Urteil des OLG Köln vom 31.03.1998

OLG Köln (eintritt des versicherungsfalles, entschädigung, zeuge, höhe, wasser, ursache, tag, reparatur, verfügung, gutachten)

Oberlandesgericht Köln, 9 U 146/97
Datum:
31.03.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 146/97
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 10 O 24/97
Tenor:
1.) Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.6.1997 verkündete Urteil
der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn -10 O 24/97- wird
zurückgewiesen. 2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die
Klägerin. 3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
1
Die Berufung der Klägerin ist zwar in formeller Hinsicht bedenkenfrei, sie hat jedoch in
der Sache keinen Erfolg.
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Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung
in Höhe von 40.000,-- DM für die in ihrem Ladenlokal "Orientteppichhaus Sh." im Hause
S.straße 14 in Sch. im Frühjahr/Frühsommer 1996 durch Feuchtigkeit beschädigten 69
Orientteppichen aufgrund der zwischen den Parteien im Rahmen einer sog.
gebündelten Geschäftsversicherung mit der Versicherungs-Schein-Nr. 1 GG - 2686387
zu den Versicherungsbedingungen AWB 87 abgeschlossenen
Leitungswasserversicherung zu. Die Klägerin hat nämlich auch im Berufungsverfahren
nicht substantiiert dargelegt, daß sie einen Leitungswasserschaden im Sinne des § 1
Abs. 2 AWB 87 erlitten hat.
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Die Parteien haben zwar, nachdem die Klägerin am 22.5 1996 den örtlichen Vertreter
der Beklagen, den Zeugen L., telefonisch von einem Nässeschaden an Teppichen in
ihrem Ladenlokal unterrichtet und dieser die Teppiche noch am selben Tag besichtigt
hatte, Regulierungsverhandlungen geführt, in deren Verlauf mehrere Gespräche
zwischen den Parteien stattfanden. Unter anderem einigten sich die Parteien, wie sich
aus dem von der Beklagten für diesen gemeldeten Schadensfall geführten
Regulierungsprotokoll ergibt (dort Seite 6 - 9 sowie Seite A = Bl. 190 - 196 d.A.), am
21.6.1996 der Höhe nach auf eine Entschädigung von 40.000,-- DM, wobei allein
zwischen den Parteien heute streitig ist, ob diese Einigung zur Höhe dem Wortlaut der
Vereinbarung entsprechend (vgl. Bl. 193 d.A.) grundsätzlich unwiderruflich sein sollte,
oder - wie die Klägerin jetzt meint - nicht.
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Der Umstand, daß die Beklagte mit der Klägerin in Regulierungsverhandlungen bzgl.
einer Entschädigung eingetreten ist und die Parteien insoweit der Höhe nach auch
bereits eine Vereinbarung getroffen hatten, entbindet die Klägerin jedoch im
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vorliegenden Verfahren nicht davon, den Eintritt des Versicherungsfalles entsprechend
den grundsätzlichen Beweislastregeln im Versicherungsrecht (vgl. dazu z.B.
Prölss/Martin Versicherungsvertragsgesetz VVG § 49 Anm. 3 A II m.w.N.)
nachzuweisen. Die gesamten Regulierungsverhandlungen standen, was die Klägerin
auch nicht in Abrede stellt, seitens der Beklagten nämlich unter dem Vorbehalt des
Nachweises eines Leitungswasserschadens im Sinne der AWB 87 durch die Klägerin.
Dies ergibt sich z.B. aus der aus dem Protokoll über das 2. Regulierungsgespräch vom
21.6.96, in dem es (Seite 8 des Regulierungsprotokolls = Bl. 192 d.A.) heißt "
Voraussetzung dafür, daß eine Entschädigung gezahlt wird, ist ganz klar, daß die
Schäden an den Teppichen auf Leitungswasser zurückzuführen sind."
Demnach kann die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch
nur dann erfolgreich geltend machen, wenn sie substantiiert darlegt und dann ggfs. auch
zur Überzeugung des Gerichts beweist, daß in ihrem Ladenlokal versicherte Sachen
durch bestimmungswidrig ausgetretenes Leitungswasser beschädigt worden sind.
Dabei wird Leitungswasser gem. § 1 Abs. 2 AWB 87 dahingehend definiert, daß das
Wasser entweder a) aus den fest verlegten Zu- oder Ableitungsrohren der
Wasserversorgung, oder b) aus den sonstigen mit dem Rohrsystem fest verbundenen
Einrichtungen der Wasserversorgung (z.B. einem Boiler) oder c) aus den Anlagen der
Warmwasser- oder Dampfheizung ausgetreten seien muß (vgl. dazu Prölss/Martin aaO.
AWB 87 = Seite 1000 f).
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Einen derartigen bestimmungswidrigen Leitungswasseraustritt hat die Klägerin jedoch -
worauf das Landgericht in dem angefochtenen Urteil schon zutreffend hingewiesen hat -
nicht substantiiert und schlüssig vorgetragen, denn auch im Berufungsverfahren hat die
Klägerin ungeachtet eines entsprechenden Hinweises des Senats in der mündlichen
Verhandlung vom 17.2.1998 nicht konkret dargelegt, welche angebliche Ursache zu der
Beschädigung der Teppiche in ihrem Ladenlokal geführt hat.
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Zwar hat die Klägerin im Berufungsverfahren nunmehr als angebliche
Schadensursache aus-schließlich vorgetragen, "aus einem auf Putz im Nebenraum
ihres Geschäftslokals verlegten Wasserrohr sei aufgrund eines Defektes oder einer
Undichtigkeit Wasser ausgetreten. Dies sei von dem Zeugen G. entdeckt und beseitigt
worden." (vgl. dazu Seite 5 der Berufungsbegründung vom 25.10.1997 = Bl. 140 d.A.)
und hat ihren Sachvortrag durch Zeugnis des Herrn G. G. unter Beweis gestellt.
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Dieser Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren reicht zunächst im vorliegenden
Verfahren bereits nicht zu einer konkreten schlüssigen Darlegung des behaupteten
Schadensfalles aus. Die Klägerin hat nämlich in keiner Weise näher substantiiert, aus
welchem Rohr in dem Nebenraum das Wasser ausgetreten sein soll. Dies wäre im
vorliegenden Verfahren bereits deshalb erforderlich gewesen, weil die Beklagte konkret
unter Bezugnahme auf die Feststellungen des von ihr vorprozessual eingeschalteten
Sachverständigen L. (vgl. dazu das Gutachten L. vom 10.7.1996 = Bl. 199 - 206 d.A.)
vorgetragen hat, in dem fraglichen Nebenraum seien bei der gemeinsamen
Besichtigung des Sachverständigen L. mit dem Ehemann der Klägerin, einer
Mitarbeiterin der Klägerin, eines Vertreters der Vermieterin der Klägerin und eines
Mitarbeiters der Beklagten am 26.6.1996 keinerlei Hinweise auf eine Reparaturstelle an
einem über Putz verlegten Wasserrohr erkennbar gewesen. Diesem Vortrag der
Beklagten, der durch entsprechende Angaben in dem Gutachten L., vor allem aber
durch die entsprechenden Angaben auf Seite 10 des Regulierungsprotokolls (Bl. 195
d.A.), das von der seitens der Klägerin als vertretungsbefugt bezeichneten Mitarbeiterin
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Lemacher unterschrieben wurde, belegt wird, ist die Klägerin nicht ausdrücklich
entgegengetreten. Zudem hatte die Klägerin der Beklagten und dem Sachverständigen
L. zugesagt, den Zeugen G. erneut und detailliert nach der angeblichen Reparatur zu
befragen. Auch dies ist seitens der Klägerin nicht geschehen.
Konkretere Angaben der Klägerin zu der Schadensursache und der angeblichen
Reparatur sind auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin sich keine näheren
Informationen beschaffen konnte. Zum einen hat die Klägerin nicht hinreichend
dargelegt, welche Bemühungen sie tatsächlich unternommen hat, um sich weitere
Informationen von dem Zeugen G. zu beschaffen. Zum anderen steht der Klägerin nach
ihrem eigenen Sachvortrag sowohl in erster Instanz als auch um Berufungsverfahren ein
weiterer Zeuge zur Verfügung, der den angeblichen Wasseraustritt aus einem
Leitungsrohr des Nebenraumes beobachtet haben soll. Die Klägerin hat nämlich
vorgetragen, der mit der Schätzung des Wertes der Teppiche und des Umfangs und der
Intensität der Beschädigungen seitens der Klägerin, aber im Auftrag der Beklagten
eingeschaltete Sachverständige Kh. habe am 30.5.1996, dem Tag der Begutachtung
der beschädigten Teppiche, die defekte Wasserleitung gesehen. (vgl. Klageschrift Bl. 6
d.A. sowie Seite 5 der Berufungsbegründung = Bl. 141 d.A.). Wenn der Klägerin aber -
ihrem eigenen Vortrag nach - ein weiterer Zeuge für die Beobachtung der von ihr
behaupteten Schadensursache zur Verfügung steht, kann sie sich zur Entschuldigung
ihres unsubstantiierten Sachvortrags nicht auf mangelnde Information seitens des
Zeugen G. berufen.
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Eine Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen G. und/oder Kh. im
Berufungsverfahren vor dem Senat kam nach alledem nicht in Betracht, da es sich
angesichts der oben geschilderten Umstände um eine prozessual unzulässigen
Ausforschungsbeweis handeln würde.
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Darüberhinaus scheidet die Durchführung einer Beweisaufnahme über die Behauptung
der Klägerin auch deshalb aus, weil ihr Sachvortrag im Berufungsverfahren
widersprüchlich und damit unbeachtlich ist.
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Der Sachvortrag der Klägerin im Berufungsverfahren widerspricht ihrem Sachvortrag in
erster Instanz und ihren vorprozessualen Angaben , wie sie sich aufgrund der seitens
der Klägerin selbst vorgelegten schriftlichen Unterlagen ergeben, ohne, daß die
Klägerin diese offensichtlichen Widersprüche nachvollziehbar erläutert hätte.
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Widersprüche im Sachvortrag der Klägerin ergeben sich z.B. daraus, daß ausweislich
des seitens der Klägerin bzw. teilweise eines von ihr bevollmächtigten Vertreters
unterzeichneten Regulierungsprotokolls dieses bis einschließlich des Protokolls über
das zweite Regulierungs-gespräch vom 21.6.1996 in den Geschäftsräumen der Klägerin
keinerlei Beschreibung der Ursache des behaupteten Wasserschadens durch eine
defekte Leitung im Nebenraum enthält. Dies fällt um so mehr auf, als gerade am
21.6.1996 der Sachverständige und Zeuge Kh. anwesend war, der auch als Übersetzer
fungierte. Wenn nun in diesem von dem Zeugen Kh. übersetzten Protokoll die
Schadensursache als offen und dringend klärungsbedürftig beschrieben wird, ist dies
völlig unverständlich, wenn doch der anwesende Sachverständige Kh. nach der
Behauptung der Klägerin die Schadensursache hätte benennen und bezeugen können.
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Ein weiterer Widerspruch im Vortrag der Klägerin ergibt sich aus den Angaben zu dem
angeblich defekten und durch "Frosteinwirkung" geplatzten und ausgelaufenen 200 -l
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Boiler im 1. Obergeschoß. Während sie im Berufungsverfahren diesen Defekt als
vorhanden, aber nicht ursächlich für den Nässeschaden in ihrem Ladenlokal schildert,
hat sie sowohl erstinstanzlich (vgl. z.B. SS v. 9.12.96, Seite 3 = Bl. 25 d.A.) al auch
vorprozessual - wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zu Recht ausgeführt
hat - den Boiler mit als Schadensursache angegeben. Dies wiederum widerspricht den
im Regulierungsprotokoll festgehaltenen Feststellungen der Parteien unmittelbar nach
dem Eintritt des Nässeschadens. Spätestens am 26.6.1996 bestand zwischen den
Parteien ausweislich dieser Urkunde (vgl. Bl. 195 d.A.) Einigkeit, daß der Boiler im 1.
Obergeschoß, der zuvor von dem Zeugen G. telefonisch gegenüber einem Mitarbeiter
der Beklagten als Ursache genannt worden war, den Schaden nicht verursacht haben
konnte.
Durch den Sachvortrag der Klägerin ebenfalls nicht erläutert sind die sich aus den
unterschiedlichen Erklärungen des Zeugen G. ergebenden Widersprüche. So hat der
Zeuge G. am 4.6.1996 nach - so die Klägerin im Berufungsverfahren - der Besichtigung
einschließlich Auffinden der angeblichen Schadstelle an einer Wasserleitung und deren
Reparatur am 3. oder 4.6.1996 der Klägerin eine schriftliche Bescheinigung ausgestellt,
es läge ein Leitungswasserschaden vor (vgl. Anlage K 4 im blauen Anlagehefter "die
Wasserleitung ist defekt und undicht"). Nur einen Tag später schildert er gegenüber dem
Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen Lüderitz, telefonisch, daß der geplatzte Boiler
den Nässeschaden verursacht habe.
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Mit ihrem Sachvortrag nicht in Einklang zu bringen ist schließlich auch das persönliche
Verhalten der Klägerin. So will die Klägerin spätestens am 30.5.1996 zusammen mit
dem Sachverständigen Kh. die defekte Leitung entdeckt haben. Trotzdem hat die
Klägerin zunächst persönlich nichts unternommen, sondern hat sich nur um Kontakt zu
ihrer Vermieterin bemüht, damit diese den Leitungsdefekt beseitigen solle. Ein
derartiges Verhalten ist bei einer Geschäftsfrau, die ein starkes Interesse daran haben
muß, weitere Schäden in bezug auf ihre Ware abzuwenden, nicht nachvollziehbar.
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Angesichts dieser aufgezeigten und seitens der Klägerin nicht bzw. nicht hinreichend
erläuterten Widersprüche, kann auch der zweitinstanzliche Sachvortrag der Klägerin zu
der angeblichen Schadensursache nicht als schlüssig angesehen werden.
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Die Berufung der Klägerin war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für die Klägerin :
21
40.000,-- DM
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