H. Leasing Gesellschaft für
Mobilien mbH einen PKW Audi 100, 2,5 TDI (Bl.229 GA).
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Mit Schreiben vom 27.05.1994 wies die Beklagte gegenüber dem Kläger
7
Entschädigungsansprüche zurück, weil die Indizlage dafür spreche, dass nicht ein
unbeteiligter Dritter das Fahrzeug in Brand gesetzt habe.
8
Daraufhin hat der Kläger mit am 01.12.1994 bei Gericht eingegangenem Antrag gegen
die Beklagte einen Mahnbescheid des Amtsgerichts Düsseldorf über eine
Hauptforderung von 108.025,-- DM nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit erwirkt, der
der Beklagten am 06.02.1995 zugestellt worden ist.
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In einem Rechtsstreit zwischen der A.-Leasing GmbH, der Rechtsnachfolgerin der A.
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Leasing GmbH &Co. OHG, und dem Kläger wegen der Ansprüche aus dem
Leasingvertrag wurde dieser durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 08.12.1994
rechtskräftig zur Zahlung von 79.842,55 DM zuzüglich Zinsen an die A.-Leasing GmbH
verurteilt. Die Leasinggeberin hatte bei der DBV - Winterthur Versicherung AG eine
Versicherung abgeschlossen, wonach u. a. Entschädigung zu leisten ist, wenn der
Leasingnehmer seiner Verpflichtung zum Abschluss einer Versicherung nicht oder nur
unzureichend nachgekommen ist oder der Leasingeber aus einer abgeschlossenen
Versicherung keine oder nur teilweise Entschädigung erlangt und seine Ansprüche aus
dem Leasingvertrag dadurch nicht voll erfüllt werden. Wegen der Einzelheiten des
Versicherungsvertrages wird auf die Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom
09.04.2002 (Bl.684 ff) Bezug genommen. Am 10.04.1996 hat die DBV - Winterthur auf
Grund des Versicherungsvertrages an die A.-Leasing GmbH einen Betrag von
74.512,34 DM gezahlt.
Unter dem Datum des 18.04.1996 hat die A.-Leasing GmbH vorsorglich etwaige
Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zwischen den Parteien an den Kläger
abgetreten und den Kläger ermächtigt, die Versicherungsansprüche gegenüber dem
Beklagten geltend zu machen und einzuklagen (Bl. 630).
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Durch Versäumnisurteil vom 28.03.1996 hat das Landgericht Köln die Klage
abgewiesen. Gegen das am 11.04.1996 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger mit
am 22.04.1996 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt. Er hat die
Auffassung vertreten, ein Entschädigungsanspruch sei gerechtfertigt.
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Ein gegen den Kläger wegen des Schadenereignisses eingeleitetes Strafverfahren (50
Js 48949.0/93 StA Frankfurt/Main) endete mit einem Freispruch durch das Amtsgericht
Frankfurt a. M.
13
Der Kläger hat beantragt,
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das Versäumnisurteil aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an
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ihn 108.025,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 06.02.1995 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
18
Sie hat sich auf Leistungsfreiheit berufen und vorgetragen, dass die Umstände für
Eigenbrandstiftung sprechen. Es habe die Sicherstellung des Fahrzeugs durch die
Leasinggeberin unmittelbar bevorgestanden. Damit sei ein wirtschaftliches Interesse
des Klägers an der Zerstörung des Wagens durch Brand gegeben. Der Porsche sei zum
Zeitpunkt des Brandausbruchs ordnungsgemäß verschlossen und mit dem Heck zur
Garagenwand geparkt gewesen. Der Brand sei auch dort von innen mittels
Brandbeschleunigers, Dieselöl, gelegt worden. Erst durch die Hitzeeinwirkung sei das
elektrische System aktiviert worden, wodurch die Alarmanlage in Gang gesetzt worden
sei. Auf einer Wand in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs sei mit silberfarbigem
Felgenspray die Aufschrift "Jude - Ausländer raus - on fire" angebracht gewesen. Die
dazu passende Spraydose sei auf dem Garagenboden neben dem Wagen aufgefunden
worden, während der Ventilkopf dieser Sprühdose auf dem Beifahrersitz gelegen habe.
Hieraus folge, dass sich die Sprühdose vor Ausbruch des Brandes im Fahrzeug
19
befunden haben müsse. Dies lasse den Schluss zu, dass der Kläger die Aufschrift an
der Wand mittels der Spraydose angebracht habe, um den Verdacht in eine andere
Richtung zu lenken.
Das Landgericht hat das die Klage abweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. Es
hat im Wesentlichen ausgeführt, die Frage der Eigenbrandstiftung könne offen bleiben.
Der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, dass ihm eine Entschädigung zustehe. Die
Voraussetzungen für eine Neuwertentschädigung seien nicht vorgetragen. Im übrigen
fehlten Angaben zum Zustand des Wagens zum Schadenzeitpunkt. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil und seine Verweisungen Bezug
genommen.
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Gegen das am 28.11.1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.12.1996
21
Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 06.03.1997
22
mit an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet.
23
Der Kläger wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag und macht geltend, das er mit
dem Brand nicht zu tun habe. Er vertritt nunmehr die Auffassung, dass die
Voraussetzungen für eine Neupreisentschädigung, jedenfalls in der bisher beantragten
Höhe, nicht vorliegen. Der Wiederbeschaffungswert des streitgegenständlichen Porsche
belaufe sich - so behauptet der Kläger - auf mindestens 97.000,00 DM.
24
Unter dem 26.06.2001 hat die DBV - Winterthur Versicherung vorsorglich alle
Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag mit der A. -Leasing GMBH und auch
eventuell übergegangene Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zwischen den
Parteien an den Kläger abgetreten und ihn zur Geltendmachung im eigenen Namen
ermächtigt (Bl. 635 GA).
25
Der Kläger beantragt,
26
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte
27
zu verurteilen, an den Kläger 97.000,00 DM zu zahlen nebst
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9,5 % Zinsen vom 06.02.1995 bis 30.03.1995,
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9 % Zinsen vom 01.04.1995 bis 24.08.1995,
30
8,5 % Zinsen vom 25.08.1995 bis 14.12.1995,
31
8 % Zinsen vom 15.12.1995 bis 18.04.1996,
32
7,5 % zinsen vom 19.04.1996 bis 08.10.1999,
33
6,95 % Zinsen vom 09.10.1999 bis 31.12.1999,
34
7,68 % Zinsen vom 01.01.2000 bis 30.04.2000,
35
8,42 % Zinsen vom 01.05.2000 bis 30.08.2000 und
36
9,26 % Zinsen seit dem 01.09.2000 sowie
37
dem Kläger zu gestatten, Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer
deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse
leisten zu dürfen.
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Die Beklagte beantragt,
39
die Berufung zurückzuweisen und
40
zu gestatten, Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen
41
Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank
42
zu leisten.
43
Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Sie trägt vor, dass die Gesamtumstände des durch Brandstiftung hervorgerufenen
Fahrzeugbrandes dafür sprechen, dass es sich um eine "bestellte Tat" gehandelt habe.
Die Spraydose habe sich im Inneren des Wagens befunden. Das Autoradio sei
herausgerissen und nicht fachmännisch ausgebaut gewesen. Sie macht insbesondere
geltend, dass Leistungsfreiheit nach § 12 Abs. 3 VVG eingetreten sei. Das
Ablehnungsschreiben sei dem Kläger und der Leasinggesellschaft zu Händen ihrer
Bevollmächtigten spätestens am 30.05.1994 zugegangen, so dass durch den Antrag auf
Erlass eines Mahnbescheids die Sechsmonats- Frist nicht gewahrt sei.
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Zudem sei der Kläger nicht aktivlegitimiert, weil die DBV-Winterthur Versicherung AG
als Subsidiärversicherung an die A.-Leasing GmbH am 10.04.1996 74.512,34 DM
gezahlt habe. Aufgrund dieser Leistung sei der Anspruch der A.-Leasing in diesem
Umfang gemäß § 67 Abs. 1 VVG auf die DBV-Winterthur übergegangen. Am 18.04.
1996 habe demnach insoweit eine Abtretung der A.-Leasing an den Kläger nicht mehr
erfolgen können.
45
Schließlich beruft sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 17.08.2001 erstmals auf
Verjährung. Wenn der Kläger mit Schriftsatz vom 17.07.2001 eine Abtretung der DBV-
Winterthur Versicherung AG vorlege, so sei der Kläger zwar jetzt aktivlegitimiert, wenn
die Abtretung wirksam sei, inzwischen sei die Versicherungsforderung aber nach § 12
Abs. 1 VVG verjährt. Die gerichtliche Geltendmachung habe die Verjährung nicht
unterbrochen mangels Aktivlegitimation des Klägers.
46
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen, des Klägers als Partei
und durch Sachverständigengutachten.
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften des
Senats vom 02.12.1997, Bl. 278 ff GA, des Amtsgerichts Frankfurt /Main vom
29.05.1998, Bl. 330 ff GA; des Amtsgerichts Wiesbaden vom 14.08.1998, Bl. 346 ff GA,
und 02.10.1998, Bl. 359 ff GA, des Senats vom 14.12.1999, Bl. 482 ff GA, sowie auf das
schriftliche Gutachten des Sachverständigen L. vom 29.03.2000, Bl. 517 ff GA, und
dessen mündliche Erläuterung vom 19.12.2000, Bl. 562 ff GA, auf das schriftliche
Gutachten des Sachverständigen V. vom 27.08.2001, Bl. 642 ff GA, und dessen
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Ergänzungsgutachten vom 02.11.2001, Bl. 671 ff GA, Bezug genommen.
Die Kopien der Akten 50 Js 48949.0/93 StA Frankfurt/Main sind Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gewesen.
49
Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
50
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
51
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist teilweise begründet.
52
I. Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß den §§ 12 Nr. 1 Abs. I a), 13 Abs. 1 AKB
in der zwischen den Parteien vereinbarten Fassung, 398 BGB, ein
Entschädigungsanspruch in Höhe von 38.704,80 EUR (75.700,00 DM ) auf Grund der
zwischen den Parteien bestehenden Kaskoversicherung zu.
53
1. Der Kläger ist anspruchsberechtigt. Durch Abtretung vom 18.04.1996 hat die
Leasinggeberin dem Kläger alle Ansprüche aus dem Kaskoversicherungsvertrag mit der
Beklagten rückabgetreten. Soweit ein Anspruchsübergang auf die DBV-Winterthur
Versicherung AG in Rede steht, hat diese dem Kläger sämtliche Ansprüche aus dem
Versicherungsvertrag mit der Leasinggeberin und übergegangene Ansprüche aus dem
Versicherungsvertrag mit der Beklagten durch Abtretungsvertrag vom 26.06.2001/
06.07.2001 abgetreten. Damit ist der Kläger zur Geltendmachung des Anspruchs auf
Entschädigung berechtigt.
54
2. Der Anspruch ist insbesondere nicht verjährt. Die von der Beklagten mit Schriftsatz
vom 17.08.2001 erstmals in zweiter Instanz erhobene Einrede der Verjährung greift nicht
durch. Gemäß § 12 Abs. 1 VVG verjähren Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in
zwei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in welchem die
Leistung verlangt werden kann. Da das Brandereignis am 31.07.1993 stattgefunden hat,
ist der für den Beginn der Verjährung maßgebende Zeitpunkt das Jahresende 1993
gewesen.
55
Die Verjährungsfrist ist durch die Einreichung des Mahnbescheidantrages des Klägers
am 01.12.1994 nach § 209 Abs. 1 , 2 Nr. 1 BGB (i.V. § 693 Abs. 2 ZPO) unterbrochen
worden. Der Kläger war nämlich im Sinne des § 209 Abs. 1 BGB Berechtigter.
Entscheidend ist nicht die Rechtsinhaberschaft, sondern die Befugnis zur klageweisen
Geltendmachung des Anspruchs (vgl. Palandt - Heinrichs, BGB,61. Aufl., § 209, Rn 9
mit weiteren Nachweisen). Aus § 76 Abs. 1 VVG ergibt sich, dass der
Versicherungsnehmer über Rechte, welche dem Versicherten aus dem
Versicherungsvertrag zustehen, im eigenen Namen verfügen kann. Der
Versicherungsnehmer kann demnach den Anspruch einklagen (vgl. Prölss in
Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 76 , Rn 1; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17.
Aufl., § 3 AKB, Rn. 87) und ist damit grundsätzlich Berechtigter im Sinne des
Verjährungsrechtes.
56
Die Voraus-Abtretung des Entschädigungsanspruchs in § 6 des Leasingvertrages
zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der A. - Leasing GmbH steht dem
nicht entgegen. Der Kläger hat dadurch die Berechtigung zur Geltendmachung des
Anspruchs als Versicherungsnehmer und zur Herbeiführung der
57
Verjährungsunterbrechung nicht verloren.
Die Voraus-Abtretung war auch zunächst nach den §§ 3 Nr. 4 AKB, 399 BGB
unwirksam. Versicherungsansprüche können vor ihrer endgültigen Feststellung ohne
ausdrückliche Genehmigung des Versicherers nicht abgetreten werden.
58
Die Beklagte hat allerdings unbestritten vorgetragen, dass der Leasinggeberin ein
Sicherungsschein ausgestellt war, wobei der Zeitpunkt nicht feststeht. In diesem Fall ist
in der Ausstellung des Sicherungsscheins eine Genehmigung im Sinne von § 3 Nr.4
AKB zu sehen (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, a.a.O., § 3 AKB, Rn 13). Gleichwohl
kann der Versicherungsnehmer klagen, allerdings auf Leistung an den Inhaber des
Sicherungsscheins (vgl. BGH, VersR 1985, 981; Stiefel/Hofmann, a.a.O., § 3 AKB, Rn
87).
59
Dies hat der Kläger zwar im Mahnbescheidsantrag nicht eindeutig zum Ausdruck
gebracht, er hat aber auf den Vollkaskoversicherungsvertrag mit der Beklagten unter
genauer Bezeichnung des versicherten Fahrzeugs bereits im Mahnbescheid Bezug
genommen. Damit war der Beklagten klar, dass es um einen Entschädigungsanspruch
betreffend das geleaste Fahrzeug ging, für das ein Sicherungsschein ausgestellt war,
der Kläger also auf Grund einer Abtretung oder einer Prozessstandschaft vorging. Dies
geht auch aus dem Inhalt des Klageerwiderungsschriftsatzes der Beklagten vom
19.12.1995 hervor. Diese erkennbaren Umstände reichten, um die Verjährung zu
unterbrechen (vgl. BGH, NJW 1999, 3707(3708) ). Abzustellen ist nämlich darauf, ob die
Beklagte in die Lage versetzt war, sich sachgerecht zu verteidigen. Davon war
auszugehen.
60
Die Tatsache, dass die DBV-Winterthur Versicherung AG am 10.04.1996 an ihre
Versicherungsnehmerin, die A.-Leasing GmbH, einen Betrag von 74.512,34 DM nebst
Zinsen gezahlt hat, ändert an der Verjährungsunterbrechung nichts. Es genügt, wenn
der Kläger zum Zeitpunkt der Einreichung des Mahnbescheidsantrages bzw.
Klageerhebung berechtigt war. Spätere Änderungen sind verjährungsrechtlich
unschädlich (vgl. BGH, NJW 1984, 2102; Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 209, Rn 9). Da es
nicht auf die Inhaberschaft des Rechtes ankommt, sondern auf die Befugnis zur
Geltendmachung des Anspruchs im Wege des Mahnbescheids oder der Klage, war es
nicht von Bedeutung, ob durch die Zahlung in diesem Umfang Ansprüche der
Leasinggeberin gemäß § 67 Abs. 1 VVG oder Vertrag an die DBV-Winterthur
Versicherung AG übergegangen sind. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der
Übergang nach § 67 Abs. 1 VVG sich nur auf die Entschädigungsansprüche erstreckt,
die sich auf die Schäden beziehen, die in den Schutzbereich der in Frage stehenden
Versicherung fallen, also kongruent sind (vgl. Prölss in Prölss/Martin, a.a.O., § 67, Rn 8).
Aus den Versicherungsbedingungen zwischen der DBV-Winterhur Versicherung AG
und der Leasinggeberin ergibt sich, dass es sich jedenfalls nicht um eine reine
Kaskoversicherung handelt, sondern subsidiär die Ansprüche aus dem Leasingvertrag
abgesichert sein sollten (ZIffer 2.1 und 8 der Bedingungen). Diese Problematik bedarf
jedoch nicht der Vertiefung.
61
3. Es besteht keine Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 12 Abs. 3 VVG. Nach dieser
Vorschrift ist der Versicherer von der Leistungsverpflichtung frei, wenn der Anspruch auf
Leistung nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird. Diese
Frist beginnt erst, nachdem der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber den
erhobenen Anspruch unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen
62
Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat.
Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass die Deckungsablehnung mit Schreiben vom
27.05.1994 spätestens am 31.05.1994 dem Kläger, der den Entschädigungsanspruch
erhoben hatte, zugegangen ist. Nur dann wäre die Einreichung des Antrages auf Erlass
eines Mahnbescheides am 01.12.1994 nicht mehr rechtzeitig gewesen (§§ 693 Abs. 2
ZPO) . Dass der Antrag "demnächst" im Sinne der §§ 693 Abs.2, 270 Abs. 3 ZPO
zugestellt ist, begegnet keinen Bedenken. Der Kläger hat alles Zumutbare für die
alsbaldige Zustellung getan .
63
Der Kläger hat bei seiner Vernehmung als Partei unwiderlegt angegeben, dass der
Eingangsstempel "01.Juni1994" auf dem Ablehnungsschreiben der Beklagten vom
27.05.1994 dem Tag des Zugangs entspricht. Er hat geschildert, dass seine damalige
Bekannte, seine jetzige Ehefrau, den Stempel angebracht habe. Sie sei die einzige
Angestellte in seinem Büro gewesen und habe es so gehandhabt, dass sie, wenn Post
gekommen war, die Briefe aus dem Briefkasten entnommen und mit dem
entsprechenden Datum gestempelt habe.
64
Auf die Vernehmung der vom Kläger gegenbeweislich benannten Zeugin S., die in W.
wohnhaft ist, kam es nicht an. Sie hat zudem dem Senat mitgeteilt, dass sie aus
gesundheitlichen Gründen nicht anreisen kann, so dass ihr Erscheinen vor dem
Prozessgericht, das wegen des persönlichen Eindrucks von der Zeugin erforderlich
gewesen wäre, auf Dauer ausgeschlossen ist. Soweit die Beklagte vorbringt, der vom
Kläger beauftragte Rechtsanwalt B. habe im Ermittlungsverfahren vorgetragen, im
November 1994 laufe die Klagefrist ab, ist daraus nicht zu entnehmen, wann das
Ablehnungsschreiben beim Kläger eingegangen ist. Diese Äußerung kann vielfache
Gründe haben. Auf den Zugang der Deckungsablehnung bei der Leasinggeberin, die für
von ihr erhobene Ansprüche der richtige Adressat wäre (vgl. Senat, VersR 1997, 1222),
kommt es im Verhältnis zum Kläger nicht an. Demnach ist die Frist gemäß § 12 Abs. 3
VVG durch den Antrag des Klägers als Versicherungsnehmer auf Erlass eines
Mahnbescheids gewahrt.
65
4. Die Beklagte ist auch nicht nach § 61 VVG wegen vorsätzlicher Herbeiführung des
Versicherungsfalles leistungsfrei.
66
Die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses hat die Beklagte nicht bewiesen. Auf
Grund der Aussagen der Zeugen, der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder und des
überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen L. konnte der Senat nicht als
bewiesen anzusehen, dass der Kläger den Brand des Fahrzeugs selbst gelegt oder
veranlasst hat. Das Brandgeschehen ist zwar durch gewisse verdächtige Umstände
gekennzeichnet, insgesamt betrachtet ist aber der Nachweis der Brandstiftung durch
den Kläger oder durch einen in seinem Auftrag handelnden Dritten nicht geführt.
67
Der von der Beklagten vorgetragene Verdacht der Brandstiftung durch den Kläger
beruht auf der Annahme, dass die aufgefundene Farbspraydose, mittels derer die
Parolen an die Wand gesprüht worden seien, sich vor dem Brand in dem
verschlossenen Fahrgastraum des vom Kläger im Parkhaus abgestellten Porsche
befunden habe. Dieser Umstand ließ sich jedoch nicht beweisen.
68
Der Kriminalbeamte J. hat als Zeuge vor dem Senat bekundet, dass unterhalb der
Fahrerseite eine Art Milchflasche, gefüllt mit Dieselkraftstoffresten, gelegen habe.
69
Unterhalb der Fahrerseite des daneben geparkten Mitsubishi habe er eine Sprühflasche
ohne Sprühkopf gefunden. Die Spraydose habe im Bodenbereich eine deutlich
erkennbare Verformungsspur gehabt, und zwar so deutlich, dass anzunehmen sei, dass
die Dose gegen die Decke geschleudert worden sei. Auf dem Beifahrersitz des Porsche
habe er - festgebacken auf dem Sitz im Brandrest - einen Spraykopf gefunden, der nach
Durchmesser und Art zu der Spraydose gepasst habe.
Der Sachverständige L., der auf Grund der Zeugenaussagen und des Inhalts der
beigezogenen Akte 50 Js 48949.0/93 StA Frankfurt /Main das Geschehen sorgfältig
analysiert hat, kommt zu dem Ergebnis, dass die Sprühdose sich zum Zeitpunkt des
Brandes in dem Fahrgastinnenraum des Wagens befunden haben müsse. Der
Gutachter hat die verschiedenen Möglichkeiten der Position der Spraydose im
einzelnen abgehandelt.
70
Da aber nicht nachvollziehbar sei, ob die Beifahrertürscheibe zu Beginn des Brandes
geöffnet oder eingeschlagen gewesen sei, sei eine Differenzierung, ob sich die Dose
schon vor dem Brand im Fahrzeug befunden habe oder erst während des Brandes
durch eine bereits geborstene Scheibe in das Fahrzeug eingebracht worden sei, nicht
mehr nachvollziehbar. Bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens hat der
Sachverständige klargestellt, dass es durchaus sein könne, dass die Spraydose
während des Brandes von außen durch eine Handlung eines Dritten in das Fahrzeug
gelangt sei. Der Sachverständige hat zu den Scheibenstellungen ausgeführt, dass sich
aus den Spuren nicht zweifelsfrei ableiten lasse, ob eine Scheibe vor dem
Brandgeschehen eingeschlagen worden oder während des Brandgeschehens
eingefallen sei.
71
Die Angaben der Zeugen W. und B. führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Sie
haben den Brandort erst besichtigt, als der Porsche schon abgeschleppt worden war.
Sie habe zu den Spuren im Fahrzeug am Ort des Brandgeschehens keine eigenen
Feststellungen getroffen. Die Zeugen H. und R. haben den Porsche gesehen, als er sich
beim Polizeipräsidium in Frankfurt befunden hat. Ihre Angaben führen ebenfalls nicht zu
anderen Erkenntnissen. Der Zeuge H. berichtet von Glasresten an den Seitenfenstern.
Diesen Umstand hat der Sachverständige L. berücksichtigt.
72
Die Tatsache, dass das Radio vom Kläger ausgebaut worden ist und nach der
Bekundung des Zeugen J. der Zustand der Kabel im abgebrannten Fahrzeug auf ein
Herausreißen hindeuten, gibt im Hinblick auf die Ausführungen des Gutachters keinen
Anlass zu einer anderen Bewertung.
73
Die wirtschaftliche Situation des Klägers und den Umstand, dass der Kläger mit den
Leasingraten in Rückstand war, hat der Senat nicht als entscheidend angesehen.
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5. Dem Kläger steht - unter Berücksichtigung der Selbstbeteiligung von 1.000,00 DM -
ein Anspruch in Höhe von 75.700 DM ( 38.704,80 EUR ) gegen die Beklagte zu.
75
a) Eine Neupreisentschädigung nach § 13 AKB in der zwischen den Parteien
vereinbarten Fassung (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, a.a.O., § 13 AKB, Rn 2) kommt
nicht in Betracht. Maßgebend sind die Verhältnisse des Leasinggebers (vgl. BGH, r+s
1993, 329; Senat, VersR 1997, 870; Knappmann, a.a.O., Rn 12). Nur wenn die
Leasinggesellschaft ein Ersatzfahrzeug in Fortsetzung des bisherigen Leasingvertrages
angeschafft hat, sind die Voraussetzungen für eine Neupreisentschädigung gegeben.
76
Vorliegend hat der Kläger ein Neufahrzeug nicht gekauft, sondern bei einer anderen
Leasinggesellschaft (H.) ein Fahrzeug geleast, so dass nicht nach Neupreis zu
entschädigen ist.
b) Maßgebend ist der Wiederbeschaffungswert des durch Brand zerstörten Wagens
gemäß § 13 Abs. 1 AKB, und zwar ohne Mehrwertsteuer, da auch insoweit auf den
Leasinggeber, der zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, abzustellen ist (vgl. BGH, r+s
1993,329).
77
Hinsichtlich der Berechnung folgt der Senat dem sorgfältigen Gutachten und dem
Ergänzungsgutachten des Sachverständigen V..
78
Der Gutachter hat die Kilometerleistung und das Zubehör sowie die Sonderausstattung
des Porsche 968 Coupé angemessen berücksichtigt.
79
Zutreffend ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass bei der Kilometerkorrektur
bei einem derart hochwertigen Fahrzeug von einer höheren Kilometerkategorie
auszugehen ist.
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Zu Recht hat der Gutachter die Summe des Zubehörs nach der Anschaffungsrechnung
und der Sonderlederausstattung sowie der Tieferlegung mit netto 25.955,44 DM
angesetzt und einen angemessenen prozentualen Abschlag (ca. 46 %) vorgenommen.
Bei der Korrektur für gute Marktgängigkeit hat der Gutachter auf Grund seiner
Beobachtungen des Marktes einen dem Modell entsprechenden Zuschlag angesetzt.
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Damit ergibt sich folgende Berechnung:
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Verkaufsnotierung nach DAT-Marktspiegel (ohne MWSt.) 56.695,00 DM
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Laufleistung : 35.000 km
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Bezugsfahrstrecke: 26.000 km
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Km - Differenz: 9.000 km ./. 1.080,00 DM
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Werterhöhung durch Ausstattung: 14.104,00 DM
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Korrektur für gute Marktgängigkeit 10 %: 6.972,00 DM
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Fahrzeug-Grundwert (ohne MWSt): 76.691,00 DM
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Wiederbeschaffungswert gerundet (ohne MWSt): 76.700,00 DM.
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6. Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, §§ 284, 288 Abs.
1 BGB a.F. Der Kläger hat die Zinshöhe mit Schriftsatz vom 06.03.2001 gegenüber dem
Antrag aus dem Schriftsatz vom 19.01.1999 teilweise reduziert. Die von der Beklagten
auch insoweit erhobene Einrede der Verjährung hinsichtlich der Jahre 1995 und 1996
greift demnach nicht durch.
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II. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 281 Abs. 3, 344, 708 Nr. 10, 711, 713, 108
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Abs. 1 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO n. F.
liegen nicht vor, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Auch
erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
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einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 49.595,31 EUR (97.000,00 DM)
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