Urteil des OLG Köln vom 03.04.1997
OLG Köln (anspruch auf rechtliches gehör, rechtliches gehör, beschwerde, hauptsache, polizeigesetz, freiheitsentziehung, verfahrensgegenstand, rechtsmittel, tag, zeitpunkt)
Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 85/97
Datum:
03.04.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 85/97
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 1 T 73/97
Schlagworte:
Keine nachträgliche Beschwerde nach Entlassung aus dem
Polizeigewahrsam
Normen:
PolG NW §§ 35, 36
Leitsätze:
Wird eine Person gem. § 35 PolG NW in Polizeigewahrsam genommen,
so richtet sich das Verfahren über die herbeizuführende richterliche
Entscheidung nach dem FEVG, das wiederum auf die Vorschriften des
FGG verweist. Diese richterliche Entscheidung ist, sobald der Betroffene
wieder in die Freiheit entlassen ist, nicht mehr nachträglich mit der
Beschwerde überprüfbar. Ein Fortsetzungsfeststellungsverfahren ist dem
FGG fremd.
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen vom 26. März 1997
gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27.
Februar 1997 - 1 T 73/97 - wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
1
Die gemäß § 36 Abs. 2 S. 2 Polizeigesetz NW, §§ 3 S. 2, 7 FEVG, §§ 27, 29 FGG
zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
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Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei die sofortige Beschwerde des Betroffenen vom
23.02.1997 gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom selben Tag als unzulässig
verworfen. Mit Ablauf der Zeitdauer, für die die Freiheitsentziehung angeordnet wurde
(23.02.1997, 19.00 Uhr) hatte sich die Hauptsache erledigt und war das zulässige
Rechtsmittel unzulässig geworden.
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Wird eine Person gemäß § 35 Polizeigesetz NW in Polizeigewahrsam genommen, so
richtet sich das Verfahren über die gemäß § 36 Abs. 1 Polizeigesetz NW
herbeizuführende richterliche Entscheidung gemäß § 36 Abs. 2 S. 2 Polizeigesetz NW
nach den Vorschriften des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei
Freiheitsentziehungen (FEVG), das in § 3 S. 2 auf die Vorschriften des FGG verweist.
4
In einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat sich die Hauptsache erledigt,
wenn nach seinem Beginn ein Umstand eingetreten ist, der den Verfahrensgegenstand
hat wegfallen lassen, so daß eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann. Das ist
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im gerichtlichen Verfahren bei Freiheitsentziehungen stets dann der Fall, wenn der
Betroffene endgültig entlassen worden ist oder wenn der Zeitraum, für den das Gericht
die Freiheitsentziehung angeordnet hat, abgelaufen ist (vgl. BGH NJW 1990, 1048).
Mit dem Ablauf der angeordneten Freiheitsentziehung am 23.02.1997 um 19.00 Uhr ist
der im Rechtsmittelzug auf Rechtmäßigkeit zu überprüfende Verfahrensgegenstand
weggefallen und die Anordnung unwirksam geworden. Damit hat sich die Hauptsache
erledigt. Eine sachliche Überprüfung nach Erledigung der Hauptsache kann nicht mehr
erfolgen.
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Die Fortsetzung eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens zum Zwecke der
Feststellung der Rechtswidrigkeit einer richterlichen Entscheidung ist im FGG nicht
vorgesehen. Auch die Vorschrift des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO ist nicht entsprechend
anwendbar, da sie der Überprüfung von Verwaltungsakten dient, nicht der Kontrolle
richterlicher Maßnahmen. Wird der von Artikel 104 Grundgesetz vorgesehene Schutz
der persönlichen Freiheit durch eine richterliche Entscheidung gewährt, so läßt sich
weder aus der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) noch aus dem allgemeinen
Rechtsstaatsprinzip oder dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ein
Anspruch auf eine zweite richterliche Instanz herleiten (vgl. BVerfG NJW 1979, 154,
155).
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Die sofortige Beschwerde vom 23.02.1997 war daher im Zeitpunkt der Entscheidung
des Landgerichts unzulässig und deshalb zu verwerfen. Eine andere Entscheidung
wäre auch dann nicht möglich gewesen, wenn der Kammer bei ihrer Beschlußfassung
der Beschwerdeschriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen vom
25.02.1997 (Bl. 5 f. d.A.) vorgelegen hätte. Auch im Zeitpunkt des Eingangs dieses
Schriftsatzes bei Gericht am selben Tag war das Rechtsmittel bereits unzulässig. Der
Betroffene ist daher durch die verspätete Vorlage des Schriftsatzes nicht in seinen
Rechten verletzt.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.
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