Urteil des OLG Köln vom 11.08.1997
OLG Köln (zpo, beschwerde, auskunft, versicherung, hauptsache, abgabe, antrag, teil, bestand, besitzer)
Oberlandesgericht Köln, 19 W 25/97
Datum:
11.08.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 W 25/97
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 21 0 23/90
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen die
Kostenentscheidung im Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts
Köln vom 7.5.1997 - 21 0 23/90 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2.
Der Streitwert wird gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG wie folgt neu
festgesetzt: a) für das Verfahren erster Instanz: bis zur
übereinstimmenden Teilerledigungserklärung im Termin vom 5.4.1990:
12.000,00 DM danach : 1.968,80 DM b) für das Beschwerdeverfahren:
2.511,80 DM
G r ü n d e :
1
I.
2
Die Parteien sind zusammen mit drei weiteren Geschwistern zu je 1/5 Anteil Miterben
am Nachlaß des am 13.1.1987 verstorbenen Herrn J.R.. Der Beklagte erwarb mit
Hofübergabevertrag vom 18.12.1980 den in W. gelegenen landwirtschaftlichen Besitz
des Erblassers, der einen Hof im Sinne der Höfeordnung darstellt.
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Mit der im Januar 1990 bei Gericht eingegangenen Klage verlangt die Klägerin vom
Beklagten im Wege der Stufenklage in erster Linie Auskunft über den hoffreien Nachlaß
durch Vorlage eines Nachlaßverzeichnisses und Abgabe einer entsprechenden
eidesstattlichen Versicherung der Richtigkeit der zu erteilenden Auskunft; hilfsweise hat
die Klägerin die Erteilung von Auskunft über Schenkungen des Erblassers in den letzten
10 Jahren vor dessen Tod sowie die Abgabe einer entsprechenden eidesstattlichen
Versicherung und die Zahlung eines Pflichtteils in Höhe von mindestens (8.461,55 DM
abzüglich gezahlter 6.533,40 DM =) 1.928,15 DM begehrt. Im Termin zur mündlichen
Verhandlung vom 5.4.1990 haben die Parteien das Auskunftsbegehren und das
Begehren auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung in der Hauptsache
übereinstimmend für erledigt erklärt. Den Antrag auf Zahlung eines Pflichtteils von
mindestens 1.928,15 DM (Antrag Ziffer 3 c) hat die Klägerin im Verhandlungstermin vom
17.4.1997 für erledigt erklärt; der Beklagte hat dieser Erledigungerklärung
widersprochen. Das Landgericht hat durch Urteil vom 7.5.1997 festgestellt, daß die
Hauptsache (Antrag Ziffer 3 c) erledigt ist; die Kosten des Rechtsstreits hat es gemäß §
91 a ZPO der Klägerin auferlegt. Mit ihrer fristgerecht eingegangenen sofortigen
Beschwerde erstrebt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten in die Kosten des
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Rechtsstreits.
II.
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Das Rechtsmittel der Klägerin hat keinen Erfolg.
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Die von der Klägerin eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig.
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Soweit sie sich gegen den auf die übereinstimmende Teilerledigungserklärung vom
5.4.1990 bezüglich des Begehrens auf Erteilung von Auskunft und auf Abgabe einer
eidesstattlichen Versicherung entfallenden Teil der Kostenentscheidung richtet, ergibt
sich die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde aus § 91 a Abs. 2 ZPO.
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Soweit sich die Klägerin gegen den Teil der Gesamtkostenentscheidung wendet, der
den durch streitiges Urteil vom 7.5.1997 entschiedenen Teil des Rechtsstreits betrifft, ist
die sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung der Grundsätze zur
Anfechtung einer fehlerhaften Entscheidung (vgl. dazu: Zöller/Gummer, ZPO, 20. Aufl.,
Vorbem. 28 ff. vor § 511) als statthaft anzusehen. Auszugehen ist zwar von dem in § 99
Abs. 1 ZPO geregelten Grundsatz der Unzulässig-
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keit einer isolierten Anfechtung gerichtlicher Entscheidungen im Kostenpunkt. Ist über
die Hauptsache und die Kosten entschieden, kann die Kostenentscheidung nur
zusammen mit der Hauptsache angefochten werden. Ist der Rechtsmittelführer durch die
Entscheidung in der Hauptsache aber nicht beschwert, könnte er eine ihn belastende
Kostenentscheidung nicht anfechten. Hat das erstinstanzliche Gericht - wie hier - die
Teilerledigung der Hauptsache festgestellt, insoweit aber gleichwohl den Kläger im
Kostenpunkt beschwert, muß dem so belasteten Kläger ein Rechtsmittel eröffnet werden
(OLG Celle NJW 1964, 598, 599; OLG Oldenburg NJW-RR 1993, 1339, 1340;
Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 91 a Rn. 49 m.w.N.).
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Die sofortige Beschwerde ist jedoch sachlich unbegründet.
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Die bezüglich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits nach §
91 a ZPO getroffene Kostenentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend
hat das Landgericht insoweit die Kosten der Klägerin auferlegt, da sie - bei streitiger
Entscheidung - in Ansehung des Auskunftsbegehrens und des Begehrens auf Abgabe
einer eidesstattlichen Versicherung unterlegen wäre.
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Der Klägerin stand kein Auskunftsanspruch in Bezug auf den Nachlaß gegen den
Beklagten aus § 2314 BGB zu, weil sie nicht lediglich Pflichtteilsberechtigte, sondern
vielmehr - wie sie in der Klageschrift vorträgt - Miterbin nach dem verstorbenen Herrn
J.R. war. Als Gesamthänder konnte sich die Klägerin jederzeit selbst über den Bestand
und den Wert des Nachlasses in Kenntnis setzen und dazu ggfls. die Mitwirkung der
übrigen Miterben verlangen (BGH NJW 1973, 1876).
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Ein Auskunftsanspruch aus § 2027 BGB bestand bei Klageerhebung (19.1.1990) nicht,
weil der Beklagte Besitzer des hoffreien Erblasservermögens nicht aufgrund eines
angemaßten Erbrechts war.
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Als rein tatsächlicher Besitzer des hoffreien Vermögens war der Beklagte vielmehr nach
§ 242 BGB gegenüber den übrigen Miterben - darunter: der Klägerin - auskunftspflichtig.
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Dieser Auskunftspflicht war der Beklagte jedoch bereits vorprozessual nachgekommen,
indem er der Klägerin mit Schreiben vom 14.4.1987 (Anl. 2 - Bl. 49 d.A.) und vom
19.2.1988 (Anl. 3 - Bl. 50 ff. d.A.) Auskunft über das Vermögen des Erblassers erteilte.
Zur Aufnahme eines Nachlaßverzeichnisses nach § 260 Abs. 1 BGB war der Beklagte,
der nicht Erbschaftsbesitzer im Sinne von § 2018 BGB war, als tatsächlicher
Nachlaßbesitzer nicht verpflichtet.
Soweit der Beklagte im Verhandlungstermin vom 5.4.1990 Fragen der Klägerin nach
einzelnen Nachlaßgegenständen beantwortet hat, hat er den entsprechenden
Auskunftswunsch sofort anerkannt, ohne zur Stellung dieser Fragen Veranlassung im
Sinne von § 93 ZPO gegeben zu haben, so daß der Klägerin insoweit ebenfalls die
Kosten des Verfahrens zur Last fielen.
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Was die Schenkungen anbetrifft, bezüglich derer die Klägerin hilfsweise Auskunft
erstrebt hat, bestand ein Auskunftsanspruch allein bezüglich etwaiger Schenkungen des
Erblassers an den Beklagten selbst (§§ 2329 I, 2325 I BGB). Auch insoweit hatte der
Beklagte vorprozessual Auskunft erteilt mit Schreiben vom 19.2.1988 (Anl. 3 - Bl. 50 ff.
d.A.).
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Etwaige Schenkungen an die Familie des Beklagten oder an Dritte sind von vornherein
von einer Auskunftspflicht nach § 2325 BGB nicht umfaßt, weil die Klägerin nicht bloße
Pflichtteilsberechtigte, sondern Miterbin ist; ein pflichtteilsergänzungsberechtigter
Miterbe hat grundsätzlich keinen Auskunftsanspruch aus § 2325 BGB gegen andere
Miterben (KG MDR 1973, 500; Palandt/Edenhofer, BGB, 56. Aufl., § 2325 Rn. 2).
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Ein Anspruch auf Erteilung einer eidesstattlichen Versicherung der Richtigkeit der
erteilten Auskünfte bestand im Zeitpunkt der übereinstimmenden
Teilerledigungserklärung (5.4.1990) nicht, weil die Voraussetzungen des § 260 Abs. 2
BGB nicht dargetan waren; es fehlte an dem zur Begründung eines solchen Anspruches
notwendigen Vorbringen, daß Grund zu der Annahme bestehe, daß das - noch zu
erstellende - Verzeichnis (des Nachlasses) nicht mit der erforderlichen Sorgfalt
aufgestellt worden ist.
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Soweit sich die Klägerin gegen die Überbürdung der auf den streitigen Teil des Urteils
vom 7.5.1997 entfallenden Kosten wendet, bleibt die sofortige Beschwerde ebenfalls
ohne Erfolg. Fehl geht allerdings die Begründung der angefochtenen
Kostenentscheidung, soweit die Verteilung der Kosten des streitig entschiedenen Teiles
des Rechtsstreits nach § 91 a ZPO zu erfolgen habe. Nach einer einseitigen
Erledigungserklärung - eine entsprechende Erklärung hat die Klägerin im
Verhandlungstermin vom 17.4.1997 hinsichtlich des Antrages Ziffer 3 c) abgegeben -
streiten die Parteien nur noch über die Feststellung der Erledigung und die Kosten, über
die nicht nach § 91 a ZPO, sondern nach §§ 91, 93 ZPO zu entscheiden ist (BGHZ
83,12,15 m.w.N.; OLG Oldenburg a.a.O.; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 91 a Rn. 47
m.w.N. auch zu der vom Landgericht vertretenen Gegenmeinung). Die Kosten des
streitig gebliebenen Teils - nämlich des Antrags auf Zahlung eines "nach
Auskunftserteilung zu errechnenden Pflichtteils, mindestens in Höhe von ..." - sind zu
Recht der Klägerin auferlegt worden, weil der Beklagte zur Tragung der Prozeßkosten
nicht verpflichtet war. Dem steht nicht entgegen, daß das Landgericht auf die
Teilerledigungserklärung der Klägerin die Feststellung dieser Erledigung
ausgesprochen hat. Der Tenor der landgerichtlichen Entscheidung ist anhand der
Entscheidungsgründe und des Beschwerdevorbringens dahin zu verstehen, daß die
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Klägerin mit der Erledigungserklärung primär einen Kostenantrag stellen wollte. Dieser
Antrag hat jedoch streitwertmäßig und damit auch kostenmäßig keine Bedeutung, da
über die Kosten des Rechtsstreits von Amts wegen (§ 308 Abs. 2 ZPO) zu entscheiden
war. Sein Streitwert ist mit 0,00 DM anzusetzen.
Auch wenn das Landgericht insoweit die Feststellung der Erledigung des Antrages
Ziffer 3 c) ausgesprochen hat, führt dies hier nicht zu einer kostenmäßigen Beteiligung
des Beklagten an den Verfahrenskosten, so daß sich die Gesamtkostenentscheidung
des Landgerichts im Endergebnis als zutreffend erweist.
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Die sofortige Beschwerde muß daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als
unbegründet zurückgewiesen werden.
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