Urteil des OLG Köln vom 15.01.1997
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Oberlandesgericht Köln, 5 W 95/96
Datum:
15.01.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 W 95/96
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 9 O 266/95
Schlagworte:
Sachverständigenentschädigung Literaturstudium
Normen:
ZSEG § 3
Leitsätze:
Die Zeit, die ein medizinischer Sachverständiger für Literaturstudium
aufwendet, ist jedenfalls in Geburtsschadensfällen erforderlich und
erstattungsfähig.
Rechtskraft:
unanfechtbar
Tenor:
Die Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluß der 9.
Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 31.10.1996 - 9 O 266/95 - wird
zurückgewiesen. Beschwerdekosten trägt die Landeskasse.
G r ü n d e
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Die zulässige Beschwerde des Bezirksrevisors bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu
Recht hat das Landgericht auch eine Vergütung für vier Stunden Literaturstudium
zugunsten des Sachverständigen festgesetzt. Zu Recht hat das Landgericht dabei
darauf abgestellt, daß zwar der Zeitaufwand, den ein Sachverständiger hat, um die bei
ihm vorauszusetzenden Fachkenntnisse aufzufrischen und sich weiterzubilden, nicht
erstattungsfähig ist, weil es sich insoweit um einen allgemeinen Aufwand handelt, daß
andererseits jedoch zu entschädigen ist der Zeitaufwand für das Studium von
Fachliteratur, die auch ein erfahrener und befähigter Sachverständiger speziell zur
Beantwortung der an ihn gerichteten Beweisfragen durcharbeiten muß. Vorliegend
handelte es sich - wie im übrigen zumeist in den Schadensersatzfällen aus
Geburtsschäden - um einen medizinisch komplizierten Sachverhalt, mit welchem sich
bereits drei Vorgutachter beschäftigt hatten und der dem Landgericht Veranlassung zu
einem insgesamt 18 Fachfragen umfassenden Fragenkomplex gegeben hatte. Im
Rahmen der Beantwortung dieser zahlreichen Fragen, die zugleich auch eine
mündliche Anhörung des Sachverständigen vorbereiten sollten, war der
Sachverständige auch gehalten, sich mit den diesbezüglichen Stellungnahmen der
Vorgutachter auseinanderzusetzen. Außerdem war er gehalten, zum Zwecke der
Ermöglichung einer Entscheidungsbildung des Gerichtes die einzelnen medizinischen
Problemkomplexe für die Richter als medizinische Laien nachvollziehbar anhand der
zur Verfügung stehenden Literatur aufzubereiten und vor dem Hintergrund der
wissenschaftlichen Literatur auch seine eigenen Feststellungen zu begründen bzw. zu
belegen. Daß dies ein intensives Studium der zur Verfügung stehenden einschlägigen
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Literatur bedingt - dies nicht etwa zwecks Auffrischung der beim Sachverständigen
vorauszusetzenden Kenntnisse, sondern vielmehr zum auf den konkreten Fall
bezogenen Nachweis der eigenen Stellungnahme des Sachverständigen - liegt auf der
Hand und bedarf keiner näheren Begründung.
Als weiterer Gesichtspunkt hat der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom
10.01.1997 zu Recht darauf hingewiesen, daß er vorliegend der Sache nach zu
beurteilen bzw. zu begutachten hatte, ob die Behandlung anläßlich der Geburt des
Klägers im Jahr 1987 dem damaligen wissenschaftlichen Standard entsprochen hat.
Nur vor dem Hintergrund des damaligen medizinischen Behandlungsstandards war
nämlich die Frage zu beurteilen, ob es anläßlich der Geburt des Klägers im Jahr 1987
zu Behandlungsfehlern gekommen ist. Auch insoweit liegt auf der Hand, daß der
Sachverständige ein intensives Literaturstudium insbesondere aus dem damaligen
Zeitraum, also aus 1987, betreiben mußte, um beurteilen zu können, was damaliger bei
allen Ärzten vorauszusetzender Behandlungsstandard war. Es bedarf keiner näheren
Begründung, daß es auch für einen über optimale Fachkenntnis verfügenden
Sachverständigen ausgeschlossen ist, Behandlungsmaßstäbe aus früheren Zeiträumen
darzulegen und zu belegen, ohne insoweit zuvor ein dahingehendes Literaturstudium,
bezogen auf den fraglichen Zeitraum, zu betreiben.
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Vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen erscheinen vier Stunden
Literaturstudium bezogen auf die Beantwortung der dem Sachverständigen vorgelegten
Beweisfragen in jeder Hinsicht sachlich angemessen und erforderlich, um eine
sachgerechte Bearbeitung des Gutachtenauftrages zu gewährleisten.
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Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
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Beschwerdewert: 360,00 DM
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