Urteil des OLG Köln vom 15.05.2008
OLG Köln: treu und glauben, stille reserven, unternehmen, beweis des gegenteils, einspruch, betriebsgesellschaft, einlage, gesellschafter, liquidation, steuerberater
Oberlandesgericht Köln, 8 U 32/07
Datum:
15.05.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 U 32/07
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 2 O 509/06
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.08.2007 verkündete Urteil
der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 2 O 509/06 - teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1 Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.562,16 € nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
01.01.2005 aus 28.104,83 € und fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 24.10.2006 aus weiteren 457,33 € zu zahlen.
Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.
2. Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat der Beklagte zu
tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in
derselben Höhe leistet.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
1
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Hauptsache Erfolg. Der Abweisung
2
unterliegt lediglich ein Teil der Nebenforderungen, insbesondere die geltend gemachten
vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
I.
3
Der Kläger nimmt den beklagten Steuerberater wegen angeblicher
Vertragspflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch.
4
Der Kläger und der Zeuge V. B. waren im Jahr 1999 zu je 50 %Gesellschafter zweier
Gesellschaften bürgerlichen Rechts: der Q.-R., V. B. und S. I. GbR (im Folgenden: R.
GbR) und der Q.-T., V. B. und S. I. GbR (im Folgenden: T. GbR). Die Gesellschaften
waren auf dem Gebiet der T. tätig: die R. GbR befasste sich u.a. mit der Lithoherstellung
und Filmbelichtung und die T. GbR mit dem Ein- und Verkauf von Drucksachen und
Werbemitteln. Der Kläger und der Zeuge B. suchten nach Möglichkeiten, um ihre
Haftung zu begrenzen, wobei ihnen hierdurch möglichst keine Steuerbelastung
entstehen sollte. Der Beklagte war sowohl Steuerberater beider Gesellschaften
bürgerlichen Rechts als auch des Klägers persönlich. Sein Auftrag umfasste jedenfalls
die Erstellung der Jahresabschlüsse und der nötigen Steuererklärungen sowie die
Prüfung von Steuerbescheiden; ob er auch beauftragt war, ein Modell zur
Haftungsbegrenzung zu entwickeln, ist streitig.
5
In der Folgezeit erwarben der Kläger, der Zeuge B. und dessen Ehefrau – diese
lediglich zu 1 % – Anteile an einer Vorrats-GmbH, die zuvor den Rechtsanwälten N., J.
und C. gehört hatten, und firmierten sie in U. und Handelsgesellschaft mbH (im
Folgenden: U.-GmbH) um. Die R. GbR und die T. GbR verpachteten an die U.-GmbH
jeweils ihre materiellen Anlagegüter, die im wesentlichen aus Arbeitsgeräten,
insbesondere Hard- und Software, sowie Büroeinrichtung bestanden.
6
Im Rahmen einer Betriebsprüfung des Finanzamtes L. im Jahr 2003 vertrat der Prüfer
die Auffassung, dass die immateriellen Wirtschaftsgüter der R. GbR und der T. GbR
(Kundenstamm und Firmenwert) aus diesen jeweils entnommen und verdeckt in die U.-
GmbH eingelegt worden seien. Dies habe zu einer Aufdeckung stiller Reserven geführt
und den Gewinn der Gesellschaften bürgerlichen Rechts jeweils in beträchtlichem
Umfang erhöht. Auf Basis dieser Auffassung, die im Rahmen der Schlussbesprechung
am 05.08.2003 erörtert wurde, erließ das Finanzamt L. diverse (Änderungs-)
Steuerbescheide, die beim Kläger persönlich sowie bei den Gesellschaften
bürgerlichen Rechts zu einer Steuermehrbelastung für den Veranlagungszeitraum 1999
führten. Sämtliche Steuerbescheide wurden bestandskräftig.
7
Der Kläger begehrt die Erstattung von Mehrsteuern, die sich wie folgt zusammensetzen,
wobei er hinsichtlich des Steuerschadens der R. GbR und der T. GbR den Anteil in
Ansatz bringt, der seinen Gesellschaftsanteilen entspricht:
8
Einkommensteuer des Klägers, Zinsen Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag
14.752,06 €
9
Gewerbesteuer einschl. Zinsen
10
für die T. GbR 11.094,10 €
11
Gewerbesteuer einschl. Zinsen
12
für die R. GbR 2.716,00 €
13
28.562,16 €.
14
Darüber hinaus macht der Kläger die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in
Höhe von 1.196,43 € und Zinsen geltend. Der Kläger ließ den Beklagten mit
Anwaltsschreiben vom 20.12.2004 zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von
28.104,83 € bis zum 31.12.2004 auffordern. Die beiden Gesellschaften bürgerlichen
Rechts sind zwischenzeitlich liquidiert worden.
15
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte sei damit beauftragt gewesen, ein möglichst
steuersparendes Modell zu entwickeln, in dem die Haftung der beiden Gesellschafter
reduziert werde. Im Rahmen dieses Mandats habe der Beklagte den Kauf der Vorrats-
GmbH und die Verpachtung (nur) des materiellen Anlagevermögens empfohlen.
16
Der Kläger ist der Ansicht gewesen, der Beklagte habe schon im Jahr 1999 erkennen
müssen, dass die Frage streitig sei, ob eine Betriebsaufspaltung zu einem Übergang
des Firmenwerts führe, und daher zum sichersten Weg raten müssen, der darin
bestanden habe, das immaterielle Anlagevermögen ausdrücklich mit zu verpachten.
Jedenfalls habe der Beklagte im Jahr 2003 eine Pflichtverletzung begangen, indem er
dem Kläger und den beiden Gesellschaften bürgerlichen Rechts nicht dazu geraten
habe, gegen die belastenden Bescheide, die aufgrund der Betriebsprüfung ergangen
seien, Einspruch einzulegen. Hierzu hat er behauptet, der Beklagte habe sowohl
gegenüber ihm als auch gegenüber dem Zeugen B. erklärt, dass sich Einwendungen
gegen die Prüferfeststellungen nicht lohnten, da Einspruchs- und nötigenfalls
Klageverfahren aussichtslos seien.
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Der Kläger hat ferner behauptet, die den Gesellschaften zustehenden
Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten seien zwischen ihm und dem Zeugen
B. derart verteilt worden, dass jeder einen Anspruch in Höhe des von ihm persönlich
getragenen Schadens in Form der geleisteten Zins- und Steuerzahlungen erhalten
habe. Der auf den Kläger übergegangene Schadensersatzanspruch der R. GbR belaufe
sich daher auf die 11.094,10 € und der der T. GbR auf die 2.716,00 €, die er (unstreitig)
gezahlt habe.
18
Sofern der Beklagte eingewendet habe, dass spätestens im Zeitpunkt der ohnehin
erfolgten Liquidation der Gesellschaften bürgerlichen Rechts die stillen Reserven aus
den immateriellen Wirtschaftsgütern aufgedeckt worden wären und somit kein Schaden
entstanden sei, sei dies nach Ansicht des Klägers falsch. Denn unterstellt, die
immateriellen Wirtschaftsgüter (Firmenwert und Kundenstamm) wären nicht auf die U.-
GmbH übergegangen, wäre eine Liquidation der Gesellschaften bürgerlichen Rechts so
lange nicht erfolgt, bis der Firmenwert und der Kundenstamm nicht mehr vorhanden
gewesen wären.
19
Der Kläger hat sinngemäß beantragt, den Beklagten zu verurteilen,
20
1. an ihn 28.562,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
21
Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 28.104, 83 € ab dem 20.12.2004 und aus
457,33 € ab Klageerhebung zu zahlen, und
22
2. die nicht anrechenbaren vorgerichtlichen entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in
Höhe von 1.196, 43 € zu zahlen.
23
24
Der Beklagte hat beantragt,
25
die Klage abzuweisen.
26
Der Beklagte hat behauptet, mit der Gestaltung der gesellschaftsrechtlichen und
sonstigen Rechtsverhältnisse anlässlich der Umstrukturierung zur Haftungsbegrenzung
sei ausschließlich die Anwaltskanzlei N., J. und C. betraut gewesen. Die Pachtverträge
habe er erstmals anlässlich der Betriebsprüfung gesehen. Er habe sowohl den
Anwälten als auch dem Kläger persönlich empfohlen, "das gesamte Betriebsvermögen"
der Gesellschaften bürgerlichen Rechts bzw. "das gesamte Anlagevermögen" an die
GmbH zu verpachten; damit habe er auch das immaterielle Anlagevermögen gemeint.
27
In den Besprechungen mit dem Betriebsprüfer habe er immer wieder nachhaltig in
Abrede gestellt, dass die Firmenwerte der Gesellschaften bürgerlichen Rechts auf die
GmbH übergegangen seien. Auch der Betriebsprüfer sei sich nicht sicher gewesen und
habe den Kläger, der bei allen Gesprächen einschließlich der Schlussbesprechung
unstreitig anwesend war, auf den Rechtsweg aufmerksam gemacht. Sowohl der Kläger
als auch der Zeuge B. hätten jedoch ihm, dem Beklagten, gegenüber ausdrücklich
erklärt, gegen die Auffassung des Betriebsprüfers nichts unternehmen zu wollen. Grund
hierfür sei gewesen, dass bei der Betriebsprüfung noch andere Umstände entdeckt
worden seien, die zumindest dem Zeugen B. zum Nachteil gereicht hätten, und über die
eine tatsächliche Verständigung – wenn auch informell – erzielt worden sei.
28
Darüber hinaus ist der Beklagte der Ansicht gewesen, der Kläger müsse sich
angebliche Steuervorteile der U.-GmbH, die aus dem zusätzlichen
Abschreibungsvolumen aus der Einlage der Firmenwerte resultierten,
schadensmindernd anrechnen lassen. Im Übrigen fehle es auch deswegen an einem
Schaden, weil die stillen Reserven der Gesellschaften bürgerlichen Rechts durch deren
zwischenzeitliche Liquidation ohnehin aufgedeckt worden seien. Hierzu behauptet der
Kläger, dass man die Liquidation nötigenfalls aufgeschoben hätte, bis die immateriellen
Wirtschaftsgüter nicht mehr vorhanden gewesen wären.
29
Wegen der weiteren Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts
wird gemäß § 540 Abs.1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil
Bezug genommen (Bl. 99 bis 103 GA).
30
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 09.08.2997 abgewiesen. Zur
31
Begründung hat es in Bezug auf das Geschehen von 1999 ausgeführt, dass zu seiner
Überzeugung zwar feststehe, dass der Beklagte auch mit der steuerlichen Beratung bei
der Umstrukturierung beauftragt gewesen sei und nicht über mögliche Schwierigkeiten
aufgrund der in den Pachtverträgen nicht genannten immateriellen Wirtschaftsgüter
aufgeklärt habe. Jedoch habe der Beklagte keine Pflichtverletzung begangen,
insbesondere nicht das Gebot des "sicheren Weges" verletzt, als er nicht auch die
Verpachtung der immateriellen Wirtschaftsgüter angeregt habe. Er habe darauf
vertrauen dürfen, dass durch die Beschränkung der beiden Pachtverträge auf das
materielle Anlagevermögen keine stillen Reserven aufgedeckt würden. Denn im Jahr
1999 sei Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung, auf deren Fortbestand der
Beklagte habe vertrauen können, das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14.1.1998 – X R
57/93 – (DStR 1998, 887) gewesen, in dem es wörtlich heiße: "Werden (...) wesentliche
Betriebsgrundlagen lediglich verpachtet, wird auch der Geschäftswert des
Unternehmens nur nutzungsweise überlassen. (...) Der (...) Geschäftswert ist nicht
selbständig verkehrsfähig. Er ‚führt kein Eigenleben’. (...) Im Falle der Verpachtung des
Unternehmens geht der Geschäftswert mit dem Betrieb auf den Pächter zur Nutzung
über." Dem habe auch die damalige Kommentierung bei Schmidt, EStG, 18. Aufl. 1999,
§ 15, Rn. 878, entsprochen wo es heiße, ein Geschäftswert verbleibe "in der Regel"
beim Besitzunternehmen.
Selbst wenn der Beklagte es darüber hinaus im Jahr 2003 unterlassen haben sollte,
dem Kläger und dem Mitgesellschafter B. dazu zu raten, gegen die aufgrund der
Betriebsprüfung ergangenen Steuerbescheide Einspruch einzulegen, oder wenn er von
Einsprüchen sogar ausdrücklich abgeraten haben sollte, hätte er nach Ansicht des
Landgerichts keine Pflicht aus dem Steuerberatungsvertrag verletzt. Denn die auf Basis
der Auffassung des Betriebsprüfers ergangenen Bescheide, die von einer Übertragung
des Geschäftswerts ausgehen, seien richtig gewesen und wären auch auf Einspruch
und Klage hin nicht geändert worden. Aufgrund der unstreitigen Umstände stehe fest,
dass der Geschäftswert auf die U.-GmbH übertragen worden sei: Zum einen könne
ausgeschlossen werden, dass gar kein Geschäftswert existierte; der Betriebsprüfer habe
sowohl für die R. GbR als auch für die T. GbR einen konkreten Geschäftswert beziffert,
der von den Parteien auch nicht angegriffen worden sei. Zum anderen könnten die
Geschäftswerte nicht bei den Gesellschaften bürgerlichen Rechts verblieben sein, denn
der Kläger habe nicht vorgetragen, dass diese über die geschäftswertbildenden
Faktoren verfügten. Die Kammer hat ausgeschlossen, dass diese Faktoren in dem
vergleichsweise geringen materiellen Anlagevermögen bestanden, das im Eigentum der
Gesellschaften bürgerlichen Rechts verblieben sei. Denn der Geschäftswert der in Rede
stehenden Unternehmen habe in erster Linie an der fachlichen Qualifikation und dem
Ruf der für das Unternehmen tätigen Personen, insbesondere der Gesellschafter,
gehangen, die verpflichtet gewesen seien, den Gesellschaften ihre volle Arbeitskraft zur
Verfügung zu stellen. Die Tatsache, dass beide Gesellschaften inzwischen liquidiert
worden seien, spreche ebenfalls dafür, dass diese seit der Betriebsaufspaltung kein
nennenswertes eigenes wirtschaftliches Leben mehr führten und auch nicht führen
sollten, sondern allein die U.-GmbH am Markt aufgetreten sei, womit sie sich auch den
Geschäftswert der R. GbR und der T. GbR zu Nutze gemacht habe. Da auch nicht
vorgetragen sei, dass es zwischen den Gesellschaften eine Regelung gegeben habe,
die den Gesellschaften bürgerlichen Rechts im Falle der Beendigung der
Betriebsaufspaltung eine Fortführung des Betriebs ermöglicht hätte, woraus man hätte
schließen können, dass diesen der Geschäftswert verbleiben sollte, bleibe nur der
Schluss, den schon der Betriebsprüfer gezogen habe, dass nämlich der Geschäftswert
im Wege der verdeckten Einlage auf die U.-GmbH übertragen worden sei.
32
Dem stehe nicht entgegen, dass die Auffassung des Betriebsprüfers der Entscheidung
des Bundesfinanzhofs vom 14.1.1998 widerspreche. Denn der Bundesfinanzhof habe
durch Urteil vom 27.3.2001 (I R 42/00, DStR 2001, 1748) seine Ansicht geändert. Es sei
davon auszugehen, dass der Geschäftswert denjenigen geschäftswertbildenden
Faktoren folge, "die durch ihn verkörpert werden"; die Zuordnung hänge von den
tatsächlichen Umständen des Einzelfalls ab.
33
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der angefochtenen
Entscheidung Bezug genommen (Bl. 103 bis 108 GA).
34
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der
Kläger sein Begehren unverändert weiter.
35
Er macht zum einen geltend, der Beklagte habe es 1999 im Rahmen eines
Sonderauftrags zur Entwicklung einer Betriebsaufspaltung pflichtwidrig versäumt, dem
Kläger und seinem Mitgesellschafter B. zu empfehlen, der U.-GmbH auch die
immateriellen Wirtschaftsgüter der Q.-R. GbR und der Q.-T. GbR zu verpachten. Es sei
Aufgabe des Klägers gewesen, die Betriebsaufspaltung so zu auszugestalten, dass
Firmenwert und Kundenstamm der Gesellschaften bürgerlichen Rechts nicht aus deren
Vermögen entnommen und auf die U.-GmbH übertragen würden, sondern im Vermögen
jener Gesellschaften verblieben. Dies wäre jedenfalls – und auf sicherstem Wege
endgültig – geschehen, wenn der gesamte Betrieb der Gesellschaften bürgerlichen
Rechts oder zumindest auch deren immaterielle Wirtschaftsgüter wie Firmenwert und
Kundenstamm an die U.-GmbH verpachtet worden wären. Dies sei jedoch nicht
geschehen; der Beklagte habe nicht auf die Möglichkeit und Notwendigkeit der
Mitverpachtung der immateriellen Wirtschaftsgüter hingewiesen.
36
Des weiteren macht der Kläger geltend, der Beklagte habe es 2003 im Rahmen des
regulären Steuerberatungsvertrags nicht nur pflichtwidrig unterlassen, ihm zur
Einlegung von Einsprüchen zu raten, er habe sogar pflichtwidrig empfohlen, gegen die
vor dem Hintergrund der Betriebsprüfungsberichte von August 2003 geänderten
Steuerbescheide keinen Einspruch einzulegen. Die den Betriebsprüfungsberichten
zugrunde liegende Rechtsauffassung, wonach den Gesellschaften bürgerlichen Rechts
die immateriellen Wirtschaftsgüter (Kundenstamm und Firmenwert) entnommen worden
seien, sei falsch gewesen. Denn der Geschäftswert gehe nur dann auf die
Betriebsgesellschaft über, wenn dieser geschäftswertbildende Faktoren verpachtet
würden. Dies sei hier schon nicht der Fall gewesen sei, weil nur
Einrichtungsgegenstände verpachtet worden seien. Außerdem hätten die
Gesellschaften bürgerlichen Rechts der U.-GmbH eventuelle geschäftswertbildenden
Faktoren jedenfalls jederzeit entziehen können, weshalb der Geschäftswert ebenfalls
nicht als auf die Betriebsgesellschaft übergegangen angesehen werden könne.
37
Der Kläger beantragt sinngemäß unter Abänderung des am 09.08.2007 verkündeten
und am 14.08.2007 zugestellten Urteils des Landgerichts Köln (Az.: 2 O 509/06) den
Beklagten zu verurteilen,
38
1. an den Kläger 28.562,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
39
Basiszinssatz aus 28,104,83 € seit dem 20.12.2004 und aus 457,33 € seit dem
24.10.2006 zu zahlen, und
40
2. die nicht anrechenbaren vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in
Höhe von € 1.196,43 zu zahlen.
41
42
Der Beklagte beantragt,
43
die Berufung zurückzuweisen.
44
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Er habe – was die Beratung 1999 angehe
– stets ohne Einschränkung die Verpachtung des gesamten Betriebs- und
Anlagevermögens empfohlen und nicht etwa nur die Verpachtung einzelner materieller
Wirtschaftsgüter. Die Pachtverträge habe er – was unstreitig ist – auch gar nicht gestaltet
und ihren Inhalt bis zur Betriebsprüfung nicht gekannt. Im Übrigen scheide eine
Pflichtverletzung in jedem Fall deswegen aus, weil nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs bis zum Jahr 1999 ein isolierter Übergang des Geschäftswertes auf
die U.-GmbH nicht in Betracht gekommen wäre. Eine Rechtsprechungsänderung, wie er
sie in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 27.03.2001 erblickt, habe er 1999
nicht vorhersehen müssen.
45
Der Beklagte bestreitet weiterhin, dem Kläger 2003
neuen Steuerbescheide keinen Einspruch zu legen. Das Gegenteil sei der Fall
gewesen. Er habe sich in den Betriebsprüfungsberichten ausdrücklich die Möglichkeit
einer Stellungnahme betreffend die immateriellen Wirtschaftsgüter vorbehalten und
ihnen – wie im Übrigen auch der Betriebsprüfer selbst, der gesehen habe, dass das
Finanzgericht seiner Auffassung möglicherweise nicht folgen würde – die Einlegung
von Einsprüchen empfohlen. Jedoch hätten der Kläger und der Zeuge B. dies mit Blick
auf andere Probleme des Zeugen B. im Zuge der Betriebsprüfung ausdrücklich
abgelehnt; sie hätte sich mit dem Ergebnis der Betriebsprüfung als "Gesamtpaket"
bewusst zufrieden geben wollen. Geschäftswertbildende Faktoren sind nach Ansicht
des Beklagten vor allem die qualifizierte Arbeitnehmerschaft der Gesellschaften
bürgerlichen Rechts gewesen, die von der U.-GmbH übernommen worden sei, und das
Know How der langjährigen Mitarbeiter der Gesellschaften Wichmann und Schnittke,
die ebenfalls von der U.-GmbH angestellt worden seien.
46
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 07.02.2008, ergänzt durch
Beschluss vom 10.03.2008, durch Vernehmung der Zeugen V. B., G. V., O. D. und M. B..
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen
Verhandlung vom 03.04.2008 Bezug genommen (Bl. 217 bis 225 GA).
47
Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Beklagten vom 21. und 24.04.2008 (Bl. 233
bis 234, 237 GA) und des Klägers vom 25.04. und 02.05.2008 (Bl. 235 bis 236, 238)
48
haben vorgelegen, zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aber keinen
Anlass geboten.
II.
49
1. Der Kläger hat gegen den Beklagten – zum Teil aus eigenem, zum Teil aus
abgetretenem Recht – einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 28.562,16 € gemäß
§§ 280 Abs. 1 Satz 1, 398 BGB wegen fehlerhafter steuerlicher Beratung durch den
Beklagten im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung 2003.
50
a) Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat in ständiger
Rechtsprechung angeschlossen hat, ist davon auszugehen, dass der Steuerberater im
Rahmen seines Auftrages verpflichtet ist, seinen Mandanten umfassend zu beraten und
auch ungefragt über alle steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Er
hat seinen Mandanten möglichst vor Schaden zu schützen und hierzu den relativ
sichersten Weg zu dem angestrebten steuerlichen Ziel aufzuzeigen sowie die für den
Erfolg notwendigen Schritte vorzuschlagen (BGH, NJW 2004, 3487; BGHZ 128, 358,
361 = NJW 1995, 958; BGH, NJW-RR 2003, 1064, 1065; Senat, OLGR 2003, 69; Urteil
vom 26.06.2007 – 8 U 49/06). Der Steuerberater hat den Mandanten in die Lage zu
versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen zu wahren und eine
Fehlentscheidung vermeiden zu können (BGH, NJW-RR 2003, 1064, 1065). Er muss
ihn daher grundsätzlich auch ungefragt nach jeder Richtung über alle steuerrechtlichen
Einzelfragen und deren Folgen erschöpfend belehren und ihn über das Ergebnis seiner
Sach- und Rechtsprüfung aufklären. Dabei hat der Steuerberater für die Kenntnis des
Steuerrechts einzustehen. Die mandatsbezogen erheblichen Gesetzes- und
Rechtskenntnisse muss er besitzen oder sich ungesäumt verschaffen; neue oder
geänderte Rechtsnormen hat er in diesem Rahmen zu ermitteln (BGH, NJW 2004, 3487
m.w.N.; KG Berlin, DStR 2007, 453-455). Insbesondere kann von einem Steuerberater
erwartet werden, dass er die im Einzelfall einschlägigen Steuergesetze, Verordnungen
und Erlasse, die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in gleich gelagerten Fällen und
die ständige Verwaltungspraxis der Finanzämter kennt (Senat, Urteil v. 26.04.2007 – 8
U 49/06; Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 4. Auflage, 2006, Rn. 234 ff.).
Um dem Auftraggeber eine eigenverantwortliche Entscheidung zu ermöglichen, muss
der Steuerberater ihn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schließlich
sogar dann über eine Anfechtung des Steuerbescheids belehren, wenn er die
Anfechtung selbst für aussichtslos hält (BGH, NJW 1999, 2435, 2436).
51
Dies zugrunde gelegt, hätte der Beklagte dem Kläger raten müssen, gegen die
(Änderungs-) Steuerbescheide, die das Finanzamt aufgrund der Betriebsprüfung von
2003 erlassen hat, Einspruch einzulegen. Denn nach Auffassung des Senats hätte ein
Einspruch gegen die Steuerbescheide, die in Folge der Betriebsprüfung ergangen sind,
Erfolg gehabt. Die erforderliche Aufklärung hat der Beklagte unterlassen, ohne dass er
beweisen konnte, dass ihm der Kläger in Kenntnis der Anfechtbarkeit der
Steuerbescheide ausdrücklich erklärt habe, gegen die Auffassung des Betriebsprüfers
zur Aufdeckung der stillen Reserven nichts unternehmen, insbesondere auf keinen Fall
gegen die Steuerlast im Einspruchswege vorgehen zu wollen. Daher liegt in der
Untätigkeit des Beklagten eine objektive Pflichtverletzung.
52
aa) Ein Einspruch gegen die Steuerbescheide, die in Folge der Betriebsprüfung
ergangen sind, hätte nach Auffassung des Senats Erfolg gehabt. Die Ansicht des
Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung, wonach die Steuerbescheide infolge
53
einer Rechtsprechungsänderung zutreffend gewesen seien, wird nicht geteilt, ebenso
wenig die Ansicht der Betriebsprüfer, wonach die immateriellen Wirtschaftsgüter der R.
GbR und der T. GbR entnommen und verdeckt in die U.-GmbH eingelegt worden seien,
was zu einer Aufdeckung stiller Reserven geführt und den Gewinn der Gesellschaften
bürgerlichen Rechts erhöht habe.
Der Geschäftswert, d.h. die immateriellen Wirtschaftsgüter der R. GbR und der T. GbR
(Firmenwert und Kundenstamm), wurde nach Auffassung des Senats nicht entnommen
und im Wege der verdeckten Einlage auf die U.-GmbH übertragen. Die Parteien
beabsichtigten die Durchführung einer echten Betriebsaufspaltung, nämlich die
Aufteilung zweier bisher einheitlicher gewerblicher Unternehmen in der Weise, dass
jeweils ein Teil ihres jeweiligen Betriebsvermögens (R. GbR, T. GbR) auf die U.-GmbH
als Betriebsgesellschaft übertragen wird und mindestens eine der wesentlichen
Betriebsgrundlagen bei den Gesellschaften bürgerlichen Rechts verbleibt, aber der U.-
GmbH zur Nutzung überlassen wird und personelle Verflechtungen, d.h. hier nahezu
personelle Identität, zwischen den Unternehmen gegeben ist (vgl. zur Definition, BFH,
Urteil vom 14.01.1998 – X R 57/93, zitiert nach juris, Rn. 14). Werden dem
Besitzunternehmen Vermögensteile entnommen und auf die Betriebsgesellschaft
übertragen, können hierbei stille Reserven aufgedeckt werden, was gegebenenfalls zu
einer erhöhten Steuerlast des Besitzunternehmens führt. Der Geschäftswert der
Gesellschaften bürgerlichen Rechts in Gestalt von Firmenwert und Kundenstamm hätte
auf die U.-GmbH übertragen werden können; zwingend war dies jedoch nicht und ist
nach Ansicht des Senats auch nicht geschehen.
54
Schon vor der Schreinerei-Entscheidung (Urteil vom 27.03.2001 - I R 42/00, zitiert nach
juris) hatte der Bundesfinanzhof wiederholt entschieden, dass eine Betriebsaufspaltung
nicht notwendig den Übergang des Geschäftswerts, d.h. des Wertes, der einem
gewerblichen Unternehmen über den Substanzwert (Verkehrswert) der einzelnen
materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter hinaus innewohnt, auf das
Betriebsunternehmen nach sich zieht, der Geschäftswert andererseits aber auch nicht
immer und unter allen Umständen beim Besitzunternehmen verbleibt. Der
Geschäftswert ist Ausdruck der Gewinnchancen eines Unternehmens, soweit diese
nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind, sondern durch den Betrieb eines
lebenden Unternehmens gewährleistet erscheinen. Angesichts dessen ist er unmittelbar
mit dem Betrieb als solchem verwoben und kann grundsätzlich nicht ohne diesen
veräußert oder entnommen werden (BFH, ebd., Rn. 12, m.w.N.). Der Geschäftswert
kann also zwar nicht isoliert, aber er kann mit dem lebenden Betrieb veräußert werden
und auf die Betriebsgesellschaft übergehen. In diesem Fall läge auf Seiten des
Besitzunternehmens eine Entnahme vor, deren Wert zu versteuern wäre. Die Zuordnung
des Geschäftswerts ist in Fällen dieser Art von den Umständen des jeweiligen
Einzelfalls abhängig (BFH, ebd., Rn. 11, m.w.N.). Ausdrücklich – und insoweit unter
Aufgabe der früheren Rechtsprechung – hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass im
Fall der Betriebsaufspaltung der Geschäftswert nicht schematisch dem ursprünglich
bestehenden Unternehmen zugeordnet werden kann (BFH, Urteil vom 27.03.2001 – I R
42/00, zitiert nach juris, Rn. 15, m.w.N.). Hinsichtlich des Geschäftswerts kommt z.B.
nicht immer nur eine Nutzungsüberlassung in Betracht. Für die Annahme einer
Betriebsaufspaltung reicht es aus, wenn nur eine der wesentlichen Betriebsgrundlagen
der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlassen – z.B. das Betriebsgrundstück
angemietet – wird und alle übrigen Wirtschaftsgüter zu Eigentum übertragen werden. In
einer solchen Situation könne auch der Geschäftswert auf die Betriebsgesellschaft
übergehen, sofern er nicht allein auf bestimmten Eigenschaften des zurückbehaltenen
55
Betriebsgrundstücks beruht (BFH, ebd.).
Die Geschäftswerte der R. GbR und der T. GbR wären mit Sicherheit nicht auf die U.-
GmbH übertragen worden, sondern bei den Gesellschaften bürgerlichen Rechts
verblieben, wenn sie ausdrücklich mitverpachtet worden wären. Denn auch schon nach
der im Jahr 1999 geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung stand fest, dass
jedenfalls der verpachtete Geschäftswert weiterhin dem Besitzunternehmen
zuzurechnen ist und dort bis zu einem gewinnrealisierenden Vorgang steuerverhaftet
bleibt (BFH, Urteil vom 14.01.1998 – X R 57/93, zitiert nach juris, Rn. 19-20). Er geht im
Falle der Verpachtung nicht auf den Pächter – die Betriebsgesellschaft – über, sondern
wird ihm nur nutzungsweise überlassen. Nach Beendigung der Betriebsaufspaltung und
des Pachtverhältnisses ist der Betrieb samt Geschäftswert an das Besitzunternehmen
zurückzugeben, was in besonderer Weise deutlich macht, dass die Betriebsgesellschaft
zwar während des Pachtverhältnisses zur Nutzung berechtigt ist, die sich im
Geschäftswert ausdrückenden Gewinnchancen des verpachteten Unternehmens aber
weiterhin dem Besitzunternehmen zugerechnet werden. Ein Übergang – eine Einlage –
in das Vermögen der Betriebsgesellschaft findet nicht statt. Das Besitzunternehmen
kann den Wert auch realisieren, etwa indem es das Unternehmen veräußert (BFH,
ebd.).
56
Im vorliegenden Fall wurden die Geschäftswerte der R. GbR und der T. GbR
(Firmenwert und Kundenstamm) zwar nicht ausdrücklich, aber stillschweigend lediglich
zur Nutzung überlassen und nicht etwa als Einlage der GmbH übereignet. Die Indizien,
die eventuell für den gegenteiligen Willen der Beteiligten sprechen könnten, tragen
letztlich nicht.
57
Eine ausdrückliche vertragliche Regelung über den Geschäftswert fehlt. Jedoch steht
fest, dass Firmenwert und Kundenstamm der R. GbR und der T. GbR von der U.-GmbH
genutzt worden sind und die Beteiligten, wenn sie eine Regelung getroffen hätten,
ausschließlich eine Nutzungsüberlassung vorgesehen hätten und auf keinen Fall eine
Übertragung des Geschäftswerts als Einlage in die GmbH. Denn die steuerlichen
Effekte, die sie im Wege einer Betriebsaufspaltung anstrebten, konnten nur erreicht
werden, wenn der U.-GmbH die Wirtschaftsgüter der Gesellschaften bürgerlichen
Rechts lediglich zur Nutzung überlassen wurden. Abgesehen davon, dass eine
Einbringung als Einlage nicht ausdrücklich vereinbart wurde, hätte sie also auch den
Interessen der Beteiligten widersprochen, so dass sich die tatsächliche Nutzung des
Geschäftswertes der Gesellschaften bürgerlichen Rechts durch die U.-GmbH zwanglos
und überzeugender durch eine stillschweigende Nutzungsüberlassung erklären lässt
als durch eine Einbringung als Einlage.
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Für diese Sichtweise sprechen auch die potenziellen Rechtsfolgen einer
Vertragsbeendigung: Wenn die Pachtverträge, was zum Ende eines jeden Jahrs
möglich war, gekündigt worden wären, hätte – wie eine an den Grundsätzen von Treu
und Glauben orientierte Auslegung des gesamten Vertragswerks zwingend ergeben
hätte – die U.-GmbH ab dann auch nicht mehr den Kundenstamm und den Firmenwert
der Gesellschaften nutzen dürfen. Denn dies sollte ihr nur im Rahmen der
Betriebsaufspaltung gestattet sein. Es liegt daher auf der Hand, dass auch die
Geschäftswerte der R. GbR und der T. GbR – wie die anderen Wirtschaftsgüter auch –
der U.-GmbH nur während der Pachtzeit zur Nutzung zustehen und im Falle einer
Kündigung wieder an die Gesellschaften bürgerlichen Rechts zurückfallen sollten. Wie
die Büroeinrichtungen, Apparate etc. hätte die U.-GmbH daher z.B. auch den
59
Kundenstamm zurückgeben müssen. Dass dies unmöglich oder – aus Sicht der
Gesellschaften bürgerlichen Rechts – wirtschaftlich uninteressant gewesen wäre, ist
nicht zu erkennen.
Eine solche Rückgabe wäre auch noch lange Zeit möglich gewesen. Zwar sind R. GbR
und T. GbR zwischenzeitlich liquidiert worden, aber nicht etwa sofort, sondern erst Jahre
nach der Betriebsaufspaltung, die im Dezember 1999 stattfand, die R. GbR sogar erst
am 31.12.2004. Die Liquidation der Gesellschaften bürgerlichen Rechts mag daher zwar
schon im Zeitpunkt der Betriebsaufspaltung ins Auge gefasst worden sein. Aber
abgesehen davon, dass sich die steuerlichen Effekte einer Betriebsaufspaltung nur
erreichen lassen, wenn die Besitzgesellschaft(en) bestehen bleiben, war dies hier
tatsächlich auch noch Jahre lang der Fall, nämlich sogar so lange, wie dem
Kundenstamm der Gesellschaften bürgerlichen Rechts in dem Betriebsprüfungsbericht
des Finanzamtes L. überhaupt ein Wert beigemessen wurde (5 Jahre, Anlagen K 7
und 8, jeweils S. 4).
60
Ein weiteres Indiz dafür, dass der Geschäftswert der Gesellschaften bürgerlichen Rechts
der U.-GmbH lediglich zur Nutzung, aber nicht als Einlage überlassen worden ist, ist der
Umstand, dass eine adäquate Gegenleistung oder eine Verpflichtung zu ihrer
Einbringung in die GmbH nicht ersichtlich ist. Die Geschäftswerte beider Gesellschaften
sind von dem Betriebsprüfer im Jahr 2003 mit dem relativ hohen Betrag von
350.000,00 DM bewertet worden. Es wäre aber nicht nachzuvollziehen, dass die U.-
GmbH derartig hochwertige Geschäftswerte ohne Gegenleistung und ohne
Verpflichtung der Gesellschafter dauerhaft hätte übertragen sollen. Ob die für die
Nutzung von Einrichtungsgegenständen, Apparaten etc. festgesetzten monatlichen
Pachtzinsen von 2.000,00 DM (R. GbR) bzw. 1.100,00 DM (T. GbR) (Anlagen zu den
Pachtverträgen vom 20.12.1999, Anlagen K 7 und 8) stillschweigend zugleich ein
Entgelt für die Nutzung des Geschäftswerts enthalten – wofür sprechen würde, dass die
Beteiligten die Betriebsaufspaltung tatsächlich so praktiziert haben, als wenn sie die
Geschäftswerte ausdrücklich mitverpachtet hätten – oder ob die Nutzungsüberlassung
der Geschäftswerte unentgeltlich erfolgte, kann dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls
spricht nichts dafür, dass die Übertragung der Geschäftswerte auf die GmbH gegen eine
Gegenleistung oder aufgrund einer entsprechenden gesellschaftsrechtlichen
Verpflichtung erfolgt ist.
61
Soweit das Landgericht schließlich meint, der Geschäftswert der Gesellschaften
bürgerlichen Rechts habe in erster Linie an der fachlichen Qualifikation und dem Ruf der
für das Unternehmen tätigen Personen, insbesondere der Gesellschafter, gehangen, die
verpflichtet gewesen seien, den Gesellschaften ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu
stellen, rechtfertigt auch dies nicht die Annahme einer Übertragung der Geschäftswerte
der R. GbR und der T. GbR auf die U.-GmbH. Denn dass die Gesellschafter fortan für
die U.-GmbH arbeiteten, folgt notwendigerweise daraus, dass diese im Rahmen der
Betriebsaufspaltung definitionsgemäß ("Betriebsgesellschaft") den Betrieb des
Unternehmens übernommen hatte und die R. GbR und die T. GbR lediglich als
Besitzgesellschaften fungierten, in denen keine produktive Tätigkeit mehr stattfand. Dies
hätte sich im Falle der Beendigung der Betriebsaufspaltung geändert. In diesem Fall
wären die Wirtschaftsgüter, die der U.-GmbH den Betrieb ermöglichten, Kundenstamm
und Firmenwert an die Gesellschaften bürgerlichen Rechts zurückgefallen und auch die
Tätigkeit der Gesellschafter für die U.-GmbH hätte ein Ende gefunden bzw. finden
müssen. Die Situation stellt sich damit nicht wesentlich anders dar als bei den
Wirtschaftsgütern.
62
Bejaht man eine Überlassung der Geschäftswerte zur Nutzung und lehnt man ihre
Übertragung (Einlage) in das Vermögen der U.-GmbH ab, so führte das zu der
Fehlerhaftigkeit der Auffassung des Finanzamtes und zu einer Fehlerhaftigkeit der
geänderten Steuerbescheide. Unbeschadet der Frage, ob die vormaligen
Steuerbescheide überhaupt angesichts der Regelung des § 176 AO geändert werden
durften, ändert auch der Wechsel in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs durch
die sog. Schreinerei-Entscheidung nichts an den Feststellungen zu dem hier
gegebenen konkreten Fall. Denn wie dargelegt, wäre im vorliegenden Fall bereits nach
der früheren, 1999 gültigen Rechtsprechung ein Übergang der Geschäftswerte auf das
Betriebsunternehmen zu verneinen und lediglich eine Nutzungsüberlassung zu bejahen
gewesen, weshalb sich der Beklagte im Übrigen 1999 keiner Pflichtverletzung schuldig
gemacht hat.
63
bb) Der Beklagte hat nicht bewiesen, dass der Kläger ihm in Kenntnis der Anfechtbarkeit
der aus der Betriebsprüfung folgenden Steuerbescheide ausdrücklich erklärt hat, gegen
die Auffassung des Betriebsprüfers zur Aufdeckung der stillen Reserven infolge des
Übergangs der immateriellen Wirtschaftsgüter nichts unternehmen, insbesondere auf
keinen Fall gegen die Steuerlast im Einspruchswege vorgehen zu wollen. Um dies
überhaupt mit der Folge erklären zu können, dass eine Pflichtverletzung des Beklagten
ausschiede, hätte der Kläger von dem Beklagten zunächst vollständig und richtig über
die Möglichkeiten und Erfolgsaussichten eines eventuellen Einspruchs- und
Klageverfahrens aufgeklärt worden sein müssen. Erst dann wäre der Kläger in der Lage
gewesen, eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen, und der Beklagte hätte der
ihm obliegenden Pflicht genügt, seinen Mandanten in die Lage zu versetzen,
eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen zu wahren (s.o. Ziffer II. 1. a). Soweit
die Aussagen der Zeugen in dieser Hinsicht überhaupt ergiebig waren, haben sie den
notwendigen Beweis jedoch nicht erbracht.
64
Allerdings hat der Zeuge V. bekundet, dass der Beklagte auf der einen Seite immer
wieder darauf hingewiesen habe, dass man gegen seine – des Zeugen V. – Auffassung
vorgehen könne, dass andererseits aber sowohl der Kläger als auch der Zeuge B.
bemüht gewesen seien, die ganze Angelegenheit möglichst schnell und möglichst klar
bereinigt zu bekommen. Auch wenn an der Glaubhaftigkeit dieser Aussage kein Zweifel
besteht, ist sie doch gleichwohl nicht geeignet, eine hinreichende Aufklärung durch den
Beklagten und eine eigenverantwortliche Entscheidung durch den Kläger zu beweisen.
Vor dem Hintergrund der Aussagen der Eheleute B. hat der Senat vielmehr den
Eindruck gewonnen, dass der Kläger und der Zeuge B. durch das "vehemente
Auftreten" des Zeugen V. massiv eingeschüchtert worden waren und – zum Teil auch
aus gesundheitlichen Gründen (Zeuge B.) – schon bald ausschließlich die Frage nach
einer Verständigung mit dem Finanzamt in Rede stand, ohne dass die Alternativen
dezidiert besprochen worden wären oder der Beklagte gar zu einer Klageerhebung
geraten hätte.
65
Denn der glaubhaften Aussage des Zeugen V. B. zufolge ist es zwar in den internen
Besprechungen mit dem Beklagten immer wieder Thema gewesen, ob der
Betriebsprüfer die Rechtslage zutreffend beurteilt; auch hat der Beklagte am Ende der
Schlussbesprechung darauf hingewiesen, dass trotz der Verständigung mit dem
Finanzamt noch die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs bestehe. Jedoch ist dem Kläger
und dem Zeugen B. von dem Beklagten kein Weg aufgezeigt worden, welche
Rechtsbehelfe zur Verfügung standen und wie die Erfolgsaussichten eines
66
Rechtsbehelfs waren bzw. dass sie gut waren. Eingeschüchtert durch das vehemente
Auftreten des Betriebsprüfers und dessen Ankündigung, dass im Falle einer Niederlage
eine Forderung von ungefähr "1 Million" drohte – der Zeuge B. sprach in diesem
Zusammenhang auch davon, dass der Zeuge V. gleich mit der "großen Kanone"
(insoweit nicht protokolliert) gedroht habe – haben der Kläger und der Zeuge B. unter
faktischem Zwang und nicht aufgrund einer eigenverantwortlichen Entscheidung
gehandelt.
Im Kern bestätigt wird die Aussage des Zeugen B. durch die seiner Ehefrau, der Zeugin
M. B.. Diese hat bekundet, dass der Beklagte ihnen keine Aussichten darauf gemacht
habe, gegen die Auffassung des Zeugen V. mit Aussicht auf Erfolg vorgehen zu können;
insbesondere habe er ihnen zu keinem Zeitpunkt den Rat erteilt, gegen die Auffassung
des Finanzamtes vorzugehen.
67
Die Aussagen der Eheleute B. sind glaubhaft. Insbesondere die Aussage des Zeugen
B. ist umfangreich, detailliert und in sich stimmig. Der Zeuge B. ließ zu keinem Zeitpunkt
den Eindruck aufkommen, das Geschehen einseitig darzustellen oder auf seinen
eigenen Vorteil bedacht zu sein. Insbesondere gibt es keine stichhaltigen Anhaltspunkte
dafür, dass er im Interesse des Klägers – seines früheren Mitgesellschafters – oder im
eigenen Interesse – mit Blick auf seinen eigenen, noch nicht entschiedenen
Schadensersatzprozess gegen den Beklagten – die Aufklärung durch den Beklagten
heruntergespielt hätte und diese in Wirklichkeit doch ausreichend gewesen wäre, um
ihm und dem Kläger eine ausreichende Basis für eine eigenverantwortliche
Entscheidung zu verschaffen. Er räumte von Beginn an unumwunden ein, dass der
Gedanke, "aus der Sache herauszukommen" für ihn sehr stark im Vordergrund
gestanden habe, was durchaus dafür sprach, dass der Kläger und er (doch) aufgrund
einer freien Willensentscheidung davon abgesehen haben könnten, gegen die
Steuerbescheide vorzugehen. Erst in der Gesamschau seiner detailreichen Aussage
wird klar, dass der Kläger und er nicht umfassend und zutreffend aufgeklärt worden
waren, sondern vorschnell und aus einem Ohnmachtsgefühl heraus von der Einlegung
von Rechtsbehelfen abgesehen haben. Der Zeuge B. vermittelte auch nicht etwa den
Eindruck, gegenüber dem Beklagten voreingenommen zu sein. Im Gegenteil teilte er
mit, ihm seit 30 Jahren zu vertrauen, und tatsächlich ist er – anders als der Kläger –
auch noch bei dem Beklagten als Steuerberater geblieben und hat sich erst spät
entschlossen, ihn auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Ohne dass der mindeste
Zweifel an der Richtigkeit seiner Aussage veranlasst wäre, hat er dargelegt, dass er
nicht gegen den Beklagten als Person vorgehen möchte, sondern es ihm um eine rein
sachliche Auseinandersetzung gehe.
68
b) Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB wird vermutet, dass der Beklagte die festgestellte
objektive Pflichtverletzung – die Unterlassung der notwendigen, zutreffenden Beratung
des Klägers – auch zu vertreten hat. Der Beklagte hat den Beweis des Gegenteils nicht
angetreten bzw. – soweit der Beweisantritt in der Behauptung, der Kläger habe ihm
ausdrücklich erklärt, gegen die Auffassung des Betriebsprüfers nichts unternehmen,
insbesondere keinen Einspruch einlegen zu wollen, mit enthalten ist – nicht geführt.
Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.
69
c) Die schuldhafte Pflichtverletzung war ursächlich für den (Steuer-) Schaden, der dem
Kläger, der R. GbR und der T. GbR entstanden ist.
70
aa) Bei einem Schadensersatzanspruch aufgrund positiver Vertragsverletzung gehört
71
der Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Eintritt eines
daraus erwachsenen allgemeinen Vermögensschadens nicht zur
haftungsbegründenden, sondern zur haftungsausfüllenden Kausalität. Für seinen
Nachweis gelten daher nicht die strengen Beweisanforderungen des § 286 ZPO,
sondern dem Mandanten eines Steuerberaters kommen bei der Beurteilung der
haftungsausfüllenden Kausalität die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO und des
Anscheinsbeweises zugute; dies gilt auch für die Frage, wie er sich bei richtiger
Beratung verhalten hätte (BGH, NJW 2004, 444; Senat, Urteile vom 29.11.2006 – 8 U
36/06; 17.08.2006 – 8 U 52/05; Gräfe/Lenzen/Schmeer, a.a.O., Rn. 631, S. 510). Die
"Vermutung beratungsrichtigen Verhaltens" gilt bei Verträgen mit Rechtsanwälten und
Steuerberatern jedenfalls dann, wenn nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer
Leistung des Beraters für den Mandanten lediglich eine einzige sinnvolle
Entschlussmöglichkeit bestand, durch die der ihm entstandene steuerliche Nachteil
vermieden worden wäre (BGH, NJW 2004, 444; NJW 1993, 3259 = BGHZ 123, 311,
315). Besteht nicht nur eine einzige sinnvolle Entschlussmöglichkeit, sondern kommen
verschiedene Handlungsweisen ernsthaft in Betracht, so ist kein Raum für einen
Anscheinsbeweis (BGH, NJW 1993, 3259 = BGHZ 123, 311, 315;
Gräfe/Lenzen/Schmeer, a.a.O., Rn. 631, S. 511), sondern den Mandanten trifft nur, aber
immerhin die durch § 287 ZPO erleichterte Beweislast dafür, dass er die von ihm
behauptete Entscheidung bei vertragsgerechter Beratung getroffen hätte. Für die
richterliche Überzeugungsbildung reicht insofern eine deutlich überwiegende, auf
gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit aus (BGH, NJW 2004, 444;
Gräfe/Lenzen/Schmeer, a.a.O., Rn. 631, S. 511).
bb) Zugunsten des Klägers greift hier die Vermutung beratungsrichtigen Verhaltens ein.
Wenn der Beklagte ihn zutreffend beraten hätte, hätte für den Kläger (und den Zeugen
B.) nach der Lebenserfahrung die einzige sinnvolle Entschlussmöglichkeit, durch die die
steuerlichen Nachteile für die Gesellschaften bürgerlichen Rechts und die
Gesellschafter persönlich vermieden worden wären, darin bestanden, Einspruch gegen
die (Änderungs-) Steuerbescheide einzulegen, die infolge der Betriebsprüfung
ergangen sind.
72
Zwar ist vor dem Hintergrund der Aussage des Zeugen B. nicht auszuschließen, dass
es vernünftige Gründe für die Hinnahme der Steuerbescheide gegeben hätte
(gesundheitliche Gründe des Zeugen B., Interesse an einer schnellen, bezahlbaren und
risikolosen Beendigung der Sache). Aber selbst wenn den Kläger deswegen die gemäß
§ 287 ZPO erleichterte Beweislast dafür träfe, dass er bei zutreffender Beratung
Einspruch eingelegt hätte, würde dies am Ergebnis nichts ändern. Denn für die
richterliche Überzeugungsbildung würde es in diesem Fall ausreichen, dass der Kläger
immerhin mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit dem zutreffenden Rat des
Beklagten gefolgt wäre. Dies ist auf jeden Fall zu bejahen, da der Zeuge B. deutlich
gemacht hat, dass der Kläger und er dem Beklagten vertraut haben und getan hätten,
was er ihnen zutreffender Weise geraten hätte ("Ich vertrau dem A. seit 30 Jahren. Ich
hätte das getan, was er geraten hätte." Insoweit nicht protokolliert.)
73
cc ) Entgegen der Ansicht des Beklagten scheidet eine schadensbegründende
Kausalität der Pflichtverletzung des Beklagten auch nicht deswegen aus, weil die
Gesellschaften bürgerlichen Rechts zwischenzeitlich ohnehin liquidiert worden sind.
74
Allerdings trifft es zu, dass die R. GbR und die T. GbR liquidiert worden sind, wobei
ohne Weiteres davon ausgegangen werden darf, dass – wie der Zeuge B. bekundet hat
75
– die U.-GmbH bereits mit dem Ziel gegründet wurde, "im Laufe der Zeit dann die
beiden GbRs auslaufen zu lassen." Dies ist auch tatsächlich geschehen, allerdings erst
Jahre nach der Betriebsaufspaltung (Liquidation der R. GbR zum 31.12.2004), für deren
steuerlichen Erfolg es – wie oben dargestellt – im Übrigen auch erforderlich war, dass
die Gesellschaften bürgerlichen Rechts als Besitzgesellschaften existierten. Wenn die
Liquidation der Gesellschaften bürgerlichen Rechts demnach also von vornherein erst
für die fernere Zukunft ins Auge gefasst worden war, hätte sie – unterstellt der Beklagte
hätte dem Kläger und den Gesellschaften zutreffend zur Einlegung von Rechtsbehelfen
geraten – erst recht problemlos noch weiter hinausgeschoben werden können, nämlich
so lange – wie der Kläger mit Schriftsatz vom 01.06.2007 (dort S. 12, Bl. 80 GA)
vorgetragen hat – wie bei den Gesellschaften bürgerlichen Rechts noch ein messbarer
Firmenwert und Kundenstamm vorhanden waren. Ausweislich der
Betriebsprüfungsberichte wurde dem Kundenstamm aber ohnehin nur für 5 Jahre ein
Wert beigemessen und dem Firmenwert einer von 15 Jahren, was allerdings etwas hoch
gegriffen zu sein scheint. Hätte der Beklagte die Liquidation empfohlen, ohne zu
erkennen, dass zu diesem Zeitpunkt noch stille Reserven vorhanden waren, hätte er
sich im Übrigen – worauf auch der Kläger mit Schriftsatz vom 25.04.2008 (dort S. 2,
Bl. 236 GA) zutreffend hingewiesen hat – einer weiteren Pflichtverletzung schuldig
gemacht. Denn mangels anderer Anhaltspunkte wäre es wirtschaftlich allein vernünftig
gewesen, die Gesellschaften bürgerlichen Rechts dann auch so lange existieren zu
lassen, bis diese Reserven aufgebraucht sind.
d) Der Kläger hat aus eigenem Recht einen Schadensersatzanspruch gegen den
Beklagten in Höhe von 14.752,06 € und aus abgetretenem Recht der R. GbR und der T.
GbR einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 13.810,10 € (11.094,10 € und
2.716,00 €), insgesamt also einen Anspruch auf Erstattung von 28.562,16 €.
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aa) Gemäß § 249 Satz 1 BGB hat der Beklagte den Kläger und die Gesellschaften
bürgerlichen Rechts vermögensmäßig so zu stellen, wie sie im Falle seines
pflichtgemäßen Verhaltens stünden. Dabei darf sich der Blick nicht auf einzelne
Rechnungsposten beschränken, sondern es ist ein Gesamtvermögensvergleich
vorzunehmen, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen
finanziellen Positionen umfasst (BGH, GI 2004, 72, 76; OLG Düsseldorf, GI 2005, 53;
Gräfe/Lenzen/Schmeer, a.a.O., Rn. 548). Dieser Vergleich führt zu dem vorgenannten
Ergebnis, denn die entrichteten Mehrsteuern in Höhe von 28.562,16 € wären nicht
angefallen, wenn der Beklagte den Kläger und seinen Mitgesellschafter, den Zeugen B.,
zutreffend beraten hätte.
77
bb) Im Rahmen des anzustellenden Gesamtvermögensvergleichs sind die der U.-GmbH
(angeblich) entstandenen Steuervorteile nicht mit zu berücksichtigen. Es kann
dahingestellt bleiben, ob überhaupt Steuervorteile entstanden sind, was nach hier
vertreter Ansicht schon deswegen ausscheiden dürfte, weil die Geschäftswerte der
Gesellschaften bürgerlichen Rechts gerade nicht als Einlagen in das Vermögen der
GmbH übergegangen sind. Eine Anrechnung muss jedenfalls deswegen ausscheiden,
weil die Vorteile jedenfalls nicht im Vermögen der geschädigten Personen (Kläger, R.
GbR, Q.-T.) entstanden wären. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind
Besitz- und Betriebsunternehmen trotz der sachlichen und personellen Verflechtung
rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen (BFH, BStBl 1992, 246;
BFH/NV 94, 617), weshalb die etwaigen Steuervorteile der GmbH nicht den
Gesellschaften bürgerlichen Rechts zugerechnet werden können. Gleiches gilt (erst
recht) für die in der Person des Klägers begründeten Schadensersatzansprüche, der
78
gegenüber der GmbH ebenfalls ein eigenständiges Rechtssubjekt darstellt. Die
Steuervorteile wären gegebenenfalls allein der GmbH zu Gute gekommen.
cc) Der Kläger ist schließlich auch berechtigt, neben der Erstattung der auf ihn
persönlich entfallenden Mehrsteuern in Höhe von 14.752,06 € im eigenen Namen auch
die Schäden ersetzt zu verlangen, die den Gesellschaften bürgerlichen Rechts
entstanden sind. Denn er hat (unstreitig) auf die Steuerschuld der R. GbR 11.094,10 €
und auf die der T. GbR 2.716,00 € gezahlt, mit der Folge, dass die
Schadensersatzansprüche der Gesellschaften bürgerlichen Rechts in dieser Höhe auf
ihn übergegangen, nämlich abgetreten worden, sind (§ 398 BGB).
79
Aufgrund der Aussage des Zeugen V. B., an deren Glaubhaftigkeit – zumal vor dem
Hintergrund der zu den Akten gereichten Ablichtung einer "Abwicklungsbestätigung"
des Klägers und des Zeugen B. vom 05.10.2006 (Bl. 183 GA) – nicht zu zweifeln ist,
steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger und der Zeuge B. im Rahmen
der Auseinandersetzung der R. GbR und der T. GbR vereinbart haben, dass deren
Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten aus Verletzung des
Steuerberatervertrags derart auf den Kläger und den Zeugen B. verteilt wurden, dass die
beiden Gesellschafter den Schadensersatzanspruch in dem Umfang zugewiesen
erhielten, in dem sie den Schaden zuvor jeweils persönlich in Form von Zins- und
Steuerzahlungen getragen hatten. Dies war bezogen auf den Kläger in Höhe von
13.810,10 € (11.094,10 € und 2.716,00 €) der Fall.
80
2. Die geltend gemachten Nebenforderungen bestehen nur im tenorierten Umfang und
unterliegen im darüber hinausgehenden Teil der Abweisung.
81
a) Einen Anspruch auf Erstattung oder Freistellung von den vorgerichtlich entstandenen
Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 € hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt.
Er hat sich darauf beschränkt, diesen Betrag "nach der neueren Rechtsprechung des
BGH" (Sitzungsprotokoll vom 28.06.2007, Bl, 94 GA) zu begehren, ohne in irgendeiner
Weise darzulegen, für wessen und welche Tätigkeit dieser Betrag begehrt wird, wie er
sich zusammensetzt, ob und wem er in Rechnung gestellt und ob er bereits bezahlt
worden oder noch zu begleichen ist. Selbst unter Anlegung großzügiger Maßstäbe
genügt das Klägervorbringen in diesem Punkt nicht den Anforderungen an einen
substantiierten, d.h. zumindest nachvollziehbaren Vortrag.
82
b) Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1, 291 BGB, 253
Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO.
83
Das Mahnschreiben der späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers vom
20.12.2004 ist unter Berücksichtung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB)
dahin auszulegen, dass dem Beklagten bis zum Ablauf des 31.12.2004 eine
verzugszinsfreie Zahlung des angemahnten Betrages gestattet sein sollte mit der Folge,
dass die Verzugszinsen erst am 01.01.2005 zu laufen beginnen.
84
III.
85
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708
Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
86
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung
87
hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§§ 542 Abs.
1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens waren
überwiegend Tatsachenfragen. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den
konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und
waren nicht zu entscheiden.
Streitwert für das Berufungsverfahren:
88
28.562,16 €
89