Urteil des OLG Köln vom 02.02.2000

OLG Köln: auflage, pension, rahm, auskunft, scheidung, versorgung, anwartschaft, bureau, treue, härtefall

Oberlandesgericht Köln, 27 UF 314/99
Datum:
02.02.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
27 UF 314/99
Vorinstanz:
Amtsgericht Geilenkirchen, 2a F 158/98
Tenor:
Die Beschwerde der Landesversicherungsanstalt Westfalen gegen die
Entscheidung des Versorgungsausgleichs im Verbundurteil des
Amtsgerichts - Familiengericht-Geilenkirchen vom 16.11.1999 - 2a F
158/98 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens
trägt die pp..
Gründe
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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
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Zu Unrecht beanstandet die Beschwerdeführerin die Entscheidung des Amtsgerichts
zum Versorgungsausgleich. Nach der von der Beschwerdeführerin vorgelegten
Auskunft des Stichting Bureau voor duitse Zaken vom 30.9.1999 steht dem
Antragsgegner eine Anwartschaft auf eine sogenannte AOW-Pension niederländischen
Rechts mit einem Ehezeitanteil von monatlich brutto 34,60 hfl. zu. Diese Anwartschaft ist
bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs jedoch unberücksichtigt zu lassen.
Der Senat hat in der Entscheidung vom 30.11.1999 - 27 UF 212/99 - folgendes
ausgeführt:
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Die Altersrente nach dem Allgemeinen Altersgesetz ( Algemene Ouderdomswet-AOW)
vom 31.Mai 1956 ( Staatsblad Nr. 281) garantiert in den Niederlanden eine Grundrente
als Minimalversorgung. Hierbei handelt es sich um eine aus Steuermitteln gespeiste
Volksrente, auf deren Höhe die Dauer des Arbeitlebens und der Ehe ohne Einfluß sind
(vgl. Rahm/Künkel/Paetzold, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, VIII Rn.989).
Nach § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB bleiben Anwartschaften oder Aussichten, die weder mit
Hilfe des Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten begründet oder aufrechterhalten
worden sind, für den Versorgungsausgleich außer Betracht. Dieser Regelung liegt der
Gedanke zugrunde, dass auf andere Weise erworbene Versorgunganrechte nicht auf
einer gemeinsamen Lebensleistung der Ehegatten beruhen und damit nach dem Prinzip
des Versorgungsausgleichs den Ausgleich nicht rechtfertigen würden ( Dörr in:
Münchener Kommentar zum BGB, 3.Auflage, § 1587 Randnote 23). Volksrenten, die -
wie die niederländische AOW-Pension - unabhängig von den Aufwendungen sind, die
der einzelne für den Erwerb getroffen hat, und die auf dem Grundsatz der
Einwohnersicherung beruhen, sind deshalb in den Versorgungsausgleich nicht
einzubeziehen ( Dörr a.a.O.Rn.24; Staudinger/Eichenhofer, BGB, 13.Auflage, § 1587
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Rn. 27; Rolland, 1.EheRG, 2.Auflage, § 1587 Rn. 12a; Johannsen/Henrich, EheR,
3.Auflage, Art. 17 EGBGB Rn. 69; Borth Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rn.882;
Rahm/Künkel/Paetzold VIII R.989,992,1073 ausdrücklich zur AOW-Pension; vgl. OLG
Bamberg FamRZ 1980, 62 zur schwedischen Volksrente; Beschluß des Senats vom
10.11.1999 - 27 UF 38/99 -). Eine - soweit ersichtlich - vereinzelt vertretene
Gegenansicht hält der überwiegenden Meinung entgegen, auch in der Deutschen
gesetzlichen Rentenversicherung liege einem Teil der Rentenleistungen ein
steuerfinanzierter Bundeszuschuss zugrunde, wobei auch diese Leistungen in den
Versorgungsausgleich einzubeziehen seien ( Glockner in: MünchKomm zum BGB,
3.Auflage, § 1587a Rn. 402). Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht
anzuschließen. Die gesetzliche Rentenversicherung nach deutschem Recht beruht
unabhängig davon, ob und in welchem Umfang Bundeszuschußhöhe gewährt werden,
auf dem Beitragsprinzip, während ausländische " Volksrenten" ihre Grundlage nicht in
vorausgegangenen Leistungen des Anspruchsberechtigten haben, sondern allein aus
dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert werden. Derartige nicht durch eigene
Leistungen der Ehegatten bedingte Versorgunganrechte sollen aber nach dem in §
1587 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerten Willen des Gesetzgebers vom
Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden (vgl. Senatsbeschluß einst 0.11.1999).
Teilweise wird die Auffassung vertreten, das völlige Außerachtlassen von Volksrenten
könne im Einzelfall zu unbilligen Ergebnissen führen, die durch § 1587 c Nr. 1 BGB
korrigiert werden müßten (vgl. Rahm/Künkel/Paetzold VIII RN. 1074; Rolland a.a.O.). Ob
diese Ansicht beigepflichtet werden kann, mag hier auf sich beruhen. Gemäß § 1587c
Nr. 1 BGB findet ein Versorgungsausgleich nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des
Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere
des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit
der Scheidung, unbillig wäre. § 1587 c BGB setzt strengere Maßstäbe, als sie bei der
Prüfung eines Verstoßes gegen Treue und Glauben nach § 242 BGB anzulegen sind,
so dass allgemeine Billigkeitserwägungen hierfür nicht genügen (BGH FamRZ 81,756).
Die Anwendung der Harteregelung des § 1587 c Nr. 1 BGB kommt viel mehr nur in
Betracht, wenn die starre Durchführung des Versorgungsausgleichs seinem
Grundgedanken, ähnlich für beide Ehegatten nach der Scheidung den Grundstock zu
einer eigenständigen Alterssicherung zu legen und dadurch auch den sozial
schwächeren Ehegatten zu wirtschaftlicher Selbständigkeit zu verhelfen, in
unerträglicher Weise widersprechen würde (BGH FamRZ 1982,258; 1993,1217). An die
Einbeziehung einer Volksrente sind, sofern diese überhaupt statthaft ist, besonders
strenge Anforderungen zu stellen. Dar eine Einstellung der Volksrente in den
Versorgungsausgleich auf Seiten des Ausgleichsberechtigte das in § 1587 Abs. 1 Satz
2 BGB zum Ausdruck gebracht wird Ausgleichsprinzip untergraben würde, kann nur im
krassen Härtefällen eine Anwendung des § 1587 c Nr. 1 BGB erwogen werden
(Rahm/Künkel/Paetzold VIII Rn. 1074).
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Der Senat sieht keinen Anlaß, von dieser im Beschluß vom 30.11.1999 - 27 UF 212/99 -
geäußerte Auffassung abzuweichen.
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Ein solcher aus gewöhnlicher Härtefall liegt hier nicht vor. Im Rahmen des § 1587 c Nr.
1 BGB kommt unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Ungleichgewichts eine
Koch zum des Versorgungsausgleichs allgemein in Betracht, wenn der
ausgleichsberechtigte Ehegatten bereits eine ausreichende Versorgung hat, während
der Verpflichtete auf die von ihm erworbene Versorgung Anrechte dringend angewiesen
ist (BGH FamRZ 1989, 492). Wie die Auskunft der pp. über die von dem Antragsgegner
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selbst erworbenen Rentenanwartschaft zeigt, verfügt dieser noch nicht über eine
genügende Altersversorgung. Dies gilt auch dann, wenn die in der Auskunft des
Stichting Bureau voor duitse Zaken vom 30.9.1999 genannte niederländische
Volksrente einbezogen wird. Hinzu kommt, daß die AOW-Pension, bezogen auf die
Ehezeit, nur 34,60 hfl brutto im Monat ausmacht und daher verhältnismäßig geringfügig
ist.
Es hat daher bei der Entscheidung des Amtsgerichts zu verbleiben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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Beschwerdewert: 1.000,00 DM
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