Urteil des OLG Köln vom 06.04.2001

OLG Köln: eltern, verbindlichkeit, haus, unterhalt, ausbildung, stufenklage, ergänzung, gymnasium, datum

Oberlandesgericht Köln, 14 WF 46/01
Datum:
06.04.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
14. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 WF 46/01
Vorinstanz:
Amtsgericht Bergisch Gladbach, 27 F 369/00
Normen:
§ 1612 II BGB
Leitsätze:
1) Wenn der Richter nicht gem. § 6 RpflG das Verfahren auf Abänderung
der elterlichen Unterhaltsbestimmung an sich zieht, kann die
Abänderung der wirksamen Unterhaltsbestimmung nicht inzidenter im
Unterhaltsprozeß erfolgen, sondern es muß vorher ein Verfahren vor
dem Rechtspfleger, der dafür gem. § 3 Nr.2a RpflG zuständig ist,
durchgeführt werden. 2) Zwar kann die Naturalunterhaltsbestimmung
unwirksam sein, wenn sie nicht den gesamten Lebensbedarf umfaßt; es
ist aber arglistig sich darauf zu berufen, wenn der
Naturalunterhaltsbestimmung aus anderen Gründen nicht gefolgt wird
und die Eltern nicht zu einer Ergänzung aufgefordert worden sind.
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts -
Familiengericht - Bergisch Gladbach vom 4.12.2000 (27 F 369/00) wird
zurückgewiesen.
G R Ü N D E
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I.
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Die Klägerin, die Tochter der Beklagten, ist am ...1982 geboren, besucht noch das
Gymnasium und ist am 5.9.2000 zu Hause ausgezogen. Die Eltern haben
Naturalunterhalt in ihrem Hause angeboten. Die Klägerin beruft sich darauf, von ihren
Eltern "herausgeworfen" worden zu sein.
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Das Amtsgericht hat der Klägerin, die ihre Eltern im Wege der Stufenklage auf
Volljährigenbarunterhalt in Anspruch nimmt, Prozeßkostenhilfe versagt, da zunächst der
Rechtspfleger über ihren Antrag, die Naturalunterhaltsbestimmung der Eltern
abzuändern, zu entscheiden habe.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
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II.
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Die gem. § 127 II ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
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Es kann dahinstehen, ob das schon deshalb gilt, weil der Klägerin auch als volljährigem
Kind in der Ausbildung ein Prozeßkostenvorschußanspruch gegen ihre Eltern zusteht.
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Jedenfalls kann ein Prozeßkostenhilfegesuch derzeit nicht erfolgreich sein, da das
Amtsgericht die Entscheidung des Rechtspflegers über eine Abänderung der
Naturalunterhaltsbestimmung nach § 1612 II BGB nicht an sich gezogen hat, sondern
die Entscheidung des Rechtspflegers für vorrangig ansieht. Das Gesetz sieht auch nach
dem 1.7.1998 eine Zuständigkeit des Rechtspflegers für die Änderung der
Unterhaltsbestimmung vor (§§ 3 Nr.2a, 14 RpflG), mag auch der Richter die
Unterhaltsbestimmungsentscheidung gem. § 6 RpflG an sich ziehen können.
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Solange der Richter von der Möglichkeit des § 6 RpflG keinen Gebrauch macht, muß
der Kläger, der eine Abänderung der Naturalunterhaltsbestimmung beantragt, sich
zunächst an den Rechtspfleger wenden. Eine Abänderung der Bestimmung kann nicht
inzidenter im Unterhaltsprozeß stattfinden (KG FamRZ 2000, 256 und AG Berlin-
Tempelhof - Kreuzberg FamRZ 2001, 116; Büttner/Niepmann NJW 2000, 2547 (2549);
auch Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl. (2001), § 1612 Rz. 21 sieht jedenfalls dann
ein gesondertes Verfahren für erforderlich an, wenn es ausschließlich um die
Verbindlichkeit der elterlichen Unterhaltsbestimmung geht). Diese unterschiedliche
Zuständigkeit für den Unterhaltsrechtsstreit einerseits und das Verfahren auf
Abänderung der Bestimmung ist nicht zweckmäßig (Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht
in der familiengerichtlichen Praxis, 5. Aufl.(2000), § 2 Rz. 41 kritisieren das mit Recht),
muß aber als gesetzliche Regelung hingenommen werden.
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Das Amtsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß kein Fall der unwirksamen
Naturalunterhaltsbestimmung vorliegt, in dem unmittelbar auf Barunterhaltszahlung
geklagt werden kann (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des
Unterhalts, 7. Aufl. (2000) Rz. 203). Zwar ist die Unterhaltsbestimmung unwirksam,
wenn nicht der gesamte Lebensbedarf des Kindes erfaßt ist (BGH FamRZ 1993, 417
(420). Es ist aber rechtsmißbräuchlich, sich darauf zu berufen, Barunterhaltsteile neben
dem Wohnen im elterlichen Haus seien nicht angeboten worden, wenn schon aus
anderen Gründen die Naturalunterhaltsbestimmung vom Kind nicht hingenommen wird
und die Eltern ersichtlich nicht nur Teilleistungen anbieten wollen. Es kann mithin
dahinstehen, ob die Unterhaltsbestimmung jedenfalls in ihrer anwaltlichen Klarstellung
den vollen Unterhalt umfaßt.
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Das Amtsgericht hat daher derzeit mit Recht Prozeßkostenhilfe verweigert.
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