Urteil des OLG Köln vom 28.08.2008

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Oberlandesgericht Köln, 4 UF 101/08
Datum:
28.08.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 UF 101/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Brühl, 32 F 387/06
Tenor:
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für
die von ihm beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts -
Familiengericht - Brühl vom 14.05.2008 - 32 F 387/06 - wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e :
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Der Antrag war unabhängig von den finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen des
Antragstellers, die vor allem im Hinblick auf die verschiedenen Darlehen nicht geklärt
sind, als unbegründet zurückzuweisen.
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Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Amtsgericht hat den Antragsteller zu
Recht gem. §§ 1570, 1578 BGB auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von
177 € monatlich ab Rechtskraft der Scheidung verurteilt. Auf die zutreffenden Gründe im
Urteil des Familiengerichts (S. 8 bis 10 unter III.) wird Bezug genommen.
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1.
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Entgegen der Ansicht des Antragstellers führt die Neuregelung des Unterhaltsrechts
zum 1.1.2008 nicht dazu, dass der geschiedene Ehegatte nach dem dritten Lebensjahr
eines gemeinschaftlichen Kindes sofort vollschichtig arbeiten muss, selbst wenn
entsprechende Möglichkeiten der Kinderbetreuung vorhanden sind. Auch nach neuem
Recht ist von einem stufenweisen, an den Kriterien von § 1570 BGB orientiertem
Übergang in die Vollerwerbstätigkeit auszugehen (Palandt/Brudermüller, Nachtrag zur
67. Aufl. 2008, § 1570 BGB Rn 11). Dabei kommt unter Berücksichtigung der jeweiligen
Umstände des Einzelfalles eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltes aus
kindbezogenen und elternbezogenen Gründen in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom
16.07.2008 – XII ZR 109/05 -, in Juris eingestellt).
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Im vorliegenden Falle hat das Amtsgericht zu Recht auf den Umstand abgestellt, dass
die Antragsgegnerin 2 Schulkinder im Alter von 9 und11 Jahren zu betreuen hat. Neben
den rein schulischen Hilfen durch die Mutter kommen weitere Aufgaben durch das
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Engagement beider Kinder in sportlicher und musikalischer Hinsicht und mit Rücksicht
auf ihren Freundeskreis hinzu, die - was der Antragsteller einräumt - auch bereits
während der Ehe vorhanden und angelegt waren und vom Antragsteller ausdrücklich
erwünscht sind und gefördert werden. Allein die dabei geforderte zeitliche, physische
und psychische Beanspruchung der Antragsgegnerin lässt eine weitergehende
Erwerbstätigkeit als tatsächlich ausgeübt nicht zu, ist jedenfalls nicht zumutbar und wäre
überobligatorisch.
Es kommt vorliegend noch hinzu, dass die Antragsgegnerin im Schichtdienst und
teilweise auch am Wochenende arbeitet. Die Antragsgegnerin muss deshalb an den
arbeitsfreien Nachmittagen der Frühschicht und dem arbeitsfreien Wochenende die
Betreuung und Fürsorge der beiden Kinder intensivieren, um den Ausfall an den
anderen Tagen und dem Wochenende wegen ihrer Arbeitstätigkeit zu kompensieren. Es
ist allgemein anerkannt, dass neben oder nach der Erziehung und Betreuung in
staatlichen Einrichtungen ein Anteil an der Betreuung und Erziehung der Kinder
verbleibt, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein, vor allem aber vom Alter
des Kindes abhängen kann (vgl. BGH, aaO = Juris Rn 103). Auch die Inanspruchnahme
der überwiegend vom Jugendamt der Stadt X bezahlten Kinderfrau ändert nichts daran,
dass die Antragsgegnerin neben ihrer 2/3-Stelle als Schwimmmeisterhelferin persönlich
immer wieder gefordert ist und für ihre beiden Kinder "da sein" muss.
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2.
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Eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts gem. § 1578b BGB hat
das Amtsgericht ebenfalls zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt.
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Insbesondere wegen der Pflege und Erziehung der beiden gemeinschaftlichen Kinder
kommt eine Herabsetzung oder Begrenzung des Scheidungsunterhaltes nicht in
Betracht. Durch den zugesprochenen Unterhalt in Höhe von 177 € monatlich kommt die
Antragsgegnerin nicht auf ein Einkommen, welches ihr bei vollschichtiger Tätigkeit ohne
Betreuung der Kinder möglich wäre. Dem Antragsteller verbleibt mit 1325 € ebenfalls
ein ausreichendes Einkommen, so dass eine Unbilligkeit nicht vorliegt.
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3.
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Schließlich liegen auch die Voraussetzungen von § 1579 Nr. 2 BGB nicht vor. Es liegt
bereits keine verfestigte Lebensgemeinschaft der Antragsgegnerin mit Herrn C vor. Die
Beziehung besteht erst seit April 2007 und damit weniger als 2 Jahre. Nachdem die
Antragsgegnerin im Sommer 2007 mit ihrem (älteren) Sohn für etwa sechs Wochen zu
ihm nach O gezogen ist, lebt sie seit September 2007 wieder in X mit beiden Kindern.
Auch wenn die Beziehung zwischen den beiden nicht beendet ist und der neue Partner
sich mehrere Tage in der Woche im Haushalt der Antragsgegnerin in X aufhalten sollte,
kann man noch nicht von einer Lebensgemeinschaft sprechen, die sich verfestigt hat.
Das dauernde Zusammenleben in O im Sommer 2007 hat ganz offensichtlich nicht
funktioniert. Der neue Partner hat sich noch nicht nach X umgemeldet. Ein dauernder
Aufenthalt hier dürfte auch angesichts der Arbeitstätigkeit von Herrn C und des
Umstandes, dass er ein eigenes Haus in O hat, sehr unwahrscheinlich sein. Derzeit
liegen die Voraussetzungen von § 1579 BGB jedenfalls nicht vor.
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4.
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Soweit der Antragsteller nunmehr in dem Antrag auf Prozesskostenhilfe vom 16.06.2008
erstmals vorträgt, er habe in Erfahrung bringen können, dass die Antragsgegnerin im
Sommer 2007 ein von ihrem Vater geerbtes Haus in P verkauft habe, ist zum einen
fraglich, ob dieses neue Vorbringen nach § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO berücksichtigt werden
kann; zum anderen kann dem neuen Vorbringen nicht schlüssig entnommen werden, ob
sich durch den Verkauf der Immobilie, sollte er tatsächlich stattgefunden haben, am
bisherigen Umfang der unterhaltsrechtlichen Bedürftigkeit der Antragsgegnerin etwas
geändert hat. Der Antragsteller trägt selbst vor, dass er über die Höhe des
Verkaufserlöses und seine Verwendung keine Kenntnisse habe.
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