Urteil des OLG Köln vom 27.05.2003
OLG Köln: grobe fahrlässigkeit, erfahrung des lebens, beschädigung, firma, anweisung, verschulden, speditionsvertrag, versicherung, auslieferung, obhut
Oberlandesgericht Köln, 3 U 24/03
Datum:
27.05.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 U 24/03
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 88 0 40/02
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.09.2002 verkündete
Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 88 O
40/02 - unter Abweisung der weitergehenden Klage teilweise
abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 70.410,12 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des
Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998 (BGBl. I S. 1242)
seit dem 20.05.2001 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Si-cherheit in gleicher Höhe leistet.
G r ü n d e:
1
I.
2
Die Klägerin ist Leitungswasserversicherer der Fa. E. in S.. Sie nimmt die Beklagte aus
übergegangenem Recht der Fa. E. auf Ersatz desjenigen Schadens in Anspruch, der
der Fa. E. entstanden ist, weil von ihr in den Lagerräumen der Beklagten befindliches
3
Gut am 30.01.2001 durch einen Wasserschaden beschädigt worden ist. Wegen der
weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der angefochtenen
Entscheidung Bezug genommen (Bl. 139 – 142 d. A.).
Das Landgericht hat die Beklagte mit der angefochtenen Entscheidung in vollem
Umfang antragsgemäß verurteilt. Das Landgericht hat hierbei offen gelassen, ob
zwischen der Fa. E. und der Beklagten ein Lager- oder Speditionsvertrag zustande
gekommen ist. Ebenso hat das Landgericht über die Einbeziehung der ADSp in das
Vertragsverhältnis zwischen der Firma E. und der Beklagten nicht entschieden. Denn
die Beklagte könne sich auf Haftungsbeschränkungen nicht berufen und habe wegen
eines grob fahrlässigen Organisationsverschuldens der Klägerin unbeschränkt
Schadensersatz zu leisten. Bereits nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten sei
ihre betriebliche Organisation aus mehreren Gründen mangelhaft. Sie habe keine
ausreichenden organisatorischen Maßnahmen getroffen, um einen versehentlichen
Wasseraustritt zu vermeiden und im Falle eines solchen Wasseraustritts ein sofortiges
Abstellen der Anlage sicherstellen zu können. Wegen der weiteren Einzelheiten der
Begründung wird auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug
genommen (Bl. 142 – 146 d.A.).
4
Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die
Beklagte ihren erstinstanzlichen, auf Klageabweisung gerichteten Antrag weiter. Sie tritt
der Annahme eines groben Organisationsverschuldens entgegen und wiederholt und
vertieft hierzu ihre erstinstanzliche Rechtsansicht. Im Wesentlichen vertritt sie hierzu die
Auffassung, dass der für die Beklagte tätige Staplerfahrer, Herr B., infolge eines
Augenblicksversagens nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Im übrigen habe die
betriebliche Anweisung bestanden, die oberste Regalebene nur bis zu einer maximalen
Höhe von 1,80 m zu beladen, so dass ein noch ausreichender Raum von ca. 65 cm
zwischen dem Ladegut und den Sprinklerköpfen bestanden habe. Der Schaden sei
überdies nur deshalb entstanden, weil die Wasserzufuhr nicht rechtzeitig habe
unterbrochen werden können. Hieran treffe sie aber kein Verschulden, weil sie von dem
Umstand, dass sich die Wasserpumpe für die Sprinkleranlage in der
Sprinklerhauptzentrale befunden habe, keine Kenntnis gehabt habe. Denn die
Hauptzentrale sei in einem anderen, von ihr nicht angemieteten und für sie auch nicht
zugänglichen Gebäudekomplex untergebracht. Die Wartung für die in ihren
Räumlichkeiten befindliche Sprinkleranlage habe die für die Vermieterin tätige
Verwaltungsfirma durch eine Fachfirma, die H., am 16.08.2000 – was unstreitig ist -
durchführen lassen.
5
Die Beklagte beantragt,
6
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
7
Die Klägerin beantragt,
8
die Berufung zurückzuweisen.
9
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihre in erster
Instanz vorgetragenen Rechtsansichten. Sie vertritt überdies die Ansicht, dass ein
Verschulden der Beklagten auch deshalb vorliege, weil sie ein Betriebsbuch für
Wasserlöschanlagen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft
nicht geführt und die darin periodisch vorgesehenen Kontrollen nicht durchgeführt habe.
10
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in beiden
Instanzen gegenseitig gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten
Urkunden und Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
11
II.
12
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur hinsichtlich eines Teils der Zinsforderung
begründet. Im übrigen bleibt die Berufung ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte
zu Recht zur Leistung von Schadensersatz für den an den Waren der Firma E. infolge
des Wassereintritts in den Lagerräumen der Beklagten entstandenen Schaden in Höhe
von 70.410,12 € (137.710,22 DM) verurteilt.
13
1.
14
Die Klägerin hat in ihrer Eigenschaft als Zessionarin gegen die Beklagte einen
Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 475 Satz 1 HGB i. V. m. § 389 BGB. Dass die
Klägerin etwaige Schadenersatzansprüche der Firma E. durch den Abtretungsvertrag
vom 30.04.2002 (63 GA) erworben hat, ist im Berufungsrechtszug nicht mehr im Streit.
Der Firma E. stand gegen die Beklagte ursprünglich ein – jetzt auf die Klägerin
übergegangener – Schadenersatzanspruch gemäß § 475 Satz 1 HGB zu. Nach dieser
Vorschrift haftet der Lagerhalter für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung
des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Lagerung bis zur Auslieferung entsteht. Ob
zwischen den Parteien ein Lager – oder ein Speditionsvertrag abgeschlossen worden
ist, hat das Landgericht offengelassen. Der Senat geht davon aus, dass sich für den
Schadensfall das Vertragsverhältnis zwischen der Fa. E. und Beklagten nach den §§
467 ff. HGB beurteilt. Denn nach dem auch in erster Instanz nicht weiter bestrittenen
Sachvortrag der Klägerin waren in den Lagerräumen der Beklagten Gegenstände der
Unterhaltselektronik eingelagert, wobei die Beklagte als Spediteurin neben der
Einlagerung auch die Auslieferung dieser Güter für die Fa. E. besorgen sollte. Ist die
Lagerung auf die Disposition des Verwenders zurückzuführen und nicht nur
verkehrsbedingt notwendig, so ist in der Regel von einem gemischten Speditions-
/Lagervertrag auszugehen (BGH VersR 1971, 619, 620; Koller, TransportR § 454 HGB,
Rdnr. 22; § 407 HGB, Rdnr. 17). Der Lagervertrag ist in diesem Fall zwar mit dem
Speditionsvertrag verbunden, jedoch als selbständiges Rechtsgeschäft zu behandeln,
so dass sich allein nach ihm die Haftungsgrundlagen und -folgen beurteilen.
15
Es ist ferner unstreitig, dass die Beklagte Obhut über die eingelagerten Gegenstände
der Fa. E. hatte und auch, dass die Beschädigung während des Obhutzeitraums der
Beklagten eingetreten ist, und zwar deshalb, weil der Fahrer des Gabelstaplers den
Palettenturm versehentlich so weit nach oben gefahren hatte, dass der Palettenkopf mit
einer Sprinklerdüse kollidierte, diese zerstörte und dadurch die Sprinkleranlage in Gang
setzte. Unerheblich für die Frage der Beschädigung während des Obhutszeitraums der
Beklagten ist, dass der konkrete Schaden, insbesondere hinsichtlich seines Ausmaßes,
nur deshalb entstehen konnte, weil das Wasser zunächst nicht abgestellt werden
konnte.
16
Für diese während der Obhut der Beklagten eingetretene Beschädigung der Waren der
Fa. E. haftet die Beklagte nur dann nicht, wenn der Schaden auch durch die Sorgfalt
eines ordentlichen Kaufmanns nicht hätte abgewendet werden können (§ 475 Satz 1 2.
Halbsatz HGB). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat
17
die Verschuldungsvermutung des § 475 HGB nicht widerlegt. Unstreitig ist, dass der für
die Beklagte tätige Staplerfahrer, Herr B., die Anlage beschädigt hat. Für dessen
Verhalten hat die Beklagte gemäß § 278 BGB einzustehen (vgl. nur Gass in:
Ebenroth/Boujong/Joost, HGB; § 475 Rdnr. 8, 19).
Dabei ist unerheblich, ob Herr B. - nach der Behauptung der Beklagten - seit dem Jahr
1996 unbeanstandet für diese als Staplerfahrer gearbeitet hat. Es geht vorliegend nicht
um ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden der Beklagten, sondern um das
Verschulden des Erfüllungsgehilfen selbst, welches sich die Beklagte gemäß § 278
BGB zurechnen lassen muss. Auch die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass ihr
Staplerfahrer "für einen Augenblick" nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt
angewendet hat. Für den Mitarbeiter der Beklagten war überdies, auch aufgrund seiner
langjährigen Tätigkeit in dem Lager der Beklagten, erkennbar, dass sich im Bereich
über der oberen Ebene des Hochregallagers Sprinklerköpfe befinden, die durch eine
Berührung mit dem zu stapelnden Gut oder der Staplervorrichtung zerstört werden
konnten. Soweit die Beklagte in mündlicher Verhandlung darauf verwiesen hat, die
Sprinklerdüse sei im Gangbereich zwischen den Regalen beschädigt worden, ändert
dies nichts; denn auch hier lag die Düse im Arbeitsbereich des Staplerfahrers, der die
seitlich anschließende obere Ebene des Regals beladen wollte.
18
2.
19
Zu Unrecht vertritt die Beklagte die Ansicht, dass es an einer Kausalität der
Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden fehle, weil nicht die Beschädigung der
Sprinkleranlage für den Wasserschaden ursächlich gewesen sei, sondern die Tatsache,
dass es der Beklagten aufgrund von ihr nicht zu vertretender Umstände nicht rechtzeitig
gelungen sei, die Wasserzufuhr zur Sprinkleranlage abzustellen. Dieser Auffassung
kann sich der Senat nicht anschließen. Allein durch die der Beklagten zurechenbare
Beschädigung der Sprinkleranlage konnte es überhaupt erst zu einem Wasseraustritt in
der Lagerhalle kommen, dessen Dauer von einer Absperrung abhing. Damit ist eine
Kausalkette in Gang gesetzt worden, die letztlich zur Beschädigung des eingelagerten
Guts geführt hat. Dass hierbei auch möglicherweise eine andere weitere Ursache den
Eintritt und das Ausmaß des Schadens mit herbeigeführt hat, nämlich der in der Halle
befindliche defekte Absperrschieber, ändert an der Zurechenbarkeit nichts. Diese wird
nicht dadurch ausgeschlossen, dass außer dem zum Schadensersatz verpflichteten
Ereignis noch andere Ursachen zur Entstehung des Schadens beigetragen haben (vgl.
nur Palandt/Heinrichs, BGB, vor § 249 Rdnr. 66). Der Schadenserfolg ist dem
Fehlverhalten des Mitarbeiters der Beklagten auch zurechenbar. Hiervon ist nämlich
bereits dann auszugehen, wenn das Schadensereignis die Möglichkeit eines Erfolges
der eingetretenen Art generell nicht unerheblich erhöht hat (oder negativ gewendet) die
Möglichkeit des Schadenseintritts nicht soweit entfernt gelegen hat, dass sie nach der
Erfahrung des Lebens vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden konnte
(Palandt/Heinrichs, BGB, vor 249 Rdnr. 59). Dass unkontrollierter Wasseraustritt aus der
Sprinkleranlage generell geeignet ist, einen solchen Schaden herbeizuführen, kann
aber keinem ernsthaften Zweifel unterliegen.
20
3.
21
Das Landgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass die Haftung für den
eingetretenen Schaden der Höhe nach nicht begrenzt ist. Da die §§ 467 ff. HGB eine
Haftungshöchstsumme des Lagerhalters bei der Haftung für Verlust oder Beschädigung
22
des eingelagerten Guts nicht vorsehen, kann sich eine Haftungsbeschränkung allenfalls
aus Ziffer 24.1 ADSp (1999) ergeben. Der Senat lässt offen, ob die in Ziffer 24.1.1 ADSp
vorgesehene Haftungshöchstsumme von 10.000,-- DM einer Inhaltskontrolle gemäß § 9
AGBG stand hält. Gleichfalls kann offen bleiben, ob die ADSp 1999 überhaupt
Vertragsgrundlage zwischen der Beklagten und der Fa. E. geworden sind. Denn selbst
bei Anwendung der ADSp entfiele die zugunsten der Beklagten angeordnete
Haftungsbegrenzung gemäß Ziffer 27.1 ADSp. Nach dieser Bestimmung gelten die
Haftungsbefreiungen und Begrenzungen nicht, wenn der Schaden u.a. durch Vorsatz
oder grobe Fahrlässigkeit des Spediteurs verursacht worden ist. Eine grobe
Fahrlässigkeit im Sinne der Ziffer 27.1 ADSP kommt u.a. im Falle eines
Organisationsverschuldens in Betracht. Ein solches liegt insbesondere vor, wenn
naheliegende organisatorische Schutzmaßnahmen zur Schadensprävention
unterbleiben und keine Überlegungen angestellt werden, die eine sachgerechte
Risikoabwägung erkennen lassen (Koller ADSp Ziffer 27 Rdnr. 3); Gass. a.a.0., Ziffer 27
ADSP Rdnr. 4).
So liegt der Fall hier. Es ist unstreitig, dass die Sprinklerköpfe nicht gegen
unbeabsichtigtes Berühren abgesichert waren. Da sich ein Teil der Sprinklerköpfe nicht
nur über den Fahrbahnen, sondern auch unmittelbar über den Plattenregalen befand,
bestand generell die Gefahr, dass die Sprinklerköpfe bei einem Be- oder
Entladevorgang der oberen Hochregalebene durch einen Anstoß beschädigt werden
können. Angesichts dessen hätte die Beklagte Maßnahmen treffen müssen, bei denen
es auch bei kurzfristiger Unaufmerksamkeit des Gabelstaplerfahrers, mit der bei den
Betriebsabläufen der Beklagten jederzeit gerechnet werden muss, nicht zu einer
Beschädigung der Sprinkleranlage mit Wasseraustritt hätte kommen können. Durch die
– im übrigen bestrittene – Anweisung, die obere Regalebene nicht höher als 1,80 m
aufzufüllen, ist die Beklagte den Anforderungen nicht gerecht geworden. Nach dem in
zweiter Instanz zwar neuen, jedoch unbestritten gebliebenen Sachvortrag der Beklagten
beträgt der Abstand zwischen dem oberen Regalboden und dem Sprinklerrohr 2,45 m.
Bei Ausnutzung der (angeblich) angeordneten maximalen Stapelhöhe von 1,80 m
verbleibt zwischen dem oberen Rand des Stapelguts und dem Sprinklerkopf ein
Abstand von lediglich 65 cm. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die auf dem oberen
Regalboden abzusetzende Palette ihrerseits einen gewissen Hub benötigt, um
aufgenommen bzw. abgesetzt zu werden. Denn der jeweilige Staplerfahrer kann die
Palette mit der Gabel nicht von dem Regalboden wegziehen, sondern muss seinerseits
mit der Hubgabel einen gewissen Abstand von dem Regalboden halten, um die Palette
bewegen zu können. In diesem Fall verringert sich der Abstand zwischen der Oberkante
des Lagerguts und dem Sprinklerkopf zwangsläufig unter die noch verbleibenden 65
cm. Hinzu kommt, dass der Staplerfahrer den dann noch verbleibenden geringen
Sicherheitsabstand nur von unten abschätzen kann, so dass für den Fall, dass die obere
Ebene des Hochregallagers tatsächlich bis zu einer Höhe von 1,80 m angefüllt wird,
lediglich ein ganz geringer Spielraum bis zum Sprinklerkopf verbleibt. Die Bewegung
des Guts im oberen Regalbereich des Lagers und im hierzu nötigen Arbeitsbereich stellt
unter diesen Voraussetzungen bereits eine erhebliche Gefahr dafür dar, dass der
Sprinkler beschädigt werden kann. Wenn die Beklagte es zulässt, dass das Regal bis
zu einem Sicherheitsabstand von 65 cm beladen werden darf, hätte sie Vorsorge dafür
treffen müssen, dass die Sprinklerköpfe nicht unbeabsichtigt (durch ein
Augenblicksversagen des Staplerfahrers) beschädigt werden können. Dies hätte die
Beklagte unschwer durch Anbringung mechanischer Sicherungsvorrichtungen, die die
Sprinkleranlage in ihrer Funktion nicht beeinträchtigen, etwa eines Drahtgitterkorbes,
ebenso bewerkstelligen können, wie durch die Anweisung an die im Lager tätigen
23
Staplerfahrer, die obere Regalebene unterhalb der rechtwinklig zu den Regalen
verlaufenden Löschwasserleitung von Stapelgut freizuhalten oder in wesentlich
geringerer (ungefährlicherer) Höhe mit Stapelgut aufzufüllen.
Soweit die Beklagte in zweiter Instanz erstmals ausführt, dass seitens der
Geschäftsführung und der Lagerleitung eine ausdrückliche Anweisung an die
Staplerfahrer existiert habe, die oberste Regalebene nur bis zu einer Höhe von 1,80 m
zu befüllen, entlastet sie allein diese Anweisung nach den obigen Ausführungen gerade
nicht. Unabhängig davon, dass der Vortrag bereits in erster Instanz hätte erfolgen
müssen (§ 531 Abs. 2 Nr.3 ZPO), geht er deshalb an der Sache vorbei, weil die
Anweisung gerade für den hier eingetretenen Fall momentaner Unaufmerksamkeit des
Staplerfahrers nicht geeignet war, den Kontakt des Staplers oder des Stapelguts mit den
Sprinklerköpfen zu verhindern.
24
Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob ein grobes Organisationsverschulden der
Beklagten auch darin gesehen werden kann, weil sie die Wartung der Sprinkleranlage
mangelhaft durchgeführt oder keine hinreichende Vorsorge dafür getroffen hat, die
Sprinkleranlage im Falle einer Störung zeitnah abstellen zu können.
25
4.
26
Nicht zu beanstanden sind die Ausführungen des Landgerichts zur Höhe des Schadens.
Die Beklagte hat den vom Landgericht zugesprochenen Güterschaden in Höhe von
136.139,-- DM beruhend auf dem Gutachten der Sachverständigen I. & N. GmbH
"vorsorglich" bestritten. Dieses Bestreiten war schon in erster Instanz unsubstantiiert,
weil die Beklagte selbst die Firma I. & N. GmbH mit der Schadensermittlung beauftragt
hatte. Wenn die Beklagte etwas gegen die Richtigkeit der Schadensermittlung
einzuwenden gehabt hätte, wäre es ihr aufgrund des vorliegenden Gutachtens, das
detaillierte Angaben über Art und Anzahl der beschädigten elektronischen Artikel
enthielt, möglich gewesen, die Schadenshöhe substantiiert zu bestreiten. Überdies ist
dem zweitinstanzlichen Sachvortrag der Beklagten auch nicht zu entnehmen, dass sie
die Schadenshöbe noch bestreiten will.
27
Neben dem Güterschaden ist die Beklagte ferner zum Ersatz der (von der Klägerin nur
hälftig angesetzten) Sachverständigenkosten in Höhe von 1.571,22 DM verpflichtet, so
dass sich der gesamte ersatzfähige Schaden der Firma E. auf insgesamt 137.710,22
DM = 70.410,12 € beziffert.
28
5.
29
Die auch in zweiter Instanz von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift
nicht durch. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß den §§ 475a, 439 Abs. 1 S. 2 HGB bei
dem hier vorliegenden qualifizierten Verschulden der Beklagten drei Jahre. Der
Schaden ist der Firma E. von der Beklagten am 30.01.2001 angezeigt worden, so dass
zum Zeitpunkt der Klagezustellung (03.05.2002) die dreijährige Verjährungsfrist
jedenfalls nicht abgelaufen war und durch die Zustellung der Klage unterbrochen
worden ist (§ 209 Abs. 1 BGB).
30
6.
31
Zinsen stehen der Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts erst ab dem
32
20.05.2001 gemäß den §§ 284 Abs. 3, 288 Abs. 1 S. 2 BGB zu. Das Landgericht ist im
Ergebnis, jedoch ohne nähere Begründung, zu Recht davon ausgegangen, dass der
Anspruch der Klägerin durch Bezifferung mit Schreiben vom 17.04.2001 (35 GA)
gegenüber der C. fällig geworden ist. Da die Beklagte bzw. der für sie tätige
Versicherungsmakler, die Firma D., die C. Versicherung als für die Regulierung des
Schadens zuständiger Versicherer benannt hat, muss sie sich deren Verhalten
zurechnen lassen, auch wenn die C. für den eingetretenen Schaden gegenüber der
Beklagten im Ergebnis nicht eintrittspflichtig gewesen sein sollte, wie sie dies im
Schreiben vom 12.07.2001 (40 GA) mitgeteilt hat. Verzug ist gemäß § 284 Abs. 3 BGB
30 Tage nach Zugang der im Schreiben der Klägerin vom 17.04.2001 (Bl. 35 GA)
vorgenommenen Schadenbezifferung, also am 20.05.2001, eingetreten, wobei der
Senat angenommen hat, dass dieses Schreiben der C. Versicherung unter
Zugrundelegung einer Postlaufzeit von 3 Tagen am 20.04.2001 zugegangen ist. Die
Zuerkennung von Fälligkeitszinsen seit dem 18.04.2001 gemäß den §§ 352, 353 HGB
kommt nicht in Betracht, weil es sich bei dem Schadensersatzanspruch nicht um einen
Anspruch aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft handelt.
Die Höhe des Zinsanspruchs ergibt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB (in der bis zum
31.12.2001 geltenden Fassung). Danach sind Verzugszinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des DÜG zu entrichten. Zwar ist an
der Stelle des Basiszinssatzes nach DÜG der Basiszinssatz gemäß § 247 BGB in der
ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung getreten. Gleichwohl bleibt für die Zeit vor dem
01.01.2002 das Diskontsatzüberleitungsgesetz weiterhin anwendbar (Art. 229 § 7 Abs. 2
EGBGB).
33
7.
34
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Die Beklagte hat die gesamten
Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil das Unterliegen mit einer Nebenforderung als
geringfügig anzusehen ist und keine besonderen Kosten verursacht hat.
35
Die weitere prozessuale Nebenentscheidung ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
36
Die Zulassung der Revision kommt gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht, da die
Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts
oder eine einheitliche Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts
erfordert.
37
Streitwert: 70.410,12 €.
38