Urteil des OLG Köln vom 06.02.1998

OLG Köln (verhältnis zu, verwaltungsvermögen, falle, anteil, erwerber, miteigentumsanteil, abrechnung, verwalter, grundstück, umfang)

Oberlandesgericht Köln, 16 WX 12/98
Datum:
06.02.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 WX 12/98
Normen:
WEG § 21 ABS. 1;
Leitsätze:
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Gemeinschaft
gegen den Verwalter
WEG § 21 Abs. 1 Ist der Gemeinschaft gegen den Verwalter infolge der
berechtigten Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Überprüfung eines
Fehlverhaltens des Verwalters ein Schadensersatzanspruch entstanden,
so fällt dieser in das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft und kann,
auch wenn die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft zwischenzeitlich
wechseln, von der Gemeinschaft in ihrer aktuellen Zusammensetzung
verfolgt werden; denn der Anteil am Verwaltungsvermögen verbleibt im
Falle eines Eigemtümerwechsels nicht in der Hand des Veräußerers,
sondern geht mit dem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen
Grundstück automatisch auf den Erwerber über.
Rechtskraft:
unanfechtbar
G r ü n d e
1
Die Antragstellerin macht als derzeitige Verwalterin aufgrund eines
Ermächtigungsbeschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 24.06.1992 im
eigenen Namen gegen die Antragsgegnerin als ehemalige Verwalterin die Erstattung
von Bearbeitungs- und Rechtsverfolgungskosten geltend, die der
Wohnungseigentümergemeinschaft im Zusammenhang mit den Jahresabrechnungen
für die Jahre 1986, 1987 und 1988 entstanden sind. Die zunächst zustimmenden
Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft zu den von der Antragsgegnerin
vorgelegten Jahresabrechnungen 1986 und 1987 waren nach Anfechtung gerichtlich für
unwirksam erklärt worden. 1991 wurde der Verfahrensbevollmächtigte der
Antragstellerin beauftragt, auf eine fehlerfreie Abrechnung durch die Antragsgegnerin
hinzuwirken und die noch ausstehende Abrechnung für das Jahr 1988 zu erreichen. Für
seine Tätigkeit berechnete er 13.937,64 DM. Da die Antragstellerin die von der
Antragsgegnerin schließlich gelieferten Abrechnungen 1986 und 1987 immer noch für
fehlerhaft hielt, besserte sie diese teilweise nach und stellte sie zur Abstimmung, wobei
eine Überprüfung der geleisteten Vorauszahlungen vorbehalten blieb, die nach der
zustimmenden Beschlußfassung nachgeholt wurde. Für ihre Nacharbeiten berechnete
und erhielt die Antragstellerin 5.700,00 DM. Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag
entsprochen.
2
Die hiergegen gerichtete sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin ist nach §§
45 WEG, 22, 29 FGG zulässig, sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der
Zahlungsanspruch ist von der Antragstellerin in zulässiger Weise geltend gemacht
worden, und er ist auch in vollem Umfang begründet.
3
Für den Anspruch war nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG das Gericht der freiwilligen
Gerichtsbarkeit zuständig, weil er aus dem spezifischen Rechtsverhältnis zwischen dem
Verwalter und den Wohnungseigentümern hervorging und sich hieran auch durch den
Verlust des Amtes nichts geändert hat (vgl. BGH NJW 1972, 1318).
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Die Antragstellerin ist auch befugt, im Wege der Prozeßstandschaft für die zur Zeit der
Antragstellung der Wohnungseigentümergemeinschaft angehörenden
Wohnungseigentümer den Zahlungsanspruch geltend zu machen, wobei sie ihre
Prozeßführungsbefugnis aus dem am 24.06.1992 gefaßten Ermächtigungsbeschluß
herleiten kann. Es kann dahinstehen, ob zwischen dem 24.06.1992 und dem
Antragseingang am 22.09.1995 bei einer oder mehreren der insgesamt 199
Wohnungseigentumseinheiten ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat. Die der
Antragstellerin 1992 von der damaligen Wohnungseigentümergemeinschaft erteilte
Prozeßführungsbefugnis wirkt nämlich nach § 10 Abs. 3 WEG auch gegenüber jedem
etwaigen Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers, ohne daß dieser dem
früheren Beschluß etwa beitreten müßte. Ziel der gesetzlichen Regelung ist es gerade,
einmal gefaßten Beschlüssen auch im Falle des Eigentümerwechsels Kontinuität zu
verleihen.
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Der geltend gemachte Anspruch ist auch materiell begründet. Er steht der
Eigentümergemeinschaft in ihrer jeweiligen Zusammensetzung zu. Zwar ist der
Schadensersatzanspruch bereits in den Jahren 1991 und 1992 entstanden, als der
geltend gemachte Schaden - Honorarverpflichtung gegenüber Rechtsanwalt P.
aufgrund Auftrags vom 09.07.1991 gegenüber der Antragstellerin aufgrund
Beschlußfassung vom 24.06.1992 - tatsächlich eingetreten war. Er gehörte jedoch zum
Verwaltungsvermögen der Eigentümergemeinschaft wie etwa auch die
Instandhaltungsrücklage oder etwaige Guthaben auf gemeinschaftlichen Konten, und im
Falle eines Eigentümerwechsels ging er jeweilige Anteil des Veräußerers an diesem
Verwaltungsvermögen zusammen mit dem Miteigentumsanteil an dem
gemeinschaftlichen Grundstück und dem Sondereigentum an der Wohnung automatisch
auf den Erwerber über, ohne daß es einer besonderen Abtretung bedurfte. Der
Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum ist untrennbar mit dem
zugehörigen Anteil am Verwaltungsvermögen verbunden. Dieses unterliegt nach § 21
Abs. 1 WEG stets der gemeinschaftlichen Verwaltung aller Wohnungseigentümer, so
daß über einen Anteil nicht selbständig verfügt werden kann, weil dies dessen
Herauslösung aus der besonderen Gemeinschaftsbindung der Wohnungseigentümer
zur Folge hätte, die das Gesetz verbietet. Im Falle eines Eigentümerwechsels verbleibt
der Anteil am Verwaltungsvermögen also nicht in der Hand des Veräußerers, sondern er
geht mit dem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Grundstück automatisch auf
den Erwerber über (vgl. bezüglich der Instandhaltungsrücklage KG NJW-RR 1988, 844).
Die von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidungen stehen dieser Annahme nicht
entgegen, da sie sich mit der Frage der Haftung des Erwerbers für Altschulden
befassen, während es im vorliegenden Fall um die Gläubigerrechte in bezug auf
gemeinschaftliche Forderungen geht, was nicht miteinander vergleichbar ist.
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Soweit die Antragstellerin Erstattung der aufgewendeten Anwaltskosten fordert, sind
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diese gemäß §§ 284, 286 BGB als Verzugsschaden zu ersetzen. Die Antragsgegnerin
schuldete der Wohnungseigentümergemeinschaft zeitnah im Anschluß an das jeweils
abgelaufene Wirtschaftsjahr eine fehlerfreie Jahresabrechnung. Die Verpflichtung
resultierte aus dem Verwaltervertrag, in den im Falle eines Eigentümerwechsels der
Erwerber automatisch eintrat. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 10
Abs. 4 WEG, da es sich bei dem Verwaltervertrag um ein Dauerschuldverhältnis
handelt, das aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses zustande gekommen ist und dessen
Wirkungen auch im Verhältnis zu einem Sondernachfolger bindend sein müssen
(ebenso BayObLG NJW-RR 1987, 80). Die Antragsgegnerin war ihrer Verpflichtung
nicht ordnungsgemäß nachgekommen, da die von ihr vorgelegten Abrechnungen 1986
und 1987 im Beschlußanfechtungsverfahren für ungültig erklärt worden waren. Hierauf
hatte schon die Vorverwalterin der Antragstellerin mit Schreiben vom 30.01.1991 zur
Neuerstellung der Abrechnungen für die Jahre 1986-88 aufgefordert, was als Mahnung
zu werten ist. Angesichts der weiteren Verzögerungen war die Eigentümergemeinschaft
berechtigt, zur Verfolgung ihres Anspruchs auf ordnungsgemäße Abrechnung einen
Rechtsanwalt einzuschalten. Das berechnete Honorar hat das Landgericht fehlerfrei als
zutreffend angesehen.
Die Antragstellerin kann auch Ersatz der Nachbesserungskosten verlangen, die für ihre
eigene Tätigkeit angefallen sind. Die Antragsgegnerin haftet für den Schaden, der der
Wohnungseigentümergemeinschaft durch die schuldhafte Schlechterfüllung des
Verwaltervertrags insoweit entstanden ist. Denn die von ihr vorgelegten
Jahresabrechnungen 1986 und 1987 waren auch im zweiten Anlauf fehlerhaft. Der
Senat pflichtet den diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts in vollem Umfang
bei. Der von den Garagennutzern zu zahlende Jahresbeitrag war zu niedrig bemessen,
da er nur den Garagenstrom, das anteilige Verwalterhonorar und die Garagenrücklage
umfaßte, während auch die übrigen von den Garagennutzern mitverursachten Kosten
angemessen zu berücksichtigen gewesen wären. Außerdem war es verfehlt, Zahlungen
der Wohnungseigentümer auf Vorjahressalden in die Jahresabrechnung einzustellen,
die dann fälschlich ein nicht bestehendes Guthaben auswies. Im Hinblick auf den
Umfang der notwendigen Nachbesserungsarbeiten - alle 199 Einzelabrechnungen
mußten überprüft und geändert werden - hat das Landgericht den Schadensbetrag von
brutto 5.700,00 DM rechtsfehlerfrei geschätzt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG.
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