Urteil des OLG Köln vom 21.08.1992

OLG Köln (druckschrift, einstweilige verfügung, abmahnung, uwg, leser, ausgabe, bestandteil, verfügung, inhalt, dringlichkeit)

Oberlandesgericht Köln, 6 U 66/92
Datum:
21.08.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 66/92
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 84 0 6/92
Schlagworte:
Rechtsprechung Aktuell; Dringlichkeit
Normen:
NJW-RR 93, 819
Leitsätze:
1. Der Titel "OLG Rechtsprechung aktuell" für einen
Rechtsprechungsreport ist im Hinblick auf seinen Bestandteil "aktuell"
irreführend i.S. von § 3 UWG, wenn in der so bezeichneten Druckschrift
18 Entscheidungen veröffentlicht und/oder analysiert werden, von denen
im Zeitpunkt des Erscheinens des Reportes (hier: Ausgabe November
1991) neun älter als 6 Monate und davon wiederum sechs älter als 9
Monate sind. 2. Zur Zulässigkeitsvoraussetzung der Dringlichkeit
(Eilbedürftigkeit).
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 12. März 1992
verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Köln - 84 0 6/92 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß dieses
Urteil des Landgerichts Köln wie folgt neu gefaßt wird: Die einstweilige
Verfügung vom 14. Januar 1992 wird dahin bestätigt, daß es die
Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwi-derhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,--
DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten zu unterlassen hat, eine Druckschrift wie die nachstehend
wiedergegebene Ausgabe 1/91 (November 1991) der "OLG
Rechtsprechung aktuell" unter dem Titel "OLG Rechtsprechung aktuell"
herauszugeben und zu verbreiten: Die Ko-sten des Rechts-streits bei-
der In-stan-zen wer-den der An-trags-geg-ne-rin auf-er-legt.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin zu Recht im Wege der einstweiligen
Verfügung gemäß § 3 UWG auf Unterlassung des beanstandeten Titels in dem aus
dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang in Anspruch.
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Das Unterlassungsbegehren der Antragstellerin ist zunächst zulässig; insbesondere
ist der Verfügungs-grund der Dringlichkeit gegeben. Die Antragstelle-rin kann sich
insoweit auf § 25 UWG berufen, wonach in Wettbewerbsangelegenheiten die
Dringlichkeit vermutet wird. Diese Vermutung ist auch nach dem
Berufungsvorbringen der Parteien nicht widerlegt. Der glaubhaft gemachte
Geschehensablauf läßt nicht den Schluß zu, daß die Antragstellerin durch zu langes
Zuwarten zum Ausdruck gebracht hat, ihr sei die Verfolgung des beanstandeten
Verstoßes nicht dringlich (vgl. dazu Teplitzky, Wettbewerbsrecht-liche Ansprüche, 5.
Aufl., Kapitel 54, Rdnr. 24). Andere Umstände, die zu einer Widerlegung der Ver-
mutung des § 25 UWG führen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich und werden
von der Antragsgegne-rin auch nicht geltend gemacht.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gibt es grundsätzlich keine festen
zeitlichen Begrenzun-gen, innerhalb deren das Verfügungsverfahren nach der
Kenntnis von der Wettbewerbsverletzung einge-leitet werden muß, um die
Rechtsverfolgung noch als dringlich erscheinen zu lassen. Es ist vielmehr stets auf
die besonderen Umstände des Falls abzu-stellen, wobei der konkrete Verstoß mit
den gegebe-nenfalls notwendigen Ermittlungen und Überprüfungen bis zu seiner
gerichtlichen Verfolgung aber auch die Reaktion des Verletzers auf die Abmahnung
sowie andere Gesichtspunkte eine Rolle spielen können. Danach mag zwar der
Streitfall an der Grenze dessen liegen, was im Hinblick auf die konkrete Umstände
noch als dringlich bezeichnet werden kann; die Vermutung des § 25 UWG ist jedoch
noch nicht wi-derlegt.
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Der Zeitablauf von der unstreitig ersten Kenntnis der Antragstellerin von dem
beanstandeten Titel und der Druckschrift der Antragsgegnerin am 10.11.1991 bis zur
Abmahnung vom 19.11.1991 gibt auch nach Ansicht der Antragsgegnerin keinen
Anlaß, der An-tragstellerin vorzuwerfen, sie habe nicht mit der gebotenen Eile auf
den Verstoß reagiert. Der Inhalt der Abmahnung kann derartige Vorhaltungen
gegenüber der Antragstellerin ebenfalls nicht begründen. Trotz seines verbindlichen
Tons macht das Schreiben vom 19.11.1991 mit dem Hinweis, daß ein Vorschlag
entsprechender Korrekturen der beanstandeten Auf-machung der Druckschrift und
der Bezeichnung des Titels für die ab Januar 1992 erscheinende Ausgabe erwartet
werde, unmißverständlich deutlich, daß und letztlich auch in welchem Zeitraum eine
Antwort auf die Abmahnung und ggf. eine Beseitigung der Bean-standungen
gefordert wurde.
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In diesem Zusammenhang ist zudem das - in der Abmahnung bereits angekündigte -
Gespräch der Par-teien vom 21.11.1991 am Rande der ARSV-Tagung von
Bedeutung. Wie vom Geschäftsführer W. der Antrag-stellerin durch eidesstattliche
Versicherung vom 20.07.1992 glaubhaft gemacht, hat der Geschäfts-führer Dr. P. der
Antragsgegnerin bei diesem Ge-spräch nicht die Beanstandungen der Abmahnung
vom 19.11.1991 als unberechtigt zurückgewiesen. Er hat sich vielmehr hinsichtlich
des Titelbestandteiles "aktuell" zu der Prüfung bereit erklärt, ob dieser Bestandteil
durch einen anderen Zusatz, der die Be-anstandung seitens der Antragstellerin
gegenstands-los mache, ergänzt oder ersetzt werden könne, und hat darüber hinaus
auch eine Prüfung der anderen Beanstandungen der Antragstellerin zugesagt. Wei-
terhin ist von beiden Teilnehmern des Gesprächs be-tont worden, daß beiden
Verlagen sehr daran gelegen sei, die Angelegenheit kollegial und ohne Anrufung der
Gerichte beizulegen.
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Dieser Gesprächsverlauf bestätigt zunächst die von beiden Parteien vorgetragene
Übung der Verlage, Streitfragen möglichst ohne Einschaltung der Ge-richte
beizulegen. Das Gespräch mußte zudem bei der Antragstellerin die Erwartung
hervorrufen, die Antragsgegnerin werde alsbald von sich aus zu den
Beanstandungen vom 19.11.1991 Stellung nehmen, wie auch in der Abmahnung
gefordert. Daß diese Erwar-tung der Antragstellerin ebenfalls der Vorstellung der
Antragsgegnerin entsprach, zeigen die Eingangs-bemerkungen in dem
Antwortschreiben der Antrags-gegnerin vom 02.01.1992 über deren ursprüngliche
Absicht, noch vor Weihnachten auf die Abmahnung zu antworten. Wie auch sonst
Zeiträume, die von Vergleichsverhandlungen der Parteien oder von vom Verletzer
erbetenen Überlegungsfristen herrühren, grundsätzlich nicht dringlichkeitsschädlich
sind, durfte somit die Antragstellerin aufgrund ihres Schreibens vom 19.11.1991 und
insbesondere im Hin-blick auf den Verlauf des Gesprächs vom 21.11.1991 zunächst
einige Zeit ohne Dringlichkeitsverlust zuwarten, zumal die Beanstandungen vom
19.11.1991 mehrere Punkte betrafen, für deren Überprüfung und ggf. Abänderung die
Antragsgegnerin eine gewisse Zeit benötigte. Unter diesen Umständen geschah
deshalb das Zuwarten der Antragstellerin bis zum 23.12.1991, als sie mit Telefax von
diesem Tage "nachhakte" und nunmehr der Antragsgegnerin Frist zur Antwort auf die
Beanstandungen bis zum Jahres-ende setzte, nicht ohne sachlichen Grund. Daß die
Antragstellerin dann nach Eingang der Antwort der Antragsgegnerin vom 02.01.1992
nicht sofort, son-dern erst am 14.01.1992 die einstweilige Verfügung erwirkte, erklärt
sich neben der Ferienzeit um die Jahreswende wiederum daraus, daß jetzt erstmals
ei-ne schriftliche Äußerung der Antragsgegnerin zu den mehrfachen
Beanstandungen vorlag und der Antrags-stellerin nunmehr zunächst eine gewisse
Überle-gungsfrist einzuräumen war, um ihren eigenen Stand-punkt im Hinblick auf
das Vorbringen der Antrags-gegnerin zu überprüfen. Ersichtlich ist letzteres auch
geschehen, wie der Umstand zeigt, daß sich der Verfügungsantrag nur gegen den
Titelbestandteil "aktuell" richtet und die übrigen Beanstandungs-punkte vom
19.11.1991 fallengelassen worden sind.
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Nach alledem kann der Antragstellerin (noch) nicht vorgeworfen werden, sie habe
sich nicht mit der ge-botenen Eile um die Verfolgung des gerügten Versto-ßes
gekümmert und damit durch ihr eigenes Verhalten die Vermutung des § 25 UWG
widerlegt.
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Das von der Antragstellerin verfolgte Unterlas-sungsbegehren ist nach dem zuletzt
gestellten An-trag aber auch in der Sache gerechtfertigt.
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Der Titel "OLG Rechtsprechung aktuell" ist im Hin-blick auf seinen Bestandteil
"aktuell" irreführend im Sinne § 3 UWG und damit unzulässig, denn dieser
Bestandteil ist geeignet, bei den angesprochenen Verkehrskreisen unrichtige
Vorstellungen über den Inhalt der damit bezeichneten Druckschrift hervor-zurufen,
wenn diese Druckschrift wie die im Tenor dieses Urteils wiedergegebene Ausgabe
1/91 (Novem-ber 1991) konzipiert und gestaltet ist.
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Dies können die Mitglieder des Senats als Teil der potentiellen Leser und Käufer
dieser Druckschrift aus eigener Sachkunde und Erfahrung beurteilen.
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Zunächst kann kein Zweifel daran sein, daß der flüchtige, aber auch der sorgfältige
Leser den Hinweis "aktuell" angesichts seiner Plazierung und der graphischen
Gestaltung des (Haupt-) Titels auf den Titelbestandteil "OLG Rechtsprechung" und
nicht auf den Untertitel "Entscheidungsanalysen in Kurzform für die Praxis" bezieht.
Dieser Untertitel ist durch den grauen Block, in dem er sich mit weiteren Hinweisen
befindet, derart deutlich von dem eigentlichen Titel der Druckschrift abgerückt, daß er
von dem flüchtigen Leser kaum wahrgenommen werden dürfte. Zudem ist er auch
von seinem In-halt her nicht geeignet, unmißverständlich darüber aufzuklären, daß
der Titelbestandteil "aktuell" nicht auf die Aktualität der unmittelbar daneben
angeführten "OLG Rechtsprechung", sondern der erst im Untertitel erwähnten
Entscheidungsanalysen hin-weisen soll. Dieses Verständnis des angesprochenen
Verkehrs liegt angesichts der konkreten Gestaltung des Gesamttitels derart fern, daß
weitaus mehr als nur nicht unbeachtliche Teile der umworbenen Inter-essenten den
erwähnten Untertitel allenfalls als Erläuterung dazu verstehen, in welcher Form die
im Haupttitel angekündigte "aktuelle Rechtsprechung" in der Druckschrift angeboten
wird, nämlich als "Entscheidungsanalysen in Kurzform für die Praxis".
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Diese Interessenten werden dabei aber erwarten, daß es sich bei dieser aktuellen
Rechtsprechung um erst jüngst ergangene Entscheidungen (oder zumindest um
Analysen derartiger Entscheidungen) handelt. Der Begriff "aktuell" umfaßt - auch
nach dem Vortrag der Antragsgegnerin - die Bedeutung von "zeitnah, gegenwärtig,
für die Gegenwart von Interesse, ganz neu". Dabei bestimmt der konkrete Kontext, in
dem der Begriff Verwendung findet, welche dieser mögli-chen Bedeutungen im
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Einzelfall mit dem Hinweis "ak-tuell" verbunden wird. Als Bestandteil des Titels "OLG
Rechtsprechung aktuell" für die streitbefange-ne Druckschrift in ihrer konkreten
Aufmachung und Gestaltung erweckt "aktuell" jedoch den Eindruck, diese
Druckschrift enthalte die neueste Rechtspre-chung der Oberlandesgerichte bzw. die
Analysen die-ser Rechtsprechung.
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Zu dieser Erwartungshaltung werden die potentiel-len Interessenten der
Antragsgegnerin einmal wegen der zahlreichen, seit langer Zeit auf dem Markt
befindlichen "traditionellen" juristischen Fach-zeitschriften wie z.B. der NJW, M. u.a.,
gelangen, die nicht den Hinweis "aktuell" in ihrem Titel führen und mit sehr
unterschiedlichen Vorlaufzeiten Entscheidungen abdrucken. Diese Vorlaufzeiten
hän-gen einmal davon ab, wie schnell die Verlage die Entscheidungen erhalten,
weiterhin davon, ob der Verlag - je nach dem Konzept der konkreten Zeit-schrift - die
Entscheidungen sofort veröffentlicht oder zunächst Entscheidungen sammelt und
dann nach bestimmten Kriterien geordnet wiedergibt. Weiterhin kommt noch der
Zeitaufwand für die eigentliche Herstellung der Zeitung hinzu. Dies führt dazu, daß
bei einigen Zeitschriften, wie der Z. und der WM, Entscheidungen verhältnismäßig
rasch wiedergegeben werden, während bei den vielen anderen juristischen
Zeitschriften häufig mehrere Monate bis zu einem Jahr und länger bis zum Abdruck
der Entscheidung vergehen können. Um dem Bedürfnis des Verkehrs zu
entsprechen, in bestimmten Fällen, wie insbesondere bei grundlegenden
Entscheidungen, schneller als ge-wöhnlich mit Informationen versorgt zu werden,
ent-halten die juristischen Fachzeitschriften teilweise besondere Rubriken, in denen
derartige - meist erst jüngst ergangene - Entscheidungen zumindest ihrem
wesentlichen Inhalt nach wiedergegeben werden. Die-se Rubriken sind dabei sogar,
wie z.B. bei der NJW, der Z., der M. oder bei dem Deutschen Anwaltsblatt mit dem
Hinweis "aktuell" versehen.
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Diese Vorgehensweise der seit vielen Jahren auf dem Markt befindlichen juristischen
Fachzeitschrif-ten prägt und beeinflußt das Vorstellungsbild der hier maßgeblichen
Verkehrskreise, der Anwälte und Richter, wenn nunmehr eine juristische Druckschrift
erscheint, die nicht nur in einer besonderen Rubrik, sondern bereits in ihrem
Haupttitel "ge-nerell" nur aktuelle OLG-Rechtsprechung anbietet. Zumindest ein nicht
unbeachtlicher Teil der poten-tiellen Käufer und Leser wird deshalb erwarten, daß die
Druckschrift der Antragsgegnerin insgesamt oder doch überwiegend Entscheidungen
enthält, die - be-zogen auf das Erscheinungsdatum der Druckschrift - erst vor kurzer
Zeit ergangen sind, also eine kürzere Vorlaufzeit bis zu ihrer Veröffentlichung
aufweisen, als sie sonst regelmäßig üblich ist. Diese Erwartung wird, wie schon vom
Landgericht zu Recht angeführt, durch die Aufmachung der streitbe-fangenen
Druckschrift bestätigt und zusätzlich ver-stärkt. Es handelt sich dabei nämlich nicht
um eine gebundene Zeitschrift mit einer aufwendigen Aufma-chung und einem
entsprechenden Layout. Die Druck-schrift der Antragsgegnerin ist vielmehr wie ein
typischer Schnell- oder Eilbrief gestaltet, wie ihn Anwälte und Richter zum Beispiel
vom Eildienst des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichts-hofs her
kennen. Auch auf diese Weise vermittelt daher die Druckschrift den Eindruck, damit
würden dem Leser "aktuelle" im Sinne von zeitnah, erst jüngst ergangene
Entscheidungen präsentiert.
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In dieser Erwartung werden aber die umworbenen In-teressenten enttäuscht.
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Dies gilt zwar nicht schon deshalb, weil die streitbefangene Druckschrift im
wesentlichen be-reits anderweit veröffentlichte Entscheidungen ent-hält. Der Begriff
"aktuell" umfaßt nach Auffassung des Senats nicht die Ankündigung von bislang un-
veröffentlichten Entscheidungen. Die in der Novem-ber-Ausgabe 1991 der
Druckschrift angeführten bzw. analysierten Entscheidungen sind aber - bezogen auf
das Datum der Entscheidung - weitgehend bereits derart "alt", daß sie dem durch den
Titel angekün-digten Aktualitätsanspruch der Druckschrift nicht genügen.
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Welche Zeitspanne von dem Tag, an dem die Entschei-dung ergeht, und ihrer
Veröffentlichung verstrei-chen darf, damit die Entscheidung noch aktuell im oben
dargelegten Sinne ist, läßt sich zwar nicht genau festlegen. Dies hängt u.a. davon ab,
wie schnell die Entscheidungen nach ihrer Verkündung oder nach der
Beschlußfassung des Gerichts an die Parteien hinausgehen und damit auch erstmals
einer Veröffentlichung zugänglich werden. Da es sich bei den hier maßgeblichen
Kreisen im wesentlichen um Anwälte und Richter handelt, ist davon auszugehen,
daß ihnen dies bekannt ist und deshalb bei ih-rem Verständnis des beanstandeten
Titelbestandteils "aktuell" in Rechnung gezogen wird. Hinzu kommt die - angesichts
ihrer nicht aufwendigen Aufmachung al-lerdings nur sehr kurze - Herstellungszeit für
die Druckschrift. Danach dürften aber regelmäßig drei bis im Einzelfall höchstens vier
bis fünf Monate nach dem Erscheinungstag der Entscheidung bis zu ihrer
Veröffentlichung oder ihrer Kurzanalyse nicht überschritten werden, um noch dem
durch den Titel gegenüber anderen Fachzeitschriften in Anspruch genommenen
Aktualitätsvorsprung zu genügen. Diese Anforderung erfüllt die Novemberausgabe
1991 der streitbefangenen Druckschrift jedoch nicht. Drei der insgesamt 18
Entscheidungen datieren vom Mai, August und September 1990, drei
Entscheidungen stammen vom Januar 1991, drei Entscheidungen vom März 1991,
eine Entscheidung vom April 1991 und eine weitere vom Mai 1991, fünf
Entscheidungen vom Juni 1991 und zwei Entscheidungen vom Juli 1991. Damit sind
von 18 Entscheidungen neun älter als sechs Monate, davon sechs Entscheidungen
sogar neun Monate und älter, so daß die üblichen Vorlaufzeiten von
Veröffentlichungen bei den "gängigen" juristi-schen Fachzeitschriften nicht nur
eingehalten son-dern sogar überschritten wurden. Von einer aktuel-len
Rechtsprechung im oben dargelegten Sinne kann deshalb bei der Druckschrift der
Antragsgegnerin nicht mehr die Rede sein. Für die Dezemberausgabe 1991 der
"OLG Rechtsprechung aktuell" gilt übrigens keine andere Beurteilung, denn dort
findet sich neben vier Entscheidungen aus dem Jahre 1990 sogar eine Entscheidung
vom November 1989.
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von einer Irreführung der hier angesprochenen Interessenten durch den
Titelbestandteil "aktuell" über den Inhalt der in dieser Weise beworbenen Druckschrift
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auszugehen. Daß diese Irreführung auch geeignet ist, die Interessenten zum Kauf der
Druckschrift zu veranlassen, liegt auf der Hand und ergibt sich ohne weiteres aus
dem Bedürfnis der potentiellen Leser und Käufer, möglichst rasch über neue
(aktuelle) wichtige Entscheidungen informiert zu werden.
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Die Berufung der Antragsgegnerin war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1
ZPO zurückzuweisen. Eine Anwendung des § 269 Abs. 2 ZPO zugunsten der
Antragsgegnerin kam nicht in Betracht. Die Abände-rung des Tenors der
angefochtenen Entscheidung ein-schließlich der einstweiligen Verfügung des
Landge-richts vom 14.01.1992 beruht nur darauf, daß die Antragstellerin im
Berufungstermin ihren Unterlas-sungsantrag besser an die konkrete Verletzungsform
angepaßt hat. Das Rechtschutzziel der Antragstelle-rin hat sich dadurch nicht
geändert und ist insbe-sondere auch nicht eingeschränkt worden.
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Das Urteil ist mit der Verkündung rechtskräftig (§ 545 Abs. 2 ZPO).
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