Urteil des OLG Köln vom 23.02.1994

OLG Köln (vertrag, kläger, einlage, anleger, prospekt, steuerberater, beitrittserklärung, staatsanwaltschaft, beitritt, gesellschaft)

Oberlandesgericht Köln, 11 U 203/93
Datum:
23.02.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
11. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 U 203/93
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 18 O 509/92
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 23. Juli 1993 verkündete
Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels dahin abgeändert, daß die Urteilssumme
erst ab 4. Dezember 1992 zu verzinsen ist. Für die vorangehende Zeit
wird der Zinsanspruch abgewiesen. Die Kosten beider Rechtszüge
tragen der Beklagte zu 4/5 und der 1/5. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung des Beklagten ist nur hin-sichtlich eines Teils des
Zinsanspruchs begründet und im übrigen zurückzuweisen. Der Beklagte ist dem
Kläger in Höhe von 21.000,00 DM schadens-ersatzpflichtig.
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Zutreffend hat das Landgericht die Vereinbarun-gen, die zwischen der Firma A.U.
mbH ##blob##amp; Co. KG Geschäfts- Immoblien-Fonds S. KG und dem Beklagten
über die Mittelverwendungskontrolle getroffen wor-den sind, als einen Vertrag
zugunsten der Anleger (§ 328 BGB) angesehen. Das ergibt sich aus dem Zweck der
Regelung, wie er sowohl in dem nicht datierten Vertrag über die
Mittelverwendungskon-trolle als auch in dem Beteiligungsprospekt seinen
Niederschlag gefunden hat. Der Beklagte hat zum Schutz der Anleger bestimmte
treuhänderische Auf-gaben übernommen (vgl. auch BGH NJW-RR 1986/1158).
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Der Beklagte hat pflichtwidrig dazu beigetragen, daß die Einlage des Klägers nebst
Agio in Höhe von zusammen 21.000,00 DM nicht zweckentsprechend verwendet
worden ist und beim Zusammenbruch der KG auch nicht zurückgezahlt werden
konnte.
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Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob zu der Zeit, als der Kläger seinen Beitritt
erklärt und die Einlage erbracht hat, oder unmittelbar danach gegen Ende des Jahres
1988 die allgemeinen Vor-aussetzungen für die zweckgebundene Freigabe der Mittel
erfüllt waren. Sie sollte stattfinden, wenn die Realisierung der Investition nach
Maßgabe des § 4 des Treuhandvertrages gesichert war, wenn also die
grundsätzliche Finanzierungszusage über die aufzunehmenden Fremdmittel vorlag,
die Leistung des Eigenkapitals durch Beitrittserklärungen bzw. einen
rechtsverbindlich abgeschlossenen Plazie-rungsgarantievertrag der W. als gesichert
erschien und verbindliche Vertragsangebote zur Durchführung der im Investitionsplan
vorgesehenen Leistungen (Erwerb von bestimmtem Teileigentum in S.) vor-lagen.
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Der Beklagte hat jedoch zumindest die ihm eben-falls obliegende Verpflichtung
verletzt, dafür zu sorgen, daß das Eigenkapital nur entsprechend dem
Investitionsplan eingesetzt wurde, wie es ebenfalls im Vertrag über die
Mittelverwendungs-kontrolle und im Prospekt festgelegt ist. Laut § 2 Abs. b des
Vertrags sollte er sicherstellen, daß nach der Übertragung von Einlagen vom
Treuhandkonto auf das Geschäftskonto Zahlungen nur gemäß den vertraglichen
Regelungen und den Verein-barungen oder gegen Stellung von Sicherheiten
erfolgen konnten. Im Prospekt heißt es unter Zif-fer 6, die Mittelverwendung durch die
Gesellschaft gemäß Investitionsplan werde von dem externen Steuerberater
kontrolliert. Dem entspricht es, daß nach § 4 Abs. 1 des Treuhandvertrages die KG
über das Eigenkapital der Treuhandgeber gemeinsam mit dem
Mittelverwendungskontrolleur verfügen sollte, und daß in der Beitrittserklärung
angegeben ist, über die Mittel dürfe nur gemäß Treuhandvertrag verfügt werden.
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Wenn man davon ausgeht, daß die KG unter Mit-wirkung des Beklagten jedenfalls
Ende 1988 Beträge für Gesellschaftszwecke ausgeben und zum Beispiel
Gebührenansprüche wegen erbrachter Vorleistungen nunmehr erfüllen durfte, so
mußte jedoch jeden-falls der überwiegende Teil der Einlagen für den Grunderwerb
zur Verfügung gehalten werden:
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Kaufpreis netto 3.713.000,00 DM
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Grunderwerbssteuer Notar, Gericht 140.000,00 DM
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3.853.000,00 DM
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Fremdmittel ohne Damnum 2.835.000,00 DM
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aus Eigenmitteln aufzubringen 1.018.000,00 DM
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Es war verfehlt aus den Einlagen die nach den im Rechtsstreit unwidersprochen
gebliebenen Fest-stellungen der Staatsanwaltschaft Ende 1988 etwa 1.435.000,00
DM erreicht hatten, vorrangig Gebüh-renansprüche der W. im vollen Umfang zu
erfüllen, obwohl diese aufgrund ihrer Plazierungsgarantie letztlich etwa 320.000,00
DM zu den Kosten der Gesellschaft hätte beitragen müssen. Solange keine
Sicherheiten gestellt wurden, bestand von dem Zeitpunkt an, in dem einerseits zur
weiteren Förderung des Gesellschaftszwecks überhaupt Einla-gegelder eingesetzt
werden durften, andererseits aber auch gleichzeitig die Plazierungsgarantie in
Anspruch genommen werden mußte, eine Aufrech-nungslage.
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Aus einem Kapital von etwa 1.000.000,00 DM hätte jeder Anleger im Fall einer
Auseinandersetzung wegen des Scheiterns des Projekts etwa 2/3 seiner Einlage
zurück erhalten können.
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Aber selbst wenn sämtliche, sogar künftige Gebührenforderungen mit ihrem
Nettobetrag erfüllt worden wären, hätten noch etwa 700.000,00 DM vorhanden sein
müssen.
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Der Verbleib ist unklar, und auch der Beklagte geht von Veruntreuungen aus.
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Darüber hinaus hat der Beklagte aber auch dafür einzustehen, daß das letzte Drittel
der Einlagen nicht mehr verfügbar ist. Nach den ebenfalls unwidersprochen
gebliebenen Feststellungen der Staatsanwaltschaft sind die Einlagen im Laufe des
Jahres 1988 jeweils alsbald nach ihrem Eingang von den Konten abgezogen
worden. Damit waren die Gelder im Jahre 1989, als sie zur Bezahlung der gekauften
Läden benötigt wurden nicht mehr vorhan-den, wobei anzumerken ist, daß
unabhängig von der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob die Darlehens-zusage der
Westhyp vom 15. August 1988 und das Verkaufsangebot vom 29. Dezember 1987
mit der bis zum 31. Dezember 1988 verlängerten Annahmefrist zu beanstanden
waren, das Fehlen des Eigenkapitals der Hauptgrund dafür ist, daß das Darlehen
nicht ausgezahlt und der Kaufvertrag nicht durchgeführt worden ist.
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Wegen der vorzeitigen Freigabe hat der Beklagte es mitzuverantworten, daß dann
trotz der Darlehenszu-sage vom 15. August 1988 auch von diesem Zeitpunkt an die
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Realisierung des Projekts gerade nicht mehr als gesichert angesehen werden
konnte.
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Was der Beklagte im Schriftsatz vom 25. Janu-ar 1994 unter Hinweis auf die
"rentierliche An-lage liquider Mittel" vorbringt, erfordert oder rechtfertigt nicht die
Wiedereröffnung der mündli-chen Verhandlung. Das Vorbringen ist in sich zu unklar
und widersprüchlich. Einerseits wird ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit der W.
vorgelegt, wonach diese eine rentierliche Anlage besorgen sollte, und andererseits
beruft sich der Beklagte auf einen von der KG selbst mit ihrer Komplemen-tärin
abgeschlossenen Darlehensvertrag. Obwohl er bisher vorgebracht hat, die
Gebührenansprüche der W. seien berechtigterweise erfüllt worden, was frühestens
nach dem 15. August 1988 hätte gesche-hen dürfen, behauptet er jetzt, die W. habe
sich im Wege der Aufrechnung befriedigt, ohne daß er-sichtlich ist, daß sie
Darlehensschuldnerin gewe-sen ist. Bezüglich der über 547.900,00 DM hinaus-
gehenden Beträge wird nichts dargelegt. Insgesamt bleibt es dabei, daß große
Beträge in dem Konzern des Geschäftsführers K. "versickert" sind.
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Der Anspruch des Klägers vermindert sich nicht deshalb, weil die Zahlungen einiger
Anleger nicht auf das Treuhandkonto gelangt sind. Wenn der Beklagte für diese
Beträge nicht verantwortlich gewesen sein sollte, so würde sich zugleich der Kreis
der Anspruchsberechtigten, die auf ein Guthaben eines Gesellschaftskontos hätten
zurück-greifen können, verringern.
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Ein Mitverschulden des Klägers ist nicht ersicht-lich. Es ist kein Anhaltspunkt dafür
vorhanden, daß für ihn der Beitritt zur Gesellschaft von vor-neherein als fragwürdig
erscheinen mußte, daß er nach dem Fehlschlagen des Projekts von K. oder ei-ner
der Gesellschaften noch Beträge hätte erlangen können oder daß er durch eine
frühere Inanspruch-nahme des Beklagten diesen in die Lage versetzt hätte, für
Rückzahlungen zu sorgen.
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Die Ersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten waren bei Eingang der
Klage am 27. No-vember 1992 noch nicht verjährt. Wie der Senat in seinem Urteil
vom 10. November 1993 in der Paralellsache 11 U 101/93 ausgeführt hat, gilt zwar
für den Beklagten, der ausdrücklich wegen seiner beruflichen Stellung als
Steuerberater mit der Mittelverwendungskontrolle beauftragt worden ist, die
Verjährungsfrist von 3 Jahren gemäß § 68 StBerG. Der Kläger beruft sich jedoch mit
Erfolg darauf, daß der Beklagte ihn nicht vor Fristablauf über seine mögliche
Verantwortlichkeit und die Verjährung aufgeklärt hat (sogenannter Se-
kundäranspruch). Wegen der Unklarheiten bezüglich des Verbleibs der Gelder mußte
der Beklagte damit rechnen, daß er haftbar gemacht werden könnte.
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Die Beschränkungen dieser Haftung im nicht datier-ten Vertrag über die
Mittelverwendungskontrolle (Ersatzpflicht nur bei Vorsatz oder grober Fahr-lässigkeit;
Subsidiarität; Verjährung binnen 6 Monaten) greifen nicht durch. Das ist unabhängig
davon, ob die Ausführungen der Staatsanwaltschaft zutreffen, der Vertrag sei erst im
Jahre 1989 unterzeichnet worden, denn daß zuvor mit der KG eine weitergehende
Vereinbarung getroffen worden war, ließe sich auch dann nicht feststellen.
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Der Beklagte, der grundsätzlich gemäß § 334 BGB den berechtigten Dritten die
Einwendungen aus dem Vertrag entgegenhalten könnte, setzt sich damit jedoch in
unzulässiger Weise in Widerspruch zu dem auch durch ihn erweckten Anschein. Bei
der Aufnahme und Ausübung seiner Tätigkeit wußte er, welche Angaben hierzu im
Prospekt und in der Beitrittserklärung enthalten waren und für welche Leistungen
einschließlich der Haftung die Anleger einen Anteil aus ihrer Anlage für die Mittelver-
wendungskontrolle zahlten. Ein Vertrag, der diese Regelung weitgehend hinfällig
machte, steht im Gegensatz zu der Tatsache, daß der Beklagte sich in der
Beitrittserklärung ohne Einschränkung als Mittelverwendungskontrolleur hatte
bezeichnen lassen.
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Es geht hier nicht darum, daß der Prospekt falsch wäre. Der Vertrag mit dem
Steuerberater über die Mittelverwendungskontrolle gehörte nach § 10 Abs. 7 des
Gesellschaftsvertrages zu den-jenigen Verträgen, die noch abgeschlossen werden
sollten. Welcher Inhalt vorgesehen war, war im Prospekt angegeben.
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Der Zinsanspruch des Klägers ist dagegen erst ab 4. Dezember 1992 begründet (§§
284, 286, 252 BGB).
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Entgegen den Ausführungen in der Klage hat der Beklagte nicht dafür einzustehen,
daß der Kläger überhaupt seinen Beitritt erklärt und die Einlage gezahlt hat.
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Bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten hätte der Kläger die Einlage nicht
schon am 1. Janu-ar 1989 wieder für eine anderweitige Verwendung zur Verfügung
gehabt. Ein Verzug des Beklagten ist erst ab Zustellung der Klage am 4. Dezember
1992 gegeben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 Abs. 1 ZPO; die Abweisung eines
Teils der Zins-forderung ist nicht verhältnismäßig geringfügig. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreck-barkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer des Beklagten: 21.000,00 DM.
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Beschwer des Klägers: ca. 5.750,00 DM.
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