Urteil des OLG Köln vom 20.09.1999
OLG Köln: ablauf der frist, agb, mahnung, nichterfüllung, form, verzug, entstehung, nachfrist, wahlrecht, montage
Oberlandesgericht Köln, 16 U 31/99
Datum:
20.09.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 U 31/99
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 3 O 208/98
Schlagworte:
Schadensersatz wegen Schuldnerverzuges
Normen:
BGB § 326
Leitsätze:
Für die Entstehung des Schadensersatzanspruchs aus § 326 Abs. 1
BGB reicht es aus, daß die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung mit
der verzugsbegründenden Mahnung verbunden wird. Die
Voraussetzungen für die Geltendmachung des
Schadensersatzanspruchs entfallen nicht wieder dadurch, daß dem
Schuldner noch eine weitere Nachfrist eingeräumt wird.
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das Urteil der
3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18.12.1999 - 3 O 208/98 - wie
folgt abgeändert und neugefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an die
Klägerin 24.030,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.06.1998 zu
zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des
Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 % und die Beklagte zu 90 %. Das
Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig.
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Sie hat jedoch in der Sache nur hinsichtlich des zuerkannten
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Mehrwertsteuerbetrages Erfolg.
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Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Insbesondere ist die Beklagte als
Gesellschaft englischen Rechts parteifähig und zulässigerweise am Sitz ihrer
Niederlassung verklagt worden. Die Beklagte ist auch passivlegitimiert. Der Senat
verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden
Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, gegen die die Beklagte keine Einwände
mehr erhoben hat, und macht sie sich zu eigen.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte gem. § 326 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf
Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 24.030,00 DM. Zu Recht hat das Landgericht
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das Vorliegen der Voraussetzungen dieses Schadensersatzanspruches bejaht.
Durch die Schreiben der Klägerin vom 08.08.1997 und 25.08.1997 ist die Beklagte (in
höflicher Form) aufgefordert worden, die Vorkasse-Rechnung vom 06.06.1997 zu
begleichen. Diese Schreiben genügen den Anforderungen an eine Mahnung im Sinne
des § 284 BGB, so dass die Beklagte mit ihrer Zahlungspflicht in Verzug geraten war.
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Mit Schreiben vom 19.12.1997 ist der Beklagten eine Nachfrist zur Zahlung der 50%-
igen Vorkasse bis zum 30.01.1998 gesetzt worden. Darüber hinaus enthält das
Schreiben eine Ablehnungsandrohung im Sinne des § 326 Abs. 1 BGB durch den
Hinweis auf § 9 AGB der Klägerin und der Geltendmachung von 25 % der
Auftragssumme für den Fall des fruchtlosen Fristablaufes. Auch dies genügt den
Anforderungen des § 326 Abs. 1 BGB. Die Ablehnungsandrohung muss klar und
eindeutig den Willen des Gläubigers erkennen lassen, nach fruchtlosem Ablauf der Frist
die Erfüllung endgültig abzulehnen und stattdessen die in § 326 Abs. 1 BGB genannten
Rechtsfolgen aus dem Verzug des Schuldners herzuleiten; die Erklärung muss deutlich
ersehen lassen, dass der Gläubiger seinen Erfüllungsanspruch für den Fall nicht
rechtzeitiger Leistung des Schuldners endgültig und unwiderruflich aufgibt (vgl.
Münchener Kommentar-Emmerich, 3. Aufl., § 326 Rdnr. 84). Die Klägerin hat zwar nicht
wörtlich und ausdrücklich ihre Erfüllungsbereitschaft abgelehnt, aber aus dem Hinweis
auf § 9 der AGB und der Forderung nach 25 % der Auftragssumme ergab sich unter
Heranziehung des hier einschlägigen § 9 Ziff. 5 a der AGB auch für die Beklagte
eindeutig, dass die Klägerin am Vertrag nicht mehr festhalten wollte. Ob § 9 Ziff. 5 a der
AGB unwirksam ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle und kann deshalb
dahinstehen, denn für die Ablehnungsandrohung kommt es nur auf den hier eindeutigen
Sinn der Erklärung und den sich daraus ergebenden Willen des Gläubigers an.
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Unerheblich ist darüber hinaus der Einwand der Beklagten im nachgelassenen
Schriftsatz vom 6.9.1999, dass die Klägerin die Mahnschreiben ihr erst zusammen mit
dem Schreiben vom 19.12.1999 übersandt habe. Denn nach allgemeiner Meinung reicht
es für die Entstehung des Schadensersatzanspruches nach § 326 Abs. 1 BGB aus, dass
die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung mit der verzugsbegründenden Mahnung
verbunden wird.
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Der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches gem. § 326 Abs. 1 BGB steht
ferner nicht entgegen, dass die Klägerin der Beklagten nochmals die Möglichkeit
ergeben hatte, bis zum 31.01.1998 50 % der Auftragssumme auszugleichen. Die
Voraussetzung des § 326 Abs. 1 BGB einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung soll
dem Schuldner gerade die Möglichkeit geben, seinen vertraglichen Pflichten doch noch
nachzukommen, um die Rechtsfolgen des § 326 Abs. 1 BGB abzuwenden. Die
Nachfristsetzung kann deshalb schon aufgrund der Systematik des § 326 Abs. 1 BGB
die zuvor herbeigeführten Verzugsfolgen nicht beseitigen. Aber auch wenn die
Gewährung einer nochmaligen Zahlungsfrist bis zum 31.01.1998 hier im konkreten
Einzelfall - wie die Beklagte meint - als Angebot verstanden werden müsse, "durch
diese Zahlung das primäre Schuldverhältnis wieder zu begründen", würde dies die
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht hindern, da die Beklagte dieses
Angebot durch ihre Nichtzahlung nicht angenommen hat.
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Die Klägerin hat ihr Wahlrecht bzgl. der Rechtsfolgen des § 326 Abs. 1 BGB
dahingehend ausgeübt, dass sie Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt.
Diesen Schadensersatzanspruch hat die Klägerin der Höhe nach in nicht zu
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beanstandender Weise mit 24.030,00 DM netto beziffert. Erhebliche Einwendungen hat
die Beklagte dem nicht entgegengesetzt. Gegen die ordnungsgemäße Einführung des
entsprechenden klägerischen Sachvortrages in das Verfahren bestehen keine
Bedenken. Die konkrete Berechnung ihres Schadens ist mit Schriftsatz vom 04.11.1998
zwar auf einem Briefbogen nicht postulationsfähiger Rechtsanwälte erfolgt,
unterschrieben ist der Schriftsatz gleichwohl aber von dem
erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin Rechtsanwalt Liebeskind, so
dass die Vorschrift des § 78 Abs. 1 ZPO nicht verletzt ist. Bis auf die Position
Montagekosten hat die Beklagte im Übrigen gegen die einzelnen Positionen der
Schadensberechnung keine Einwände erhoben. Soweit sie die Kalkulation mit
Nichtwissen bestritten hat, ist dies gem. § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig und damit
unerheblich, denn die Beklagte wäre durchaus in der Lage gewesen, die Kalkulation (=
Berechnung) nachzurechnen. Die von der Beklagten bestrittenen eingesparten
Montagekosten schätzt der Senat gem. § 287 ZPO auf die von der Klägerin
angegebenen 4.400,00 DM. Die von der Klägerin für die Montage angegebene
Stundenzahl scheint im Hinblick auf die Größe der einzubauenden Küche angemessen.
Angesetzt hat die Klägerin insoweit 4 1/2 Arbeitstage für zwei Mitarbeiter. Dagegen
bestehen nach den dem Auftrag vom 28.04.1997/30.04.1997 zu entnehmenden
erforderlichen Montagearbeiten keine Bedenken. Gleiches gilt für den Stundensatz von
50,00 DM, der ebenfalls gemessen an den üblichen Kosten einer Facharbeiterstunde
nicht zu beanstanden ist.
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Da der von der Klägerin konkret berechnete Schaden in Höhe von 24.030,00 DM bereits
über die nach den AGB vereinbarte Pauschale von 25 % der Auftragssumme liegt, kann
hier dahinstehen, ob der Schaden - in geringerer Höhe - auch nach den AGB der
Klägerin begründet wäre.
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Die Berufung der Beklagten hat jedoch insoweit Erfolg, als sie zur Zahlung von
Mehrwertsteuer verurteilt worden ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von
Mehrwertsteuer auf die geltend gemachte Schadensersatzforderung. Die Leistung von
Schadensersatz wegen Nichterfüllung hat keinen Entgeltcharakter im Sinne des § 1
Umsatzsteuergesetz, so dass dieser Schadensersatzanspruch nicht der Mehrwertsteuer
unterliegt (vgl. BGH NJW 1987, 1690; Rau/Dürrwächter, Kommentar zum
Umsatzsteuergesetz, 8 Aufl. 1998, § 1 Rdnr 410; Palandt/Heinrichs, 58. Aufl. 1999, §
325 Rdnr 16).
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Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 187 Abs. 1 BGB.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 26.737,50 DM.
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