Urteil des OLG Köln vom 18.01.2002

OLG Köln: betrag zur freien verfügung, zuwendung, schenkung, geschenk, erwerb, hinzurechnung, klagerücknahme, fristverlängerung, form, rechtshängigkeit

Oberlandesgericht Köln, 19 U 56/01
Datum:
18.01.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 U 56/01
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 20 O 535/00
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.01.2001 verkündete
Urteil des Landgerichts Köln - 20 O 535/00 - unter Zurückweisung der
Berufung im übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu ge-fasst: Die
Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 87.500,00 DM (44.738,04 EUR)
nebst 4 % Zinsen seit dem 18.01.2000 zu zahlen. Die weiter-gehende
Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der
Kosten des Beru-fungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die
Vollstreckung durch den Kläger durch Sicher-heitsleistung in Höhe von
48.350,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in
gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird nachgelassen, die jeweils zu
leistende Sicher-heit durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte
und unbefris-tete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb
befugten Kreditinstituts zu erbringen.
T a t b e s t a n d:
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Die Parteien sind Eheleute. Sie heirateten am 19.12.1990. Vor Beginn der Ehe schenkte
der Kläger der Beklagten 175.000,00 DM. Er ließ einen Tag vor der Eheschließung
folgenden Text öffentlich beglaubigen:
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"Hiermit bestätige ich, dass ich meiner Ehefrau (...) aus Anlass unserer Eheschließung
am 19.12.1990 den Erlös aus dem Verkauf meiner Eigentumswohnung (...) im Betrage
von DM 175.000,00 DM zum Geschenk gemacht habe."
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Das Geld floss in den Erwerb eines Hausgrundstücks, das in alleinigem Eigentum der
Klägerin stand. Es wurde von den Parteien gemeinschaftlich bis zu ihrer Trennung im
März 1999 bewohnt. Derzeit ist beim Amtsgericht Köln ein Scheidungsverfahren
anhängig, in dem beide Parteien einer Scheidung zustimmen. Außerdem macht der
Kläger einen Anspruch auf Zugewinnausgleich geltend, über den noch nicht
entschieden ist.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse ihm die 175.000,00 DM
zurückzahlen. Er hat behauptet, das Geschenk habe als Grundlage die Ehe gehabt. Ihm
sei es - so die Meinung des Klägers - nach dem Scheitern der Ehe nicht mehr
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zuzumuten, den Vorteil der Beklagten zu überlassen.
Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 175.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stehe der geltend gemachte
Anspruch nicht zu. Sie hat behauptet, der Kläger habe ihr den Betrag lediglich
deswegen geschenkt, weil er kein gutes Verhältnis zu seinem Sohn habe. Er habe das
Geld seinem Sohn im Erbfall nicht zukommen lassen wollen. Somit habe er in reiner
Benachteiligungsabsicht gehandelt. Ihr selbst sei der Betrag zur freien Verfügung
übertragen worden. Auch sei das Scheitern der Ehe allein auf die Verhaltensweisen des
Klägers zurückzuführen.
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Mit Urteil vom 24.01.2001, auf dessen Inhalt wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug
genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt
und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger wegen Wegfalls der
Geschäftsgrundlage für die voreheliche Zuwendung ein Ausgleichsanspruch in Höhe
der Zuwendung zustehe.
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Gegen dieses ihr am 30.01.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 28.02.2001
bei Gericht eingegangem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach Fristverlängerung
bis zum 30.04.2001 mit einem an diesem Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz
begründet hat.
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Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie weist
insbesondere darauf hin, dass das Landgericht nicht berücksichtigt habe, dass im
Zugewinnausgleichsverfahren der Wert des Hauses im Endvermögen der Beklagten mit
dem vollen Wert (einschließlich der vorehelich gezahlten 175.000,00 DM) enthalten sei,
was nicht richtig sein könne, wenn diese Summe rechtlich dem Kläger zustehen würde.
Allenfalls stünden dem Kläger 73.657,39 DM zu, wie sie im einzelnen berechnet (GA
212).
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Landgerichts Köln vom 24.01.2001 abzuändern und die Klage
abzuweisen.
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Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung seine Klageforderung um 50 % reduziert
und beantragt nunmehr,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass nur ein Betrag von
87.500,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18.01.2000 begehrt werde.
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Er ist der Ansicht, dass ihm für die Zuwendung vor der Ehe ein schuldrechtlicher
Ausgleichsanspruch zustehe, der neben den güterrechtlichen Ausgleich trete, so dass
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ihm jedenfalls die Hälfte des zugewandten Betrages zustehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst allen
Anlagen ergänzend Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung der
Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein
schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch für die voreheliche Zuwendung lediglich in Höhe
von 87.500,00 DM zu.
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Mit zutreffender Begründung, der sich der Senat voll inhaltlich anschließt und auf die zur
Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht unter
Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH (FamRZ 1992, 160 ff.) dem Kläger für die
voreheliche Zuwendung einen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch nach den
Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zuerkannt. Die hiergegen
gerichtete Angriffe der Beklagten rechtfertigen hinsichtlich des grundsätzlichen
Bestehens dieses Ausgleichsanspruchs keine abweichende Entscheidung. Selbst
wenn der Kläger bei der Schenkung der 175.000,00 DM - auch - beabsichtigt haben
sollte, seinem Sohn das Erbe zu entziehen, ändert dies nichts daran, dass die
Zuwendung jedenfalls ebenfalls ihren Grund in der Eingehung der Ehe und der
Anschaffung der ehelichen Wohnung gehabt hat. Diese Geschäftsgrundlage ist mit dem
Scheitern der Ehe weggefallen.
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Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht jedoch in dessen Ansicht, dem Kläger
stünde der volle Betrag der Schenkung, d. h. 175.000,00 DM zu. Zwar ist es
grundsätzlich dem Kläger als dem Zuwendenden nicht zuzumuten, dass die voreheliche
Leistung, die im Hinblick §§ 1373 ff. BGB nicht dem ehelichen Zugewinn unterfällt, bei
der Zuwendungsempfängerin, hier der Beklagten, im vollem Umfang verbleibt.
Andererseits liegt aber, wie der BGH a. a. O. zutreffend entschieden hat, kein Grund vor,
den Kläger gegenüber dem (gedachten) Fall, dass die Zuwendung erst nach der
Eheschließung erfolgt wäre, besser zu stellen. Dem schließt sich der Senat an. Der
ergänzende Ausgleichsanspruch des Klägers ist daher danach zu bemessen, was er an
Mehr als Zugewinn erhalten würde, wenn aus dem Anfangsvermögen der Beklagten der
Betrag von 175.000,00 DM herausgerechnet würde und sodann unterstellt würde, der
Kläger habe nach Eheschließung der Beklagten diesen Betrag zum Erwerb der
Ehewohnung auf ihren Namen zugewandt. In diesem Fall wäre im Hinblick auf die
hälftige Beteiligung der Parteien an dem Zugewinn (§ 1378 BGB) der
Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers rechnerisch um 87.500,00 DM höher als im
Falle der Hinzurechnung der Schenkung zum Anfangsvermögen. Nur insoweit steht
daher dem Kläger ein ergänzender Ausgleichsanspruch zu.
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Die weitergehende Klage war mangels Zustimmung der Beklagten zu der vom Kläger
erklärten (teilweisen) Klagerücknahme abzuweisen.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 175.000,00 DM (89.476,08 EUR)
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Wert der Beschwer für beide Parteien: 87.500,00 DM (44.738,04 EUR).
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