Urteil des OLG Köln vom 13.02.2004
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Oberlandesgericht Köln, 6 U 109/03
Datum:
13.02.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 109/03
Normen:
TDG § 6, UklaG § 4
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 01. August 2003 verkündete
Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O
55/03 - geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00
EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zur Dauer
von 6 Monaten zu unterlassen, sich wie nachstehend wiedergegeben im
Internet zu präsentieren:
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die gegen sie
gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden,
wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt hinsichtlich des titulierten
Unterlassungsanspruchs 10.000,00 EUR und im übrigen 120% des zu
vollstreckenden Betrages.
Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch
schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft
eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu
erbringen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
B e g r ü n d u n g :
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I.
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Der Kläger, der B.d.V.u.V. e.V., beanstandet den Internetauftritt der Beklagten, der Firma
M. M. (Deutschland) GmbH, als Verstoß gegen die Vorschriften des Teledienstgesetzes.
Er hat dazu die Auffassung vertreten, § 6 Nr. 2 des Teledienstgesetzes zwinge die
Beklagte zur Angabe ihrer Telefonnummer. Da sie dies unstreitig unterlassen habe,
könne er - der Kläger - sie aus § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 UKlaG auf Unterlassung in
Anspruch nehmen, außerdem stelle der Verstoß gegen die verbraucherschützende
Vorschrift des § 6 TDG zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG unter dem
Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch dar.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung, auf
die wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 50 ff. d.A.), hat es im Wesentlichen
ausgeführt, aus § 6 TDG ergebe sich keine Verpflichtung für einen Diensteanbieter,
seine Telefonnummer anzugeben. Selbst darauf komme es nicht an, weil nämlich die
Beklagte ihren (potentiellen) Kunden unstreitig die Möglichkeit anbiete, online durch
Ausfüllen eines bestimmten Formulars um Rückruf zu bitten.
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Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er
seinen in erster Instanz gestellten Schlussantrag weiterverfolgt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
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II.
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Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Die Begründung des
Landgerichts trägt die klageabweisende Entscheidung nicht. Denn aus § 6 Nr. 2 TDG
folgt, dass Diensteanbieter, zu denen unstreitig auch die Beklagte zählt, für
geschäftsmäßige Teledienste nicht nur den Namen und die Anschrift, unter der sie
niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich den Vertretungsberechtigten,
sondern leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar auch Angaben
bereitzuhalten hat, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare
Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen
Post. Bereits aus dem Wortlaut des § 6 Nrn. 1 und 2 TDG folgt damit, dass die Beklagte
als Diensteanbieter Angaben machen muss, die die unmittelbare Kommunikation mit ihr
ermöglichen, und dass das mehr als die Postanschrift und die E-Mail-Adresse sein
muss. Denn die Angabe der Postanschrift wird bereits von § 6 Nr. 1 TDG gefordert, die
Angabe der E-Mail-Adresse schreibt § 6 Nr. 2 TDG (Adresse der elektronischen Post)
zwingend vor. Soweit ersichtlich wird deshalb in der Rechtsprechung und dem
juristischen Schrifttum an keiner Stelle in Zweifel gezogen, dass - so der Wortlaut der
Gesetzesbegründung zu § 6 TDG - Angaben, die eine schnelle elektronische
Kontaktaufnahme und unmittelbare Kontaktaufnahme mit dem Diensteanbieter
ermöglichen, sich auf die Angabe einer E-Mail-Adresse und "zumindest auf die Angabe
der Telefonnummer" beziehen. Der Gesetzestext "unmittelbare Kommunikation", die
nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 TDG neben die Möglichkeit einer schnellen
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elektronischen Kontaktaufnahme treten muss, kann deshalb bei verständiger Würdigung
der Gesetzesbegründung nur so verstanden werden, dass zur unmittelbaren
Kommunikationsmöglichkeit eine Telefon- und nicht etwa nur eine Telefaxnummer
angegeben werden muss. Selbst das bedarf jedoch keiner abschließenden
Entscheidung, weil die Beklagte neben ihrer E-Mail-Adresse und ihrer Postanschrift
weder die eine noch die andere angegeben hat.
Die den potentiellen Interessenten von der Beklagten gegebene Möglichkeit, in Internet
online bestimmte Daten einzugeben und dadurch um Rückruf zu bitten, gibt ihnen keine
Möglichkeit zur unmittelbaren Kontaktaufnahme im Sinne des § 6 Nr. 2 TDG. Schon der
Wortlaut des § 6 Abs. 2 Nr. 2 TDG verbietet es deshalb, diese von der Beklagten in
Aussicht gestellte Rückrufmöglichkeit als ausreichend zu begreifen. Soweit die Beklagte
in ihrer Berufungserwiderung die Frage problematisiert hat, ob der Gesetzgeber denn
ohne Verstoß gegen verfassungsrechtliche Grundsätze einem Diensteanbieter die
Angabe einer Telefonnummer auch für den Fall zwingend vorschreiben könne, dass der
Diensteanbieter über eine Telefonnummer nicht verfüge, ist es nicht notwendig, dieser
Frage weiter nachzugehen. Denn ungeachtet der Tatsache, dass sich der Senat nicht
vorstellen kann, dass ein Anbieter von Telediensten nicht über einen Telefonanschluss
verfügt, stellt sich diese Problematik allenfalls in diesem, bei realistischer
Betrachtungsweise in der Praxis nicht denkbaren Fall.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 i.V.m. § 92 Abs. 2 ZPO analog. Soweit der aus
§ 4 UKlaG aktivlegitimierte Kläger den Verstoß gegen die verbraucherschützende
Vorschrift des § 6 Nr. 2 TDG zunächst dergestalt geltend gemacht hat, dass er von der
Beklagten die Angabe einer Telefonnummer in ihrem Internetauftritt verlangt hat, kann
offen bleiben, ob der Kläger stets Anspruch hierauf hätte, weil eine etwaige in der
Umformulierung des Klageantrags liegende teilweise Klagerücknahme allenfalls einen
geringfügigen, nicht ins Gewicht fallenden Teil des Klagebegehrens beträfe und
deshalb für die Kostenentscheidung ohne Bedeutung bliebe. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
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Ein Grund, gemäß § 543 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. In
Frage steht die Anwendbarkeit des § 6 Nr. 2 TDG im Einzelfall.
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