Urteil des OLG Köln vom 11.08.2000
OLG Köln: werbung, händler, verkehr, anzeige, form, markt, hersteller, unterlassen, mitbewerber, kaufpreis
Oberlandesgericht Köln, 6 U 10/00
Datum:
11.08.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 10/00
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 11 O 61/99
Tenor:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.09.1999 verkündete
Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 11 O
61/99 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, das der
Unterlassungstenor des erwähnten landgerichtlichen Urteils die nach-
stehende Neufassung erhält: Die Beklagte wird verurteilt, es zwecks
Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung durch das Gericht
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000,00 DM,
ersatzweise Ordnungs- haft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu unter-
lassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wett- bewerbs in
Zeitungsanzeigen und/oder in anderen Werbeträgern für den Verkauf
von Kraftfahrzeugen zu werben, ohne den tatsächlichen Endpreis in
einem Betrag anzugeben, insbesondere wenn dies in der nachstehend
wiedergegebenen Form geschieht: II. Die Kosten des
Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt. III. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung aus
dem Unterlassungsausspruch gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
30.000,00 DM, diejenige aus dem Kostenausspruch gegen Leistung
einer Sicherheit in Höhe von 15.000,00 DM abwenden, falls nicht die
Klägerin zuvor Sicherheit jeweils in der- selben Höhe leistet. IV. Die mit
diesem Urteil für den Beklagten verbundene Beschwer wird auf
30.000,00 DM festgesetzt. V. Die Revision gegen dieses Urteil wird
zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die klagende Vereinigung ist ein in der Form eines eingetragenen Vereins gebildeter
Zusammenschluss von Gewerbetreibenden aus dem Bereich des KFZ-Handels
einschließlich sogenannter "Fabrikatsvereinigungen" sowie von auf Landes- und
Bundesebene tätigen Interessenverbänden des KFZ-Gewerbes. Zu ihren
satzungsgemäßen Aufgaben zählt u.a. die Förderung gewerblicher Interessen und des
lauteren Geschäftsverkehrs sowie ferner - ggf. im Zusammenwirken mit den zuständigen
Stellen der Rechtspfle- ge - die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.
2
Die Beklagte ist Vertragshändlerin der DAEWOO Automobile (Deutschland) GmbH, der
für Deutschland zuständigen Importgesellschaft des koreanischen Automobilherstellers
3
DAEWOO.
In einem in der Ausgabe vom 06./07.02.1999 des Bonner Generalanzeigers
veröffentlichten Inserat, hinsichtlich dessen Ausgestaltung im einzelnen auf Bl. 2 d.A.
Bezug genommen wird, bewarb die Beklagte ein DAEWOO-Neufahrzeug des Modells
"Matiz S".
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Diese Werbeanzeige ist Gegenstand der wettbewerblichen Beanstandung der
klagenden Vereinigung, die darin einen Verstoß der Beklagten gegen die Vorschriften
der PAngVO und ein damit zugleich i.S. von § 1 UWG sowie ferner nach § 3 UWG als
wettbewerbswidrig zu erachtendes Verhalten erblickt.
5
Nachdem die Klägerin die Beklagte mit vorprozessualem Schreiben vom 18.02.1999
unter Beifügung einer vorbereiteten Unterlassungsverpflichtungserklärung erfolglos
abgemahnt hatte, führten die Parteien ein Einigungsverfahren bei der IHK Bonn/Rhein-
Sieg als Einigungsstelle durch, das indessen ebenfalls scheiterte.
6
Die Klägerin nimmt nunmehr die Beklagte im vorliegenden Verfahren klageweise auf
Unterlassung in Anspruch, wie aus der vorbezeichneten Werbeanzeige ersichtlich zu
werben.
7
Zur Begründung dieses Petitums hat die Klägerin ausgeführt, dass der in der
Werbeanzeige enthaltene Hinweis "ab DM 14.900.-*" ungeachtet der zu dem
dargestellten "Sternchen" im sonstigen Text der Anzeige enthaltenen Aufschlüsselung
"Unverbindliche Preisangabe des Importeurs zzgl. Überführungskosten" als
Händlerpreisangabe der Beklagten zu verstehen sei. Da jedoch - wie unstreitig ist - die
Überführungskosten in dem vorbezeichneten Betrag von 14.900,- DM nicht einbezogen
seien, genüge die Preisangabe den Bestimmungen des § 1 Abs. 1 und Abs. 6 PAngVO
nicht, was den Vorwurf eines nach den Maßstäben des § 1 UWG, ferner aber auch eines
im Sinne des Irreführungstatbestandes des § 3 UWG wettbewerbswidrigen Verhaltens
rechtfertige.
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Sie hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines
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für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht fest-
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zusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000,00
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DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs
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Monaten zu unterlassen,
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im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
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in Zeitungsanzeigen und/oder anderen Werbeträgern
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für den Verkauf von Kraftfahrzeugen zu werben, ohne
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den tatsächlichen Endpreis anzugeben und/oder
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zumindest die Überführungskosten betragsmäßig zu
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beziffern, insbesondere, wenn dies in der nachfolgend
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wiedergegebenen Form geschieht:
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der klägerseits vertretenen Ansicht entgegengetreten, der in der
Werbeanzeige genannte Betrag werde als vom Werbenden geforderter Händlerpreis
verstanden. Es handele sich vielmehr erkennbar um eine Werbung mit einer
unverbindlichen Preisempfehlung des Importeurs, die vom angesprochenen Verkehr als
bloße Preisorientierungsangabe verstanden werde, die nicht den eigenen Verkaufspreis
des Händlers wiedergebe. Hinzu komme, dass der neben der Angabe "Ab DM 14.900.-"
angebrachte "Sternchenverweis" ebenso wie seine Aufschlüsselung im Text der
Werbeanzeige von einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und
verständigen Leser, auf den bei der Beurteilung abzustellen sei, nicht übersehen
werden könnten, weshalb auch eine Irreführung über die Preisgestaltung
ausgeschlossen sei. Im übrigen, so hat die Beklagte behauptet, habe sie zum Zeitpunkt
der Werbung Endverkaufspreise verlangt und ihre zum Verkauf angebotenen Fahrzeuge
entsprechend ausgezeichnet, die selbst bei Einbeziehung des Frachtkostenfaktors
mindestens 10 % unter der unverbindlichen Preisempfehlung der Importeurin gelegen
hätten. Jedenfalls aber sei die angebliche Verletzung der in Rede stehenden
Vorschriften der PAngVO bzw. der damit vermeintlich bewirkte Wettbewerbsverstoß
schließlich nicht geeignet, den Wettbewerb auf dem hier betroffenen Markt wesentlich
zu beeinträchtigen.
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Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 21.09.1999, auf welches zur näheren
Sachdarstellung Bezug genommen wird, aus den §§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG i.V. mit den
§§ 1, 3 UWG stattgegeben. Zur Begründung dieser Entscheidung hat es im
wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte mit der klägerseits angegriffenen
Werbeanzeige, bei der es sich um eine reine Händlerwerbung handele, gegen § 1 Abs.
1 Satz 1 und Abs. 6 PAngVO verstoßen habe, was ein unter dem Gesichtspunkt des
Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch gemäß § 1 UWG auch in
wettbewerbsrechtlicher Hinsicht als unlauter zu qualifizierendes Verhalten darstelle. Der
Vorwurf eines wettbewerbswidrigen Verhaltens treffe die Beklagte dabei auch
ungeachtet ihrer Behauptung, dass die von ihr im Zeitpunkt der Werbung tatsächlich
geforderten Preise einschließlich der Überführungskosten 10 % unter dem der
Preisempfehlung der Importeurin entsprechenden Betrag gelegen hätten. Denn mit Blick
auf den Umstand, dass die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung bei dem
Landgericht auf die Vernehmung des zu dieser Behauptung benannten Zeugen in erster
Instanz verzichtet habe, sei sie insoweit beweisfällig geblieben.
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Gegen dieses ihr am 06.10.1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte - eingehend am
Montag, dem 08.11.1999 - Berufung eingelegt, die sie mittels eines am 10.01.2000,
nach entsprechend gewährter Fristverlängerung, eingereichten Schriftsatzes begründet
hat.
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Zu Unrecht, so führt die ihr erstinstanzliches Vorbringen im übrigen wiederholende und
vertiefende Beklagte aus, habe das Landgericht bereits einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 6 der PAngVO bejaht. Die in der Anzeige genannte unverbindliche
Preisempfehlung, deren Bedeutung als bloße Preisorientierungsangabe im
Neufahrzeug-Bereich den Interessenten bekannt sei, werde nicht als Angabe eines
Händlerpreises aufgefasst. Es bestehe auch kein Erfahrungssatz, dass ein Händler im
Neufahrzeug-Bereich überhaupt eine Preisangabe machen müsse; eine solche
Verpflichtung setze vielmehr erst dann ein, wenn ein in allen Facetten und
Ausstattungsdetails feststehendes Angebot beworben werde. Auch treffe die Händler
keine Verpflichtung, sich bei der Werbung mit unverbindlichen Preisempfehlungen etwa
durch die Mitteilung einen eigenes Händlerverkaufspreises zu distanzieren oder einen
Hinweis in die Werbung aufzunehmen, dass es sich bei der ausdrücklich als
"unverbindliche Preisempfehlung des Importeurs" bezeichneten Preisangabe (nicht) um
den eigenen Preis handele. Dem stehe ferner die weithin und auch im vorliegenden Fall
gehandhabte Praxis entgegen, dass die KFZ-Importeursgesellschaften ihren
Vertragshändlern Werbevorlagen an die Hand geben. Da die Importeure keine
Preisvorgaben aussprechen dürften, könnten letztere erst recht nicht in Werbevorlagen,
etwa als Händlerpreis, aufgenommen werden. Auch ein Verstoß gegen den in § 1 Abs.
6 PAngVO formulierten Grundsatz der Preisklarheit sei nicht erkennbar. Das
interessierte Publikum sei seit Jahren daran gewöhnt, dass werbliche Hinweise mit
einem sog. "Anmerkungsstern" versehen würden, der weitere Aufklärung verspreche.
Der in der streitbefangenen Werbung enthaltene Sternchenhinweis sei dabei auch ohne
weiteres erkennbar, damit zugleich aber auch die Aufklärung, dass es sich bei dem in
der Werbung genannten Betrag um die unverbindliche Preisempfehlung des Importeurs
handele. Jedenfalls könne ein etwaiger Verstoß gegen die PAngVO nicht den Vorwurf
eines in wettbewerblicher Hinsicht unlauteren Verhaltens rechtfertigen. Denn im
Zeitpunkt des Erscheinens der streitgegenständlichen Anzeige, so behauptet die
Beklagte unter Beweisantritt, seien die beworbenen Fahrzeuge den interessierten
Kunden in ihrem Ladenlokal zu Preisen angeboten worden, die einschließlich der zu
zahlenden Überführungskosten um mindestens 10 % unter dem Betrag von 14.900,00
DM für das Grundmodell und entsprechend für aufwendiger ausgestattete Modelle
gelegen hätten wie dies durchgängig der Praxis auch für andere Modelle der Marke
DAEWOO entspreche.
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Die Beklagte beantragt,
28
die Klage unter Abänderung des angefochtenen
29
landgerichtlichen Urteils abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen,
32
dass der Klageantrag wie folgt präzisiert
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wird:
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Die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines
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für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht
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festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von
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500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zur
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Dauer von sechs Monaten zu unterlassen,
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im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des
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Wettbewerbs in Zeitungsanzeigen und/oder
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anderen Werbeträgern für den Verkauf von
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Kraftfahrzeugen zu werben, ohne den tatsächlichen
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Endpreis in einem Betrag anzugeben, insbesondere
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wenn dies in der nachstehend wiedergegebenen
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Form geschieht:
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hilfsweise,
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es zwecks Meidung der vorbezeichneten, für jeden
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Fall der Zuwiderhandlung durch das Gericht fest-
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zusetzenden Ordnungsmittel zu unterlassen,
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im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
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in Zeitungsanzeigen und/oder anderen Werbeträgern
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für den Verkauf von Kraftfahrzeugen zu werben,
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ohne die zusätzlich zu dem angegebenen Verkaufspreis
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zu zahlenden Überführungskosten zu beziffern,
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insbesondere wenn dies in der Form der oben ab-
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gebildeten Werbeanzeige geschieht.
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Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, in dem zutreffend erkannt worden sei,
dass in der in dem streitbefangenen Inserat genannten unverbindlichen
Preisempfehlung die Angabe eines eigenen Händlerpreises der Beklagten liege, die
aber den Anforderungen des § 1 Abs. 1 und Abs. 6 der PAngVO nicht standhalte. Zu
Recht habe das Landgericht in dem angefochtenen Urteil weiter auch die
Voraussetzungen eines mit der Verletzung der erwähnten Bestimmungen der PAngVO
zugleich bewirkten Wettbewerbsverstoßes angenommen, der zudem geeignet sei, den
Wettbewerb im hier betroffenen Markt wesentlich zu beeinträchtigen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf die in beiden
Instanzen zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie ferner auf die
im Termin zur mündlichen Verhandlung bei dem Senat protokollierten Erklärungen
Bezug genommen.
59
E n_t s c h e i d u n g s g r ü n d e
60
Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung der Beklagten
hat in der Sache keinen Erfolg.
61
Zu Recht hat das Landgericht der Beklagten in dem angefochtenen Urteil untersagt, wie
aus der angegriffenen Werbeanzeige ersichtlich für den Verkauf von Kraftfahrzeugen
ohne die Angabe des die Überführungskosten einbeziehenden tatsächlichen
Endpreises zu werben. Dieses, dem nunmehr formulierten
Hauptunterlassungsbegehren, das auf das Verbot der Werbung für den Verkauf von
Kraftfahrzeugen ohne die Angabe des tatsächlichen Endpreises "in einem Betrag"
gerichtet ist, sachlich entsprechende Unterlassungsgebot stellt sich auch unter
Berücksichtigung der mit der Berufung vorgebrachten Einwände der Beklagten als
berechtigt dar. Nur klarstellend und zum Zwecke der Vermeidung etwaiger
Missverständnisse sei dabei darauf hingewiesen, dass - soweit in der aus der
Urteilsformel ersichtlichen Fassung des Verbotsausspruchs der "tatsächliche" Endpreis
erwähnt ist - darunter nicht derjenige zu verstehen ist, den die Beklagte ihrer
Behauptung nach für die Kraftfahrzeuge in ihrem Geschäftlokal fordert, sondern
derjenige, den der Verkehr der streitbefangenen Werbung entnimmt und der die
Überführungskosten umfasst.
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Das von der Klägerin im Rahmen des nunmehr formulierten Hauptantrags geltend
gemachte Unterlassungsverlangen ist in vollem Umfang begründet. Denn die
angegriffene Werbung stellt sich gemäß § 1 UWG i.V. mit § 1 Abs. 1, Abs. 6 PAngVO als
wettbewerbswidrig dar, wobei die klagende Vereinigung bei alledem gemäß § 13 Abs. 2
Nr. 2 UWG auch prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert ist, den genannten
Wettbewerbsverstoß der Beklagten im Rahmen eines eigenen Unterlassungsanspruchs
geltend zu machen. Soweit die Klägerin die konkret zur Unterlassung begehrte
Preiswerbung in Form eines "insbesondere"-Zusatzes in den Klageantrag einbezogen
wird, ist mit dem im übrigen abstrakt formulierten Teil des Antrags kein in der Sache
weitergehendes Unterlassungsbegehren verbunden. Der "insbesondere"-Zusatz stellt
keine Erweiterung oder Beschränkung des mit dem erwähnten Obersatz durch die
Klägerin formulierten Petitums, sondern nur dessen beispielhafte Verdeutlichung durch
die hier zu beurteilende konkrete Verletzungsform dar (vgl. auch BGH GRUR 793/795 -
"Fertiglesebrillen"-; BGH GRUR 1991, 772/773 - "Anzeigenrubrik I" -; Teplitzky,
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, 41. Kap., Rdn. 39). Der die sachliche
Reichweite des Unterlassungsverlangens der Klägerin bestimmende Gegenstand der
Beanstandung wird durch diese konkrete Verletzungshandlung bestimmt, wobei die
Klägerin mit der abstrakt verallgemeinernden Formulierung des "Obersatzes" ihres
Antrags der Beklagten ersichtlich eine Ausflucht in abweichende, der konkreten
Verletzungshandlung im Charakteristischen indessen gleichkommende
Verletzungsformen verbauen will. Ein das Verbot der konkreten Verletzungshandlung in
der Form der streitbefangenen Werbeanzeige überschiessendes
Unterlassungsverlangen, mithin eine über diese Verletzungsform sachlich
hinausgehende Reichweite des Petitums ist daher der Aufnahme des "insbesondere"-
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Zusatzes in den Unterlassungsantrag im Streitfall nicht zu entnehmen, so dass das
Verbot der angegriffenen Werbeanzeige das Unterlassungsbegehren in vollem Umfang
ausschöpft.
I.
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An der für die Zulässigkeit der Klage vorauszusetzenden Prozessführungsbefugnis der
Klägerin nach Maßgabe von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG bestehen keine Zweifel. Der
Klägerin gehören neben dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V.
(ZDK) als Spitzenverband zahlreiche weitere Landesverbände und sog.
"Fabrikatsvereinigungen" - beispielsweise der Verband der Mazda-Händler
Deutschlands e.V. und der Verband der Mitsubishi-Händler Deutschlands e.V. - als
Mitglieder an, denen ihrerseits wiederum Mitglieder zugehörig sind, die ebenso wie die
Beklagte Kraftfahrzeuge, mithin Waren gleicher Art, auf demselben räumlichen Markt
vertreiben. Anhaltspunkte, die Zweifel an der personellen, sachlichen und finanziellen
Ausstattung der Klägerin begründen, lassen sich weder dem Vortrag der Beklagten,
noch dem Sachverhalt im übrigen entnehmen. Die Klägerin hat vielmehr eine Reihe von
Urteilen genannt, in denen ihre Klagebefugnis, mithin auch ihre hinreichende
Ausstattung bejaht worden ist, wobei keinerlei Umstände dafür ersichtlich sind, dass
sich an der dieser Wertung zugrundeliegenden Situation maßgebliche Veränderungen
ergeben hätten.
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II.
66
Die mithin zulässige Klage ist in der Fassung des Haupt-Unterlassungsbegehrens aus
den §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 - 2. Alternative - und Abs. 6
PAngVO auch begründet.
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Die Beklagte hat sich mit der Veröffentlichung und Verbreitung der streitbefangenen
Werbeanzeige nach Maßgabe von § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des
Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch wettbewerbswidrig verhalten. Denn die
angegriffene Werbung verstößt nicht nur gegen die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 - 2.
Alternative, Abs. 6 PAngVO, sondern dieser Verstoß begründet im Streitfall darüber
hinaus auch den Vorwurf eines wettbewerblich unlauteren Verhaltens im Sinne von § 1
UWG.
68
1. Die in Rede stehende Anzeige verletzt die vorerwähnten Bestimmungen der
PAngVO, weil darin der für das beworbene KFZ von der Beklagten verlangte Endpreis
nicht vollständig und klar angegeben ist.
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Soweit die Beklagte demgegenüber einwendet, sie habe in der streitgegenständlichen
Werbung weder den von ihr selbst verlangten Verkaufspreis genannt, noch sei sie
überhaupt zur Angabe eines Endpreises verpflichtet, vielmehr sei der Hinweis auf die
unverbindliche Preisempfehlung des Importeurs für sich allein ausreichend und -
jedenfalls nach der PAngVO - nicht zu beanstanden, vermag sie damit nicht
durchzudringen.
70
Allerdings trifft es zu, dass zur Angabe eines Endpreises nur derjenige verpflichtet ist,
der entweder Waren anbietet (§ 1 Abs. 1 Satz 1 - erste Altern. - PAngVO) oder unter
Nennung von Einzelpreisen dafür wirbt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 - 2. Altern. - PAngVO).
Ebenfalls richtig ist es, dass die Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung des
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Herstellers für sich genommen den werbenden Händler nicht zur Angabe und/oder
Gegenüberstellung des von ihm selbst geforderten Preises verpflichtet. Vielmehr
vermittelt die Angabe der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers oder
Importeurs dem angesprochenen Verbraucher eine Preisinformation, die ihm bei der
Bildung seiner Preisvorstellung regelmäßig zustatten kommt und die ihn in die Lage
versetzt, das Angebot des Händlers in preislicher Hinsicht besser prüfen zu können. Es
ist daher nicht ohne weiteres als ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 - 2. Alt. - PAngVO
zu erachten, wenn nur die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers oder
Importeurs an den Verbraucher weitergeleitet wird. Vorauszusetzen ist dabei jedoch,
dass sich der werbliche Hinweis auf die unverbindliche Preisempfehlung als eine
neutrale, objektive Information über die Preisvorstellungen eines Dritten - des Händlers
oder Importeurs nämlich - und nicht als eine Preisangabe des werbenden Händlers
selbst darstellt. Macht sich der Händler hingegen die Preisempfehlung des Herstellers
oder Importeurs zu eigen, so liegt darin die Angabe des von ihm selbst verlangten
Preises, die ihn nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Satz 1 - 2.Altern-, Abs. 6 PAngVO unter
Beachtung der Gebote der Preisklarheit und Preiswahrheit zur Nennung des Endpreises
verpflichtet. So liegt der Fall aber hier.
Entscheidend für die Abgrenzung, ob in der Werbeanzeige eines Händlers, in der - wie
hier - die unverbindliche Preisempfehlung des Importeurs genannt ist, eine zur
Endpreisangabe verpflichtende händlerseitige Preisangabe oder lediglich eine neutrale
Unterrichtung über den Inhalt einer Hersteller- oder Importeur-Preisempfehlung liegt, ist
die Auffassung des Verkehrs, wie sie sich anhand des Gesamteindrucks der Anzeige
bildet (BGH GRUR 1985, 983/984 f -"Kraftfahrzeug-Rabatt"-; BGH GRUR 1983, 658/660
f - "Hersteller-Preisempfehlung in KFZ-Händlerwerbung"-; Köhler/Piper, UWG, Rdn. 20
zu § 1 PAngVO). Danach ist im Streitfall von der Angabe eines eigenen, von der
Beklagten selbst für das beworbene Neufahrzeug verlangten Händlerpreises
auszugehen.
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Im Ausgangspunkt ist dabei zu berücksichtigen, dass der angesprochene Verkehr bei
Werbeanzeigen von KfZ-Händlern daran gewöhnt ist, Preisangaben zu begegnen, bei
denen es sich um die Einzelpreise der Händler handelt. Sogar in den Fällen, in denen
der Händler in seiner Werbeanzeige die Preisempfehlung des Herstellers oder
Importeurs herausstellt, wird der Verkehr - eben weil es der Händler ist, der im
Zusammenhang mit einer seinen geschäftlichen Interessen dienenden Anzeige eine
solche Preisempfehlung nennt - der Annahme zuneigen, dass der Händler nicht
lediglich eine Preisempfehlung Dritter zitiert, sondern diese sich als Preisangabe zu
eigen macht. Das liegt vor allen Dingen dann nahe, wenn der Händler der
Preisempfehlung des Herstellers oder Importeurs keinen eigenen Preis gegenüberstellt
und auch im übrigen keinerlei Hinweise auf einen abweichenden Händlerpreis gibt (vgl.
BGH GRUR 1989, 606/608 -"Unverb. Preisempfehlung"-). Unter Zugrundlegen dieser
Maßstäbe ist aber der in der hier zu beurteilenden Werbeanzeige genannte Preis als
eigener Einzelpreis der Beklagten und nicht lediglich als neutrale Information über die
unverbindliche Preisempfehlung des Importeurs zu verstehen. Unterstellt, der Verkehr
nimmt den zu der Angabe "Unverbindliche Preisempfehlung des Importeurs..."
führenden "Sternchen-Hinweis" neben der Preisangabe wahr, so geht er nach der
sonstigen Gestaltung der Werbeanzeige doch davon aus, dass die Beklagte sich diese
Preisempfehlung zu eigen macht und den nämlichen Preis für das beworbene KfZ-
Modell als Händlerin fordert. Das folgt zum einen daraus, dass die zudem in Fettdruck
gehaltene Angabe des Preises unmittelbar unter die Abbildung des in der
streitbefangenen Anzeige beworbenen KFZ´s, mithin in einen unmittelbaren Bezug zu
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dem beworbenen und bei der Beklagten erhältlichen Kaufobjekt gesetzt ist, was für die
Angabe eines (auch) händlerseitig geforderten Preises spricht. Hinzu kommt zum
anderen, dass - wie dies das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung, auf die
insoweit Bezug genommen wird (§ 543 Abs. 1 ZPO), zutreffend ausgeführt hat - die
Anzeige über die Angabe der Marke "DAEWOO" keinen Hinweis auf den Importeur oder
sonstige, neben der Beklagten als Anbieter des beworbenen KFZ´s in Erscheinung
tretende Unternehmen aufweist. Die Beklagte, die im unteren Bereich der
Werbeanzeige herausgestellt ist, gibt ferner an keiner Stelle der Anzeige einen Hinweis
darauf, dass sie selbst einen von der Preisempfehlung abweichenden Preis fordert. Vor
diesem Hintergrund versteht das von der Anzeige angesprochene Publikum, nimmt es
überhaupt den neben der Preisangabe angebrachten Hinweis auf die "unverbindliche
Preisempfehlung des Importeurs..." wahr und entnimmt es diesem die Information, dass
der genannten Betrag von 16.900,00 DM die unverbindliche Preisempfehlung des
Importeurs darstellt, letztere jedenfalls dahin, dass die Beklagte sich diese
Preisempfehlung zu eigen macht und einen entsprechenden Händlerpreis für das
beworbene KfZ-Modell fordert.
2. Hat die Beklagte nach alledem aber mit einem eigenen Händlerpreis geworben, so
war sie nach Maßgabe von § 1 Abs. 1 Satz 1 - 2.Altern., Abs. 6 PAngVO zur Angabe des
Endpreises verpflichtet. Diesen Anforderungen genügt die hier in Rede stehende
Preisangabe deshalb nicht, weil in sie die unstreitig in jedem Fall hinzukommenden,
obligatorischen Fracht- bzw. Überführungskosten nicht unter Nennung des sich daraus
ermittelnden Gesamtbetrages einbezogen sind.
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§ 1 Abs. 1 PAngVO verpflichtet den mit einer Preisangabe Werbenden, den Endpreis
unter Einbezug sämtlicher Preisbestandteile zu nennen, um dem Endverbraucher den
insgesamt von ihm zu zahlenden Betrag vor Augen zu führen und ihm einen optimalen
Preisvergleich zu ermöglichen, der aber erschwert wäre, wenn untereinander nicht
vergleichbare Preise, Barpreise, Teilpreise u.ä. gegenübergestellt würden (vgl.
Köhler/Piper, a.a.O., PAngVO Einf. Rdn. 6 und § 1 PAngVO Rdn. 21). Die von der
streitbefangenen Werbeanzeige angesprochenen, sich für den Kauf eines PKW´s
interessierenden Adressaten sind auch daran gewöhnt, dass sie - wenn sie von einem
KFZ-Händler umworben werden - Preisangaben begegnen, zu denen keine Aufschläge
mehr hinzukommen. Der Verkehr geht grundsätzlich davon aus, dass
Überführungskosten als Preisbestandteil in den Endpreis des Händlers einbezogen
sind, es sei denn, es wird in der Werbung unmissverständlich auf ihre gesonderte
Berechnung hingewiesen (BGH GRUR 1989, 606/608 -"Unverb. Preisempfehlung"- =
WRP 89,501 ff; BGH GRUR 1983, 658/ 661 -"Hersteller-Preisempfehlung in KFZ-
Händlerwerbung"-; BGH GRUR 1983, 443/445 -"KfZ-Endpreis"-). Im Streitfall sind
danach die Überführungskosten als Bestandteil des Endpreises in diesen
einzuberechnen, so dass der als Endpreis von der Beklagten zu nennende Händlerpreis
unter Wahrung der Gebote der Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechend in einem
Betrag anzugeben ist. Diesen Anforderungen hält die in der streitbefangenen
Werbeanzeige aufgeführte Preisangabe der Beklagten nicht stand, weil der dort
genannte Preis "ab DM 14.900.-" unstreitig die obligatorischen, d.h. die bei Erwerb des
KFZ´s in jedem Fall aufzubringenden Überführungskosten nicht umfasst. Soweit die
Beklagte demgegenüber einwendet, in der Werbeanzeige sei deutlich und eindeutig auf
die zusätzliche Berechnung der Überführungskosten hingewiesen, lässt dies keine
abweichende Beurteilung zu. Dabei kann es dahinstehen, ob ein derartiger Hinweis auf
die gesonderte Berechnung überhaupt nur bei fakultativen Überführungskosten von der
Einberechnung dieses Preisbestandteils in den als solchen anzugebenden Endpreis
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enthebt (vgl. BGH a.a.O., -"KFZ-Endpreis"- und -"Hersteller-Preisempfehlung in KFZ-
Händlerwerbung"-) oder ob dies gleichermaßen auch bei obligatorischen Frachtkosten,
die in jedem Fall Bestandteil des von dem Kunden für den Erwerb des KFZ zu
entrichtenden Preises sind, gelten kann. Das ist hier deshalb nicht von
entscheidungserheblicher Bedeutung, weil die Beklagte in der vorliegend zu
beurteilenden Werbeanzeige jedenfalls nicht unmissverständlich auf die gesonderte
Berechnung der Überführungskosten hingewiesen hat und infolgedessen auch nicht
klar
angegeben ist, dass diese zusätzlich zu zahlen und daher nicht als Preisbestanteil im
Händlerpreis enthalten sind. Das als einziger möglicher Hinweis auf die zusätzliche
Berechnung der Überführungskosten in Betracht zu ziehende, neben der Preisangabe
"ab DM 14.900,-" angebrachte "Sternchen" sowie dessen im weiteren Text der
Werbeanzeige untergebrachte Aufschlüsselung "Unverbindliche Preisempfehlung des
Importeurs zzgl. Überführungskosten" vermittelt diese Preisklarheit nicht. Denn nach der
Gestaltung der Werbeanzeige besteht die Gefahr, dass selbst der aufmerksam lesende
Verbraucher den neben die fettgedruckte Preisangabe gesetzten "Sternchenhinweis"
überliest und daher nicht auf dessen Aufschlüsselung stößt. Es kann nicht außer Acht
gelassen werden, dass der in einer Zeitungsanzeige veröffentlichten Werbeanzeige, auf
die der Verkehr beim Lesen der Zeitschrift mehr oder weniger zufällig stößt, in aller
Regel selbst bei durchschnittlich aufmerksamer Betrachtung nur ein geringerer Grad an
Aufmerksamkeit und Konzentration gewidmet wird, als dies beispielsweise beim
Studium eigens beschafften oder zur Verfügung gestellten Prospektmaterials der Fall ist.
Selbst wenn der Verkehr aber das neben der Preisangabe angebrachte "Sternchen" als
solches wahrnimmt, so wird er jedenfalls aus den in dem angefochtenen Urteil im
Zusammenhang mit der Erörterung des Irreführungstatbestandes des § 3 UWG
zutreffend dargestellten Erwägungen (S. 13 des Urteils, zweiter Absatz Zeile 1 - 18)
betreffend die Gesamtgestaltung der Werbeanzeige sowie die Platzierung der
Aufschlüsselung des "Sternchenhinweises", die hier entsprechende Geltung
beanspruchen können und auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen
gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug nimmt, nicht ohne weiteres den Weg zu dieser in
einem optisch getrennten Teil der Anzeige und zudem von dem "Sternchen" erheblich
entfernt angebrachten Aufschlüsselung finden. Nach dem dargestellten Gesamteindruck
der Werbeanzeige ist daher nicht unübersehbar und unmissverständlich auf die
gesonderte Berechnung der Überführungskosten hingewiesen, so dass der von der
Beklagten genannte Händlerpreis nicht in einer den Geboten der Preisklarheit und
Preiswahrheit genügenden Deutlichkeit in einem die Überführungskosten umfassenden
Betrag angegeben ist.
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3. Der mithin bewirkte Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 - 2. Alternative -, Abs. 6 PAngVO
begründet zugleich den Vorwurf wettbewerbswidrigen Verhaltens i.S. von § 1 UWG.
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Der Verstoß gegen die PAngVO ergibt allerdings für sich noch nicht, dass das Verhalten
des Verletzers auch nach den Maßstäben von § 1 UWG wettbewerbswidrig ist. Da es
sich bei den Vorschriften der PAngVO um aus Gründen der ordnenden Zweckmäßigkeit
im Interesse des Verbraucherschutzes erlassene sog. wertneutrale Bestimmungen
handelt, begründet deren Verletzung nur und erst dann einen Wettbewerbsverstoß,
wenn sich ein Wettbewerber bewusst und planmäßig über sie hinwegsetzt, obwohl für
ihn erkennbar ist, dass er dadurch einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung im
Wettbewerb vor gesetzestreuen Mitbewerbern erlangen kann (vgl. BGH a.a.O., -"KfZ-
Endpreis"-; Köhler/Piper, a.a.O., Rdn. 15/16 Einf. PAngVO und Rdn. 344 zu § 1 UWG -
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jeweils mit weiteren Nachweisen). Diese, den Vorwurf eines auch wettbewerblich
unlauteren Verhaltens begründenden Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
An einem bewussten und planmäßigen Vorgehen der Beklagten, welche die in Frage
stehende Preiswerbung auch nach Durchführen des gescheiterten Verfahrens vor der
Einigungsstelle der IHK B. weiterhin verteidigt, können keine Zweifel bestehen. Die
Beklagte hat sämtliche Tatumstände gekannt, aus denen sich der Wettbewerbsverstoß
ergibt und sich gleichwohl über die vorbezeichnete Norm der PAngVO hinweggesetzt
(vgl. BGH GRUR 1974, 281/282 -"Clipper"-). Soweit sie in diesem Zusammenhang
behauptet, in einem angeblich die streitgegenständliche Werbung betreffenden
Verfahren vor der Einigungsstelle der IHK Hannover-Hildesheim habe der Vorsitzende
der Eignungsstelle erklärt, dass die "Erheblichkeitsgrenze" nicht überschritten sei (vgl.
Bl. 38/39 d.A.), rechtfertigt das keine abweichende Würdigung. Denn ungeachtet der
Frage, inwiefern diese Argumentation geeignet ist, ein bewusstes und planmäßiges
Verhalten der Beklagte entfallen zu lassen, welches das Bewusstsein der
Rechtswidrigkeit grundsätzlich nicht umfassen muss, betraf das erwähnte Verfahren vor
der Einigungsstelle der IHK Hannover-Hildesheim jedenfalls eine andere, als die
streitgegenständliche Werbung (vgl. Bl. 103 d.A.), in welcher der Hinweis
"unverbindliche Preisempfehlung des Importeurs zzgl. Überführungskosten" - anders als
hier - unmittelbar unterhalb der Preisangabe "ab 14.900,-DM" angebracht war. Ein
bewusstes und planmäßiges Verhalten der Beklagten entfällt weiter auch nicht deshalb,
weil der streitbefangenen Werbeanzeige eine der Beklagten zur Verfügung gestellte
Werbevorlage der DAEWOO Automobile (Deutschland) GmbH zugrunde liegt. Denn
dies enthob die Beklagte nicht des Erfordernisses einer eigenen Überprüfung des
Textes der Anzeige und ggf. dessen Ergänzung, um die Vorgaben der PAngVO zu
wahren.
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Der Vorwurf eines wettbewerblich unlauteren Verhalten unter dem dargestellten Aspekt
des Vorsprungs durch Rechtsbruch scheitert weiter aber auch nicht etwa an der
mangelnden Eignung des Normverstoßes, die Wettbewerbsposition der Beklagten zu
verbessern, weil die von ihr im Geschäftlokal geforderten Händlerpreise einschließlich
der zu zahlenden Überführungskosten im Zeitpunkt der Werbung angeblich um
mindestens 10 % unter dem in der Werbung genannten Betrag von 14.900,00 DM für
das Grundmodell und entsprechend für aufwendiger ausgestattete Modelle lagen.
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Allerdings trifft es zu, dass ein nach dem genannten Unlauterkeitstatbestand durch
bewusstes und planmäßiges Hinwegsetzen über eine wertneutrale Norm erstrebte
sachlich nicht gerechtfertigte Wettbewerbsvorsprung vor gesetzestreuen Mitwerbern
nicht in jeder Verbesserung der eigenen Wettbewerbslage anzuerkennen ist. Der durch
einen Gesetzesverstoß erstrebte Vorteil ist vielmehr nur dann i.S. des erwähnten
Unlauterkeitsaspekts beachtlich, wenn er dem - bewusst und planmäßig -
gesetzeswidrig Handelnden die Möglichkeit verschafft, die Wettbewerbslage zu seinen
Gunsten spürbar zu beeinflussen (Köhler/Piper, a.a.O., Rdn. 346 zu § 1 UWG mit
weiteren Nachweisen). Das ist hier der Fall.
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Die im Vorstehenden bereits zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Unverb.
Preisempfehlung (GRUR 1989, 606 ff = WRP 1989, 501 ff) steht dieser Wertung nicht
entgegen. Der BGH hat in der genannten Entscheidung zwar ausgeführt, dass in den
Fällen, in denen der Händler tatsächlich einen niedrigeren Kaufpreis (inkl.
Überführungskosten) fordert, als die in der Werbung genannte, vom Verkehr als Angabe
des händlerseitig geforderten Preises aufgefasste unverbindliche Preisempfehlung des
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Importeurs, der Vorwurf eines nach Maßgabe der §§ 1, 3 UWG wettbewerbswidrigen
Verhaltens bereits den tatbestandlichen Voraussetzungen nach ausscheidet. Dem ist
zweifelsohne in den vom Bundesgerichtshof in der erwähnten Entscheidung erörterten
Fällen zu folgen, in denen sich der Vorwurf eines wettbewerblich unlauteren Verhaltens
gerade auf die Irreführung eines mehr als nur unerheblichen Teils des Verkehrs stützt,
bei dem der Eindruck erweckt wird, dass der in der Werbung genannte Preis der
"endgültige" sei, der daher die Überführungskosten umfasse. Denn liegt der Kaufpreis
des Händlers einschließlich der Überführungskosten tatsächlich unter dem in der
Werbeanzeige angegebenen Betrag, so wird der kaufinteressierte Leser durch das
Fehlen eines Hinweises auf die Überführungskosten nicht im Sinne eines von den §§ 3,
1 UWG erfassten Irreführungstatbestandes getäuscht, da diesem durch die Nichtangabe
der Überführungskosten kein günstigerer Preis als der in Wirklichkeit verlangte
vorgespiegelt wird. In der im vorliegenden Fall gegebenen Konstellation geht es jedoch
nicht um die aus dem Vorwurf einer irreführenden Werbeangabe oder irreführenden
Praxis hergeleitete wettbewerbliche Unlauterkeit einer Preiswerbung, sondern um die
Beurteilung der Frage, ob derjenige, der mit einer die Bestimmungen der PAngVO
verletzenden Preisangabe wirbt, sich durch diesen Normverstoß bzw. den darin
liegenden "Rechtsbruch" die Möglichkeit verschafft, die Wettbewerbslage im Verhältnis
gegenüber seinen gesetzestreuen Mitbewerbern zu seinen Gunsten relevant zu
beeinflussen, mithin um einen gerade an den Tatbestand der Normverletzung
anknüpfenden Vorwurf der wettbewerblichen Sittenwidrigkeit eines Verhaltens. Diese,
in der vorbezeichneten Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Unverb.
Preisempfehlung" nicht erörterte, im vorliegenden Fall indessen einschlägige Frage ist
im Sinne des Klagebegehrens zu bejahen.
Selbst wenn nämlich die Beklagte - wie sie das behauptet - im hier maßgeblichen
Zeitpunkt der Veröffentlichung der Werbeanzeige tatsächlich niedrigere Händlerpreise
gefordert haben sollte, so kann ihr der mit der Werbeanzeige begangene Verstoß gegen
die PAngVO gleichwohl eine wettbewerbsrelevante Verbesserung der eigenen
Wettbewerbsposition vor ihren gesetzestreuen Mitbewerbern verschaffen, die ihren der
unverbindlichen Preisempfehlung des Importeurs entsprechenden Händlerpreis unter
Einbezug der Überführungskosten in einem Betrag angeben. Denn der mit der
unzureichenden Preisangabe in der Werbung hervorgerufene Eindruck eines im
Vergleich zu den letztgenannten Mitbewerbern der Beklagten günstigeren Angebots ist
geeignet, die angesprochenen Werbeadressaten gerade in das Geschäftslokal der
Beklagten zu locken. Auch wenn sie dort eine noch größere Vergünstigung erfahren,
weil von ihnen ein unterhalb des ohnehin schon vorteilhaft erscheinenden
Werbepreises liegender Kaufpreis gefordert wird, sie daher in ihrer Erwartung, den
beworbenen PKW zu einem im Vergleich gegenüber anderen Händlern günstigeren
Preis erwerben zu können sogar noch übertroffen werden, ist diese Situation geeignet,
die Wettbewerbslage spürbar zu Gunsten der Beklagten zu beeinflussen, da die
gesetzestreuen Mitbewerber bei dieser Sachlage erst gar nicht zum Zuge kommen
können.
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Rechtfertigt vor diesem Hintergrund der Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 -2.Altern. -,
Abs. 6 PAngVO bzw. der damit bewirkte "Rechtsbruch" ungeachtet etwa von der
Beklagten in ihrem Geschäftslokal tatsächlich geforderter, die Preisempfehlung
unterschreitender Preise den Vorwurf eines wettbewerblich unlauteren Verhaltens i.S.
von § 1 UWG, so ist die klagende Vereinigung schließlich auch nach Maßgabe von § 13
Abs. 2 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert, den daraus folgenden Unterlassungsanspruch
geltend zu machen. Denn die in Rede stehende Wettbewerbshandlung der Beklagten
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ist geeignet, den Wettbewerb auf dem hier betroffenen Markt wesentlich zu
beeinträchtigen.
Für die Wesentlichkeit eines Wettbewerbsverstoßes i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG
kommt es maßgeblich auf Art und Schwere der Verletzungshandlung und auf ihre
Auswirkungen auf das Marktgeschehen an, wobei alle objektiven und subjektiven
Gesichtspunkte, einschließlich der Interessen der Mitbewerber, der Allgemeinheit und
der berührten Verbraucherkreise an der Unterbindung des angegriffenen
Wettbewerbsverstoßes zu berücksichtigen sind (BGH GRUR 1997, 767/770 -
"Brillenpreise II"- m.w.N.). Mit Blick auf die dargestellte Anlockwirkung des mit der in
Rede stehenden Preisangabe hervorgerufenen Eindrucks eines günstigen Händler-
Endpreises besteht eine beträchtliche Nachahmungsgefahr durch mit der Beklagten
konkurrierende KfZ-Händler, die versucht sein werden, durch ein gleiches Verhalten wie
die Beklagte, nämlich die Angabe eines die Überführungskosten nicht einschließenden
Händlerpreises, eine Benachteiligung im Wettbewerb dieser gegenüber zu vermeiden.
Eine abweichende Beurteilung lässt sich dabei auch nicht etwa aus der Erwägung
herleiten, dass der hier in Rede stehende Sachverhalt, bei dem ein Händler mit einem
höheren Preis als dem tatsächlich von ihm geforderten wirbt, eine derart ungewöhnliche
Ausnahme darstellt, dass eine ernsthafte Gefahr von Nachahmungen durch
Konkurrenten nicht angenommen werden kann. Mit Blick auf die gleichwohl bestehende
erhebliche Anlockwirkung der in der Werbung genannten (höheren) Preisangabe, die im
Verhältnis gegenüber den werblichen Preisangaben gesetzestreuer Mitbewerber zu
beurteilen ist, die ihre Leistung deshalb von vornherein auf dem Markt nicht mehr zur
Geltung bringen können, muss indessen von einer die Spürbarkeitsgrenze erreichenden
Beeinträchtigung des Wettbewerbs ausgegangen werden.
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Soweit die Beklagte ferner unter Bezug auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main (WRP 1998, 324/325 -"zzgl. Überführungskosten"-) auf eine
angebliche Tendenz der Rechtsprechung verweist, Verstöße gegen die PAngVO nicht
mehr als "wesentlich" i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 UWG anzusehen, vermag das
schließlich schon deshalb nicht zu überzeugen, weil in der mit der erwähnten
Entscheidung beurteilten Werbung - anders als im Streitfall - eindeutig und
unübersehbar auf die zusätzlich zu entrichtenden Überführungskosten hingewiesen
worden war.
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Die nach alledem mit ihrem Rechtsmittel unterlegene Beklagte hat nach Maßgabe von §
97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Soweit die Klägerin ihr
Unterlassungsbegehren im Termin zur mündlichen Verhandlung bei dem Senat neu
formuliert und in die Form eines Haupt- und Hilfsantrages umstrukturiert hat, bietet dies
keinen Anlass, sie unter Heranziehung der Kostenregelung des § 269 Abs. 3 ZPO
anteilig mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten. Denn mit der Neufassung ihres
Unterlassungsantrags hat die Klägerin diesen lediglich klarstellend an das von ihr im
vorliegenden Rechtsstreit von Anfang an geltend gemachte Petitum angepasst, welches
mit dem in den erstinstanzlichen Antrag eingestellten Zusatz "...und/oder zumindest die
Überführungskosten betragsmäßig zu beziffern..." das nunmehr ausdrücklich als
Hilfsantrag formulierte Unterlassungspetitum ebenfalls bereits als Hilfsbegehren
umfasste. Eine teilweise Reduzierung des in erster Instanz verfolgten Rechtsschutzziels
ist mit der Neufassung des Unterlassungantrags daher nicht verbunden
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den
§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert sich am Wert des
klägerseits verfolgten Unterlassungsbegehrens, demgegenüber die Beklagte unterlegen
ist.
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Im Hinblick auf die mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs -"Unverb. Preisempfehlung"-
(GRUR 1989, 606 ff = WRP 89, 501 ff) aufgeworfene Frage nach der Bedeutung der
beklagtenseits behaupteten tatsächlichen Preisgestaltung auch für den die vorliegende
Entscheidung tragenden wettbewerblichen Unlauterkeitstatbestand des
Wettbewerbsvorsprungs durch den mit der Verletzung der Bestimmung des § 1 Abs. 1
und Abs. 6 der PAngVO bewirkten Rechtsbruch, hat der Senat schließlich gemäß § 546
Abs. 1 Nr. 1 ZPO die Revision zugelassen.
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