Urteil des OLG Köln vom 30.03.1995

OLG Köln (wiedereinsetzung in den vorigen stand, zpo, wiedereinsetzung, beschwerde, zustellung, datum, einspruch, frist, tag, antrag)

Oberlandesgericht Köln, 18 W 8/95
Datum:
30.03.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
18. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 W 8/95
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 11 O 332/93
Schlagworte:
WIEDEREINSETZUNG; VERSCHULDEN
Normen:
ZPO § 234
Leitsätze:
Keine Wiedereinsetzung bei vom Mandanten verschuldeter
Fristversäumung Wiedereinsetzung, Verschulden
ZPO § 234 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die
Versäumung der Einspruchsfrist kann nicht gewährt werden, wenn die
Partei das durch Niederlegung bereits wirksam zugestellte
Versäumnisurteil auf dem Postamt abholt, den ihr ausgehändigten, mit
dem Datum der Niederlegung versehenen Briefumschlag zerreißt und
wegwirft, ohne sich dieses Datum einzuprägen oder zu notieren und
deshalb der Einspruch verspätet eingelegt wird.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß der 11. Zivilkammer des
Landgerichts Aachen vom 2. Februar 1995 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Beklagte.
G r ü n d e
1
Die sofortige Beschwerde gegen den die begehrte Wiedereinsetzung versagenden
Beschluß des Landgerichts ist gemäß §§ 341, 238 ZPO statthaft, denn durch den
angefochtenen Beschluß wird zugleich stillschweigend der Einspruch als unzulässig
verworfen.
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Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden, mithin zulässig, jedoch
nicht begründet.
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Das Versäumnisurteil vom 26.10.1994 ist ausweislich der Zustellungsurkunde vom
17.11.1994 dem damals nicht anwaltlich vertretenen Beklagten unter seiner
Wohnanschrift durch Niederlegung zugestellt worden, wobei der Zusteller vermerkt hat,
er habe den Beklagten in der Wohnung nicht angetroffen, eine schriftliche
Benachrichtigung über die Niederlegung wie bei gewöhnlichen Briefen üblich in den
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Hausbriefkasten eingelegt und den Tag der Zustellung auf der Sendung vermerkt.
Damit ist die Zustellung des Versäumnisurteils wirksam erfolgt, §§ 181, 182 ZPO. Die
Einspruchsfrist lief mithin am 1.12.1994 ab. Der Einspruch ist am 14.12.1994
eingegangen, also verspätet, § 339 Abs. 1 ZPO. In der Einspruchsschrift heißt es, das
Versäumnisurteil sei dem Beklagten am 1.12.1994 zugestellt worden. Nach seiner
eidesstattlichen Versicherung hat der Beklagte an diesem Tag die Briefsendung auf
dem Postamt abgeholt, den Briefumschlag aufgerissen und noch im Postamt
weggeworfen. Deshalb sei ihm das Zustellungsdatum erst aufgrund des am 20.12.1994
an seinen Prozeßbevollmächtigten zugestellten Schreibens des Landgerichts bekannt
geworden, in dem auf die Versäumung der Einspruchsfrist hingewiesen wurde.
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Daraus ergibt sich, daß die zweiwöchige Frist für den Wiedereinsetzungsantrag, § 234
Abs. 1 ZPO, mit dem 1.12.1994 zu laufen begann. Denn daß der Beklagte am 1.12.1994
noch keine Kenntnis von der bereits am 17.11.1994 erfolgten Zustellung des
Versäumnisurteils gehabt haben will, beruht auf Umständen, die er zu vertreten hat, §
276 BGB.
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Der Beklagte hatte zuvor am 1.12.1994 eine Gerichtskostenrechnung erhalten. Das war
für ihn Anlaß, sich zum Postamt zu begeben, wo er die das Versäumnisurteil
enthaltende Briefsendung erhielt. Der verkehrserforderlichen Sorgfalt hätte es
entsprochen, diese Briefsendung einschließlich des Umschlags, auf dem das
Zustellungsdatum vermerkt wird, aufmerksam zu lesen und insbesondere
aufzubewahren. Das gilt hier umsomehr, als der Beklagte infolge der öffentlichen
Zustellung der Klageschrift und der Terminsladungen von dem gegen ihn anhängigen
Rechtsstreit nichts wußte. Dies legte nahe, sämtliche Unterlagen, die ihm ausgehändigt
wurden und einen Bezug zu dem Rechtsstreit hatten, aufzubewahren und sorgsam zu
lesen, um sich Klarheit und Gewißheit über den Rechtsstreit und seinen
verfahrensmäßigen Stand zu verschaffen. Das Wegwerfen eines amtlichen
Briefumschlages, der ersichtlich auf der Vorderseite eine Datumsangabe enthält, ohne
sich dieses Datum einzuprägen oder zu notieren, stellt einen Verstoß gegen die
Sorgfaltspflicht der Partei dar und kann auch mit einer begreiflichen Erregung nicht
hinreichend entschuldigt werden.
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Danach lief die zweiwöchige Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung am 15.12.1994
ab.
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Die am 14.12.1994 eingegangene Einspruchsschrift kann nicht als Antrag auf
Wiedereinsetzung angesehen werden. Denn der Schriftsatz enthält nicht die die
Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen, weil der Prozeßbevollmächtigte des
Beklagten von der Wahrung der Einspruchsfrist ausging, wie sich in der Angabe des
1.12.1994 als Zustellungsdatum zeigt, § 236 Abs. 2 ZPO.
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Das am 26.12.1994 per Telefax eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch ist verspätet.
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Bei dieser Sachlage ist unerheblich, ob der Beklagte zusätzlich am 1.12.1994 auf seine
telefonische Rücksprache mit der Geschäftsstelle des Landgerichts auf die Zustellung
des Versäumnisurteils am 17.11.1994 ausdrücklich hingewiesen worden ist.
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Im Hinblick auf die Rechtskraft des Versäumnisurteils erweist sich auch die
Zurückweisung des Antrags auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung als
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richtig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Wert der Beschwerde: 53.369,- DM.
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Dr. Olroth Wahle Dr. Asper
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