Urteil des OLG Köln vom 16.05.2001

OLG Köln: fristlose kündigung, wichtiger grund, ordentliche kündigung, treu und glauben, firma, gespräch, angemessene frist, geschäftsbeziehung, widersprüchliches verhalten, agb

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 13 U 207/00
16.05.2001
Oberlandesgericht Köln
13. Zivilsenat
Urteil
13 U 207/00
Landgericht Bonn, 18 O 173/00
Die Berufung des Beklagten gegen das am 20. Juli 2000 verkündete
Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 18 O 173/00 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten
auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt
nachgelassen, die Zwangs-vollstreckung durch Hinterlegung oder
Sicherheitsleistung in Höhe von 130.000,00 DM abzuwenden, falls nicht
die Klägerin ihrerseits vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit
leistet. Beide Parteien können Sicherheit auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank,
öffentlich-rechtlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank leisten.
T a t b e s t a n d
Die Klägerin nimmt den Beklagten im Wege einer Teilklage in Höhe von 100.000,00 DM
aus einer Höchstbetragsbürgschaft vom 10.11.1998 in Anspruch.
Der Beklagte war einer von zwei geschäftsführenden Gesellschaftern der M.-G.-H. GmbH,
mit der die Klägerin viele Jahre in ständiger Geschäftsbeziehung stand. Dieser lagen die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin zugrunde, auf deren Inhalt Bezug
genommen wird (Blatt 37 ff GA). Als das von der M.-G.-H. GmbH (im Folgenden:
Hauptschuldnerin) bei der Klägerin unterhaltene laufende Konto mit der Nr. 0 00 am
10.11.1998 mit 927.416,00 DM im Soll stand, übernahm der Beklagte mit
Bürgschaftsurkunde vom 10.11.1998 (Blatt 6 f GA) die selbstschuldnerische Bürgschaft bis
zum Höchstbetrag von 450.000,00 DM für alle bestehenden, künftigen und bedingten
Ansprüche der Klägerin aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung gegen die
Hauptschuldnerin. In der gleichen Weise übernahm auch der Mitgesellschafter und
ebenfalls geschäftsführende Herr C. eine Höchstbetragsbürgschaft über 450.000,00 DM.
Die Klägerin räumte der Hauptschuldnerin daraufhin mit Schreiben vom 19.02.1999 (Blatt
67 AH) auf dem vorgenannten Konto "bis auf weiteres" einen Dispositionskredit in Höhe
von 900.000,00 DM ein. Außerdem stand sie der GmbH mit Avalen in Höhe von 160.000,00
DM zur Verfügung.
Mitte/Ende des Jahres 1999 geriet die M.-G.-H. GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Nachdem die Klägerin mit einem an die Hauptschuldnerin gerichteten Schreiben vom
21.10.1999 (Blatt 69 f AH) aktuellere betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) sowie
die Offenlegung der privaten Einkommensverhältnisse des Klägers gefordert hatte und die
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GmbH darauf mit Schreiben vom 10.11.1999 (Blatt 30 ff AH) reagiert hatte, stellte die
Klägerin mit Schreiben vom 19.11.1999 (Blatt 28 f AH) eine deutliche Verschlechterung der
wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Hauptschuldnerin gegenüber früheren Bilanzen fest.
Es wurde erneut eine Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des
Klägers angemahnt sowie die Erstellung einer aktuellen Bestandsaufnahme durch einen
externen Berater angeregt. Die M.-G.-H. GmbH ließ daraufhin durch die Rechtsanwälte L.
und Partner unter dem 16.12.1999 ein Sanierungskonzept (siehe Blatt 106 ff GA)
erarbeiten, welches der Klägerin noch am selben Tage vorgelegt wurde.
Mit Schreiben vom 17.12.1999 (Blatt 47 GA) teilte die Klägerin der Hauptschuldnerin mit,
nach Prüfung des Sanierungskonzepts sei eine wesentliche Verschlechterung der
Vermögenslage eingetreten. Vor diesem Hintergrund sehe man sich nicht in der Lage,
weitere Verfügungen zu Lasten des Kontos zu tolerieren. In dem Schreiben erklärte die
Klägerin zugleich, von einer formellen Kündigung wolle man zunächst noch absehen, um
der GmbH die Möglichkeit einzuräumen, unter Einbindung des bereits ursprünglich
angedachten externen Beraters das Sanierungskonzept nochmals zu überprüfen. Die
Hauptschuldnerin, die seinerzeit auch in Geschäftsbeziehungen zur D.Bk. und zur S.K.
stand, schaltete daraufhin die Firma D. D.M.C. ein und beauftragte diese mit der
Überprüfung des Sanierungskonzepts.
Der Abschlussbericht der Firma D. vom 06.01.2000 (Blatt 5 ff AH), auf dessen Inhalt Bezug
genommen wird, war sodann Gegenstand einer Besprechung am 12.01.2000, an der
neben dem Beklagten und seinem Steuerberater E. auch Vertreter der Klägerin sowie der
beiden anderen Kreditinstitute teilnahmen. Wesentlicher Inhalt des Prüfberichts der Firma
D. war u. a. die Feststellung, dass zur Abwicklung von Aufträgen, die bis Mai 2000
Gewinne in Höhe von 500.000,00 DM erwarten ließen, zunächst ein zusätzlicher
Liquiditätsbedarf von 426.000,00 DM bestand. Da die Mitarbeiter der Klägerin und der
beiden anderen Kreditinstitute eine Finanzierung dieses Betrages ablehnten, wurde
besprochen, dass der Beklagte ihm gehörenden Grundbesitz beleihen könne, um sich so
die benötigten Mittel anderweitig zu beschaffen. Der Beklagte eröffnete daraufhin den
Vertretern der Banken sowie der Sparkasse, dass er - wie unstreitig ist - ein früher in
seinem Eigentum stehendes Hausgrundstück in K. schon im Jahre 1996 auf seine Töchter
habe umschreiben und eine zunächst noch zu seinen Gunsten bestehende
Rückauflassungsvormerkung im November 1999 habe löschen lassen. Das Gespräch
endete letztlich damit, dass der Beklagte sich in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer
bemühen sollte, die benötigten 426.000,00 DM anderweitig aufzubringen; eine konkrete
zeitliche Vorgabe wurde ihm dafür nicht gemacht. Der Beklagte, dem vor dem Gespräch
von seinem Anwalt mitgeteilt worden war, dass die Klägerin im Gegensatz zu den beiden
anderen Kreditinstituten einer Fortführung des Kreditengagements skeptisch
gegenüberstehe, hatte nach dem Gespräch das Gefühl, dass eine Kündigung vorläufig
abgewendet worden sei; eine dahingehende Zusage war ihm allerdings unstreitig von
keinem der Mitarbeiter der drei Kreditinstitute gemacht worden.
Noch am Abend des 12.01.2000 telefonierte der Beklagte mit der Zeugin S., einer
Mitarbeiterin der D.Bk., wobei es um die Gewährung von Avalkrediten ging. Diesbezüglich
ist sowohl der Inhalt des persönlichen Gesprächs als auch der des Telefonats im einzelnen
streitig. Von dem Inhalt des Telefongesprächs benachrichtigte die Zeugin S. am
darauffolgenden Tag, dem 13.01.2000, telefonisch den zuständigen Mitarbeiter der
Klägerin.
Diese kündigte daraufhin mit Schreiben vom 13.01.2000 (Blatt 8 GA) die
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Geschäftsverbindungen mit der M.-G.-H. GmbH aus wichtigem Grund (Ziffer 19 Abs. 3
AGB) fristlos. Die Forderung gegenüber der Hauptschuldnerin belief sich zu diesem
Zeitpunkt unstreitig auf 663.850,52 DM. Mit Schreiben vom 14.01.2000 nahm die Klägerin
den Beklagten aus der Höchstbetragsbürgschaft in Anspruch und forderte ihn unter
Fristsetzung zum 28.01.2000 zur Zahlung von 450.000,00 DM auf. Die M.-G.-H. GmbH hat
am 21.01.2000 Konkursantrag gestellt.
Mit der Klage macht die Klägerin aus Kostengründen zunächst einen auf die Hauptschuld
erstrangig bezogenen Teilbetrag von 100.000,00 DM geltend.
Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei wegen einer wesentlichen Verschlechterung der
Vermögensverhältnisse der Hauptschuldnerin zur Kündigung der Geschäftsbeziehung
berechtigt gewesen. Sie hat behauptet, am Abend des 12.01.2000 habe sie von der Zeugin
S. telefonisch erstmalig erfahren, dass auf Seiten der Hauptschuldnerin weiterer akuter
Avalkreditbedarf in einer Größenordnung von 800.000,00 DM bestanden habe. Vor dem
Hintergrund der Winkelzüge des Beklagten bezüglich dessen ehemaligem Grundbesitzes
sowie Zweifeln am vorgelegten Sanierungskonzept habe sie sich sodann in Abstimmung
mit den beiden anderen Kreditinstituten zur Kündigung der Geschäftsbeziehung gegenüber
der Hauptschuldnerin entschlossen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 100.000,00 DM nebst 5 % Zinsen über dem
jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab dem 29.01.2000 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat gemeint, die Klägerin sei zur Kündigung der Geschäftsbeziehung mit der
Hauptschuldnerin nicht berechtigt gewesen. Zwar habe die Klägerin bei der Besprechung
am 12.01.2000 keine konkrete Zusage gemacht, die Geschäftsbeziehung nicht zu
kündigen; es sei aber zumindest Einvernehmen erzielt worden, dass die Hauptschuldnerin
sanierungsfähig sei. Bestehender Avalkreditbedarf sei bereits in der Besprechung am
12.01.2000 angesprochen worden; man habe diesen Bedarf über zurückgehende Avale
decken wollen. In dem nach der Besprechung geführten Telefonat mit Frau S. habe er nicht
Avalkredite in einer Höhe von 800.000,00 DM verlangt; vielmehr sei es lediglich um die
Frage gegangen, wie in Zukunft mit Avalkrediten verfahren werden sollte.
Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das
Landgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt, die
Beklagte sei zur Kündigung der Geschäftsbeziehung mit der M.-G.-H. GmbH berechtigt
gewesen, da sich deren Vermögensverhältnisse unstreitig erheblich verschlechtert gehabt
hätten und die Klägerin auch in der Besprechung vom 12.01.2000 - wie der Beklagte selbst
einräume - nicht auf eine Kündigung ihrerseits verzichtet habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der dieser seinen
Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen
Vorbringens trägt er ergänzend vor:
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Die Kündigung der Geschäftsbeziehung mit Hauptschuldnerin durch die Klägerin am
13.01.2000 sei unzulässig gewesen und damit unwirksam, weil die Klägerin in der
Besprechung vom 12.01.2000 zumindest stillschweigend auf eine solche Maßnahme
verzichtet habe. Das Kündigungsrecht sei auch verwirkt gewesen, nachdem die Klägerin
bereits in den vorangegangenen Schreiben vom 20.10.1999, 19.11.1999 und 17.12.1999
aufgrund der steuerlichen Unterlagen der M.-G.-H. GmbH und des Sanierungskonzepts L.
eine wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage der Hauptschuldnerin konstatiert
habe, ohne dies zum Anlass für eine Kündigung zu nehmen. Jedenfalls aber sei der
Ausspruch der Kündigung am 13.01.2000 aufgrund des vorangegangenen Verhaltens der
Klägerin vertragswidrig und treuwidrig gewesen. Insoweit sei von besonderer Bedeutung,
dass die Klägerin entsprechend ihrem Schreiben vom 17.12.1999 ab diesem Zeitpunkt
keine Lastschriftaufträge mehr in Bezug auf das Geschäftskonto der Hauptschuldnerin
ausgeführt, wohl aber Zahlungseingänge gutgeschrieben habe. Dies habe zum
Zusammenbruch der M.-G.-H. GmbH entscheidend mitbeigetragen. Was den Avalbedarf
angehe, so sei auch schon bei der persönlichen Besprechung am 12.01.2000 die
Avalkreditlinie intensiv erörtert worden. Was seine eigene Inanspruchnahme, also die des
Klägers, angehe, so sei diese ihrerseits treuwidrig, weil die Klägerin aufgrund des
geschilderten Verhaltens den Zusammenbruch der Hauptschuldnerin und damit den
Bürgschaftsfall selbstschuldhaft herbeigeführt habe.
Der Beklagte beantragt,
1.
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bonn vom 20.07.2000 - 18 O 173/00 - die
Klage abzuweisen;
2.
dem Beklagten im Unterliegensfalle nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung, die auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen
Großbank, Volksbank, Sparkasse oder Genossenschaftsbank erbracht werden kann,
abwenden zu dürfen.
Die Klägerin beantragt,
1.
die Berufung zurückzuweisen;
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2.
der Klägerin Sicherheitsleistung auch durch schriftliche unbefristete, unwiderrufliche,
unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als
Steuer- oder Zollbürge zugelassenen inländischen Kreditinstituts zu gestatten.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt dazu ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Sie bestreitet, dass bei der Besprechung am 12.01.2000 über einen zusätzlichen
Avalkreditbedarf der Hauptschuldnerin gesprochen worden sei. Thema sei allein die
Rückgabe der bereits herausgegebenen Avale gewesen. Telefonisch habe der Beklagte
dann allerdings kurz darauf gegenüber der Zeugin S. einen zusätzlichen Avalkreditbedarf
nicht nur in Höhe von 800.000,00 DM - wie noch in erster Instanz angegeben - sondern
sogar in Höhe von 1.000.000,00 DM angemeldet. Dies habe eine erneute Rückfrage bei
der Zeugin S. ergeben. Dazu legt die Klägerin ein Schreiben des Beklagten an die S.K.
vom 14.01.2000 (Bl. 2 f AH) vor, nachdem seinerzeit ein akuter Avalbedarf für die nächsten
drei Monate in Höhe von 501.000,00 DM bestand bei gleichzeitigem Rücklauf von Avalen
in Höhe eines Gesamtbetrages von 182.489,47 DM. Die Klägerin ist im übrigen der
Auffassung, dass sie weder in der Besprechung am 12.01.2000 auf ein Kündigungsrecht
verzichtet noch dieses zuvor verwirkt habe. Sie habe der GmbH durch die
vorangegangenen Schreiben und Gespräche lediglich die Möglichkeit zu einer Sanierung
geben wollen. Als sich dann aber am Abend des 12.01.2000 bzw. am 13.01.2000
herausgestellt habe, dass neben der sich aus dem Prüfbericht der Firma D. ergebenden
Finanzierungslücke von 426.000,00 DM auch noch weiterer Avalbedarf in erheblicher
Höhe bestand, sei sie zur Kündigung berechtigt gewesen, zumal sich auch aus dem
Gutachten der RAe L. u. Partner sowie dem Prüfbericht der Fa. D. keine hinreichend
sichere Zukunftsprognose ergeben habe. Abwegig sei auch der Vorwurf, die Klägerin habe
sich an den Zahlungseingängen ab dem 17.12.1999 auf Kosten der Hauptschuldnerin
bereichert. Ab diesem Zeitpunkt seien nämlich lediglich drei Lastschriften im Umfang von
insgesamt nicht einmal 15.000,00 DM mangels Deckung zurückgegeben worden und auch
Gutschriften nur in ähnlicher Höhe erfolgt. Angesichts des Finanzbedarfs von 426.000,00
DM könne die Handlungsfähigkeit der GmbH nicht an einem Fehlbetrag in dieser
Größenordnung gescheitert sein. Im übrigen müsse die Ursächlichkeit dieses Vorgangs für
den Zusammenbruch der Hauptschuldnerin auch wegen deren weiteren
Bankverbindungen bestritten werden.
Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den
vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst der eingereichten Unterlagen
Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist zulässig, in der Sache selbst jedoch
nicht begründet.
Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten aufgrund der am 10.11.1998 für die M.-G.-H.
GmbH übernommenen Bürgschaft zur Zahlung eines Teilbetrages von 100.000,00 DM
verurteilt. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 765 Abs. 1 BGB.
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Hinsichtlich der Wirksamkeit der formularmäßig übernommenen
Höchstbetragsbürgschaftserklärung bestehen keine Bedenken, da der Beklagte bei
Abgabe der Erklärung einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter der GmbH war
und dementsprechend Einfluss auf deren Geschäftsentwicklung nehmen konnte bzw. die
Bürgschaft seinerseits rechtzeitig kündigen konnte (vgl. BGH, NJW 96, 3205; 2000, 685).
Die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil werden auch
mit der Berufung nicht angegriffen.
II.
Dass der Klägerin gegenüber der M.-G.-H. GmbH als Hauptschuldnerin ein
Darlehensrückzahlungsanspruch zusteht, der sich per 13.01.2000 auf 663.850,52 DM
belief, wird vom Beklagten ebenfalls nicht bestritten. Es geht insoweit um Rückzahlung des
der GmbH auf dem Konto Nr. 0 00 eingeräumten Dispositionskredit. Da dieser Kredit über
900.000,00 DM der Hauptschuldnerin mit Schreiben vom 19.02.1999 "bis auf weiteres"
eingeräumt worden war, kann letztlich auch nicht zweifelhaft sein, dass die Klägerin diesen
Dispositionskredit grundsätzlich jederzeit kündigen konnte, wobei allerdings gemäß Ziffer
19 Abs. 2 AGB auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht zu nehmen war (vgl.
auch BGH, WM 84, 586). Auch wenn man aber aufgrund dessen - insbesondere auch
wegen der Höhe des Dispositionskredits - davon ausgeht, dass die Klägerin eine
ordentliche Kündigung nur mit einer angemessenen Frist aussprechen durfte, um der
Hauptschuldnerin die Möglichkeit zu geben, sich nach einem anderen Kreditgeber
umzusehen, so ist die Kündigung vom 13.01.2000 als ordentliche Kündigung spätestens
einige Wochen danach wirksam geworden, so dass die GmbH zum jetzigen Zeitpunkt
jedenfalls zur Rückzahlung verpflichtet ist.
Dass die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt und insbesondere am 12.01.2000 auf ihr
Kündigungsrecht verzichtet hätte, hat der Beklagte nicht substantiiert vorgetragen, wie im
Nachfolgenden noch näher auszuführen sein wird.
III.
Der Beklagte kann seiner Inanspruchnahme als Bürge auch nicht den Einwand der
Verwirkung aus § 242 BGB entgegensetzen.
Zwar ist dem Beklagten im Ausgangspunkt insoweit Recht zu geben, als eine
Inanspruchnahme des Bürgen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben dann
ausgeschlossen ist, wenn der Gläubiger unter Verletzung seiner vertraglichen Pflichten
gegenüber dem Hauptschuldner dessen wirtschaftlichen Zusammenbruch schuldhaft
verursacht, den Bürgschaftsfall also selbst herbeigeführt und dem Bürgen damit einen
Rückgriff gegen den Hauptschuldner unmöglich gemacht hat (BGH, WM 84, 586). Diese
Voraussetzungen sind hier jedoch nicht gegeben.
1.
Die von der Klägerin am 13.01.2000 ausgesprochene fristlose Kündigung der
Geschäftsbeziehungen mit der M.-G.-H. GmbH, die neben den Kreditkündigungen durch
die D.Bk. und die S.K. Auslöser dafür war, dass die GmbH am 21.01.2000 Konkurs
anmelden musste, war rechtmäßig. Die Klägerin hat dadurch insbesondere nicht gegen
vertragliche Pflichten verstoßen.
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Nach Ziffer 19 Abs. 3 AGB ist eine fristlose Kündigung der gesamten Geschäftsverbindung
zulässig, "wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der der Bank, auch unter angemessener
Berücksichtigung der berechtigten Belange des Kunden, deren Fortsetzung unzumutbar
werden lässt." In Satz 2 dieser Bestimmung sind dazu als Beispielsfälle angeführt, dass der
Kunde unrichtige Angaben über seine Vermögenslage gemacht hat oder eine wesentliche
Verschlechterung seiner Vermögenslage eintritt oder einzutreten droht und dadurch die
Erfüllung von Verbindlichkeiten gegenüber der Bank gefährdet ist. Diese Voraussetzungen
waren bei Ausspruch der Kündigung seitens der Klägerin am 13.01.2000 erfüllt.
aa)
Dass sich die Vermögensverhältnisse der M.-G.-H. GmbH zu diesem Zeitpunkt gegenüber
Februar 1999, als die Kreditlinie auf 900.000,00 DM erhöht worden war, wesentlich
verschlechtert hatten, wird vom Beklagten nicht bestritten. Unstreitig hatte die GmbH - nach
positiven Ergebnissen in den Jahren 1996 und 1997 - bereits im Jahr 1998 einen Verlust
von 515.000,00 DM gemacht. Bis zum 30.11.1999 hatte der mit der Erstellung eines
Vermögensstatus beauftragte Rechtsanwalt L. sodann eine Überschuldung in Höhe von
1,17 Millionen DM ermittelt, die sich ausweislich des Berichts des Konkursverwalters K.
vom 24.02.2000 (Bl. 76 ff, 80 AH) zum Jahresende 1999 noch auf 1,72 Millionen DM erhöht
hatte. Nach dem Prüfbericht der Firma D. vom 06.01.2000 gab es zwar durchaus noch
Chancen für eine Sanierung des Unternehmens, insbesondere aufgrund der guten
Auftragslage Ende 1999/Anfang 2000. Es bestand jedoch ein akuter Betriebsmittelbedarf in
Höhe von 426.000,00 DM, den die drei an den Finanzierungsgespräch vom 12.01.2000
beteiligten Banken (die Klägerin, die D.Bk. und die S.K.) unstreitig nicht mehr decken
wollten. Außerdem setzte eine positive Unternehmensentwicklung auch nach Prüfbericht
der Firma D. voraus, dass in den folgenden Monaten weitere Aufträge in Höhe von
mindestens 1,5 Millionen DM Umsatz akquiriert werden konnten, wobei die drei folgenden
Monate als entscheidend angesehen wurden. Selbst wenn die Situation der GmbH nach
diesem Bericht nicht hoffnungslos war, so ging daraus jedoch auch ein erhebliches Risiko
für das bestehende Kreditengagement der Klägerin hervor. Dabei kommt noch hinzu, dass
die Hauptschuldnerin zusätzlich auch noch einen erheblichen Bedarf an Avalbürgschaften
hatte, wie auch der Beklagte nicht bestreitet. Aus dem Schreiben der M.-G.-H. GmbH vom
14.01.2000 ergibt sich ein nicht durch rücklaufende Bürgschaften gedeckter zusätzlicher
Avalbedarf in Höhe von mindestens 320.000,00 DM. Dieser Avalbedarf tauchte weder in
dem Sanierungskonzept von Rechtsanwalt L. noch in dem Prüfbericht der Firma D. auf.
Durch diese Verschlechterung der Vermögensverhältnisse bei der GmbH war die
Rückzahlung des Kreditengagements der Klägerin erheblich gefährdet, da diesem keine
ausreichenden Sicherheiten gegenüberstanden. Das Girokonto der Hauptschuldnerin
stand am 12.01.2000 mit ca. 660.000,00 DM im Soll; außerdem stand die Klägerin der
GmbH mit Avalen über insgesamt 160.000,00 DM zur Verfügung. An Sicherheiten standen
dem gegenüber: zwei Höchstbetragsbürgschaften der geschäftsführenden Gesellschafter,
des Klägers und seines Mitgesellschafters C., über jeweils 450.000,00 DM sowie ein
Festgeldbetrag in Höhe von 33.900,00 DM. Dingliche Sicherheiten gab es nicht. Damit war
eine wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage des Kunden im Sinne von Ziffer 19
Abs. 3 AGB als Voraussetzung für eine fristlose Kündigung gegeben.
Nach Satz 1 der genannten Bestimmung ist eine fristlose Kündigung allerdings nur
zulässig, wenn auch bei angemessener Berücksichtigung der berechtigten Belange des
Kunden eine Fortsetzung der Geschäftsverbindung wegen des vorliegenden wichtigen
Grundes unzumutbar ist. Im allgemeinen wird man insoweit verlangen können, dass die
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Bank dem Kunden eine angemessene Frist setzt, in der dieser entweder weitere
Sicherheiten beibringen oder aber für eine anderweitige Kreditbeschaffung sorgen kann.
Die an eine solche Rücksichtnahme auf den Kunden zu stellenden Anforderungen hängen
dabei naturgemäß auch vom Grad der Gefährdung der Interessen des Kreditgebers ab (vgl.
BGH a.a.O.; Nobbe, Bankrecht, Aktuelle höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung,
Rdnr. 544). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nach Auffassung des Senats schon vor
Ausspruch der Kündigung am 13.01.2000 in erheblichem Umfang auf die Belange der M.-
G.-H. GmbH Rücksicht genommen.
Bereits mit Schreiben vom 21.10.1999 hatte die Klägerin die GmbH auf die negative
Geschäftsentwicklung im Jahre 1998 hingewiesen und sie zur Offenlegung der privaten
Einkommensverhältnisse des Klägers als ihres Geschäftsführers aufgefordert. Mit
Schreiben vom 19.11.1999 hatte sie sodann deutlich gemacht, dass sie wegen der
nachhaltigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse die ursprüngliche Basis
für ihr Kreditengagement als nicht mehr gegeben ansah und von der GmbH bestimmte, im
einzelnen näher dargelegte Anstrengungen verlangte. Zu diesem Zeitpunkt ging sie
allerdings noch davon aus, dass sie zusammen mit den beiden anderen Kreditinstituten
eine Sanierung der Hauptschuldnerin unterstützen wollte. Nachdem dann am 16.12.1999
die Vermögensaufstellung der Rechtsanwälte L. und Partner vorlag, hatte das
darauffolgende Schreiben der Klägerin vom 17.12.1999 bereits einen völlig anderen Tenor.
In diesem Schreiben hat die Klägerin erneut auf die wesentliche Verschlechterung der
Vermögenslage der GmbH hingewiesen und angekündigt, dass sie keine weiteren
Verfügungen zu Lasten von deren Girokonto vornehmen werde. Außerdem heißt es in dem
Schreiben weiter:
"Von einer formellen Kündigung wollen wir zunächst noch absehen, um ihnen noch die
Möglichkeit einzuräumen, unter Einbindung des bereits ursprünglich angedachten externen
Beraters, dessen Einschaltung wir als unabdingbar ansehen, das Sanierungskonzept
nochmals zu überprüfen ..."
Nach diesem Schreiben war klar, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine fristlose
Kündigung als gegeben ansah und der GmbH lediglich noch die Möglichkeit einräumen
wollte, eine Sanierung in die Wege zu leiten. Zugleich hat sie in diesem Schreiben auch
auf die Notwendigkeit einer dinglichen Besicherung sowie die noch immer nicht erfolgte
Selbstauskunft des Beklagten hingewiesen.
Der Prüfbericht der Firma D. vom 06.01.2000 hat demgegenüber keine entscheidend
bessere Einschätzung der wirtschaftlichen Situation der GmbH gebracht. Wie bereits
ausgeführt, gab es danach zwar Sanierungsmöglichkeiten, die jedoch zunächst weitere
nicht unerhebliche Investitionen erforderten und außerdem eine deutliche Steigerung der
Auftragslage voraussetzten, die zwar als möglich, aber auch fraglich angesehen wurde. Es
hat dann am 12.01.2000 noch das bereits im Schreiben der Klägerin vom 19.11.1999
angekündigte Bankengespräch stattgefunden, bei dem über die Möglichkeiten einer
Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen gesprochen wurde - mit dem unstreitigen
Ergebnis - dass die drei beteiligten Kreditinstitute keine weiteren Darlehen mehr gewähren
wollten und die GmbH versuchen sollte, anderweitig Kredit zu erhalten. Überlegt worden
war insoweit, dass der Beklagte seine Hausbank, die R. K., wegen eines Kredits in Höhe
von 426.000,00 DM fragen und sich in diesem Zusammenhang um die Bestellung einer
Hypothek auf dem früher ihm gehörenden, jetzt auf seine Töchter übertragenen
Grundbesitz in K. bemühen sollte. Eine Frist war dem Beklagten insoweit nicht gesetzt
worden; unstreitig war bei diesem Gespräch auch keine Kündigung in Aussicht gestellt
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worden. Ob die Klägerin bei isolierter Betrachtung der Geschehnisse bis zu dieser
Besprechung am 12.01.2000, um den berechtigten Belangen der GmbH angemessen
Rechnung zu tragen, vor Ausspruch der Kündigung noch eine - wenn auch nur kurze - Frist
hätte setzen oder sich zumindest die Kündigung weiter hätte vorbehalten müssen, bedarf
hier letztlich keiner Entscheidung; denn zu der wesentlichen Verschlechterung der
Vermögensverhältnisse kamen hier als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung
folgende weiteren Umstände hinzu:
bb)
Wie bereits erwähnt, kann die Geschäftsbeziehung nach Ziffer 19 Abs. 3 der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Klägerin unter anderem dann auch aus wichtigem Grund fristlos
gekündigt werden, "wenn der Kunde unrichtige Angaben über seine Vermögenslage
gemacht hat, die für die Entscheidung der Bank über eine Kreditgewährung oder über
andere mit Risiken für die Bank verbundene Geschäfte ... von erheblicher Bedeutung
waren ...". Dem ist gleichzusetzen der Fall, dass der Kunde unrichtige Angaben über seine
Vermögenslage macht, die für die Entscheidung der Bank über eine zusätzliche oder
weitere Kreditgewährung oder über andere mit Risiken für die Bank verbundenen
Maßnahmen von erheblicher Bedeutung sind. Auch diese Voraussetzungen sind
vorliegend erfüllt, da der Beklagte als Geschäftsführer der M.-G.-H. GmbH falsche bzw.
unvollständige Angaben über deren weiteren Kreditbedarf gemacht hat. Ob und
gegebenenfalls in welchem Umfang der Beklagte bei dem gemeinsamen Gespräch mit den
Kreditinstituten am 12.01.2000 bereits die Notwendigkeit weiterer Avalbürgschaften konkret
angesprochen hat, ist zwischen den Parteien streitig. Einer Beweiserhebung zu dieser
Frage bedurfte es jedoch nicht, weil insoweit auch nach dem Vorbringen des Beklagten ein
Grund zur fristlosen Kündigung vorgelegen hat. Nach dessen erstinstanzlichen Vorbringen
soll zwar bereits in dem gemeinsamen Gespräch am 12.01.2000 der Avalbedarf der GmbH
erörtert worden sein, wobei dieser Bedarf nach den Vorstellungen der GmbH über
zurückgehende Avale habe gedeckt werden sollen; konkrete Zahlen sollen aber nicht
genannt worden sein. Der Beklagte will selbst bei dem anschließenden Telefongespräch
mit der Zeugin S. von der D.Bk. keine aktuellen Zahlen für weiteren Avalbedarf genannt
haben; vielmehr sei "allenfalls erörtert (worden)", dass im Rahmen der Umsatzausweitung,
wie sie im Prüfbericht der Firma D. für erforderlich gehalten worden sei, auch eine
Erweiterung von Avalen notwendig werde. Aus dem Schreiben der Hauptschuldnerin vom
14.01.2000, welches also nur zwei Tage nach der Besprechung vom 12.01.2000 verfasst
worden ist, ergibt sich aber, dass für die nächsten drei Monate tatsächlich akuter Avalbedarf
in Höhe von ca. 500.000,00 DM bestand, während in diesen drei Monaten lediglich
Avalbürgschaften in Höhe von ca. 180.000,00 DM zurückkamen. Es bestand damit
unstreitig ein zusätzlicher Avalbedarf von mindestens ca. 320.000,00 DM. Zumindest
diesen hätte der Beklagte und/oder sein Mitgeschäftsführer C. der Klägerin und den beiden
anderen Kreditinstituten bei dem Gespräch am 12.01.2000 unbedingt mitteilen müssen;
denn diese Gespräch sollte nach den vorangegangenen eindeutigen Mitteilungen gerade
der Klärung von Sanierungsmöglichkeiten und etwaigem weiteren Kreditbedarf dienen. Der
Beklagte kann auch nicht mit dem Argument gehört werden, die Banken müssten wissen,
dass bei einer Umsatzausweitung gleichzeitig auch eine Erweiterung von Avalen
notwendig werde. Die vorgenannten Zahlen betreffen nicht eine mögliche Entwicklung in
der Zukunft, sondern den ganz konkreten, bereits feststehenden Bedarf zum Zeitpunkt
12./14.01.2000. Dass der Beklagte bei der Besprechung am 12.01.2000 zusätzlichen
Avalbedarf angemeldet hätte, hat er auch in der Berufungsbegründung nicht substantiiert
behauptet. Vielmehr heißt es dort lediglich, "die Avalkreditlinie (sei) intensiv erörtert
(worden)." Selbst wenn man davon ausgeht, dass bei dem Bankengespräch am
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12.01.2000 auch die notwendigen Avalkredite angesprochen worden sind, hätte der
Beklagte den zusätzlichen Avalbedarf von mindestens rund 320.000,00 DM unbedingt
angeben müssen. Das Unterlassen dieser Mitteilung ist einer Falschangabe im Sinne von
Ziffer 19 Abs. 3 AGB gleichzusetzen und rechtfertigt damit zusätzlich die fristlose
Kündigung vom 13.01.2000. Im übrigen ist festzustellen, dass durch die diesbezüglich
konkretere Mitteilung am Abend des selben Tages jedenfalls insoweit eine neue Situation
entstanden war, als damit klargeworden war, dass die wirtschaftliche Lage der GmbH
tatsächlich noch schlechter war als bei dem Gespräch zuvor angenommen.
Schließlich kann in diesem Zusammenhang auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der
Beklagte just im November 1999, als die GmbH in die Krise geraten war, die
Rückauflassungsvormerkung bezüglich des auf seine Kinder übertragenen Grundstücks in
K. hatte löschen lassen. Er hat damit die von ihm gestellte Sicherheit, nämlich die
Bürgschaft, teilweise entwertet, ohne der Klägerin von diesem Vorgang Mitteilung zu
machen. Dies wiegt umso schwerer, als die Klägerin von der Hauptschuldnerin noch mit
Schreiben vom 21.10.1999 nachdrücklich gefordert hatte, dass der Beklagte als Bürge
seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen sollte. Dass auch die
Beeinträchtigung von Sicherheiten einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung
darstellen kann, ergibt sich aus Ziffer 19 Abs. 3 Satz 3 AGB.
cc)
Alle vorgenannten Umstände zusammengenommen - die wesentliche Verschlechterung
der Vermögenslage der GmbH, die Löschung der Rückauflassungsvormerkung im
November 1999 sowie das Verschweigen des akuten zusätzlichen Avalbedarfs von ca.
320.000,00 DM - reichen als wichtiger Grund für die fristlose Kündigung der Klägerin vom
13.01.2000 in jedem Falle aus. Nachdem die Klägerin unstreitig nach Beendigung des
gemeinsamen Gesprächs am 12.01.2000 noch am Abend desselben Tages durch
telefonische Mitteilung der Zeugin S. von der D.Bk. über den weiteren akuten Avalbedarf
informiert worden war, auf dessen genaue Höhe es insoweit nicht ankommt, durfte sie
jedenfalls ohne weitere Fristsetzung oder Vorankündigung fristlos kündigen. Ein weiteres
Festhalten am Vertrag war der Klägerin unter diesen Umständen nicht zumutbar. Den
berechtigten Belangen der Hauptschuldnerin hatte die Klägerin bereits zuvor ausreichend
Rechnung getragen. Spätestens seit dem Schreiben der Klägerin vom 17.12.1999 musste
der GmbH klar sein, dass wegen der Verschlechterung ihrer Vermögenslage eine
Kündigung des Kreditengagements durch die Klägerin drohte. Diese hatte in dem
genannten Schreiben für die vorzulegende Selbstauskunft des Beklagten eine Frist bis
Ende des Jahres 1999 gesetzt.
b)
Keinesfalls hatte die Klägerin ihr Kündigungsrecht zum Zeitpunkt 13.01.2000 verwirkt.
Insoweit fehlt es für eine Verwirkung sowohl am Zeitmoment wie auch an dem sog.
Umstandsmoment. Zwar hatte die Klägerin unstreitig schon im Oktober 1999 von der
Verschlechterung der Vermögenslage bei der GmbH erfahren, ohne dies bereits zum
Anlass einer Kündigung zu nehmen. In den folgenden 2 1/2 Monaten hat sie jedoch
erklärtermaßen der GmbH die Chance für eine Sanierung geben wollen, dabei mehrfach
sich verschlechternde Informationen erhalten und spätestens mit Schreiben vom
17.12.1999 deutlich gemacht, dass auch eine Kündigung im Raume stand. Angesichts
dieser Umstände kann von einer Verwirkung nicht die Rede sein, zumal am Abend des
12.01.2000 weitere Tatsachen bekannt wurden, die die wirtschaftliche Situation der
Hauptschuldnerin noch brisanter erscheinen ließen als bis dahin angenommen.
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c)
Der Klägerin kann nach den vorstehenden Ausführungen zu a) auch kein
widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden (§ 242 BGB). Der Beklagte hat bei seiner
mündlichen Anhörung im Termin vor dem Landgericht am 29.06.2000 selbst eingeräumt,
dass die Klägerin die Sanierungsmöglichkeiten für die GmbH eher skeptisch beurteilte, bei
dem Gespräch am 12.01.2000 auch keine Frist gesetzt oder irgendwelche Zusagen
gemacht hat. Selbst wenn sie sich bei diesem letzten Gespräch abwartend gegeben hat
und damit angesichts der verhalten positiven Äußerungen der Mitarbeiter der beiden
anderen Kreditinstitute bei dem Beklagten und dem Zeugen C. gewisse Hoffnungen
geweckt worden sind, so waren jedenfalls durch den Telefonanruf des Beklagten bei der
D.Bk. bezüglich eines zusätzlichen Avalbedarfs neue Umstände eingetreten, die die
Klägerin zur fristlosen Kündigung ihres Kreditengagements für die M.-G.-H. GmbH
berechtigten.
Nach allem kann der Klägerin nicht vorgeworfen werden, dass sie durch ihre fristlose
Kündigung den Bürgschaftsfall pflichtwidrig herbeigeführt hätte.
2.
Soweit der Beklagte geltend macht, die Klägerin habe den Zusammenbruch der
Hauptschuldnerin schon dadurch entscheidend mit herbeigeführt, dass sie entsprechend
ihrem Schreiben vom 17.12.1999 auf dem laufenden Geschäftskonto der GmbH ab diesem
Zeitpunkt keinerlei Lastschriften mehr vorgenommen, wohl aber Zahlungseingänge
verbucht habe, ist sein Vortrag nicht schlüssig, jedenfalls nicht substantiiert genug. Dabei
kann dahinstehen, ob die mit Schreiben vom 17.12.1999 angekündigte Maßnahme
vertragswidrig war, weil die auf dem Geschäftskonto eingeräumte Dispositionskreditlinie
von 900.000,00 DM zu diesem Zeitpunkt mit ca. 660.000,00 DM noch nicht ausgeschöpft
war, oder ob sie nicht angesichts der grundsätzlich jederzeitigen Kündbarkeit des
Dispositionskredits und der wesentlichen Verschlechterungen der Vermögensverhältnisse
der GmbH als das weniger einschneidende Mittel zulässig war. Jedenfalls hat die Klägerin
nach ihren Angaben in der Berufungserwiderung, die durch das vorgelegte Kontojournal
(Bl. 71 ff. AH) belegt sind, im Zeitraum vom 17.12.1999 bis 13.01.2000 lediglich drei
Lastschriftaufträge im Wert von ca. 13.500,00 DM nicht ausgeführt und eine einzige
Zahlung in Höhe von ca. 14.600,00 DM vereinnahmt. Dem ist der Beklagte nicht
entgegengetreten. Die Verweigerung der Ausführung weiterer Lastschriftaufträge bei
gleichzeitiger Gutschrift in so geringem Umfang kann aber bei dem sonstigen seinerzeit
bestehenden Finanzierungsbedarf der GmbH keinesfalls als ursächlich für den
Zusammenbruch der GmbH angesehen werden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil
die M.-G.-H. GmbH außer zur Klägerin auch noch weitere Geschäftsverbindungen zur
D.Bk. und zur S.K. unterhielt.
Die Nichtzahlung einer Schuld von ca. 139.000,00 DM durch die Firma R.P.B., einer
hundertprozentigen Tochter der Klägerin, an die GmbH rechtfertigt ebenfalls nicht den
Einwand unzulässiger Rechtsausübung, da es sich zum einen bei der Firma R.P.B. um
eine von der Klägerin verschiedene Rechtspersönlichkeit handelt und diese zudem auch
nach dem Vortrag des Beklagten in Konkurs gefallen ist. Wieso der Klägerin insoweit
irgendein Vorwurf gemacht werden können soll, lässt der Vortrag des Beklagten nicht
erkennen.
Nach allem kann der Beklagte dem Zahlungsbegehren der Klägerin nicht den Vorwurf
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treuwidrigen Verhaltens entgegensetzen.
Der Zinsanspruch wird vom Beklagten nicht angegriffen.
Insgesamt war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwert: 100.000,00 DM.