Urteil des OLG Köln vom 11.05.2004
OLG Köln: gebühr, vergütung, vertreter, strafverfahren, arrest, gesetzeslücke, meinung, datum, adhäsionsverfahren
Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 184/04
Datum:
11.05.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 184/04
Schlagworte:
Einzeltätigkeit; Arrest; Beschwerde
Normen:
BRAGO §§ 88, 91 Nr. 1
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers
verworfen.
G r ü n d e :
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I.
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Der Beschwerdeführer hat als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. T, gegen
die ein Arrest zur Sicherung des Verfalls des Wertersatzes angeordnet worden ist, nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Aufhebung dieses Arrestes beantragt und nach
Ablehnung dieses Antrags durch das Landgericht im Beschwerdeverfahren einen
Teilerfolg erstritten. Mit der Beschwerdeentscheidung sind 1/3 der notwendigen
Auslagen des Insolvenzverwalters im Beschwerdeverfahren der Staatskasse auferlegt
worden.
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Durch Beschluss des Rechtspflegers vom 05.03.2004 sind die dem Beschwerdeführer
aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen im Beschwerdeverfahren
auf der Grundlage des § 91 Nr. 1 BRAGO auf 73,47 EUR festgesetzt worden. Dagegen
wendet sich der Beschwerdeführer mit seinem rechtzeitig eingelegten Rechtsmittel und
macht geltend, die anwaltliche Gebühr richte sich nach § 89 BRAGO. Er begehrt
deshalb die Festsetzung von 1/3 der nach § 89 Abs.3 BRAGO ermittelten Gebühr ( =
35.964,64 EUR ), wobei er als Gegenstandswert 15.000.000 EUR (Arrestsumme )
zugrunde legt.
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II.
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Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der Rechtspfleger beim Landgericht Köln hat zu Recht die dem Beschwerdeführer zu
erstattenden Gebühren aufgrund der Regelungen der §§ 95, 91 Nr. 1 BRAGO
festgesetzt.
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Die für den Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers zu ermittelnden Gebühren
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Die für den Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers zu ermittelnden Gebühren
sind nach § 95 BRAGO den Vorschriften der §§ 83 bis 93 BRAGO zu entnehmen. Der
Insolvenzverwalter ist als Nebenbeteiligter an dem Strafverfahren gegen F u.a. beteiligt,
da eine Verfallsanordnung gegen die Fa. T GmbH in diesem Verfahren in Betracht
kommt, wie der Senat mit Beschluss vom 21.11.2003 ( 2 Ws 593 und 617/03 )
entschieden hat. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers scheidet eine
Anwendung des Gebührenrahmens nach § 89 BRAGO aus, da die Tätigkeit nicht in
einem Adhäsionsverfahren entfaltet wurde. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift
kommt schon deshalb nicht in Betracht, da keine Gesetzeslücke besteht.
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Ein den Intentionen des Beschwerdeführers entsprechender Gebührenansatz findet sich
zwar in § 88 BRAGO, wonach bei einer Tätigkeit des Rechtsanwalts, die sich u.a. auf
eine Verfallsanordnung bezieht, bei den nach § 12 maßgebenden Umständen auch der
Gegenstandswert angemessen zu berücksichtigen ist. Indessen setzt die Anwendung
dieser Vorschrift eine Vollvertretung des Mandanten voraus, die zunächst nach den §§
83 - 86 BRAGO honoriert wird. Wenn dieser Gebührenrahmen nicht ausreicht, ist eine
der Tätigkeit des Rechtsanwalts angemessene Erhöhung nach § 88 BRAGO in Betracht
zu ziehen (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 88 Rdn. 1, 2 ;
Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 88 Rdn. 2, 6). § 88 BRAGO kommt mithin nur zur
Anwendung, wenn zunächst eine Vergütung für die Tätigkeit des
Verfahrensbevollmächtigten ( u. a. als Verteidiger, Vertreter des Nebenklägers, des
Nebenbeteiligten ) in dem gesamten Verfahren nach §§ 83 ff BRAGO erfolgt. § 88
BRAGO ist nicht anwendbar für eine Einzeltätigkeit, selbst wenn diese sich auf ein in §
88 BRAGO genanntes Verfahren bezieht; der Gebührenrahmen des § 91 Nr.1 BRAGO
kann nicht nach § 88 BARGO erhöht werden (Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, a.a.O.;
Hartmann, a.a.O., § 88 Rdnr. 7, ebenso OLG Stuttgart, NStZ-RR 1999, 383).
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Die hier geltend gemachten Gebühren beruhen allerdings auf einer Einzeltätigkeit des
Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers, die in § 91 Nr. 1 BRAGO
ausdrücklich geregelt ist. Der Verfahrensbevollmächtigte des Insolvenzverwalters
verlangt teilweise Erstattung der ausschließlich im Beschwerdeverfahren entstandenen
Gebühren. Die Einlegung der Beschwerde des Insolvenzverwalters gegen den
Beschluss der 9. großen Strafkammer vom 9. Mai 2003 war zum damaligen Zeitpunkt
(27. Mai 2003) eine Einzeltätigkeit seines Verfahrensbevollmächtigten, die - als
Rechtsmitteleinlegung - unter § 91 Nr. 1 BRAGO - der hier aufgrund der Verweisung in §
95 BRAGO anwendbar ist - fällt. Denn zu diesem Zeitpunkt war der
Verfahrensbevollmächtigte noch nicht der Vertreter des Insolvenzverwalters als
Nebenbeteiligter im Hauptverfahren gegen die drei Angeklagten. Im Zeitpunkt der
Rechtsmitteleinlegung wie im Zeitpunkt der Entscheidung im Beschwerdeverfahren war
weder über die Eröffnung des Hauptverfahrens, noch die Frage der Beteiligung des
Insolvenzverwalters an diesem Verfahren entschieden. Dass der Insolvenzverwalter an
dem nachfolgenden Strafverfahren zu beteiligen war, ist erst mit Beschluss des Senats
in dieser Sache vom 21. November 2003 angeordnet worden (2 Ws 593 und 617/03 ).
Die Rechtsmitteleinlegung vom 9. Mai 2003 erfolgte somit zeitlich weit vor der Tätigkeit
des Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers im Hauptverfahren und stellt
sich damit als Einzeltätigkeit des Rechtsanwalts dar.
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Die nach § 91 Nr.1 BRAGO von dem Rechtspfleger ermittelten Gebühren und Auslagen
belaufen sich, soweit sie erstattungsfähig sind, auf 1/3 von 220,40 EUR = 73,47 EUR.
Diese Berechnung ist nicht zu beanstanden.
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Die im Rahmen der Beschwerde vorgebrachten Einwände, eine Gebühr in dieser Höhe
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sei bei vermögensrechtlichen Ansprüchen, wie sie hier im Raume stehen, nicht
angemessen, führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Abgesehen davon, dass im
Rahmen des § 91 Nr.1 BRAGO eine Erhöhung nach § 88 BRAGO allgemein abgelehnt
wird - wie oben aufgezeigt - , ist eine solche Honorierung auch nicht unbillig angesichts
der entfalteten Tätigkeit des Rechtsanwalts, wenn dieser - wie hier - später den
Nebenbeteiligten in dem Hauptverfahren vertritt. Der Rechtsanwalt kann nämlich bei
Festsetzung seiner Gebühren für das Hauptverfahren nach §§ 83 ff iVm. § 95 BRAGO
eine Erhöhung nach § 88 BRAGO geltend machen, wobei in diesem Rahmen der
Gegenstandswert angemessen zu berücksichtigen ist. Durch eine solche Honorierung
der Tätigkeit im Hauptverfahren unter Berücksichtigung des Gegenstandswertes erfolgt
eine der Bedeutung der Sache angemessene Vergütung des Rechtsanwalts. Die von
dem Beschwerdeführer angestrebte Honorierung für das Beschwerdeverfahren hätte
dann eine - in der Sache nicht mehr gerechtfertigte - zweimalige außerordentliche
Erhöhung nach § 88 BRAGO zur Folge.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.
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