Urteil des OLG Köln vom 08.01.1997

OLG Köln (auf probe, internationale zuständigkeit, widerklage, zuständigkeit, cisg, bundesrepublik deutschland, agb, höhe, kauf auf probe, treu und glauben)

Oberlandesgericht Köln, 27 U 58/96
Datum:
08.01.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 U 58/96
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 43 O 70/95
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels - das am 19. April 1996 verkündete Urteil
der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 43 O
70/95 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Das
Vorbehaltsurteil vom 29. September 1995 wird unter Wegfall des
Vorbehalts aufrechterhalten. Auf die Widerklage wird die Klägerin
verurteilt, an die Beklagte 16.948,00 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 28.
Dezember 1995 zu zahlen. Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin 2/7 und die
Beklagte 5/7 zu tragen. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden
gegeneinander aufgehoben. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1
Die zulässige Berufung hat in der Sache zum Teil Erfolg.
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I.
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Das im ersten Rechtszug angerufene Landgericht Aachen war auch für die
Entscheidung über die Widerklage international zuständig. Die Zuständigkeitsfrage ist
freilich vom Senat vorab zu prüfen. Die Vorschrift des § 512 a ZPO, die die Bejahung
der örtlichen Zuständigkeit durch das erstinstanzliche Gericht der Nachprüfung durch
das Berufungsgericht entzieht, gilt nicht für die internationale Zuständigkeit (BGH GSZ
44, 46). Das Landgericht hat seine Zuständigkeit indessen mit Recht angenommen.
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Die Zuständigkeit des Landgerichts Aachen ergibt sich allerdings nicht aus Art. 18 Satz
1 des EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (GVÜ) vom 27. September
1968, dem sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Niederlande
beigetreten sind (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 20. Aufl., Art. 1 GVÜ Rn. 1) und das deshalb
auf den vorliegenden Rechtsstreit grundsätzlich Anwendung findet. Nach dieser
Bestimmung wird das Gericht eines Vertragsstaats, sofern es nicht bereits nach anderen
Vorschriften des Übereinkommens zuständig ist, dann zuständig, wenn sich der
Beklagte vor ihm auf das Verfahren einläßt. Zwar hat sich die Klägerin in erster Instanz
sachlich auf die Widerklage eingelassen. Gemäß Art. 18 Satz 2 GVÜ wird eine
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Zuständigkeit aufgrund rügeloser Einlassung jedoch nicht begründet, wenn die
Einlassung nur erfolgt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen. Rügt der
Beklagte die internationale Zuständigkeit, so kann er sich gleichzeitig hilfsweise zur
Sache einlassen, ohne deshalb die Einrede der Unzuständigkeit zu verlieren (EuGH
NJW 1984, 2760). Die Klägerin hat sich bereits in erster Instanz gegen die internationale
Zuständigkeit des Landgerichts Aachen gewandt und daher durch ihre Einlassung auch
zur Sache die Unzuständigkeitseinrede nicht verloren.
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Widerklage ist durch die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin nicht wirksam ausgeschlossen.
In Nr. 17 der deutschen Fassung dieser AGB ist bestimmt:
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"Für sämtliche aus den Rechtsverhältnissen zwischen Parteien sich ergebende
Streitigkeiten gilt als ausschließlicher Gerichtsstand für beide Teile das Gericht, dessen
Bezirk Tilburg zur Zeit der Lieferung angehört. Wir behalten uns jedoch das Recht vor,
die aus den Rechtsstreitigkeiten zwischen Parteien sich ergebenden Streitigkeiten vor
das zuständige Gericht desjenigen Ortes zu bringen, an dem die Gegenpartei seinen
Sitz oder Wohnsitz hat."
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Durch diese Regelung ist die Zuständigkeit deutscher Gerichte auch für Widerklagen
gegen die Klägerin abbedungen. Ob die Prorogation eines ausländischen Gerichts auch
die Derogation der Widerklagezuständigkeit im Inland erfaßt, ist durch Auslegung der
Zuständigkeitsvereinbarung festzustellen (Schumann in: Stein/Jonas, ZPO, 20. Aufl., §
33 Rn. 41; Zöller/Geimer, Art. 17 GVÜ Rn. 16, 17). Das Ergebnis der Auslegung einer
Zuständigkeitsklausel in der hier vorliegenden Gestalt ist umstritten. Nach einer im
Schrifttum vertretenen Meinung entspricht es nicht dem typischen Willen der Parteien,
die Geltendmachung der Widerklageforderung am Forum derogatum auch für den Fall
auszuschließen, daß der Widerkläger dort belangt wird, so daß ohne einen
ausdrücklichen Ausschluß die Widerklagemöglichkeit am Forum derogatum nicht
abbedungen ist (so Zöller/Geimer, Art. 17 GVÜ Rn. 17). Der Senat vermag dem jedoch
nicht zu folgen; er schließt sich vielmehr der gegenteiligen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs an. Zwar geht auch der Bundesgerichtshof von dem Grundsatz aus,
daß eine Derogation auch in der Form einer positiven Gerichtsstandsvereinbarung
erfolgen kann, sofern diese durch Auslegung ergibt, daß damit alle anderen
Gerichtsstände einschließlich desjenigen der Widerklage ausgeschlossen sein sollten
(BGH NJW-RR 1987, 228). Eine Derogation des Widerklagegerichtsstands verliert im
allgemeinen ihre Wirkung auch nicht dadurch, daß der Kläger seinerseits ein nach der
vertraglichen Vereinbarung unzuständiges Gericht angerufen hat (BGH NJW 1981,
2645; NJW-RR 1987, 229). Demnach wäre die Klägerin auch dann, wenn sie vor einem
unzuständigen Gericht geklagt hätte, nicht gehindert, sich ihrerseits auf die
Unzuständigkeit dieses Gerichts für die Widerklage zu berufen. Die Prorogation eines
ausländischen Gerichts durch eine Vertragsklausel, wie sie Nr. 17 der AGB der Klägerin
darstellt, erfaßt auch die Derogation der Widerklagezuständigkeit im Inland. Wenn
nämlich nach der Zuständigkeitklausel der Kunde nur vor dem ausländischen Gericht
klagen kann, so fällt darunter auch die Widerklage. Eine einschränkende Auslegung der
Klausel in dem Sinne, daß die Widerklagen des Kunden nicht von ihr betroffen werden,
verbietet sich nach der Interessenlage der Beteiligten. Eine Gerichtsstandsklausel in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen soll den Vertragspartner bevorzugen, der dem
Vertragsverhältnis seine AGB zugrunde legen kann. Eine vom Wortlaut abweichende
Auslegung einer Klausel zum Nachteil dieses Vertragspartners muß durch gewichtige
Gründe gerechtfertigt werden. Derartige Gründe sind in einem Fall der vorliegenden Art
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nicht vorhanden. Der Kunde wird keineswegs unangemessen benachteiligt, wenn er
den Gerichtsstand der Widerklage nicht ausnutzen kann. Indem er seine Klage am
Domizil des Kunden erhoben hat, hat der Verwender der AGB in dessen Interesse
gehandelt. Aus diesem Entgegenkommen des Verwenders der AGB kann der Kunde
nicht noch den weiteren Vorteil für sich in Anspruch nehmen, daß nunmehr der
Verwender sich seinerseits am Domizil des Kunden verklagen lassen müßte (BGH NJW
1969, 1537; vgl. auch BGH NJW 1972, 1671; 1981, 2645). Die Regelung in Nr. 17 der
AGB der Klägerin schließt somit die Möglichkeit der Beklagten aus, vor einem
deutschen Gericht Widerklage zu erheben.
Gleichwohl kann sich die Klägerin für die Frage der internationalen Zuständigkeit nicht
mit Erfolg auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen; denn die in ihren AGB
enthaltene Gerichtsstandsklausel ist in den Vertrag zwischen den Parteien nicht
wirksam einbezogen worden.
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Die Voraussetzungen für die Einbeziehung von Gerichtsstandsklauseln nach Art. 17
Abs. 1 Satz 2 GVÜ sind hier nicht erfüllt. Anhaltspunkte dafür, daß zwischen den
Parteien Gepflogenheiten über die Einhaltung einer Form für
Gerichtsstandsvereinbarungen bestehen (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 b GVÜ), sind nicht
erkennbar. Ein internationaler Handelsbrauch, aus dem sich die Wirksamkeit der
Gerichtsstandsklausel ableiten lassen könnte (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 c GVÜ), ist ebenso
wenig ersichtlich und wird auch von der Klägerin nicht geltend gemacht.
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Auch die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 a GVÜ, wonach eine
Gerichtsstandsvereinbarung schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung
geschlossen werden muß, liegen nicht vor. Zwar stellen die beiden jeweils als
"Auftragsbestätigung" bezeichneten, von den Parteien unterzeichneten Schriftstücke
vom 10. Dezember 1993 eine schriftliche Bestätigung dar. Die weitere "Auftrags-
bestätigung" vom gleichen Tage über die Lieferung einer Häute-Abstreifvorrichtung und
einen gebrauchten Lederstapler ist dagegen allein von der Klägerin unterzeichnet
worden und bedeutet die schriftliche Bestätigung eines mündlichen Vertragsschlusses
im Ser 1994, zurückzubringen. Diese von ihr erteilte vertragliche Zusage hat sie nicht
eingehalten. Der Vorwurf der Vertragsverletzung trifft die Klägerin auch unter
Berücksichtigung ihres in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22. November
1996 enthaltenen Sachvortrags zum weiteren Schriftwechsel mit der Beklagten. Das gilt
auch für ihren Einwand, die Beklagte habe von ihr Unmögliches verlangt, weil die
Umrüstung einschließlich des Ab- und Wiederaufbaus mindestens 6 1/2 Tage in
Anspruch genommen habe. Abgesehen davon, daß sie der Bestätigung der Beklagten
vom 21. Oktober 1994 nicht widersprochen hatte, könnte dies allenfalls dazu führen, daß
sich die Frist zur Rückgabe der Fässer um wenige Tage bis zum Anfang der
darauffolgenden 44. Kalenderwoche verlängert hätte. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt
mußte die Klägerin die in der Zwischenzeit umgerüsteten Mill-Fässer der Beklagten
zurückbringen. Dies ist jedoch - unstreitig - nicht geschehen. Auf ein
Zurückbehaltungsrecht beruft sich die Klägerin insoweit ohne Erfolg. Dies gilt
unabhängig davon, ob die Beklagte ihr gegenüber zur Zahlung eines Restkaufpreises
verpflichtet war. Unerheblich ist auch, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Klägerin und damit deren Nr. 13, wonach die Klägerin die Ware zurücknehmen darf,
solange der Kunde die von ihm vertraglich geschuldeten Beträge nicht vollständig
gezahlt hat, in das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien einbezogen waren. Diese
Klausel vermochte für die Klägerin jedenfalls ebensowenig ein Zurückbehaltungsrecht
zu begründen wie die Bestimmung des Art. 71 CISG, nach welcher eine Partei die
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Erfüllung ihrer Pflichten aussetzen kann, wenn sich nach Vertragsschluß herausstellt,
daß die andere Partei einen wesentlichen Teil ihrer Pflichten nicht erfüllen wird. Was die
Rückgabe der drei Mill-Fässer anbetrifft, haben die Parteien ein Zurückbehaltungsrecht
der Klägerin - zumindest konkludent - individualvertraglich abbedungen. Der Beklagten
gegenüber hat sich die Klägerin verpflichtet, die Fässer nach deren Umrüstung
innerhalb kurzer Frist zurückzugeben, ohne wegen einer etwaigen
Restkaufpreisforderung vor der Abholung der Fässer einen entsprechenden Vorbehalt
geltend zu machen. Da die Parteien schon zuvor über die Frage einer restlichen
Zahlungsverbindlichkeit der Beklagten gestritten hatten, durfte die Beklagte nach Treu
und Glauben darauf vertrauen, daß die Klägerin, die ihr die Rückgabe der Fässer
vorbehaltlos versprochen hatte, deren Rücksendung nicht unter Berufung auf ein
Zurückbehaltungsrecht verweigern werde. Dem von der Klägerin in ihrem nicht
nachgelassenen Schriftsatz eingenommenen Standpunkt zur Frage des
Zurückbehaltungsrechts nach Art. 71 Abs. 1 b CISG vermag der Senat nicht zu teilen.
Die sich an das Telefax der Beklagten vom 21. Oktober 1994 anschließende
Korrespondenz zwischen den Parteien erlaubt keineswegs - wie die Klägerin meint -
den Schluß, die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts sei, verbunden mit der
Erklärung der Verhandlungsbereitschaft, lediglich angekündigt worden, und die
Beklagte habe ohne jeden weiteren Anlaß vor Fälligkeit der Rücklieferung -
unberechtigt - den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Dem Schreiben der Klägerin vom
27. Oktober 1994 ist unmißverständlich deren Weigerung zu entnehmen, die Mill-Fässer
vor der Zahlung des geltend gemachten Restkaufpreises an die Beklagte
zurückzuliefern; im letzten Absatz dieses Schreibens ist dies deutlich zum Ausdruck
gebracht. Damit hatte die Klägerin vor der Reaktion der Beklagten mit deren Telefax
vom 29. Oktober 1994 bereits ein ihr nicht zustehendes Zurückbehaltungsrecht
vertragswidrig ausgeübt. Auch spätere Vergleichsverhandlungen, auf die sich die
Klägerin in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz beruft, konnten die zuvor begangene
Vertragsverletzung und deren rechtliche Folgen nicht ungeschehen machen.Die
Prüfung der Voraussetzungen des Zurückbehaltungsrechts nach Art. 71 CISG fallen in
das Risiko der zurückhaltenden Partei, die beim Fehlen dieser Voraussetzung einen
Vertragsbruch begeht (Leser in: von Caemmerer/Schlechtriem, Art. 71 Rn.
25Zuständigkeit richtet sich damit nach den Regeln des GVÜ, nach welchen das
Landgericht Aachen seine Zuständigkeit zutreffend bejaht hat. Dies ergibt sich aus Art. 6
Nr. 3 GVÜ, wonach eine Partei, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines
Vertragsstaats hat, mit einer Widerklage vor dem Gericht, bei dem die Klage selbst
anhängig ist, verklagt werden kann, wenn die Widerklage "auf denselben Vertrag oder
Sachverhalt" wie die Klage selbst gestützt wird.
Der in diesem Zusammenhang ausgetragene Meinungsstreit darüber, ob der
Gerichtsstand nach Art. 6 Nr. 3 GVÜ nur eröffnet wird, wenn auch die Zuständigkeit für
die Hauptklage nach dem GVÜ begründet ist (so etwa Gottwald in: Münchener
Kommentar zur ZPO, Art. 6 IZPR Rn. 11), oder ob die Widerklage auch erhoben werden
kann, wenn für die Hauptklage das GVÜ nicht einschlägig war (so z.B. Schumann in:
Stein/Jonas, § 33 Rn. 43), kann dabei unentschieden bleiben. Die Zuständigkeit des
Landgerichts Aachen für die Entscheidung über die Klage ergibt sich jedenfalls daraus,
daß die Beklagte sich auf das Verfahren rügelos eingelassen hat (Art. 18 GVÜ).
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Uneinigkeit besteht allerdings auch darüber, wie die Tatbestandsvoraussetzung "auf
denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage selbst" zu deuten ist. Hierzu wird die
Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Widerklage seien bewußt eng gezogen
(Schumann a.a.O. Rn. 42), und die Widerklage sei nicht in gleichem Umfang wie nach §
13
33 ZPO zulässig, da das Übereinkommen nicht den sonst verwandten Begriff des
"Zusammenhangs" benutze (Gottwald a.a.O. Rn. 13). Die Gegenansicht legt den
Konnexitätsbegriff in Art. 6 Nr. 3 weit aus (so Zöller/Geimer, Art. 6 GVÜ Rn. 4) und
argumentiert, die Möglichkeit, eine konnexe Widerklage zu erheben, diene der
prozessualen Waffengleichheit (Geimer NJW 1986, 2993). Bei Anwendung der
Grundsätze des § 33 ZPO war die Zuständigkeit des Landgerichts Aachen zweifellos
gegeben, da ein "Zusammenhang" der Widerklageforderung mit dem Klageanspruch
offensichtlich besteht. Ein solcher Zusammenhang ist bereits dann vorhanden, wenn die
geltend gemachten Forderungen auf ein gemeinsames Rechtsverhältnis zurückzuführen
sind, also aus dem gleichen Rechtsverhältnis hervorgehen, ohne daß gerade die völlige
Identität des unmittelbaren Rechtsgrundes zu verlangen ist (Zöller/Vollkommer, § 33 Rn.
15). Hintergrund von Klage und Widerklage sind dieselben Lieferverträge, aus denen
die Klägerin eine Restforderung, die Beklagte Ersatzansprüche herleitet. Dem steht
nicht entgegen, daß die Klägerin ihrem Restkaufanspruch einen Anfang Dezember
1994 geschlossenen Zwischenvergleich zugrunde legt; denn ein Vergleich hat in der
Regel keine schuldumschaffende Wirkung und gestaltet das ursprüngliche
Schuldverhältnis nicht etwa in der Weise um, daß die alte Forderung untergeht und eine
neue Forderung an ihre Stelle tritt (BGH NJW-RR 1987, 1427). Die Widerklage vor dem
Landgericht Aachen war indessen auch nach der dargestellten engeren Auslegung des
Art. 6 Nr. 3 GVÜ zulässig. Dies gilt unabhängig davon, daß die Klage nicht eigentlich
auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien, sondern auf den damit in einem
engen Zusammenhang stehenden Zwischenvergleich gestützt worden ist. Zumindest
handelt es sich um "denselben Sachverhalt". Sämtlichen im vorliegenden Rechtsstreit
erhobenen Ansprüchen liegen die Lieferung der streitgegenständlichen Maschinen und
die Abwicklung der hierzu abgeschlossenen Kaufverträge zugrunde. Dieser einheitliche
Lebenssachverhalt erfüllt die Voraussetzungen des Art. 6 Nr. 3 GVÜ und führt daher zur
internationalen Zuständigkeit des Landgerichts Aachen.
Die Zuständigkeit des Landgerichts Aachen ergibt sich darüber hinaus aus dem
rechtlichen Aspekt, daß unabhängig von Art. 6 Nr. 3 GVÜ eine Widerklage auch dann
zulässig ist, wenn das Gericht für die Widerklage als selbständige Klage nach dem GVÜ
zuständig wäre (Gottwald a.a.O. Art. 6 IZPR Rn. 12). Anwendung findet hier insoweit Art.
5 Nr. 1 GVÜ, wonach in dem Fall, daß ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag
den Gegenstand des Verfahrens bilden, der Gegner vor dem Gericht des Ortes, an dem
die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, verklagt werden kann.
Maßgebend für die Bestimmung des internationalen Gerichtsstands des Erfüllungsortes
ist dabei diejenige Verpflichtung, die den Gegenstand der Klage bildet. Beansprucht der
Kläger Schadensersatz aus Verschulden des Gegners, so ist insoweit diejenige
Verpflichtung heranzuziehen, mit deren Nichterfüllung der Schadensersatzanspruch
begründet wird (EuGH NJW 1977, 491; 1987, 1132; BGH NJW 1994, 2700). Da die
Beklagte - jedenfalls im wesentlichen - Schadensersatzansprüche aus einer Nicht- oder
Schlechterfüllung der Lieferpflicht der Klägerin geltend macht, richtet sich die
Zuständigkeit nach dem Erfüllungsort für die Lieferverpflichtung. Wo diese Verpflichtung
zu erfüllen war, bestimmt sich wiederum nach dem materiellen Recht, das nach der
Kollisionsnorm des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichts maßgebend ist und somit
nach den Normen des deutschen internationalen Privatrechts (EuGH NJW 1977, 491;
1995, 183; BGH NJW 1988, 1467; 1994, 2700; OLG Köln - 24. Zivilsenat - RIW 1988,
557).
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Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt der Vertrag dem von den Parteien
gewählten Recht. In Nr. 17 der AGB der Klägerin ist die Maßgeblichkeit der Allgemeinen
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Geschäftsbedingungen und darüber hinaus des niederländisches Rechts für die
Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien bestimmt. Das Zustandekommen und die
Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung wiederum unterliegen - auch für
Rechtswahlklauseln in AGB (BGH NJW 1994, 262, 2700; Palandt/Heldrich, BGB, 55.
Aufl., Art. 27 EGBGB Rn. 8) - nach Art. 27 Abs. 4, 31 Abs. 1 EGBGB dem von den
Parteien gewählten Recht. Ob die AGB der Klägerin nach niederländischem Recht
wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind, kann in diesem Zusammenhang
jedoch offen bleiben. Gelten nämlich die AGB der Klägerin, so greift die
Spezialregelung in deren Nr. 5 ein, wonach die Lieferung an den vertraglich
vereinbarten Erfüllungsort erfolgt. Angaben zu den Lieferorten sind in den
"Auftragsbestätigungen" der Klägerin enthalten. Wie diese Angaben auszulegen sind,
richtet sich in jedem Fall nach dem UN-Übereinkommen über Verträge über den
internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (CISG), dem sowohl die Bundesrepublik
Deutschland als auch die Niederlande beigetreten sind (Palandt/Heldrich Art. 28
EGBGB Rn. 7). Die Anwendbarkeit dieses Übereinkommens ist in den AGB der
Klägerin nicht grundsätzlich abbedungen.
Erfüllungsort für die Lieferverpflichtung der Klägerin ist der Sitz der Beklagten. Der
Lieferort im Sinne des Art. 31 CISG entspricht dem Leistungsort (Erfüllungsort) nach §
269 BGB und kann deshalb auch für die Bestimmung des Gerichtsstands des
Erfüllungsorts gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ herangezogen werden (Herber/Czerwenka,
Internationales Kaufrecht, Art. 31 Rn. 2). Zwar ist in den Fällen des Art. 31 CISG der Ort
der Lieferung nicht mit dem Sitz des Käufers identisch; dies gilt auch für die Alternative
a, die eine Schickschuld begründet (Huber in: von Caemmerer/Schlechtriem,
Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 31 Rn. 26).
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Die Rechtswirkungen des Art. 31 CISG treten jedoch nur ein, sofern der Verkäufer die
Ware "nicht an einen anderen bestimmten Ort" zu liefern hat. Ein anderer Ort ist etwa
dann "bestimmt", wenn die Parteien eine Lieferung "frei Haus" vereinbart haben. In
diesem Fall handelt es sich um eine sogenannte Bringschuld, bei der die Lieferung
durch Übergabe an den Käufer zu erfolgen hat (Huber a.a.O. Art. 31 Rn. 4, 91, 92). Das
gilt für die Auftragsbestätigungen der Klägerin vom 10. Dezember 1993 über den Kauf
von Mill-Fässern sowie einer hydraulischen Spann-, Glätte- und Bügelmaschine, in
denen eine Lieferung "frei Haus Selfkant-Tüddern, geladen auf Lkw" vorgesehen ist.
Eine Bringschuld hat jedoch auch für die in der weiteren Auftragsbestätigung vom 10.
Dezember 1993 genannte automatische Häute-Abstreifvorrichtung sowie den
gebrauchten Lederstapler bestanden. Die dort verwendete Klausel "ab Werk"
bezeichnet zwar in der Regel keinen von Art. 31 abweichenden Ort (Huber a.a.O., Art.
31 Rn. 4). Indessen enthalten die Lieferangaben den Zusatz "geladen auf Lkw".
Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte kann davon ausgegangen werden, daß die
Klägerin die Lieferungen selbst durchgeführt hat. Dafür spricht auch, daß im
Zusammenhang mit den späteren Reklamationen Transporte mit eigenen
Lastkraftwagen der Klägerin durchgeführt worden sind. So hat die Klägerin etwa in
ihrem Telefax vom 6. Dezember 1994 erklärt, der beanstandete Lederstapler werde von
ihren Mitarbeitern mitgenommen. Unter diesen Umständen ist Erfüllungsort auch für die
Lieferung der Häute-Abstreifvorrichtung und des gebrauchten Lederstaplers der Sitz der
Beklagten. Dabei kann offen bleiben, ob die Anwendung des Art. 31 CISG schon daran
scheitert, daß "eigene Leute" des Verkäufers als "Beförderer" ausscheiden (so
Herber/Czerwenka, Art. 31 Rn. 6), oder ob es für den Begriff der Beförderung als
solchen unerheblich ist, ob der Verkäufer die Beförderung durch einen selbständigen
Beförderer oder ob er den Transport selbst durchführt (so Huber, a.a.O., Art. 31 Rn. 27).
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Auch nach der letztgenannten Ansicht ist derjenige Ort, an dem der Verkäufer die Ware
abzuliefern hat, ein "anderer bestimmter Ort" im Sinne von Art. 31 CISG, wenn
vertraglich vereinbart ist, daß der Verkäufer die Ware mit eigenen Transportmitteln zum
Käufer zu schaffen hat (Huber, a.a.O., Art. 31 Rn. 50). Erfüllungsort im Sinne von Art. 5
Nr. 1 GVÜ ist demnach für sämtliche Lieferpflichten der Klägerin der Sitz der Beklagten.
Auch unter dem Gesichtspunkt, daß sich die Zuständigkeit für die Widerklage aus
derjenigen für eine entsprechende selbständige Klage ergibt, war das Landgericht
Aachen somit international zuständig.
II.
18
Die Widerklage ist zum Teil begründet. Die Beklagte kann gemäß Art. 45, 74 CISG von
der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 16.948,00 DM verlangen.
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1.
20
Die Klägerin hat der Beklagten diejenigen Kosten zu ersetzen, die dieser dadurch
entstanden sind, daß sie in der Zeit vom 7. November bis zum 2. Dezember 1994
Lederhäute durch die Firma Sch. GmbH hat millen lassen. Die Behandlung der Häute
durch ein Drittunternehmen war deshalb notwendig geworden, weil die Klägerin die von
ihr gelieferten drei Mill-Fässer nach deren Rücknahme zum Zweck der Umrüstung
vorenthalten hatte. Für das Schadensersatzbegehren der Beklagten ist der von den
Parteien ausgetragene Streit darüber, ob die Klägerin anstatt der mit Zapfen
ausgestatteten Fässer solche mit Balken hätte liefern müssen und deshalb vertraglich
verpflichtet war, die Mill-Fässer entsprechend umzurüsten, im Ergebnis ohne Belang.
Nach dem Vortrag beider Parteien hat die Klägerin der Beklagten jedenfalls verbindlich
zugesagt, die Zapfen der von ihr gelieferten Mill-Fässer gegen Balken auszutauschen
und die Fässer nach der Umrüstung der Beklagten zurückzubringen. Eine vertragliche
Pflicht dieses Inhalts hat die Klägerin übernommen - und verletzt - unabhängig davon,
ob die Parteien - wie die Beklagte behauptet - eine mündliche Vereinbarung über die
Dauer der Umrüstung und die Frist zur Rückgabe der Fässer getroffen haben. Eine
entsprechende Abrede ergibt sich zumindest aus der vorgerichtlichen Korrespondenz
der Parteien; daß sie der Beklagten die Rücklieferung der zum Zweck der Umrüstung
abgeholten Fässer versprochen hatte, stellt die Klägerin letztlich auch selbst nicht in
Abrede.
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Nachdem die Klägerin der Beklagten gegenüber mit Telefax vom 18. Oktober 1994
angekündigt hatte, die Mill-Fässer am 24. Oktober abzuholen, ist sie durch deren
Telefax vom 21. Oktober 1994 darauf hingewiesen worden, daß nach den Angaben
ihres Geschäftsführers die Umarbeitung der Mill-Fässer ein und einen halben Tag je
Faß in Anspruch nehmen werde und daß die Fässer, die von der Beklagten dringend
benötigt wurden, bis zum Ende der 43. Kalenderwoche wieder zurückzusenden seien.
Die Klägerin hat, ohne jenem Schreiben zu widersprechen, die Mill-Fässer gemäß ihrer
Ankündigung am 24. Oktober 1994 bei der Beklagten abgeholt. Damit hatte sie sich
verpflichtet, die Mill-Fässer der Beklagten zum Ende der 43. Kalenderwoche, also bis
zum Samstag, den 29. Oktobbegriffen ist. Ein der Beklagten dennoch zustehender
Erstattungsanspruch setzt deshalb voraus, daß die Parteien eine ausdrückliche
Vereinbarung über die Rückzahlung der entrichteten Montagekosten für den Fall
getroffen haben, daß ein Kauf der auf Probe gelieferten Stapelmaschine letztlich
scheitert. Die pauschale Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe ihr zugesagt,
den Stapler kostenlos zu montieren, falls sie ihn zurücknehmen müsse, reicht für eine
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substantiierte Darlegung einer entsprechenden Abrede nicht aus. Insoweit fehlt es an
Angaben dazu, zwischen welchen Personen in welchem Zeitpunkt ein solches
Gespräch stattgefunden hat. Somit verbleibt es bei einem Schadensersatzanspruch in
Höhe von 16.948,00 DM. Dieser ist nicht - wie die Klägerin in dem nicht
nachgelassenen Schriftsatz annimmt - durch eine von der Beklagten im ersten
Rechtszug erklärte Aufrechnung in Höhe von 3.750,00 DM erloschen. In ihrem
Schriftsatz vom 13. Dezember 1995, in welchem sie unter anderem gegen die
Klageforderung aufgerechnet hatte, hat die Beklagte Schadensersatzansprüche geltend
gemacht, die die im Berufungsverfahren noch streitbefangene Höhe um weit mehr als
3.750,00 DM übersteigen. Zudem ist die Beklagte jetzt wieder von einer Aufrechnung
abgerückt und macht die Posten widerklagend geltend. Auch die Klägerin ihrerseits hat
gegen die Widerklageforderung mit einem ihr möglicherweise zustehenden
Restkaufpreisanspruch nicht aufgerechnet.Die zuerkannten Zinsen stehen der
Beklagten ab Rechtshängigkeit in der geltend gemachten Höhe von 5 % unabhängig
davon zu, ob sich der Zinsanspruch nach materiellem niederländischem Recht - das
nach dem eigenen Vortrag der Klägerin einen höheren Zinssatz vorsieht - oder nach
deutschem Recht (§ 352 HGB) richtet. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1
ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10
ZPO.Berufungsstreitwert: 32.731,90 DMBeschwer für beide Parteien: jeweils unter
60.000,00 DM.
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sind die Rechtsfolgen eines
solchen Vertragsbruchs nicht geregelt und die Bestimmungen des CISG nicht
ausgeschlossen. Nach Art. 45 CISG kann der Käufer, wenn der Verkäufer eine seiner
Pflichten nach dem Vertrag oder diesem Übereinkommen nicht erfüllt, unter anderem
Schadensersatz nach den Art. 74 - 77 verlangen. Art. 45 Abs. 1 findet unter anderem
dann Anwendung, wenn der Verkäufer irgendeine andere Pflicht nicht erfüllt, die ihn
nach dem Kaufvertrag oder dem Übereinkommen trifft (Huber in: von
Caemmerer/Schlechtriem, Art. 45 Rn. 10). Ob es sich hierbei um eine Hauptpflicht oder
um eine unbedeutende Nebenpflicht handelt, ist lediglich unter dem Gesichtspunkt der
Wesentlichkeit der Vertragsverletzung erheblich (Herber/Czerwenka, Art. 45 Rn. 2). Die
Verletzung der von der Klägerin vertraglich übernommenen Pflicht, der Beklagten die
Mill-Fässer zurückzugeben, ist zweifelsohne wesentlich.
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Nach Art. 74 CISG ist bei einer durch eine Partei begangenen Vertragsverletzung der
der anderen Partei infolge dieser Verletzung entstandene Verlust einschließlich des
entgangenen Gewinns zu ersetzen. Erstattungsfähig sind auch angemessene
Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung eines vom Schuldner zu
verantwortenden Schadens (Leser a.a.O., Art. 74 Rn. 14). Um derartige angemessene
Aufwendungen handelt es sich bei den von der Beklagten an die Firma Sch. GmbH
gezahlten Kosten. Ausweislich der Rechnung vom 31. Dezember 1994 hat diese in der
Zeit vom 7. November bis 2. Dezember 1994 täglich 240 Häute zum Gesamtpreis von
16.948,00 DM gemillt. Daß die Beklagte Lederhäute durch die Firma Sch. GmbH
tatsächlich in dem angegebenen Umfang hat millen lassen, hat die Klägerin nicht
ausdrücklich bestritten. Ihr Verteidigungsvorbringen hat sich insoweit bislang in dem
Einwand erschöpft, die Beklagte habe in der vorgerichtlichen Korrespondenz behauptet,
täglich 480 Häute zu millen, während sie - was überhöht sei - nur die Hälfte dieser
Anzahl in Ansatz bringe, und die in der Rechnung ausgewiesenen Preise bestreite sie
hinsichtlich der Angemessenheit und Üblichkeit mit Nichtwissen (Bl. 110 d.A.). In
diesem Vortrag vermag der Senat ein klares Bestreiten der von der Beklagten
behaupteten Auftragsvergabe an die Firma Sch. GmbH nicht zu erkennen. Soweit die
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Klägerin dies in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz nachgeholt hat, besteht kein
zureichender Anlaß, dem - etwaigen - neuen Vorbringen durch Wiedereröffnung der
mündlichen Verhandlung nachzugehen.
Mit dem Einwand, die von der Firma Sch. GmbH verlangten Preise seien weder
angemessen noch üblich, vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Für die
Schadensersatzpflicht nach Art. 74 CISG genügt es nämlich, wenn der Geschädigte
durch die Vertragsverletzung zu Aufwendungen veranlaßt wird und diese
Aufwendungen angemessen sind (Leser a.a.O., Art. 74 Rn. 13, 14). Nach deutschem
Schadensersatzrecht reicht es aus, wenn der Geschädigte bei einer verständigen
Würdigung der Sachlage die Aufwendungen für erforderlich halten durfte (BGH NJW
1976, 1198; 1990, 2062). Für den Anwendungsbereich des Art. 74 CISG gilt nichts
anderes. Art. 74 Abs. 1 Satz 2 CISG schränkt die Schadensersatzpflicht lediglich dahin
ein, daß der Schaden den Verlust nicht übersteigen darf, den die vertragsbrüchige
Partei bei Vertragsschluß als mögliche Folge der Vertragsverletzung vorausgesehen hat
oder unter Berücksichtigung der Umstände, die sie kannte oder kennen mußte, hätte
voraussehen können. Daß die Beklagte bei einer Zurückbehaltung der Fässer Häute
durch ein Drittunternehmen werde millen lassen müssen, war für die Klägerin
ersichtlich. Dies ergibt sich auch schon aus der ausdrücklichen Bitte der Beklagten in
deren Telefax vom 21. Oktober 1994, den Rücksendetermin unbedingt einzuhalten, da
sie die Mill-Fässer unbedingt benötige.
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Der eingetretene Schaden in Höhe von 16.948,00 DM ist nicht unter dem Gesichtspunkt
gemindert, daß die Beklagte möglicherweise in dem betreffenden Zeitraum eigene
Kosten erspart hat. Konkrete Anhaltspunkte für die Berechnung einer solchen Ersparnis
sind weder von der Klägerin, die sich auf diesen Aspekt selbst nicht beruft, dargetan
noch sonst ersichtlich.
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Die im ersten Rechtszug von der Klägerin erhobene Verjährungseinrede greift
gegenüber dem Schadensersatzbegehren der Beklagten wegen der Zurückbehaltung
der Mill-Fässer nicht durch. Eine kurze Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche
gilt für den die Vorenthaltung der Fässer gestützte Ersatzforderung nicht, da der
Rückgabepflicht der Klägerin eine gesonderte, wenn auch mit dem Kaufvertrag im
Zusammenhang stehende vertragliche Vereinbarung mit der Beklagten zugrunde liegt.
27
2.
28
Weitergehende Schadensersatzforderungen stehen der Beklagten nicht zu.
29
Ersatzansprüche wegen Defekten an den von der Klägerin gelieferten Lederstaplern hat
die Beklagte nicht schlüssig dargelegt. Nachdem ihr Sachvortrag zu den
Stapelmaschinen - was die Klägerin mit Recht beanstandet hat - bislang verwirrend und
insgesamt nicht nachvollziehbar war, hat die Beklagte zwar in ihrem letzten Schriftsatz
vor der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 1996 klargestellt, um welche Stapler
es sich bei den von ihr beschriebenen Maschinen handelt. Danach hat die Klägerin ihr
einen Stapler zum Anschluß an eine Blasluftentstaubungs- und eine Spritzmaschine auf
Probe geliefert und einen weiteren Stapler verkauft, der hinter einer Bügelmaschine
installiert und auf spätere Beanstandung von der Klägerin zurückgenommen wurde.
Jedoch fehlt es nach wie vor an einer substantiierten Darlegung der Fehler, die jene
Lederstapler aufgewiesen haben sollen. Mit der Behauptung, die Stapler seien so
fehlerhaft eingestellt gewesen, daß sie die Häute zerrissen hätten, hat die Beklagte die
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gerügten Sachmängel nicht in einem hinreichend konkreten Maß beschrieben, das als
Grundlage einer Beweiserhebung geeignet sein könnte.
Die die Lederstapler betreffenden Schadensersatzansprüche sind auch aus anderen
Gründen nicht schlüssig dargetan. Einen Schaden in Höhe von 6.600,00 DM führt die
Beklagte darauf zurück, daß der Stapler hinter der Spritzmaschine nicht funktioniert und
deshalb ihre Produktion an zwei Tagen stillgestanden habe. Ansprüche wegen Mängeln
des Staplers, der an die Blasluftentstaubungs- und die Spritzmaschine angeschlossen
war, stehen der Beklagten aber schon dem Grunde nach nicht zu. Unstreitig ist diese
Stapelmaschine von der Beklagten zur Probe geliefert worden. Da die Beklagte den
Stapler an die Klägerin zurückgegeben hat, ist ein Kaufvertrag über diese Maschine
letztlich nicht zustande gekommen. Dies ergibt sich bei Anwendung deutschen
materiellen Rechts aus § 495 Abs. 1 BGB und ist auch in Ansehung des UN-
Kaufrechtübereinkommens nicht anders zu werten, da die Regelungen dieses
Übereinkommens den Abschluß eines Kaufvertrags voraussetzen und spezielle
Vorschriften über einen Kauf auf Probe nicht enthalten. Zur Gewährleistung für Fehler
von Maschinen, über die ein Kaufvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist, war die
Klägerin - auch nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen - nicht verpflichtet. Nach
deutschem Recht wäre eine Haftung der Klägerin - wie das Landgericht zutreffend
ausgeführt hat - auch nicht nach den Regeln über den Leihvertrag begründet, da der
Verleiher nur im Fall eines arglistigen Verschweigens für Mängel einzustehen hat (§ 600
BGB), für eine Arglist der Klägerin aber keine Anhaltspunkt bestehen. Daß sich aus dem
niederländischen Recht eine andere Folge ergäbe, ist weder von der Beklagten
dargelegt noch sonst ersichtlich.
31
Der Berechtigung der weiteren Schadensposition von 3.190,00 DM steht auch
entgegen, daß diese sich nach dem eigenen Vortrag der Beklagten auf beide
Stapelmaschinen bezieht. In der Berufungsbegründung hat die Beklagte ausdrücklich
darauf hingewiesen, daß die beiden von der Klägerin gelieferten Stapler Häute
zerrissen und es dadurch notwendig gemacht hätten, insgesamt 100 Häute - mit einem
Kostenaufwand für 3.190,00 DM - neu herzurichten. Da aus den dargelegten Gründen
eine Haftung der Klägerin für Fehler des auf Probe gelieferten Staplers schon im Ansatz
ausscheidet, hätte es einer genauen Angabe dazu bedurft, welchen konkreten Schaden
der (gebrauchte) an die Bügelmaschine angeschlossene Stapler angerichtet hat. Soweit
die Beklagte in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 11. Dezember 1996 ausführt,
mangelhaft gewesen sei allein der Stapler hinter der Spritzmaschine, steht dieses
Vorbringen im unerklärlichen Widerspruch zu ihrem bisherigen Sachvortrag und kann
daher nicht berücksichtigt werden.
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Schadensersatz wegen des fehlerhaften Zusammenbaus der Dynavac-Maschine kann
die Beklagte ebensowenig verlangen. Insoweit macht die Beklagte Kosten in Höhe von
2.170,30 DM sowie 823,60 DM mit der Begründung geltend, die Klägerin habe
fälschlich das Teleskop angeschweißt, so daß die Führungsstangen abgebrochen seien
und sie - die Beklagte - eine Fremdfirma mit der Schadensbeseitigung habe beauftragen
müssen, nachdem die Klägerin die Nachbesserung verweigert habe.
33
Auch für diese Schadensposition kann offen bleiben, ob die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Klägerin in den Vertrag einbezogen worden sind oder ob
allein die Regelungen des CISG gelten. Bei Anwendung der AGB scheidet eine
Gewährleistung der Klägerin von vornherein aus, da diese nach Nr. 8 a ihrer AGB nur
haftet, wenn eine Gewährleistung - was auf die (gebrauchte) Dynavac-Maschine nicht
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zutrifft - ausdrücklich in der Auftragsbestätigung festgelegt ist. Davon abgesehen
beschränkt sich die Gewährleistung nach Nr. 8 e der AGB auf die unentgeltliche
Lieferung neuer Teile.
Auch bei Zugrundelegung allein des UN-Kaufrechtsübereinkommens ist das
Schadensersatzverlangen der Beklagten unbegründet. Nach Art. 39 Abs. 1 CISG verliert
der Käufer das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er
diese dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in
dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und dabei die Art der
Vertragswidrigkeit genau bezeichnet. Danach oblag es der Beklagten, der Klägerin vor
der Einschaltung einer Fremdfirma mitzuteilen, daß die Führungsstangen an der
Dynavac-Maschine abgebrochen waren. Trotz des Bestreitens einer entsprechenden
rechtzeitigen Mängelrüge durch die Klägerin hatte die Beklagte bis zur letzten
mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug lediglich pauschal behauptet, sie habe
die Bügelmaschine, nachdem die Klägerin jegliche weitere Nachbesserung definitiv
abgelehnt habe, im Jahr 1995 zweimal reparieren lassen müssen. Was die
angegebenen Mängel an den Führungsstangen anbetrifft, ist dieses Vorbringen
unsubstantiiert und zudem nicht unter Beweis gestellt worden. Erst in dem nicht
nachgelassenen Schriftsatz vom 26. Februar 1996 hat die Beklagte unter Beweisantritt
vorgetragen, die Klägerin habe eine Nachbesserung der Bügelmaschine wegen des
festgeschweißten Teleskops abgelehnt. Auch im Berufungsrechtszug hat die Beklagte
ihr Vorbringen insoweit nicht weiter ergänzt. Nach wie vor fehlt es an einem konkreten
Vortrag dazu, zu welchem Zeitpunkt, durch welche Person und in welcher Weise die
Klägerin vor der Auftragserteilung an Fremdfirmen von der Schadhaftigkeit des
Teleskops unterrichtet worden war. Im übrigen wäre ihr Sachvortrag, sollte dieser noch
genügend substantiiert sein, ohnehin nach § 528 Abs. 1 ZPO als verspätet
zurückzuweisen, da nicht nur eine Zeugenvernehmung stattfinden müßte, sondern auch
die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der zwischen den Parteien
streitigen Frage, ob im Anschweißen des Teleskops ein Sachmangel liegt.
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Die Rückerstattung der Montagekosten für den auf Probe gelieferten, neuen Stapler an
der Blasluftentstaubungs- und an der Spritzmaschine von 3.000,00 DM schließlich kann
die Beklagte nicht verlangen; eine Anspruchsgrundlage für dieses Begehren besteht
nicht. In den vorgelegten Auftragsbestätigungen ist ausdrücklich darauf hingewiesen,
daß die Montage jeweils nicht inbegriffen sei. Zwar haben die Parteien eine
Auftragsbestätigung über die Lieferung des neuen, auf Probe gekauften Lederstaplers
nicht vorgelegt. Auf diese Maschine bezieht sich jedoch ersichtlich die Rechnung vom
18. Mai 1994, die gleichfalls den Vermerk enthält, daß die Montage nicht inbegriffen ist.
Ein der Beklagten dennoch zustehender Erstattungsanspruch setzt deshalb voraus, daß
die Parteien eine ausdrückliche Vereinbarung über die Rückzahlung der entrichteten
Montagekosten für den Fall getroffen haben, daß ein Kauf der auf Probe gelieferten
Stapelmaschine letztlich scheitert. Die pauschale Behauptung der Beklagten, die
Klägerin habe ihr zugesagt, den Stapler kostenlos zu montieren, falls sie ihn
zurücknehmen müsse, reicht für eine substantiierte Darlegung einer entsprechenden
Abrede nicht aus. Insoweit fehlt es an Angaben dazu, zwischen welchen Personen in
welchem Zeitpunkt ein solches Gespräch stattgefunden hat.
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Somit verbleibt es bei einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 16.948,00 DM.
Dieser ist nicht - wie die Klägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz annimmt -
durch eine von der Beklagten im ersten Rechtszug erklärte Aufrechnung in Höhe von
3.750,00 DM erloschen. In ihrem Schriftsatz vom 13. Dezember 1995, in welchem sie
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unter anderem gegen die Klageforderung aufgerechnet hatte, hat die Beklagte
Schadensersatzansprüche geltend gemacht, die die im Berufungsverfahren noch
streitbefangene Höhe um weit mehr als 3.750,00 DM übersteigen. Zudem ist die
Beklagte jetzt wieder von einer Aufrechnung abgerückt und macht die Posten
widerklagend geltend.
Auch die Klägerin ihrerseits hat gegen die Widerklageforderung mit einem ihr
möglicherweise zustehenden Restkaufpreisanspruch nicht aufgerechnet.
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Die zuerkannten Zinsen stehen der Beklagten ab Rechtshängigkeit in der geltend
gemachten Höhe von 5 % unabhängig davon zu, ob sich der Zinsanspruch nach
materiellem niederländischem Recht - das nach dem eigenen Vortrag der Klägerin
einen höheren Zinssatz vorsieht - oder nach deutschem Recht (§ 352 HGB) richtet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.
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Berufungsstreitwert: 32.731,90 DM
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Beschwer für beide Parteien: jeweils unter 60.000,00 DM
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