Urteil des OLG Köln vom 24.01.2000

OLG Köln: minderung, mangel, familie, verpflegung, unterbringung, verfügung, gesamtpreis, auflage, anzeige, vollstreckbarkeit

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Schlagworte:
Normen:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Oberlandesgericht Köln, 16 U 42/99
24.01.2000
Oberlandesgericht Köln
16. Zivilsenat
Urteil
16 U 42/99
Landgericht Köln, 3 O 490/98
Lärm als Reisemangel
BGB § 651 d
Die Lärmbelästigung bis 4 Uhr morgens durch eine Diskothek in der
Nähe einer Ferienanlage stellt, auch wenn in südlichen Ländern ein
gewisses Maß an nächtlicher Lärmbelästigung als ortsüblich
hinzunehmen ist, einen Reisemangel dar, wenn laut Katalog eine "ruhige
Lage" zugesichert war. Ein derartiger Mangel kann einen Minderungssatz
von 20 % rechtfertigen.
rechtskräftig
Die Berufung des Klägers gegen das am 23.03.1999 verkündete Urteil
der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 3 O 490/98 - wird auf seine
Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Dem Kläger steht ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte über den von der Beklagten
zum Teil bereits anerkannten, zum Teil bereits gezahlten Betrag von insgesamt 1.787,10
DM hinaus nicht zu. Ein Minderungsanspruch wegen Reisemängel besteht höchstens in
Höhe von 35 % des Reisepreises; die Voraussetzungen eines Anspruchs auf
Nichtvermögensschaden liegen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vor (§§ 651 c, 651
d, 651 f Abs. 2 BGB).
1.
Auf der Grundlage des vom Kläger vorgetragenen Sachverhaltes, der zum Teil bestritten
ist, rechtfertigt sich allenfalls eine Minderung des Gesamtreisepreises um 35 % gemäß §
651 d BGB, wie bereits das Landgericht zurecht angenommen hat. In dieser Höhe hat die
Beklagte jedoch bereits eine Minderung zugestanden, die sie durch Zahlung bzw.
Anerkenntnis vollzogen hat.
Voraussetzung eines Minderungsanspruches nach § 651 d BGB ist das Vorliegen eines
Reisemangels sowie dessen unverzügliche Anzeige gegenüber dem Veranstalter, § 651 d
Abs. 2 BGB. Grundlage der Minderungsberechnung ist der Gesamtpreis der Reise
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inklusive Halbpensionskosten (hier für zwei Erwachsene und zwei Kinder). Nicht zu
berücksichtigen sind Nebenleistungen wie Versicherungsprämien (vgl. dazu Führich,
Reiserecht, 2. Auflage, § 10, Rzr. 262). Deshalb ist hier die Basisversicherung mit 78,00
DM in Abzug zu bringen, so dass von einem Gesamtreisepreis von 5.028,00 DM
auszugehen ist.
Für die vom Kläger geltend gemachten Mängel sind auf der Grundlage seines Vorbringens
folgende Prozentsätze angemessen:
a.
Die nicht bestrittene Lärmbelästigung durch eine Diskothek in der Nähe der Ferienanlage
bis 4:00 Uhr morgens stellt einen Mangel der angebotenen Pauschalreise dar, wenngleich
bei Reisen in südlichen Ländern ein gewisses Maß an Lärmbelästigung als ortsüblich
hinzunehmen ist (vgl. Führich, a. a. O., § 9, Rzr. 226). Da vorliegend dem Reiseteilnehmer
laut Katalog eine "ruhige" Lage zugesichert worden ist, stellt gleichwohl der hier
vorliegende Discolärm zumindest ab 23:00 Uhr bis 4:00 Uhr morgens einen Mangel dar,
der vom Kläger auch gegenüber der Beklagten angezeigt worden ist. Der Senat hält hierfür
einen Minderungssatz in Höhe von 20 % für angemessen. Dieser Prozentsatz liegt im
übrigen im Bereich dessen, was in vergleichbaren Fällen durch die Rechtsprechung
zugebilligt worden ist (vgl. Führich, a. a. O., § 11, Rzr. 283 m. w. N.; Seyderhelm, ZAP 99,
S. 827 (835) ebenfalls m. w. N.).
Bei diesem Mangel ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Kläger und seine Familie
lediglich für zwei Tage bzw. zwei Nächte beeinträchtigt wurden, da am 21.07.1998 das
Appartement gegen ein kleineres, aber ruhiges Hotelzimmer getauscht wurde.
Für die verbleibende Zeit vom 22.07.1998 bis 02.08.1998 kann der Kläger gleichfalls den
Reisepreis mindern, da die Familie nun statt in einem Appartement mit 70 qm mit zwei
getrennten Schlafzimmern in einem ca. 20 qm großen Hotelzimmer gemeinsam
untergebracht worden ist. Es kann dahinstehen, ob der Kläger dieses Hotelzimmer trotz
eines Angebots eines vergleichbaren Appartements gewählt hat, denn auch bei
Unterstellung des klägerischen Sachverhaltes rechtfertigt der Mangel des kleineren
Ersatzzimmers für den zweiten Teil der Reisezeit allenfalls eine Minderung in Höhe von 10
%. Der Kläger und seine Familie haben nämlich durch die Nutzung des Hotelzimmers
einen Zuwachs an Komfort durch weitergehenden Service als im Appartement und -
besonders bedeutsam bei dieser Reisezeit - stundenweise Nutzung einer Klimaanlage
erfahren, worauf bereits die Erstinstanz zutreffend hingewiesen hat. Der Kläger hat diesen
Erwägungen des Landgerichts nicht mehr widersprochen. Bei einer Gesamtwertung
erscheinen deshalb 10 % Minderung, wie sie auch das Landgericht angenommen hat, als
ausreichend. Schließlich ist dem Mangel einer gemeinsamen Unterbringung in einem Vier-
Bett-Zimmer bei einer vierköpfigen Familie mit Kleinkindern nicht dasselbe Gewicht
beizumessen wie eine unvorhergesehene gemeinsame Unterbringung für zufällig in
derselbe Reisegruppe reisende Teilnehmer.
Soweit in erster Instanz noch die in den Schlafzimmern des Appartements ungenügende
Beleuchtung gerügt worden ist, hat der Kläger dieses Vorbringen in zweiter Instanz nicht
mehr wiederholt. Dieser mögliche Mangel hat sich im übrigen durch den Umzug am
zweiten Tag erledigt, da eine etwaige Reparatur an diesem Tag von der klägerischen
Familie nicht mehr wahrgenommen worden wäre.
Der Senat erachtet bei einer Gesamtbetrachtung der aufgeführten Unterbringungsmängel
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(Lärmbelästigung sowie kleineres Ersatzzimmer) einen Minderungssatz von insgesamt 15
% auf die Gesamtdauer der Reise als angemessen.
Daneben kann der Kläger nicht noch eine gesonderte Minderung für die beengte
Unterbringung verlangen, wie er mit seinem Rechtsmittel geltend macht.
b.
Für Mängel bei der Verpflegung - deren Vorliegen und rechtzeitige Anzeige unterstellt - ist
eine weitere Minderung von allenfalls 10 % anzusetzen.
Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass mangelhafter, insbesondere zu langsamer
Service gerügt wurde und dass das Angebot am Büffet nach dem "ersten Durchgang" nicht
mehr voll umfänglich zur Verfügung gestanden haben soll. Soweit der Kläger darüber
hinaus weitere Beanstandungen geltend macht, wie lauwarme Speisen und schmutziges
Besteck, sind diese nicht hinreichend konkretisiert. Es wird hierzu nicht deutlich gemacht,
dass der Kläger und seine Familie sich nicht bereits vor Ort um das Abstellen dieses
Mangels bemüht haben, indem sie gegenüber dem Hotelpersonal auf diese möglichen
Mängel hingewiesen haben. Im übrigen lässt sich dem Vorbringen auch nicht entnehmen,
dass bereits die Grenze zwischen einer bloßen gelegentlichen Unannehmlichkeit, die
hinzunehmen ist, und einem Fehler überschritten worden ist.
Soweit in erster Instanz darüber hinaus eine Magen-Darmerkrankung eines der Kinder als
Folge der mangelhaften Verpflegung behauptet worden ist, fehlt es an einer schlüssigen
Darstellung, dass ein Zusammenhang zwischen einer etwaigen mangelhaften Verpflegung
und der behaupteten Erkrankung vorgelegen hat.
Bei der Bemessung der Höhe des Minderungssatzes für etwaige Verpflegungsmängel hat
der Senat auch den Gesamtpreis der gebuchten 14tätigen Flugreise für vier Personen
einbezogen, so dass die Ansprüche an den Service und das Speisenangebot nicht zu hoch
anzusetzen sind mit der Folge, dass etwaige Mängel in diesem Bereich einen sehr hohen
Minderungssatz nicht rechtfertigen können. Schließlich liegt auch hier die Bewertung des
Mangels im Rahmen dessen, was die Rechtsprechung für vergleichbare Beanstandungen
berücksichtigt hat (vgl. Führich, a. a. O., § 11, Rzr. 286; Seyderhelm, a. a. O., S. 837).
c.
Als weiterer - unstreitiger - Mangel beruft sich der Kläger zurecht auf die Nicht-Nutzbarkeit
des zweiten Swimmingpools, der im Katalog ausdrücklich angekündigt worden war. Dieser
Umstand stellt sich als Mangel dar. Die Beklagte kann den Kläger mit zwei Kleinkindern
auch nicht auf einen Swimmingpool in der Nachbaranlage verweisen, da dieser nur über
eine Straße erreichbar ist. Denn gerade für eine Familie mit Kindern ist ein großzügiges
Angebot an Bademöglichkeiten innerhalb der Ferienanlage ein erheblicher Gesichtspunkt
bei Vertragsabschluss. Da im vorliegenden Fall immerhin ein Swimmingpool, wenngleich
dieser auch zeitweise sehr frequentiert gewesen sein soll, zur Verfügung stand, erscheint
die bereits vom Landgericht angenommene Minderung von 10 % als sachgerecht. Hierbei
ist zu sehen, dass der Kläger mit seiner Familie jedenfalls gelegentlich den etwas weiter
entfernten Swimmingpool hätte nutzen können, wenngleich dieser auch keinen
gleichwertigen Ersatz dargestellt hat.
Insgesamt kann der Kläger somit eine Minderung des Reisepreises in Höhe von höchstens
35 % verlangen, mithin 1.759,80 DM, und liegt damit im Bereich dessen, was die Beklagte
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bereits gezahlt bzw. anerkannt hat.
2.
Als Grundlage eines Anspruchs auf Ersatz eines Nichtvermögensschadens kommt bei
Reisemängeln lediglich § 651 Abs. 2 f BGB in Betracht. Diese Anspruchsnorm verlangt
indes eine erhebliche Beeinträchtigung der gebuchten Reise. Dies ist im Regelfall nur
dann gegeben, wenn der Gesamtwert der Reise um mindestens 50 % gemindert ist (vgl.
hierzu Jauernig/Teichmann, BGB, 9. Auflage, § 651 f, Rzr. 5 m. w. N.). Das ist hier nicht der
Fall. Besondere Umstände, die gleichwohl eine erhebliche Beeinträchtigung bereits bei
einer Minderung in Höhe von 35 % begründen könnten, liegen ersichtlich nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Beschwer des Klägers: 10.178,90 DM