Urteil des OLG Köln vom 29.03.1996

OLG Köln (vertrag zugunsten eines dritten, vertrag zugunsten dritter, bank, fälligkeit, konto, stiefmutter, forderung, tod, kapital, vertrag)

Oberlandesgericht Köln, 19 U 163/95
Datum:
29.03.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 U 163/95
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 21 O 474/94
Schlagworte:
Vertrag Todesfall Erbrecht Sparbrief
Normen:
§ 331 BGB
Leitsätze:
Schließt der Inhaber eines Sparkontos mit der Bank einen Vertrag
zugunsten eines Dritten, wonach dieser mit dem Tode des
Kontoinhabers alle Rechte aus dem Konto erwerben soll, dann erwirbt
der Begünstigte auch die Rechte aus einem Sparbrief, den der
Kontoinhaber nach Abschluß des Vertrages zugunsten des Dritten mit
Mitteln aus dem Sparkonto mit der Bestimmung gezeichnet hat, Zinsen
und Kapital des Sparbriefs sollten bei Fälligkeit dem Sparkonto
gutgeschrieben werden.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 1.6.1995 verkün-dete Urteil
der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 21 O 474/94 - wie folgt
abgeändert und neu gefaßt: Die Beklagte wird verurteilt, in die
Auszahlung des Gegen-wertes des Sparbriefs Nr. ... der V. V-bank AG
C. in Höhe von 30.000,00 DM, seit dem 30.12.1991 hinterlegt beim AG
C., 4 HL 62/91, an die Klägerin einzuwilligen. Die Kosten des
Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Beklagte ist um ihre Stellung als
Hinterlegungsgläubigerin ungerechtfertigt bereichert und muß daher in die Auszahlung
des hinterlegten Betrages an die Klägerin einwilligen (§ 812 I 1 BGB; Palandt/Thomas,
BGB 55. Aufl., § 812 Rn 22 m.N.). Dementsprechend ist der Urteilstenor formuliert
worden, der in der Sache dem Begehren der Klägerin entspricht.
2
Die verstorbene Stiefmutter der Klägerin (Mutter der Beklagten), die V. V-bank C. und
die Klägerin haben 1987/88 einen Vertrag zugunsten der Klägerin geschlossen, wonach
diese mit dem Tod der Stiefmutter alle Rechte aus deren Konten, darunter dem
Sparkonto Nr. ..., erwerben sollte, ohne daß sie in den Nachlaß fielen (§ 331 BGB). Das
ist unstreitig, so daß es nicht darauf ankommt, daß in dem verwendeten Formular (Bl. 17
d.A.) die zutreffende Alternative nicht angekreuzt worden ist. Am 17.8.1990 hat die
Stiefmutter bei der Bank einen Sparbrief zum Ausgabepreis von 30.000 DM gezeichnet,
der eine Laufzeit bis zum 20.8.1991 hatte. Der Gegenwert sollte dem o.g. Sparkonto
3
belastet, die anfallenden Zinsen und das Kapital bei Fälligkeit unstreitig auf dieses
Konto überwiesen werden. Insoweit handelt es sich deshalb um einen Schreibfehler,
wenn in der Zeichnungsurkunde (Bl. 14 d.A.) das begünstigte Konto die Nr. ... statt ...
trägt. In dem Schreiben der Bank an die Klägerin vom 5.9.1991 (Bl. 15 d.A.) ist
dementsprechend auch die richtige Konto-Nr. ... angegeben. Eine Sparbriefurkunde
wurde vereinbarungsgemäß nicht ausgestellt, wie aus dem Zeichnungsschein
hervorgeht. Vor Eintritt der Fälligkeit des Sparbriefs ist die Stiefmutter verstorben. Weil
die vier Erben sich nicht geeinigt haben, hat die Bank die 30.000 DM beim AG C.
hinterlegt.
Wenn das LG ausführt, die Klägerin sei nicht Eigentümerin des Sparbriefs geworden,
dieser sei vielmehr in den Nachlaß gefallen, dann geht es offenbar davon aus, es habe
eine Sparbriefurkunde existiert. Das war aber nicht der Fall, sondern die Erblasserin
hinterließ einen nicht verbrieften Anspruch auf Auszahlung des Sparbriefkapitals nebst
Zinsen bei Fälligkeit. Abgesehen davon steht das Recht an der Urkunde gemäß § 952
BGB dem Gläubiger der verbrieften Forderung zu. Diese ist mit dem Tode der
Erblasserin unmittelbar auf die Klägerin übergegangen, ohne in den Nachlaß zu fallen.
4
Die Vereinbarung der Erblasserin mit der Bank über die Zeichnung des Sparbriefs ist
auf dem Hintergrund des vorangegangenen Vertrages zugunsten der Klägerin zu sehen,
an dem die Erblasserin und die Bank ebenfalls beteiligt waren, der also beiden bekannt
war. Daher wußten beide, daß das Konto Nr. ... mit dem Tod der Erblasserin der
Klägerin zustand. Die Regelung in dem Sparbrief-Zeichnungsschein bedeutet unter
diesen Umständen, daß Versprechender (Bank) und Versprechensempfänger
(Erblasserin) des vorangegangenen Vertrags diesen zugunsten der Klägerin als Dritter
dergestalt ergänzten, daß ihr für den Fall, daß die Erblasserin vor Fälligkeit des
Sparbriefs starb, als bekannter neuer Inhaberin des Kontos Nr. ... die Forderung auf
Übertragung des Kapitals zustehen sollte. Die Klägerin erwarb damit die Forderung der
Erblasserin so, wie diese sie im Zeitpunkt ihres Todes innehatte, also noch nicht fällig,
sondern betagt. Ob die Erblasserin der Klägerin vor ihrem Tod das Sparbuch übergeben
hat, ist unerheblich.
5
In den Nachlaß fiel die Forderung damit nicht. Hätte die Erblasserin die Fälligkeit erlebt,
dann hätte mit ihrem Tode die Klägerin das Kapital (soweit noch vorhanden) als Teil des
Kontoguthabens erworben.
6
Diese Auslegung scheint auch sachgerecht, weil nichts dafür ersichtlich ist, daß die
Erblasserin mit dem Erwerb des Sparbriefs zum Nachteil der Klägerin handeln wollte.
Offenbar war es tatsächlich so, daß die Erblasserin nur eine bessere Verzinsung
erreichen, im übrigen aber alles beim alten, nämlich bei der Regelung des
vorangegangenen Vertrages, lassen wollte. Anscheinend hat die Bank das im Grunde
ähnlich gesehen; darauf deutet jedenfalls das Schreiben an die Klägerin vom 5.9.1991
im zweiten Absatz hin.
7
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Das Urteil ist nach den §§ 708 Nr. 10,
713 ZPO vorläufig vollstreckbar.
8
Wert der Beschwer der Beklagten: 7.500,00 DM.
9