Urteil des OLG Köln vom 29.03.2005

OLG Köln: scheidungsverfahren, verfahrenskosten, anwaltshonorar, entschädigung, scheidungsurteil, umrechnung, öffentlich, datum

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 4 UF 19/05
29.03.2005
Oberlandesgericht Köln
4. Zivilsenat
Beschluss
4 UF 19/05
Amtsgericht Bonn, 46 F 373/03
I.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des
Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 10. Januar 2005 - 46 F 373/03
- abgeändert.
Vom Versicherungskonto Nr. ###1 des Antragsgegners bei der LVA
Rheinprovinz werden auf das Versicherungskonto Nr. ###2 der
Antragstellerin bei der LVA Rheinprovinz Rentenanwartschaften von
monatlich 181,04 EUR, bezogen auf den 31.12.2001, übertragen.
Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte
umzurechnen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den vorgenannten
Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn wird
zurückgewiesen.
III.
Eine Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren findet nicht statt.
Für die erste Instanz verbleibt es bei der amtsgerichtlichen
Kostenentscheidung.
IV.
Der Antrag des Antragsgegners, ihm zur Durchführung des
Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird
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zurückgewiesen.
V.
Der Antragstellerin wird ab Antragstellung zur Durchführung des eigenen
Beschwerdeverfahrens und zur Abwehr gegen die Beschwerde des
Antragsgegners ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von
Rechtanwältin T in N bewilligt.
G r ü n d e :
Die befristeten Beschwerden der Antragstellerin und des Antragsgegners sind zulässig (§
621 e ZPO). Begründet ist allerdings nur die befristete Beschwerde der Antragstellerin.
I.
Mit ihrer Beschwerde rügt die Antragstellerin zu Recht, dass die ihr übertragenen
Versorgungsanwartschaften nicht korrekt berechnet worden sind. Fälschlicherweise ist das
Familiengericht in der angegriffenen Entscheidung zunächst von DM-Beträgen
ausgegangen und hat am Ende den Ausgleichsbetrag von Deutschen Mark in Euro
umgerechnet.. Tatsächlich lagen den Auskünften der LVA Rheinprovinz vom 8.4.2004 bzw.
27.7.2004 - selbstverständlich - EUR-Beträge zugrunde, so dass eine Umrechnung nicht
mehr zu erfolgen hatte, wie sich auch aus dem Berichtigungsantrag der LVA Rheinprovinz
vom 14.02.2005 (Bl. 66 GA) ergibt. Nach richtiger Berechnung ist damit ein Betrag in Höhe
von 181,04 EUR zu übertragen.
Durch den Beschluss ist der Berichtigungsantrag der LVA Rheinprovinz gegen-
standslos geworden.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet. Zu Recht hat das Familiengericht
den Versorgungsausgleich nach deutschem Recht gemäß Art. 17 Abs. 3 EGBGB
durchgeführt. Zur näheren Begründung verweist der Senat zunächst auf den Inhalt des
angegriffenen Beschlusses.
Die nachträgliche Durchführung des öffentlich rechtlichen Versorgungsausgleiches ist auch
nicht rechtsmissbräuchlich nach § 242 BGB. Die Parteien haben in dem in der Türkei
durchgeführten Scheidungsverfahren gerade keine Regelung zum Versorgungsausgleich
getroffen. Die Vereinbarung über finanzielle Fragen betraf laut Scheidungsurteil
ausdrücklich nur die Zahlung eines Unterhalts, die einer Entschädigung sowie die
Verfahrenskosten und das Anwaltshonorar ( vgl. Anlage 1 zur Antragserwiderung, Blatt 17,
18 GA ).
Die Antragstellerin handelt nicht treuwidrig, wenn sie nunmehr in Deutschland nachträglich
das Versorgungsausgleichsverfahren betreibt. Entgegen der Auffassung des
Antragsgegners kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien eine
abschließende Auseinandersetzung über alle finanziellen Aspekte ihrer Scheidung im
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Rahmen des Scheidungsverfahrens getroffen haben. Hiergegen spricht bereits der Vortrag
des Antragsgegners. Über die Durchführung des Versorgungsausgleiches konnte schon
deswegen keine Regelung getroffen werden, weil - wie der Antragsgegner vorträgt - die
Parteien überhaupt nicht wussten, dass möglicherweise solche Ansprüche der
Antragstellerin bestanden. Es mag die Vorstellung des Antragsgegners gewesen sein,
dass mit der getroffenen Regelung alle Ansprüche erledigt waren. Diese Vorstellung mag
auch Anlass dazu gewesen sein, diese Regelung zu treffen. Allerdings handelte er
insoweit in einem Rechtsfolgenirrtum. Dieser bezog sich darauf, dass weitere Ansprüche
der Antragstellerin nicht mehr bestehen konnten.
Haben aber die Parteien zum Versorgungsausgleich gerade keine Regelung getroffen, weil
ihnen solche möglichen Ansprüche gar nicht bekannt waren, handelt die Antragstellerin
auch nicht treuwidrig, wenn sie nunmehr, nachdem sie von solchen möglichen Ansprüchen
erfahren hat, diese auch geltend macht. Es ist nämlich nicht von der Hand zu weisen, dass,
hätten die Parteien auch die Versorgungsausgleichsansprüche bedacht, zu anderen (
höheren ) Abfindungsbeträgen gekommen wären, als sie vorliegend tatsächlich
ausgehandelt wurden. Es erscheint insoweit auch nicht interessegerecht, etwa unter dem
Gesichtspunkt des Wegfalles bzw. der Änderung der Geschäftsgrundlage eine
anderweitige Regelung zu treffen. Eine solche Regelung könnte sich im Übrigen auch nur
auf die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung im Scheidungsverfahren beziehen.
Rechtsfolge kann in diesem Zusammenhang aber nicht sein, dass der der Antragstellerin
zustehende Versorgungsausgleich auszuschließen wäre.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.
IV.
Der Antrag des Antragsgegners, ihm zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens
Prozesskostenhilfe zu bewilligen, war zurückzuweisen, da - wie oben ausgeführt - seiner
Beschwerde die gemäß § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht fehlt
V.
Dagegen war der Antragstellerin gemäß §§ 114,115, 119 ZPO antragsgemäß zur
Durchführung der eigenen und Abwehr der gegnerischen Berufung ratenfreie
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin T zu bewilligen.
Der Beschwerdewert beider Beschwerden beträgt gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 1 b KostO n. F.
jeweils 1.000 EUR.