Urteil des OLG Köln vom 04.12.1995

OLG Köln (zpo, 1995, rechtskraft, kläger, schuldner, gläubiger, verzicht, beschwerde, zwangsvollstreckung, scheidung)

Oberlandesgericht Köln, 26 WF 177/95
Datum:
04.12.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
26. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
26 WF 177/95
Vorinstanz:
Amtsgericht Düren, 20 F 252/95
Normen:
BGB § 1361; ZPO § 767
Leitsätze:
1. Der Einwand, die Unterhaltsgläubigerin betreibe zu Unrecht aus
einem Urteil, mit welchem ihr Trennungsunterhalt zuerkannt worden sei,
die Zwangsvollstreckung für einen Unterhaltszeitraum nach Rechtskraft
der Scheidung, kann im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach §
767 ZPO geltend gemacht werden. 2. Das Rechtsschutzbedürfnis für die
Vollstreckungsabwehrklage entfällt in einem solchen Falle grundsätzlich
erst, wenn der Vollstreckungstitel dem Unterhaltsschuldner
ausgehändigt worden ist, hingegen nicht schon bei einem von der
Unterhaltsgläubigerin erklärten Verzicht auf die Rechte aus einem
Pfändungs- und Überweisungsbeschluß. Anders kann es nur sein, wenn
die Unterhaltsgläubigerin den Titel- etwa wegen rückständiger
Trennungsunterhaltsbeträge - noch benötigt.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Amtsgerichts -
Familiengericht - Düren vom 10.10.1995 - 20 F 252/95 - abgeändert. Die
Kosten des in der Hauptsache erledigten Rechtsstreits werden der
Beklagten auferlegt. Die Beklagte hat auch die Kosten des
Beschwerdeverfahrens zu tragen.
G r ü n d e :
1
Die gemäß § 91 a Abs. 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde
des Klägers führt in der Sache zum Erfolg. Die Kosten des Rechtsstreits sind in
Abänderung des angefochtenen Beschlusses der Beklagten aufzuerlegen. Dies
entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem
Ermessen, weil die Klage ohne übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien
zum Erfolg geführt hätte.
2
Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
3
Die Klage stellte sich bei verständiger Würdigung als Zwangsvollstreckungsgegenklage
gemäß § 767 ZPO dar. Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte betreibe zu
Unrecht aus einem Urteil, mit welchem ihr Trennungsunterhalt zuerkannt worden sei, die
Zwangsvollstreckung auch für einen Zeitraum nach Eintritt der Rechtskraft der
4
Scheidung. Damit hat der Kläger eine zulässige Einwendung im Sinne des § 767 BGB
erhoben. Denn mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils ist der Anspruch der
Beklagten auf Trennungsunterhalt erloschen, weil § 1361 BGB u.a. voraussetzt, daß
Berechtigter und Verpflichteter miteinander verheiratet sind (BGH NJW 1988, 1137 ff
(1138)).
Die Klage war auch begründet. Dem steht auch die Überlegung des Amtsgerichts, die
Beklagte habe dem Gericht mitgeteilt, daß sie auf die Rechte aus dem Pfändungs- und
Überweisungsbeschluß vom 25.01.1994 verzichte, nicht entgegen. Zum einen ist diese
Verzichtserklärung offensichtlich nicht zur Kenntnis der Drittschuldnerin, der Deutschen
Bundesbahn gelangt, wie deren Schreiben vom 04.04.1995 (Bl. 43 d.A.) zeigt, obwohl
ausweislich des vom Amtsgericht festgestellten Inhalts der Zwangsvollstreckungsakte 8
M 152/94 AG Düren eine Abschrift der Verzichtserklärung zur Kenntnisnahme an die
Drittschuldnerin übersandt worden sein soll. Dies kann aber letztlich dahinstehen. Denn
selbst bei einem Verzicht bleibt die Vollstreckungsgegenklage grundsätzlich so lange
zulässig und begründet, bis der Titel dem Schuldner ausgehändigt worden ist (vgl. BGH
MDR 92, 960; Zöller/Herget, ZPO, 19. Aufl. 1995, Rdn. 8 zu § 767; Thomas/Putzo, ZPO,
19. Aufl. 1995, Rdn. 16 zu § 767). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur, wenn
bei einem Titel auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen die Unterhaltsrente für einen
bestimmten Zeitraum gezahlt ist. In diesem Falle gibt der Gläubiger den Titel nicht an
den Schuldner heraus, weil er ihn noch für die erst künftig fällig werdenden Ansprüche
benötigt. Daß der Gläubiger den Titel in der Hand behält, begründet daher in diesen
Fällen nicht schon für sich allein die Besorgnis, er werde daraus trotz bereits
eingetretener Erfüllung noch einmal gegen den Schuldner vollstrecken (BGH NJW
1984, 2826 ff. (2827)). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Zwar handelt es sich auch hier
um einen Titel auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen, jedoch ist mit der Rechtskraft
des Scheidungsurteils der titulierte Anspruch auf Trennungsunterhalt für die Zukunft
vollständig erloschen, so daß der Gläubiger auch kein Interesse mehr daran haben
kann, den Titel weiterhin in der Hand zu behalten. Daß der Kläger die Herausgabe des
Titels verlangte, hat er jedenfalls spätestens in der mündlichen Verhandlung vom
10.10.1995 deutlich gemacht. Eine Berechtigung der Beklagten, den Titel nicht an den
Kläger sondern an die Stadt D. herauszugeben, ist nicht ersichtlich.
5
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 91 ZPO.
6
Streitwert für das Beschwerdeverfahren:
7
Kosten des ersten Rechtszuges
8