Urteil des OLG Köln vom 02.05.1991
OLG Köln (gaststätte, zustand, gabe, gefahr, folge, zpo, ergebnis, sache, brand, person)
Oberlandesgericht Köln, 5 U 157/90
Datum:
02.05.1991
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 157/90
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 O 444/89
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des
Landgerichts Köln vom 11. Juli 1990 - 24 O 444/89 - wird
zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens
zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das
Landgericht hat jedenfalls im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin aus
gepfändetem und überwiesenem Recht wegen des Schadensfalles vom 15./16. Juli
1987 verneint.
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Nicht gefolgt werden kann allerdings der Ansicht des Landgerichts, der
Ausnahmetatbestand der Ziffer 1 der "Besonderen Bedingungen und Risikobeschrei-
bungen für die Privathaftpflichtversicherung", die vorliegend Vertragsbestandteil sind,
wonach nicht versichert sind "die Gefahren eines Betriebes, Berufes... oder einer
ungewöhnlichen und gefährli-chen Beschäftigung, insbesondere...", greife hier
deshalb ein, weil die konkrete Situation des Herrn S. vergleichbar der eines
Einbrechers, der sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinde, gewe-sen
sei. Diese Gleichstellung erscheint vorliegend sachlich nicht gerechtfertigt, da
gravierende Un-terschiede zu der tatsächlichen und psychischen Si-tuation eines
Einbrechers bestanden. Ein Hausfrie-densbruch lag vorliegend nicht vor; S. hatte
einen Schlüssel zu der Gaststätte erhalten, durfte sie also nach Maßgabe seiner
Hausmeistertätigkeit ggfs. betreten. Zwar mochte S. , da die Gaststätte seit Monaten
stillgelegt war, in dieser an sich "nichts zu suchen haben", dies ändert aber nichts
daran, daß er grundsätzlich faktisch hineingehen konnte und auch grundsätzlich
durfte, dies z.B. insbeson-dere auch dann, wenn etwa am Rohrsystem oder an der
Heizanlage etwas nicht in Ordnung gewesen wäre. Das - wenn auch hier nicht
konkret veranlaßte - Be-treten der Gaststätte war deshalb weder eine unge-wöhnliche
noch auch eine gefährliche Beschäftigung. Auch die psychische Ausnahmesituation,
wie sie bei einem Einbrecher gegeben ist, war hier nicht akut. S. wußte, daß er als
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Hausmeister allen Hausbewoh-nern bekannt war und deshalb nicht ohne weiteres
damit zu rechnen war, daß einer der Hausbewohner negativ zur Kenntnis nehmen
würde, wenn er die Gaststätte betrat. Es konnte nach Maßgabe seiner vertraglichen
Verpflichtungen hierzu nach außen hin - wie vorliegend dargelegt - durchaus eine
konkrete Veranlassung bestehen. Insoweit ist auch zu berück-sichtigen, daß auch die
beiden Hausbewohnerinnen, die im Strafverfahren vernommen worden sind, zu-
nächst gar keinen Anstoß daran genommen haben, daß er in die Gaststätte ging,
obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits infolge Alkoholgenusses torkelte.
Argwöhnisch wurden diese Zeuginnen demzufolge erst, als sie Qualm bzw. Rauch
sahen.
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Das vom Landgericht angeführte psychische Moment scheidet hier auch deshalb
aus, weil S. ja bereits im Vollrausch die Gaststätte betrat und sich demzu-folge mit
einiger Wahrscheinlichkeit überhaupt kei-ne Gedanken hinsichtlich eines möglichen
Entdeckt-werdens pp. mehr gemacht, sondern lediglich nach Alkoholika gesucht hat.
Zutreffend weist in diesem Zusammenhang die Berufungsbegründung zwar darauf
hin, daß der Ausschlußtatbestand der ungewöhnlichen und gefährlichen
Beschäftigung das Bewußtsein vor-aussetze, einer solchen nachzugehen, was im
Zustand eines Vollrausches nicht mehr der Fall ist.
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Gleichwohl sind im Ergebnis die Voraussetzungen des vorgenannten
Ausschlußtatbestandes - wenn auch un-ter anderem Gesichtspunkt als vom
Landgericht ange-nommen - zu bejahen.
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Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, greift die Ausschlußbestimmung nach
den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dieser Be-stimmung
entwickelten Grundsätzen, die von der obergerichtlichen Rechtsprechung
weitestgehend übernommen worden sind und die sich auch der Senat zu eigen
macht, nur in den seltenen Ausnahmefällen ein, in denen das Versagen des
Versicherungsschut-zes sowohl vom Standpunkt der Versicherung wie der
Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Sie findet nicht bereits in all den Fällen Anwendung,
in denen die schadensstiftende Handlung selbst unter ungewöhnli-chen oder
gefährlichen Umständen ausgeführt worden ist, sondern ihre Geltung ist auf die
seltenen Aus-nahmefälle beschränkt, in denen die schadenstiften-de Handlung im
Rahmen einer allgemeinen Betätigung des Versicherten vorgenommen worden ist,
die ihrer-seits ungewöhnlich und gefährlich ist und deshalb in erhöhtem Maße die
Gefahr schadensstiftender Handlungen in sich birgt (vgl. BGH Vers.R 56//283,
81/271, OLG Schleswig VersR 84,/954, 956 m.w.N.). Es ist also nicht auf die konkrete
Betätigung, die schadensstiftende Handlung selbst, abzustellen, sondern die
allgemeine Betätigung muß ungewöhnlich und gefährlich sein.
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Vorliegend lag die ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung darin, daß S. sich
in einen Voll-rausch versetzte, obwohl er nach eigenem, wieder-holtem
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Eingeständnis im Ermittlungsverfahren wußte, daß er in diesem Zustand regelmäßig
Straftaten, insbesondere auch Brandstiftungen zu begehen pfleg-te. Hierbei verkennt
der Senat nicht, daß - auch starker - Konsum von Alkoholika an sich eine neu-trale
und auch nicht ungewöhnliche Verhaltensweise ist; anders ist es aber in Fällen, wo
exzessiver Alkoholkonsum bekanntermaßen Grundlage für immer neue Delikte -
auch einschlägiger Natur, hier also Brandstiftung - ist. Führt übermäßiger Alkoholkon-
sum immer wieder - und dies dem Trinkenden auch bewußt zu Deliktsbegehungen,
so kann das übermäßige Trinken im Hinblick auf die konkrete Person nicht mehr als
gewöhnliche Tätigkeit erachtet werden, denn normalerweise wird ein jeder normal
struktu-rierter Durchschnittsmensch Situationen und Zustän-de meiden, in denen er
bekanntermaßen "deliktsan-fällig bzw. deliktsbelastet" ist. Eine gegenteili-ge, vom
Normalzustand abweichende Verhaltensweise muß im Hinblick auf die latente
Deliktsgefahr aus der Sicht aller redlich Denkenden als ungewöhnlich und gefährlich
erachtet werden, weil sie gegen sta-tuierte und allgemein akzeptierte
Verhaltensnormen verstößt und insoweit mißbilligt wird. Wenn somit S. sich
vorliegend wieder in einen Vollrauschzu-stand versetzte ungeachtet des Wissens
darum, daß angesichts seiner Vorgeschichte in diesem Zustand wieder Delikte, z. B.
auch Brandstiftungen, zu erwarten waren, so realisierte sich mit dem Brand die
Gefahr einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung, so daß eine Haftung
der Beklagten im Hinblick auf die eingangs erwähnte Ausschlußklausel entfällt.
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In Anbetracht dessen erübrigte sich ein Eingehen auf die ferner angeschnittenen
Streitpunkte, ob der Brandfall Folge der "Gefahren eines Berufes" war (was im
Hinblick auf die in BGH VersR 81/271, OLG Celle r + s 90/224 und 231 genannten
Voraussetzun-gen eher zu verneinen sein dürfte) oder aber ob § 152 VVG
einschlägig ist.
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Nach allem war die Berufung zurückzuweisen, ohne daß es der Zulassung der
Revision bedurfte, weil die Sache keine Fragen von grundsätzlicher Bedeu-tung
aufwirft.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar-keit beruht auf den §§ 708 Ziffer
10, 713 ZPO.
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Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer der Klä-gerin: 24.401,59 DM.
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