Urteil des OLG Köln vom 03.12.1997

OLG Köln (wichtiger grund, aufenthaltsort, grund, abgabe, interesse, amt, entfernung, ausnahmefall, vorrang, fortführung)

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 312/97
Datum:
03.12.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 312/97
Schlagworte:
Ausnahmen vom Grundsatz, daß das am Aufenthaltsort des Betroffenen
gelegene Amtsgericht die Betreuungssache führt
Normen:
FGG § 65 a
Leitsätze:
Wechselt der Betroffene dauerhaft seinen Aufenthaltsort, so liegt
regelmäßig ein wichtiger Grund vor, die Betreuungssache an das
Amtsgericht des neuen Wohnortes des Betroffenen abzugeben. Von
diesem Grundsatz ist aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn
wesentliche Belange des Betreuers, die den Interessen des Betreuten
nicht widersprechen, dies erfordern. Dies ist insbesondere dann der Fall,
wenn der Betreuer den Kontakt zum Amtsgericht bisher im wesentlichen
durch persönliche mündliche Vorsprachen hielt und wenn das
Amtsgericht für ihn nur mit Erschwernissen erreichbar ist.
Tenor:
Das Amtsgericht Brühl ist zur Abgabe der Betreuungssache an das
Amtsgericht Euskirchen nicht berechtigt.
G r ü n d e :
1
Das Amtsgericht Brühl will die bei ihm geführte Betreuungssache an das zur
Übernahme bereite Amtsgericht Euskirchen abgeben, in dessen Bezirk der Betreute seit
1992 lebt. Der Betreute und seine Betreuerin haben der Abgabe der Sache
widersprochen.
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Der Senat ist gemäß §§ 65 a, 46 Abs. 2 FGG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts
berufen. Zuständig bleibt das Amtsgericht Brühl. Zwar ist es in der Regel als ein
wichtiger Grund für die Abgabe anzusehen, wenn sich der gewöhnliche Aufenthalt des
Betroffenen geändert hat und die Aufgaben des Betreuers im wesentlichen am neuen
Aufenthaltsort zu erfüllen sind. Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, daß es im
allgemeinen besonders zweckmäßig ist, wenn das am Aufenthaltsort des Betreuten
gelegene Amtsgericht die Betreuungssache führt, so daß diese Handhabung auch dem
Wohl des Betroffenen am besten entspricht. Es gibt aber Ausnahmen von diesem
Grundsatz. Ein solcher Ausnahmefall ist hier gegeben. Bei der Bestimmung des örtlich
zuständigen Gerichts ist auch auf die Belange des Betreuers gebührend Rücksicht zu
nehmen. Im vorliegenden Fall hat die Betreuerin, der auch die Vermögenssorge für den
Betreuten obliegt, wiederholt beim Amtsgericht Brühl vorgesprochen, um anstehende
Fragen zu besprechen und ihr Vorgehen gegenüber dem Landschaftsverband mit dem
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Amtsgericht abzustimmen. Da die Betreuerin in Brühl wohnt, ist es für sie bedeutend
leichter, ihr Amt in der gewohnten Weise weiterzuführen, wenn das Amtsgericht Brühl
zuständig bleibt. Dies kommt auch dem Betreuten mittelbar zugute. Dem Interesse der
Betreuerin und des Betreuten an einer Fortführung des Verfahrens durch das
Amtsgericht Brühl ist vorliegend der Vorrang einzuräumen, zumal auch die Entfernung
des jetzigen Aufenthaltsorts des Betroffenen - Weilerswist - noch in einem vertretbaren
Rahmen liegt.