Urteil des OLG Köln vom 12.01.2001

OLG Köln: firma, herausgabe, geschäftsführer, deckung, anfechtung, besitzer, kaufpreis, verwahrung, form, ausstattung

Oberlandesgericht Köln, 19 U 36/00
Datum:
12.01.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 U 36/00
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 20 O 348/94
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 19.01.2000 verkündete Urteil
des Landgerichts Köln - 20 O 348/94 - wird zurückgewiesen.
Klarstellend wird der Tenor des angefochtenen Urteils wie folgt neu ge-
fasst: 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin fol-gende
Gegenstände Zug um Zug gegen Zahlung von 20.000,00 DM
zurückzugewähren. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
40.396,70 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 05.08.1994 zu zahlen. 3. Es
wird festgestellt, dass der Beklagte ver-pflichtet ist, der Klägerin den
Wertverlust zu ersetzen, den die zurückzugewährenden Gegenstände
vom 05.08.1994 bis zum Zeitpunkt der Rückgewähr erlitten haben. 4.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen. 5. Die Kosten des
Rechtsstreits erster Instanz tra-gen die Klägerin zu 21 % und der
Beklagte zu 79 %. Die Kosten beider Berufungsverfahren werden dem
Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte
kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 90.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher
Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien bleibt nachgelassen,
die jeweils zu leistende Sicherheit durch Bürgschaft einer deutschen
Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu
erbringen.
T a t b e s t a n d :
1
Über das Vermögen der Firma M. GmbH, R.-Straße .., K., wurde durch Beschluss des
Amtsgerichts Köln vom 02.03.1994, Aktenzeichen 73 N 22/94, das Konkursverfahren
eröffnet. Die Klägerin wurde zur Konkursverwalterin über das Vermögen dieser Firma,
deren Geschäftsführer Herr Z. sowie Frau F.-Q. waren, ernannt.
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Die Gemeinschuldnerin befasste sich mit der Durchführung von Werbe- und
Marketingveranstaltungen, der Produktion von Filmen und audio-visuellen Shows.
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Durch schriftliche Kaufverträge vom 22.12.1993 veräußerte der Geschäftsführer der
Gemeinschuldnerin Z. die gesamte Büroausstattung und Büromöbel der
Gemeinschuldnerin zum Kaufpreis von brutto DM 8.000,00 sowie ein "AV und
Computerequipment", wobei es sich zum überwiegenden Teil um hochspezialisierte, für
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die Herstellung visueller und auditiver Medien nutzbare Ausrüstungsgegenstände
handelt, gemäß Aufstellung, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 15 bis 27 d.A. verwiesen
wird, zum Kaufpreis von brutto DM 12.000,00 an den Beklagten.
In beiden an den Beklagten adressierten Rechnungen heißt es, dass die
Gemeinschuldnerin die Gegenstände für den Beklagten verwahre und dieser berechtigt
sei, jederzeit die Herausgabe der Gegenstände zu verlangen.
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Bereits zuvor, am 08.12.1993 hatte der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin Z. an
einen Herrn L. H. die gesamte Video-Studio-Einrichtung der Gemeinschuldnerin sowie
einen vollständigen Computer-Grafik-Arbeitsplatz einschließlich Software, das gesamte
Anlagevermögen der Gemeinschuldnerin, für DM 95.000,00 verkauft. Die Klägerin hat
den Verkauf der Gegenstände an Herrn L. H. erfolgreich angefochten und mit diesem
einen neuen Kaufvertrag über die veräußerten Gegenstände zu einem Kaufpreis von
DM 110.000,00 geschlossen. Mit Herrn L. H. betreibt der Geschäftsführer der
Gemeinschuldnerin Z. unter der Firma S. GmbH in K., F. Straße .., ein Unternehmen der
Branche der Gemeinschuldnerin. Geschäftsführer der Firma S. GmbH ist Herr Z..
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Nachdem die Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin Frau F.-Q. am 14.01.1994
gegen den Willen des Mitgeschäftsführers Z. Konkursantrag gestellt hatte, wurden am
15.01.1994 sämtliche an den Beklagten veräußerten Gegenstände aus den
Räumlichkeiten der Gemeinschuldnerin entfernt und letztlich in die Räumlichkeiten der
Firma S. GmbH verbracht, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob und in welchem
Umfang die Gegenstände von der Firma S. GmbH genutzt werden.
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Die Klägerin hat die Anfechtung der mit dem Beklagten geschlossenen Kaufverträge
gemäß § 31 Nr. 1 KO erklärt und hat in erster Linie Herausgabe der Gegenstände
gemäß § 37 KO sowie für den Fall der Nichtherausgabe Schadensersatz verlangt.
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Nachdem das Landgericht Köln durch Urteil vom 08.05.1996 - gl. Az. - den Beklagten
zur Herausgabe derjenigen Gegenstände Zug um Zug gegen Zahlung von DM
20.000,00 mit Fristsetzung zur Herausgabe verurteilt hat, deren Erwerb der Beklagte
nicht mit Schriftsatz vom 08.03.1995 bestritten hatte, und darüber hinaus festgestellt hat,
dass der Beklagte zum Ersatz des Wertverlustes seit Rechtshängigkeit der Klage bis zur
tatsächlichen Herausgabe verpflichtet ist, sowie die weitergehende Klage gerichtet auf
Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten bei Nichtherausgabe binnen der
gesetzten Frist sowie auf Zahlung von DM 15.000,00 Nutzungsentschädigung
abgewiesen hat, ist durch Urteil des Senats vom 28.02.1997 - 19 U 212/96 - auf die
Berufung des Beklagten das Urteil im Kostenpunkt und insoweit, als der Klage
stattgegeben worden ist, aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen worden.
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Die Klägerin hat behauptet, allein schon die Produkte aus dem Dia-AV-Sektor hätten
einen Marktwert von DM 45.000,00, die Einrichtungsgegenstände einen solchen in
Höhe von DM 193.000,00 besessen. Das lasse auf eine Benachteilungsabsicht des
Geschäftsführers Z. schließen, von der der Beklagte Kenntnis gehabt habe. Der
Beklagte habe mit den erworbenen Gegenständen nichts anfangen können.
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Hilfsweise hat die Klägerin die Nichtigkeit der Kaufverträge gemäß § 138 BGB geltend
gemacht. Hierzu hat sie vorgetragen, es sei zwischen dem Geschäftsführer der
Gemeinschuldnerin Z. und dem Beklagten kein echter Verkauf von
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Anlagegegenständen der Gemeinschuldnerin beabsichtigt gewesen, vielmehr hätten
beide kollusiv und in strafbarer Weise zum Nachteil der Gläubiger der
Gemeinschuldnerin zusammengewirkt. Die Gegenstände würden von der Fa. S. GmbH
genutzt, diese verfüge nicht über eine eigene Ausstattung.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, 1. an die Klägerin folgende
Gegenstände Zug um Zug gegen Zahlung von DM 20.000,00 DM herauszugeben:
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und dem Beklagten zur Herausgabe dieser Gegenstände eine Frist von vier Wochen
nach Rechtskraft des Urteils zu setzen;
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2. an die Klägerin DM 50.911,30 nebst 4 % Zinsen seit dem 05.08.1994 zu zahlen;
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festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Wertverlust zu
ersetzen, den die im Antrag zu 1. herausverlangten Gegenstände vom 05.08.1994 bis
zum Zeitpunkt der Herausgabe erlitten haben.
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
16
Der Beklagte hat behauptet, der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin Z. habe deren
wirtschaftliche Situation nicht gekannt. Dementsprechend habe er nicht in
Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt. Er, der Beklagte, habe ebenso wenig
Kenntnis von einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Geschäftsführers der
Gemeinschuldnerin Z. gehabt. Die in dem Schriftsatz vom 08.03.1995 im einzelnen
aufgeführten Gegenstände habe er nicht erworben. Wegen der diesbezüglichen
Einzelheiten wird auf Bl. 143 f. d.A. verwiesen.
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Der Beklagte hat ferner behauptet, sein Hotel "A.S." in B. werde renoviert und erweitert.
Nach Fertigstellung der Arbeiten beabsichtige er, dort Seminar- und Tagungsräume
einzurichten und mit den erworbenen Gegenständen auszustatten. Die Fertigstellung
des Hotels erwarte er gegen Ende 1994.
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Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher
Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf
das Gutachten des Sachverständigen L. vom 24.07.1997, Bl. 377 ff. a.A., und das
Ergänzungsgutachten vom 05.08.1997, Bl. 404 ff. d.A., das Gutachten des
Sachverständigen S. vom 26.09.1997, Bl. 427 ff. d.A., das Gutachten des
Sachverständigen Ha. vom 05.12.1997, Bl. 445 ff. d.A., das Gutachten des
Sachverständigen Hä. vom 09.01.1999, Bl. 532 ff. d.A. und das Gutachten des
Sachverständigen M. vom 28.07.1999, Bl. 568 ff. d.A. verwiesen.
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Mit Urteil vom 19.01.2000, auf dessen Inhalt wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug
genommen wird, hat das Landgericht die Klage bis auf einen Betrag in Höhe von
10.514,60 DM zugesprochen. Es hat die Anfechtung der Klägerin gemäß § 31 Nr. 1 KO
für wirksam erachtet und dementsprechend den Beklagten gemäß § 37 Abs. 1 KO für
verpflichtet erachtet, die noch vorhandenen Gegenstände herauszugeben bzw.
hinsichtlich der nicht mehr vorhandenen Gegenstände Ersatz zu leisten, soweit die
Klägerin den Wert hat nachweisen können. Das Landgericht hat darüber hinaus dem
Fristsetzungs- und Feststellungsantrag der Klägerin entsprochen.
20
Gegen dieses ihm am 26.01.2000 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit am Montag,
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den 28.02.2000, bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.04.2000 mit einem an diesem
Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Beide Parteien wiederholen und vertiefen in der Berufungsinstanz ihr erstinstanzliches
Vorbringen. Der Beklagte bestreitet insbesondere weiterhin eine Überschuldung der
Gemeinschuldnerin und eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht auf Seiten des Zeugen
Z.. Er behauptet weiterhin, jedenfalls von einer schlechten finanziellen Situation der
Gemeinschuldnerin nichts gewusst zu haben. Er habe die als "Schnäppchen"
erworbenen Gegenstände in der Erwartung gekauft, diese Ende 1994 in seinen
Tagungsräumen verwenden zu können. Letztlich seien seine Pläne Ende 1996 daran
gescheitert, dass die Stadt B. die Baugenehmigung verweigert habe. Er bestreitet auch
das Vorliegen einer inkongruenten Deckung und greift die Sachverständigengutachten
überwiegend mit der Begründung an, dass die Sachverständigen unzulässigerweise
von Schätzungen ausgegangen und die Gutachten daher unverwertbar seien. Im
übrigen bestreitet er, zur Herausgabe verpflichtet zu sein, da er nicht unmittelbarer
Besitzer sei. Ebenso bestreitet er, dass diejenigen Gegenstände, die die
Sachverständigen nicht vorgefunden hätten, zu den von ihm erworbenen Gegenständen
gehört hätten.
22
Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Landgerichts Köln vom 19.01.2000 teilweise abzuändern und die Klage
insgesamt abzuweisen;
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hilfsweise für den Fall der Anordnung einer Sicherheitsleistung dem Beklagten zu
gestatten, diese auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen
Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu erbringen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin vertieft insbesondere ihren Vortrag zur Überschuldung der
Gemeinschuldnerin und weist zum Beleg der Kenntnis des Beklagten von der
Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Zeugen Z. auf dessen widersprüchlichen Vortrag
zu dem Hotelausbau hin.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst allen
Anlagen ergänzend Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung des
Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
31
I.
32
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückübertragung der im
Tenor bezeichneten Gegenstände gemäß §§ 37 i.V.m. 31 Nr. 1 KO zu, allerdings -
33
entsprechend ihrem Antrag - nur Zug um Zug gegen Zahlung von 20.000,00 DM.
1.
34
Das Landgericht hat zu Recht das Vorhandensein einer inkongruenten Deckung bejaht
und die von der Klägerin hierauf gestützte Anfechtung für begründet erachtet. Das
Vorhandensein einer inkongruenten Deckung ist bewiesen durch die erstinstanzlich
eingeholten Sachverständigengutachten. Zwar trifft es zu, dass hierbei zum Teil von
Schätzungen ausgegangen worden ist. Nachvollziehbar ist jedoch die Begründung der
einzelnen Sachverständigen, dass gleichwohl die von ihnen sicherlich eher im unteren
Bereich angesiedelten Schätzungen insgesamt zu einem zutreffenden Ergebnis führen.
Der Senat hat daher ebenso wie das Landgericht, auf dessen Begründung insoweit
ergänzend Bezug genommen wird, keine Bedenken, von den Ergebnissen der
jeweiligen Sachverständigengutachten auszugehen. Angesichts der Tatsache, dass der
Beklagte sämtliche Gegenstände für netto etwas mehr als 17.000,00 DM erworben hat,
diese tatsächlich allein jedoch hinsichtlich der vorgefundenen Gegenstände jedenfalls
einen Wert von netto ca. 70.000,00 DM hatten, steht außer Frage, dass hier von einer
Verschleuderung des Anlagevermögens der Gemeinschuldnerin, mithin von einer
inkongruenten Deckung auszugehen ist. Dies gilt selbst dann, wenn man für die
Tatsache eines "Paketverkaufs" noch einen Abzug vornimmt. Diese Verschleuderung
hat auch objektiv zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt, da die diversen
Gegenstände, wenn sie im Eigentum der Gemeinschuldnerin geblieben wären, deren
Haftungsmasse erheblich erhöht und damit zugleich die Quote für die Gläubiger
verbessert hätte.
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Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass der ehemalige Mitgeschäftsführer der
Gemeinschuldnerin, der Zeuge Z., bei der Veräußerung an den Beklagten in
Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt hat. Im Falle der inkongruenten Deckung
bzw. Verschleuderung reicht es nämlich nach herrschender Ansicht aus, dass der
Schuldner die Benachteiligung der Gläubiger billigend in Kauf nimmt. Schon in der
Tatsache, dass die Gemeinschuldnerin eine inkongruente Deckung gewährt, wird
allgemein ein starkes Beweisanzeichen für das Bewusstsein und den Willen gesehen,
andere Gläubiger zu benachteiligen (Jaeger, Konkursordnung, 9. Aufl., § 31 Rn. 13
m.w.N.). Schon in erster Instanz und erneut in der Berufungsinstanz bestreitet der
Beklagte die Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Zeugen Z. unter Hinweis darauf,
dass dieser die Verkäufe nur durchgeführt habe, um der Gemeinschuldnerin benötigtes
Kapital zuzuführen, weil er diese habe fortführen wollen. Unabhängig davon, dass
Erhebliches gegen die Richtigkeit dieser Darstellung spricht, reicht selbst, wenn dies
zutreffend sollte, dieser Vortrag nicht aus, um die Gläubigerbenachteiligungsabsicht zu
verneinen. Denn die Anfechtung nach § 31 Nr. 1 KO ist nicht schon deshalb
ausgeschlossen, weil der Gemeinschuldner hofft, sein Unternehmen sanieren zu
können. Es müssen vielmehr zur Zeit der angefochtenen Handlung mindestens konkrete
Tatsachen vorliegen, die den Schuldner zu der Erwartung berechtigen, es werde zu
erfolgversprechenden Bemühungen und die Rettung des Unternehmens und damit in
absehbarer Zeit zu einer Befriedigung der Gläubiger kommen. Allein die Erörterung
verschiedener Finanzierungsmöglichkeiten reicht dafür nicht aus (Jaeger, a.a.O., § 31
Rn. 14 m.w.N.). Hier hat die Klägerin unter Bezugnahme auf den Ende November 1993
erstellten Status des Steuerberaters O. vorgetragen, dass sich die Gemeinschuldnerin
Ende November 1993 jedenfalls in einer schweren Krisensituation befand, die nur durch
weiteren Kapitalzufluss, durch Sicherungsübereignung eines erheblichen Teils des
Anlagevermögens sowie durch Bürgschaften der beiden Gesellschafter hätte verbessert
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werden können. Jedenfalls im Zeitpunkt der Veräußerung an den Beklagten, dem
22.12.1993, waren nach dem eigenen Vortrag des Beklagten, den er aus den
Schriftsätzen des Zeugen Z. in dem Verfahren 27 O 300/94 LG Köln zitiert, überhaupt
keine Aussichten dafür gegeben, dass diese Voraussetzungen für eine Fortführung der
GmbH geschaffen werden könnten. Weder war es zu dem Darlehen der Stadtsparkasse
K. gekommen, noch zu der Sicherungsübereignung, noch gar zur Eingehung von
Bürgschaften. Vielmehr war unwidersprochen zu diesem Zeitpunkt bereits das laufende
Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin bei der Stadtsparkasse für weitere Verfügungen
gesperrt, was den Zeugen Z. dazu veranlasst hatte, ein weiteres Konto auf seinen
Namen zu eröffnen, über dass er sodann die Geschäfte der GmbH abwickelte. Selbst
wenn man also den Vortrag des Beklagten zu den Sanierungsabsichten des Zeugen Z.
als wahr unterstellt, gab es im Zeitpunkt der Veräußerung der Gegenstände an den
Beklagten keinerlei konkrete Aussichten, die GmbH aus der Krise zu führen.
Hinzu kommen hier weitere Indizien für die Gläubigerbenachteiligungsabsicht des
Zeugen Z.. So hat dieser unstreitig bereits Anfang Dezember 1993 genau das
Anlagevermögen, das er selbst zuvor der Stadtsparkasse K. als Voraussetzung zur
Gewährung eines Darlehens sicherungsübereignet hatte, an den Zeugen L. H. ebenfalls
in anfechtbarer Weise veräußert. Der Zeuge L. H. hat sich der Anfechtung der Klägerin
gebeugt und sodann anschließend die Videoausstattung von der Klägerin zu einem -
wenn auch nicht eklatant - höheren Kaufpreis erworben, wobei auch dieser Teil der
Ausstattung nunmehr in der Firma S., deren Geschäftsführer Herr Z. jetzt ist, genutzt
wird.
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Auch die Argumentation des Beklagten, der Zeuge Z. habe die Gegenstände an ihn
veräußert, da er die GmbH habe verkleinern wollen, überzeugt nicht. Dies würde
vielleicht noch die Veräußerung eines Teils der technischen Ausrüstung plausibel
machen, nicht aber die Veräußerung der nahezu kompletten Büroausstattung der
Gemeinschuldnerin. Dass es sich bei den veräußerten Gegenständen um die nahezu
komplette Geschäftsausstattung gehandelt hat, folgt nicht zuletzt daraus, dass der
Steuerberater O. im November 1993 noch eine Ausstattung der Gemeinschuldnerin im
Wert von ca. 300.000,00 DM festgestellt hat. Bei der Konkursbilanz vom 02.03.1994 war
aber nur noch eine Betriebs- und Geschäftsausstattung im Wert von 10.000,00 DM
vorhanden.
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Ein weiteres aussagekräftiges Indiz für die Gläubigerbenachteiligungsabsicht des
Zeugen Z. ist, dass er genau einen Tag nach Beantragung des Konkurses über die
Gemeinschuldnerin sämtliche an den Beklagten veräußerten Gegenstände aus den
Geschäftsräumen der Gemeinschuldnerin entfernt hat, obwohl nicht er persönlich,
sondern die Gemeinschuldnerin zur Verwahrung der vom Beklagten erworbenen
Gegenstände verpflichtet war. Er hat die Gegenstände sodann zum Teil in seine eigene
Wohnung gebracht, zum Teil zunächst unter einer bestimmten Adresse untergestellt und
dann bereits kurze Zeit später als Geschäftsausstattung der neu gegründeten Firma S.
genutzt. Letzteres ist nicht nur durch das Protokoll über die polizeiliche Durchsuchung,
sondern besonders nachdrücklich durch die Lichtbilder belegt, die die
Sachverständigen mit den Gutachten übersandt haben. Danach gibt es gar keinen
Zweifel daran, dass der Zeuge Z. die Geschäftsausstattung der Gemeinschuldnerin als
neue Geschäftsausstattung der von ihm seither geführten Firma S. nutzt.
39
2.
40
Ebenso wie das Landgericht hat der Senat keinerlei Zweifel daran, dass die für § 31 Nr.
1 KO erforderliche Kenntnis des Beklagten von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht
des Zeugen Z. bestand. Wird, wie hier, eine inkongruente Deckung gewährt, spricht ein
starkes Beweisanzeichen dafür, dass der Anfechtungsgegner die
Benachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners gekannt hat (Jaeger, a.a.O., § 31 Rn.
18 m.w.N.). Dieses Beweisanzeichen wird hier noch verstärkt durch den Vortrag und
das Verhalten des Beklagten. Sein Vortrag zu den Gründen des Erwerbs der
Büroausstattung und der Dia- und AV-Anlage ist auch nicht ansatzweise glaubhaft. Er
will, ohne den Zeugen Z. näher zu kennen und von diesem nur angesprochen worden
zu sein, die gesamten Gegenstände gekauft haben, ohne genau zu wissen, was er für
seine angeblich geplanten Seminarräume davon wirklich würde gebrauchen können.
Ausweislich der Verträge Bl. 13, 14 d.A., sollte die Gemeinschuldnerin die Sachen
verwahren, wobei dies nach Angaben des Beklagten bis Ende 1994 beabsichtigt war.
Obwohl ausweislich dieser Verträge die Gemeinschuldnerin die Pflicht zur Verwahrung
traf, hat sich der Beklagte nicht etwa, nachdem er von dem Konkursantrag der
Gemeinschuldnerin erfahren hatte, darum bemüht, nunmehr in dem Besitz der
Gegenstände zu gelangen. Obgleich er schon kurze Zeit nach der Konkurseröffnung
wusste, dass die Gegenstände bei der Firma S. waren, hat er nichts unternommen, um
diese zu veranlassen, sie zumindest wieder an die Gemeinschuldnerin, die sich
ausweislich der Verträge zur Verwahrung verpflichtet hatte, zurückzugeben. Er hat sich
vielmehr letztlich seit dem Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages überhaupt
nicht mehr um diese Gegenstände gekümmert, was umso erstaunlicher ist und seinen
Vortrag deshalb so unglaubhaft macht, weil er nunmehr in der Berufungsinstanz vorträgt,
dass - jedenfalls - bereits schon seit 1996 festgestanden haben soll, dass er die
Seminarräume nicht würde bauen können. Jeder redlicher Erwerber, der tatsächlich
etwas für brutto 20.000,00 DM gekauft hat, würde sich spätestens ab diesem Zeitpunkt
bemühen, in irgendeiner Form mit demjenigen, der die Sachen in Verwahrung hat, eine
Vereinbarung zu treffen, entweder dergestalt, dass dieser sie (zurück)kauft, oder ihm
nunmehr ein Nutzungsentgelt zahlt. Nichts hiervon hat der Beklagte getan. Zudem steht
sein Vortrag in der Berufungsinstanz (= im Jahr 2000!) zu dem Scheitern der Pläne im
Jahre 1996 (!) in Widerspruch zu seinem Vortrag erster Instanz, demzufolge bereits im
Jahre 1994 die Bauarbeiten begonnen haben sollen und sozusagen vor der
Fertigstellung standen. Auch ist es völlig unglaubwürdig und ein starkes
Beweisanzeichen für die Kenntnis des Beklagten, dass er Gegenstände, die er
angeblich noch als Seminarraumausstattung nutzen wollte, einer anderen Firma in
deren Geschäftsräumen über Jahre überlässt und hierzu, wie in erster Instanz
geschehen, äußert, ihm sei es egal gewesen, ob die Firma die Gegenstände nutze oder
nicht. So verhält sich niemand, der einen ernstgemeinten Kauf getätigt hat. Soweit der
Beklagte in erster Instanz die Ansicht vertreten hat, er könne die Herausgabe von dem
Zeugen überhaupt nicht verlangen, solange er die Gegenstände nicht wirklich nutzen
könne, steht dies eindeutig in Widerspruch zu den Kaufverträgen, ausweislich derer er
jederzeit die Herausgabe der Gegenstände verlangen konnte.
41
3.
42
Folge der wirksamen Konkursanfechtung der Klägerin ist, dass ihr ein
Rückgewähranspruch gemäß § 37 Abs. 1 KO zusteht. Dieser Rückgewähranspruch ist
ein Verschaffungsanspruch, so dass das Argument des Beklagten, er sei gar nicht
unmittelbarer Besitzer und könne daher nicht herausgeben, nicht durchgreift. Denn der
Rückgewähranspruch geht auf Übereignung. Diese ist auch möglich, wenn, wie hier,
der Anfechtungsgegner nicht unmittelbarer Besitzer ist. Er kann dann nämlich die Sache
43
durch Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den unmittelbaren Besitzer
übereignen. Hierzu ist er nach § 37 Abs. 1 KO auch verpflichtet (Jaeger, a.a.O., § 37 Rn.
95). Da die Klägerin vorliegend stets den Anspruch aus § 37 KO geltend gemacht hat,
war der Tenor der Verurteilung zu Ziffer 1. insoweit klarstellend dahin abzuändern, dass
eben nicht Herausgabe, sondern Rückübertragung Zug um Zug gegen Zahlung der
20.000,00 DM geschuldet wird. Da somit das Urteil im Ergebnis insoweit auf die Abgabe
einer Willenserklärung gerichtet ist, bedurfte es keiner Fristsetzung nach Rechtskraft des
Urteils (§ 894 ZPO).
II.
44
Soweit sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung in Höhe von 40.396,70
DM mit der Begründung wendet, dass diejenigen Gegenstände, die die
Sachverständigen nicht vorgefunden hätten, nicht zu den von ihm erworbenen
Gegenständen gehören, ist dies unerheblich, da er insoweit an sein erstinstanzliches
Geständnis im Schriftsatz vom 08.11.1995 (Bl. 143 f. d.A.) gebunden ist. Er hat damals
ausdrücklich nur die dort aufgeführten Gegenstände als diejenigen bezeichnet, die von
ihm nicht erworben worden sind. Dem ist das Landgericht gefolgt, in dem es insoweit
(rechtskräftig) zu Lasten der Klägerin entschieden hat.
45
Bei der Verurteilung zur Zahlung von 40.396,70 DM handelt es sich aber entgegen der
Ansicht des Landgerichts nicht um ein Wertersatzanspruch anstelle des unmöglich
gewordenen Rückgewähranspruchs, sondern um einen Schadensersatzanspruch
gemäß §§ 990 Abs. 2, 286 BGB.
46
Ein Wertersatzanspruch steht als Sekundäranspruch dem Konkursverwalter zu, wenn
die Rückgewähr des anfechtbar veräußerten Gegenstands unmöglich geworden ist.
Dabei wird der Wertersatz nach der Minderung des Vermögens des Gemeinschuldners
berechnet; der maßgebliche Zeitpunkt insoweit ist nach herrschender Ansicht der des
Schlusses der letzten Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess (Jaeger a.a.O. §
37 Rn. 86 ff., 111 ff., jeweils mit zahlreichen w.N.). Der Wertersatzanspruch zielt also auf
die Wiederherstellung der Vermögenslage, die ohne die anfechtbare Handlung im
Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung bestehen würde. In diesem
Zusammenhang sind auch Wertminderungen des anfechtbar weggegebenen
Gegenstands zu berücksichtigen. Sie mindern den Wertersatzanspruch dann, wenn sie
auch im Vermögen des Gemeinschuldners eingetreten wären. Unterstellt, die
Gemeinschuldnerin hätte die Büromöbel und die übrigen Gegenstände weiterhin in
ihrem Besitz gehabt, hätten sie auch dort infolge des Zeitablaufs vielleicht nicht einen
gleich hohen, aber jedoch einen ähnlichen Wertverlust infolge der Abnutzung erlitten,
wie sie ihn nunmehr im Zeitpunkt der Entscheidung in der Berufungsinstanz aufweisen.
47
Der Beklagte ist gleichwohl zur Zahlung des vom Landgericht (der Höhe nach jedenfalls
nicht zu seinen Lasten) ermittelten Schadens verpflichtet. Der Anspruch der Klägerin
folgt aus §§ 990 Abs. 2, 286 BGB in Form des sogenannten Vorenthaltungsschadens
(siehe hierzu ausführlich Jaeger, a.a.O., § 37 Rn. 111 ff.). Denn die Klägerin hätte die
Gegenstände, wären sie in der Masse verblieben, früher verwerten können als im
jetzigen Zeitpunkt, nachdem der Anfechtungsprozess durch mehrere Instanzen geführt
werden musste. Sie hätte bei der früheren Verwertung einen höheren Preis erzielen
können, als ihr dies nunmehr infolge der Entwertung durch Zeitablaufs möglich wäre.
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Der Senat folgt dem Landgericht aber insoweit, als dieses die Ausführungen der
49
Sachverständigen als ausreichend zur Ermittlung und zum Nachweis der Werte der
nicht mehr vorhandenen Gegenstände angesehen hat. Auf die diesbezüglichen
Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Zwar haben
die Sachverständigen hinsichtlich der nicht mehr vorhandenen Gegenstände deren
Verkehrswert zum Zeitpunkt Ende 1993 ermittelt, und der Beklagte befindet sich
ausweislich der Akten erst durch Klageerhebung seit dem 05.08.1994 in Verzug.
Gleichwohl hält es der Senat angesichts der Kürze der seit Ende 1993 abgelaufenen
Zeit nicht für erforderlich, hier noch einen Abzug von den von den Sachverständigen
ermittelten Werten vorzunehmen.
III.
50
Letztlich hat das Landgericht auch dem Feststellungsantrag der Klägerin zu Recht
entsprochen. Auch insoweit wird der Beklagte den Wertverlust als
Vorenthaltungsschaden aus Verzugsgesichtspunkten zu ersetzen haben, wobei der
Klägerin eine Bezifferung ihres Schadens derzeit noch nicht möglich ist, da hierfür eine
Bewertung im Zeitpunkt der Rückgewähr erforderlich ist und derzeit noch nicht feststeht,
wann diese erfolgen wird.
51
IV.
52
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
53
V.
54
Hinsichtlich der Streitwerte sah sich der Senat veranlasst, diese entsprechend den
Werten der Gegenstände insgesamt neu festzusetzen:
55
1.
56
Streitwert bis 08.05.1996: 191.731,30 DM (Rückgewähranspruch: 156.731,30 DM;
Nutzungsentgelt: 15.000,00 DM; Feststellungsantrag: 20.000,00 DM)
57
2.
58
Vom 09.05.1996 bis 19.01.2000: 146.731,30 DM (Rückgewähranspruch: 126.731,30
DM; Feststellungsantrag 20.000,00 DM)
59
3.
60
Danach: 136.216,70 DM (Rückgewähranspruch und Wertersatz: 116.216,70 DM;
Feststellungsantrag: 20.000,00 DM).
61
Wert der Beschwer für den Beklagten: 136.216,70 DM.
62