Urteil des OLG Köln vom 23.04.2002
OLG Köln: beschlagnahme, einziehung, beweismittel, auflage, verfahrensgegenstand, erstmaliger, sicherstellung, geeignetheit, rechtskraft, anfechtung
Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 183/02
Datum:
23.04.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 183/02
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer
auferlegt.
G r ü n d e
1
I.
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In dem gegen den Beschuldigten wegen des Verdachts des Betruges geführten
Ermittlungsverfahren ist auf Anordnung des Amtsgerichts Heinsberg am 22. Januar
2002 das Wohnhaus des Beschwerdeführers in I durchsucht worden. Dabei sind
mehrere Gegenstände sichergestellt worden. Auf die als Antrag gemäß § 98 Abs. 2 S. 2
StPO auszulegende Beschwerde des Beschuldigten vom selben Tag hat die
Staatsanwaltschaft am 29. Januar 2002 beantragt, die Beschlagnahme von
sichergestellten Aktenordnern, Telefonkarten sowie eines PC-Towers anzuordnen.
Sämtliche Gegenstände kamen nach Auffassung der Ermittlungsbehörde als
Beweismittel in Betracht, der Computer zusätzlich auch als Einziehungsgegenstand.
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Durch Beschluss vom 4. Februar 2002 hat das Amtsgericht die Gegenstände (nur) als
Beweismittel (§ 94, 98 StPO) beschlagnahmt.
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Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beschuldigten vom 6. Februar 2002 hat die 5.
große Strafkammer des Landgerichts Aachen durch Beschluss vom 13. März 2002 (65
Qs 18/02) als unbegründet verworfen. Hinsichtlich des Computers hat das Landgericht
in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Beschlagnahme werde zusätzlich auf die
Vorschriften der §§ 111 c Abs. 1, 111 b StPO gestützt. Es seien nämlich Gründe für die
Annahme vorhanden, dass die Voraussetzungen für die Einziehung dieses
Gegenstandes nach § 74 Abs. 1 StGB vorliegen.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit persönlichem Schreiben vom 18. März
2002 eingelegte weitere Beschwerde des Beschuldigten.
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II.
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Das Rechtsmittel ist als unzulässig zu verwerfen. Der angefochtene Beschluss ist vom
Landgericht auf eine Beschwerde hin erlassen worden. Nach § 310 Abs. 2 StPO findet
eine weitere Anfechtung der in der Beschwerdeinstanz ergangenen Entscheidungen
nicht statt, sofern sie nicht Verhaftungen oder die einstweilige Unterbringung betreffen;
ein solcher Fall liegt nicht vor.
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Dies gilt hinsichtlich der beschlagnahmten Ordner und Telefonkarten ohne weiteres,
denn sowohl Amtsgericht, als auch Landgericht haben die Beschlagnahme dieser
Gegenstände auf den rechtlichen Gesichtspunkt der §§ 94, 98 StPO (Geeignetheit als
Beweismittel) gestützt.
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Auch hinsichtlich der Beschlagnahme des Computers ist für den Beschwerdeführer eine
weitere Anfechtungsmöglichkeit nicht eröffnet. Diese wird nicht dadurch begründet, dass
das Landgericht die Anordnung der Maßnahme zwecks Sicherung einer eventuellen
späteren Einziehung zusätzlich auf die §§ 111 b, 111 c StPO gestützt hat. Durch § 310
Abs. 1 StPO sollen zwei aufeinander folgende Rechtmittel ausgeschlossen werden,
welche denselben Verfahrensgegenstand betreffen. Damit soll verhindert werden, dass
die rechtliche oder tatsächliche Würdigung desselben Lebenssachverhalt zum dritten
Mal zur Überprüfung gestellt wird (Löwe/Rosenberg-Gollwitzer, StPO, 24. Auflage, § 310
Rdnr. 4). Verfahrensgegenstand ist vorliegend die durch die polizeiliche Sicherstellung
der Gegenstände am 22. Januar 2002 bewirkte Besitzentziehung des
Beschwerdeführers und die rechtliche Überprüfung des durch diese Zwangsmaßnahme
begründeten staatlichen Gewahrsams. Diese Frage ist in beiden Vorinstanzen zu
Lasten des Beschwerdeführers entschieden worden. Liegt dem Verfahren aber - so wie
hier - durchgehend derselbe Gegenstand zugrunde, kommt es für die Beurteilung der
Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht auf die rechtlichen Gesichtspunkte an, mit
denen die Entscheidungen jeweils begründet worden sind (OLG Hamm NJW 70, 2127;
KK-Engelhardt, StPO, 4. Auflage, § 310 Rdnr. 3). So hätte bereits das Amtsgericht - und
zwar unabhängig von dem zuvor gestellten Antrag der Staatsanwaltschaft - die
Beschlagnahme (auch) auf den Aspekt der Sicherung der Einziehung (§§ 111b, 111c
StPO, 74 StGB) stützen können. Es ist somit keine Fallgestaltung gegeben, bei der über
einen außerhalb oder neben der eigentlichen Beschwerde liegenden Antrag
entschieden worden wäre und die gegebenenfalls eine weitere Anfechtungsmöglichkeit
hätte rechtfertigen können (vgl. BayObLG 51, 340; nach Ansicht des OLG Hamm soll
allerdings bei Aufhebung des Beschlusses auf Gegenvorstellung hin und
anschließender erneuter Entscheidung des Beschwerdegerichts in der Sache keine
weitere Beschwerde eröffnet sein: GA 62, 381). Es liegt ferner keine eigenständige, über
das Beschwerdebegehren hinausgehende Entscheidung des Rechtsmittelgerichts vor.
Den insoweit von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen lagen Sachverhalte
zugrunde, bei denen in der Beschwerde über andere Verfahrensgegenstände
(BayObLG 57, 40; HansOLG Hamburg MDR 78, 864) bzw. im Rahmen eines gänzlich
anderen Rechtmittelszuges (Berufung) entschieden worden war (OLG Celle NdsRpfl 75,
222).
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Schließlich rechtfertigt auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer durch die
Anordnung gemäß §§ 111 b, 111 c StPO erstmals durch die Entscheidung des
Landgerichts beschwert worden ist (in der künftigen Hauptverhandlung könnte gemäß §
74 StGB die Einziehung des Computers angeordnet werden, was bei Eintritt der
Rechtskraft des Urteils zum endgütigen Eigentumsverlust des Beschuldigten führen
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würde), eine weitere Anfechtungsmöglichkeit nicht. Auch in einem Fall erstmaliger oder
zusätzlicher Beschwer im Rechtsmittelzug wird nach einhelliger Ansicht in
Rechtsprechung und Literatur (vgl. statt aller: Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45.
Aufl., § 310 Rdn. 1 m. w. N.) die weitere Beschwerde durch § 310 Abs. 2 StPO
ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
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Doleisch von Dolsperg Heidemann Conzen
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