Urteil des OLG Köln vom 27.04.1999
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Oberlandesgericht Köln, 9 U 159/98
Datum:
27.04.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 159/98
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 0 100/96
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 24.09.1998 verkündete Urteil
der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 0 100/96 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist unbegründet.
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Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht gegen die
Beklagte ein Entschädigungsanspruch wegen des von ihm behaupteten Diebstahls des
bei der Beklagten kaskoversicherten Kraftfahrzeugs Chrysler "Le Baron" mit dem
früheren amtlichen Kennzeichen xx - xx xx aus §§ 1, 49 VVG, § 12 Nr. 1 I b AKB nicht
zu.
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Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt es an dem Nachweis des äußeren
Bildes eines Kraftfahrzeugdiebstahls.
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Bei einem behaupteten Diebstahl eines Kraftfahrzeugs gewährt die Rechtsprechung
dem Versicherungsnehmer gewisse Beweiserleichterungen, weil er sich regelmäßig in
Beweisnot befindet, wenn ihm das Fahrzeug gestohlen wurde. Der
Versicherungsnehmer kann nur in seltenen Fällen, etwa wenn der Täter gefaßt wurde,
beweisen, daß ihm das Fahrzeug gegen seinen Willen rechtswidrig
abhandengekommen ist. Nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages ist davon
auszugehen, daß die Vertragsparteien den versicherten Entwendungsfall schon dann
als nachgewiesen aussehen, wenn ein Sachverhalt feststeht, der nach dem äußeren
Bild mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluß auf die Fahrzeugentwendung
zuläßt (vgl. BGH, r+s 1984, 24 = VersR 1984, 29). Verlangt wird nicht der Vollbeweis
des Diebstahls, sondern nur der Nachweis des äußeren Bildes einer
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Fahrzeugentwendung. Das äußere Bild ist im allgemeinen schon dann gegeben, wenn
der Kraftwagen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt worden
und später dort nicht mehr vorgefunden worden ist (vgl. BGH, r+s 1995, 288 = VersR
1995,909; BGH r+s 1993,169 = VersR 1993,571; Prölss/Martin- Knappmann, VVG, 26.
Aufl. § 12 AKB, Rn 19 ).
Diesen erforderlichen Nachweis des äußeren Bildes eines Diebstahls hat der Kläger
angesichts der vorliegenden Widersprüche und Ungereimtheiten sowohl in seinem
Vortrag als auch in den Angaben des Zeugen H., auf den entscheidend abzustellen ist,
nicht geführt.
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In mehrfacher Hinsicht ist nicht nachvollziehbar, warum der Zeuge H. den Wagen zu
einem Reifenwechsel für mehrere Tage in die Werkstatt des - inzwischen
verschwundenen - Herrn M. gebracht haben soll. In seiner Vernehmung vor dem
Landgericht hat der Zeuge bekundet, sein eigenes Auto sei zur Reparatur in einer
Werkstatt gewesen. "Deshalb" habe er den Chrysler geliehen bekommen, und zwar für
die Dauer von einer Woche. Wenn der Chrysler ein vorübergehender Ersatz für das
eigene Fahrzeug des Zeugen gewesen sein soll, so ist nicht zu erklären, warum er dann
den Ersatzwagen, den er offenbar dringend benötigte, zu einem mehrtägigen
Reifenwechsel bringen sollte.
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Auch die Angaben des Zeugen zur Überlassung des Fahrzeugs als Ersatzwagen für
kurze Dauer stehen nicht in Übereinstimmung mit dem Vortrag des Klägers in der
Klageschrift, der PKW sei zunächst vom Kläger und seiner Ehefrau und dann
"ausschließlich" von dem Zeugen H., der in der von der Ehefrau des Klägers
betriebenen Firma E. tätig sei, benutzt worden. Hiernach handelte es sich um eine Art
Dienstwagen für den Zeugen. In seiner Anzeige bei der Polizei in Krefeld vom
11.04.1994 gibt der Kläger an, "seinem Mitarbeiter" H. sei der ihm zur Verfügung
stehende PKW entwendet worden. Für ein kurzfristig geliehenes Ersatzfahrzeug spricht
dies nicht.
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Nicht verständlich ist zudem, daß der Zeuge den Wagen zu einem Reifenwechsel für 3
bis 4 Tage in die Werkstatt gebracht haben will, wie er bei der Polizei in den
Niederlanden angegeben hat. Bei einem Reifenwechsel handelt es sich nicht um eine
Reparatur mit möglicherweise unvorhersehbarer Dauer. Die benötigten Reifen hätten
bestellt und dann in kurzer Zeit aufgezogen werden können. Dies gilt um so mehr, wenn
sich der Zeuge - wie er bei seiner Vernehmung im Wege der Rechtshilfe bekundet hat -
über die Lieferbarkeit der Spezialweißwandreifen informiert haben will. Ungewöhnlich
ist ferner, daß der PKW verschlossen und ohne Übergabe eines Schlüssels bei Herrn
M. abgestellt worden sein soll, mag es am Haus oder in dessen Werkstatthof gewesen
sein. Unklar bleibt, wie der Wagen von dem Werkstattinhaber hätte bewegt werden
sollen. Dies hätte aber anläßlich des Reifenwechsels oder danach durchaus erforderlich
sein können.
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Schließlich hat der Zeuge bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht angegeben, als
er "am nächsten Tag" wieder zur Werkstatt gekommen sei, sei der Wagen
verschwunden gewesen.
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Bei seiner Aussage am 28.05 1997 in Nijmegen hat er bekundet, er habe den Wagen
"am nächsten Tag" abholen sollen.
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Im Gegensatz dazu hat der Zeuge am 08.04.1994 der Polizei in Nijmegen unter dem
frischen Eindruck des Geschehens erklärt, das Auto habe binnen 3 bis 4 Tagen wieder
klar sein sollen. M. habe ihm aber ein paar Tage später telefonisch mitgeteilt, der Wagen
sei noch nicht fertig.
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Es bestand danach keine Veranlassung, am nächsten Tag - der 26. März 1994 war im
übrigen ein Samstag - die Werkstatt des Herrn M. aufzusuchen. Diese Widersprüche in
den zeitlichen Angaben sind nicht durch Sprachschwierigkeiten zu erklären.
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Nach alledem konnte der Nachweis des äußeren Bildes eines Diebstahls nicht als
geführt angesehen werden.
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Zu einer Anhörung des Klägers vor dem Senat bestand keine Veranlassung, da der
Kläger nach seinem Vortrag den Reifenwechsel selbst nicht vereinbart und den Wagen
persönlich nicht abgestellt hat.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Wert der
Beschwer ist nach § 546
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Abs. 2 ZPO festzusetzen.
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Streitwert für das Berufungsverfahren
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und Wert der Beschwer des Klägers: 41.228,07 DM
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