Urteil des OLG Köln vom 30.04.2008

OLG Köln: wichtiger grund, wiederwahl, verwalter, verwaltung, untreue, unterlassen, vertrauensverhältnis, zusammenarbeit, abberufung, vertagung

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 262/07
Datum:
30.04.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 262/07
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 29 T 282/06
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsstellers wird der
Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29.10.2007 –
29 T 282/06 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die sofortigen Beschwerden der Antragsgegner und der weiteren
Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom
24.08.2006 – 202 II 28/06 – werden zurückgewiesen.
Die Antragsgegner und die weitere Beteiligte haben die Gerichtskosten
der Beschwerdeverfahren zu tragen.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
G r ü n d e
1
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
2
Soweit der Antragsteller rügt, dass es keine Beschlussermächtigung zur Durchführung
der Rechtsmittelverfahren im Namen der Antragsgegner gebe, ist unabhängig von dem
nunmehr vorgelegten Verwaltervertrag darauf hinzuweisen, dass der Verwalter seit dem
01.07.2007 kraft Gesetzes zur Vertretung der Wohnungseigentümer berechtigt ist (§ 27
Abs.2 Nr. 2 WEG n.F.).
3
Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung gemäß der §§ 27
Abs. 1 FGG, 546 ZPO nicht Stand.
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Der Senat ist mit dem Amtsgericht der Auffassung, dass die Beschlussfassung vom
14.12.2005 zu TOP 2 über die Wiederwahl der weiteren Beteiligten als Verwalterin sich
nicht im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung hält, weil wichtige Gründe gegen eine
erneute Bestellung der Verwalterin sprechen.
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Wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, liegt ein wichtiger Grund gegen die
Bestellung entsprechend den für die Abberufung eines Verwalters geltenden
Grundsätzen vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände eine Zusammenarbeit
mit dem gewählten Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis
von vornherein nicht zu erwarten ist.
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Auch wenn bei der Wiederwahl des Verwalters insoweit strengere Maßstäbe als bei der
Abberufung anzulegen sind, weil nicht ohne zwingenden Grund in die
Mehrheitsentscheidung der Wohnungseigentümer eingegriffen werden darf, sind
vorliegend entgegen den Ausführungen des Beschwerdegerichts wichtige Gründe, die
gegen die erneute Bestellung der Verwalterin sprechen, zu bejahen:
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Der Geschäftsführer der Verwalterin ist mit Urteil des Amtsgerichts Köln vom 06.07.2005
(526 Cs 704/04) wegen Untreue in acht Fällen unter Strafvorbehalt verwarnt worden,
weil er sich im Rahmen der Verwaltung einer großen Eigentümergemeinschaft (WEG X
II) mit der Stadt L über die Höhe der Grundbesitzabgaben auseinander gesetzt und die
Gebührenbescheide zunächst nicht beglichen hat, was zu Säumniszuschlägen sowie
Mahngebühren und dadurch zu einem erheblichen Schaden der Gemeinschaft (vgl.
hierzu Senatsbeschluss zum 10.03.2008 – 16 Wx 186/07) geführt hat. Entscheidend ist
hier die Verletzung der aus dem Treueverhältnis zu der
Wohnungseigentümergemeinschaft resultierenden Pflicht, fremde Vermögensinteressen
wahrzunehmen. Begeht der Verwalter solche Vermögensdelikte, begründet dies die
Besorgnis, dass er seiner Pflicht zur Verwaltung der gemeinschaftlichen Gelder nicht
gewachsen ist, auch wenn die Taten sich nicht gegen die Eigentümergemeinschaft als
solche gerichtet haben. Die Verurteilung und auch Verwarnung wegen solcher Delikte
führt deshalb grundsätzlich zu einer schwerwiegenden Störung des
Vertrauensverhältnisses zwischen den Wohnungseigentümern und dem Verwalter, die
seiner Wiederbestellung entgegen steht.
8
Entgegen den Ausführung des Landgerichts kann von einer positiven Zukunftsprognose
zu Gunsten der weiteren Beteiligten nicht ausgegangen werden. Hiergegen spricht,
dass der weiteren Beteiligten im vorliegenden Fall offensichtlich nicht daran gelegen
war, alle Wohnungseigentümer über das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 06.07.2005
zeitnah und rechtzeitig vor der anstehenden Verwalterwahl zu informieren und dass das
der Strafverwarnung zugrunde liegende vermögensschädigende Verhalten ihres
Geschäftsführers bagatellisiert wurde.
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So ist es in keiner Weise nachvollziehbar und verständlich, warum in dem Protokoll der
Eigentümerversammlung vom 14.07.2005 die Gründe für die Absetzung des
Tagesordnungspunktes "Wiederwahl" der Verwaltung keine Erwähnung gefunden
haben und damit die Mehrheit der an der Versammlung nicht teilgenommenen
Wohnungseigentümer über den Grund der Vertagung nicht unterrichtet worden sind.
Auch hat die weitere Beteiligte pflichtwidrig unterlassen, die Wohnungseigentümer
rechtzeitig vor der nächsten Eigentümerversammlung, in der ihre Wiederwahl anstand,
über das Schreiben des Antragstellers zum 29.09.2005, das am 30.09.2005
zugegangen ist, zu informieren. Dieses Schreiben, das an die weitere Beteiligte
ausdrücklich auch in ihrer Eigenschaft als Erklärungsempfängerin für die
Wohnungseigentümer gerichtet war und in dem die Wohnungseigentümer aufgefordert
wurden, die Wiederwahl der weiteren Beteiligten in Anbetracht der nachgewiesenen
Untreue ihres Geschäftsführers in acht Fällen zu unterlassen, ist den
Wohnungseigentümern erstmals mit Schreiben der weiteren Beteiligten vom 06.01.2006
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– und damit nach ihrer Wiederwahl in der Eigentümerversammlung vom 14.12.2005 –
übermittelt worden. Auch lässt der Inhalt des Protokolls über diese
Eigentümerversammlung eine Aufklärung der Wohnungseigentümer über das
vermögensschädigende Verhalten des Geschäftsführers der weiteren Beteiligten
betreffend die WEG X II nicht erkennen, es ist vielmehr in erster Linie nur die Rede
davon, dass der betreffenden Eigentümergemeinschaft jährliche Einsparungen in einer
sechsstelligen Größenordnung zugute gekommen sei. Der bei der WEG X II in Höhe der
jeweiligen Säumniszuschläge tatsächlich entstandene Schaden bleibt unerwähnt.
Das geschilderte Verhalten der weiteren Beteiligten lässt entweder den Schluss darauf
zu, dass sie hinsichtlich der Untreue ihres Geschäftsführers und deren wirtschaftlichen
Folgen für die betroffene Eigentümergemeinschaft völlig uneinsichtig ist oder dass sie
bewusst versucht hat, das schädigende Verhalten ihres Geschäftsführers zu
verschleiern und zu bagatellisieren. Beide Verhaltensweisen lassen eine positive
Zukunftsprognose zu Gunsten der weiteren Beteiligten nicht zu, so dass unter
Berücksichtigung der dargelegten Umstände des vorliegenden Falles den
Wohnungseigentümern eine Zusammenarbeit mit den weiteren Beteiligten nicht mehr
zugemutet werden kann und deshalb das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist
mit der Folge, dass die Mehrheitsentscheidung der Wohnungseigentümer abzuändern
und der Beschluss über die Wiederwahl der weiteren Beteiligten für ungültig zu erklären
ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG a. F.. Es entspricht billigem Ermessen im
Sinne dieser Vorschrift, die Kosten der Beschwerdeverfahren den Antragsgegnern und
der weiteren Beteiligten aufzuerlegen. Dagegen bestand keine Veranlassung, von dem
Grundsatz abzuweichen, dass in Wohnungseigentumsverfahren die Beteiligten ihre
außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.
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Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gem § 48 Abs. 3 WEG a.F.
auf 36.403,02 € festgesetzt.
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