Urteil des OLG Köln vom 16.01.1991

OLG Köln (abrechnung, grunddienstbarkeit, zpo, verhältnis, vereinbarung, inhalt, widerklage, grundstück, eigentümer, stillschweigend)

Oberlandesgericht Köln, 2 U 26/90
Datum:
16.01.1991
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2, Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 U 26/90
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 18 O 217/89
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des
Landgerichts Bonn vom 19. Dezember 1989 (18 O 217/89) wird auf
seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Urteilsbeschwer übersteigt 40.000,- DM nicht.
Tatbestand
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Die Klägerin ist Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit ca. 100
Eigentümern. Der Beklagte ist Eigentümer des Nachbargrundstücks mit ca. 30
Wohnungen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft verfügt über eine Heizanlage, die
auch das Grundstück des Beklagten beliefert. Zur Sicherung der Heizungsversorgung
wurde auf dem Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft eine
Grunddienstbarkeit eingetragen. In der Eintragungsbewilligung heißt es unter anderem
"...die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung sowie der
Wärmeenergieabgabe und den Betrieb der technischen Einrichtungen, die dem
herrschenden und dem dienenden Grundbesitz gemeinschaftlich dienen, werden nach
dem Verhältnis der Quadratmeter-Wohnfläche des dienenden Grundbesitzes sowie des
herrschenden Grundbesitzes aufgeteilt. Hierzu gehören insbesondere die Kosten der
Brennstoffe und ihrer Lieferung,... über die Kosten wird jährlich abgerechnet, über alle
anderen Kosten wird nach Vorlage der Rechnung abgerechnet. Abrechnungszeitraum
ist das Wirtschaftsjahr der Wohnungseigentümer des dienenden Grundbesitzes..."
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Seit dem Wirtschaftsjahr 1984 werden die Heizkosten entgegen dieser Regelung nach
Anbringung von Verdunstungsröhrchen verbrauchsabhängig zwischen den Parteien
abgerechnet. Die Parteien streiten über die maßgebende Abrechnungsweise.
Außerdem streiten die Parteien über die Verpflichtung zu Abschlagszahlungen, die
unstreitig über Jahre hinweg erfolgt sind.
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Die Klägerin hat behauptet, man habe sich nach Inkrafttreten der Heizkostenverordnung
auf eine verbrauchsabhängige Abrechnung geeinigt. Jedenfalls habe der Beklagte
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dieser Verfahrensweise zugestimmt.
Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 34.750,03 DM nebst 4% Zinsen seit dem
04.09.1989 zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen und, widerklagend, festzustellen, daß der Beklagte nicht
verpflichtet ist, an die Klägerin ab 30.06.1989 monatliche Abschlagszahlungen für die
Lieferung von Heizenergie und Kaltwasser zu leisten.
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Die Klägerin hat beantragt
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die Widerklage abzuweisen.
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Der Beklagte hat das Vorbringen zur einverständlichen Änderung der maßgebenden
Abrechnungsweise bestritten und die Auffassung vertreten, es komme allein auf den
Inhalt der Grunddienstbarkeit an.
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Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten
Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
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Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seine erstinstanzlichen Anträge weiter.
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Im übrigen wird von einer Darstellung des Sach- und Streitstandes gem. § 543 Abs. 1
ZPO abgesehen.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Zahlungsanspruch der Klägerin für die
gelieferte Energie ergibt sich aus § 433 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Vereinbarung
der Parteien über die verbrauchsabhängige Abrechnung ab dem Jahre 1984. Dem steht
nicht entgegen, daß die Abrechnung in der Grunddienstbarkeit geregelt ist. Es bestehen
schon Bedenken dagegen, ob die im Grundbuch eingetragene Regelung wirksam Inhalt
einer Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB werden konnte. § 1018 BGB läßt an sich
positives Tun des Verpflichteten als Inhalt der Grunddienstbarkeit nicht zu (vgl. nur MK-
Falckenberg, 2. Aufl., § 1018 BGB Rdnr. 41). Die Wärmelieferung durch die Klägerin hat
auch nicht nur akzessorischen Charakter gegenüber einer einem anderen
Dienstbarkeitsinhalt. Es handelt sich auch nicht um eine Unterlassungsdienstbarkeit auf
dem Grundstück der Beklagten, von anderer Seite keine Energie zu beziehen, was zum
Gegenstand einer Grunddienstbarkeit gemacht werden könnte. Dem dinglichen Recht
liegt jedoch ein schuldrechtlicher Bestellungsvertrag zugrunde, über dessen Geltung
sich die Parteien im Verhältnis zueinander jedenfalls stillschweigend geeinigt haben.
Diesen schuldrechtlichen Bestellungsvertrag haben die Parteien wirksam dahin
abgeändert, daß ab 1984 nicht mehr der in der Grunddienstbarkeit vorgesehene
Quadratmeter Maßstab, sondern ein Verbrauchsmaßstab nach dem Ergebnis der
Verbrauchsmessung für die Abrechnung untereinander maßgebend sein sollte. Der
Zeuge xxx, der von 1981 bis 1987 Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft
war, hat bekundet, daß er nach dem Inkrafttreten der Heizkostenverordnung im Jahre
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1984 mit der damals für den Beklagten tätigen Fa. xxx Kontakt aufgenommen hat, um
einen neuen Verteilungsmaßstab zu finden. Nach seiner Aussage hat man sich in
diesen Gesprächen darauf geeinigt, die Kosten zu 100% nach Verbrauch abzurechnen.
Diese Änderung der vertraglichen Vereinbarung muß der Beklagte gegen sich gelten
lassen. Es kann dahinstehen, ob die Fa. xxx seinerzeit von Beklagten bevollmächtigt
war, auch derartige Vertragsänderungen herbeizuführen, die über die Regelung der
laufenden Geschäfte, die mit dem Einkauf der Brennstoffe zusammenhängen
hinausging. Jedenfalls ist nach der Aussage des Zeugen xxx, an deren Richtigkeit zu
zweifeln der Senat keinen Anlaß hat, ein neuer Abrechnungsmaßstab eingeführt
worden. Die diesem neuen Maßstab entsprechenden Abrechnungen sind in der
Folgezeit auch an den Beklagten weitergeleitet worden. Dies ergibt sich aus der
Aussage der Zeugin xxx, die bekundet hat, daß sie die Abrechnung für 1984 an den
Beklagten weitergeleitet hat. Durch die Zahlung der nach dem neuen
Abrechnungsmodus errechneten Beträge hat sich der Beklagte, der somit Kenntnis von
dem neuen Abrechnungsmodus erlangt hat, damit stillschweigend einverstanden erklärt.
Angesichts dieser Einigung der Parteien auf eine zu 100% verbrauchsabhängige
Abrechnung kommt es nicht darauf an, daß nach § 7 Abs. 1 Heizkostenverordnung
mindestens 50 und höchstens 70% der Heizkosten nach dem Verbrauch abzurechnen
sind. Eine rechtsgeschäftliche Überschreitung der Höchstsätze ist zulässig, wie sich aus
§ 10 der Heizkostenverordnung ergibt. Die Heizkostenverordnung ist auch auf das
"Verhältnis der Parteien untereinander anwendbar, denn nach § 1
Heizkostenverordnung gilt die Verordnung für die Verteilung der Kosten des Betriebs
zentraler Heizungsanlagen durch den Gebäudeeigentümer auf die Nutzer der mit
Wärme versorgten Räume. Die Klägerin ist Gebäudeeigentümerin, die eine zentrale
Heizungsanlage vertreibt. Der Beklagte ist insoweit als "Nutzer" anzusehen, da aus dem
Gesetz nicht hervorgeht, daß nur die "Endnutzer" nämlich die einzelnen
Wohnungsmieter, gemeint sind. Es kann keinen Unterschied machen, ob der
Eigentümer des versorgten Grundstücks die Räume selbst nutzt oder ob er sie vermietet.
Die Heizkostenverordnung ist nicht auf die Abrechnung innerhalb ein und desselben
Grundstücks beschränkt, sondern betrifft auch sog. Blockheizwerke (vgl.
Schade/Schubert/Wienecke, Wohn- und Mietrecht (1990), § 1 Heizkostenverordnung
Anm. 2)).
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Da die Beklagte gegen die Richtigkeit der somit zu 100% nach dem
Verbrauchsmaßstab vorgelegten Abrechnung nichts Erhebliches vorgetragen hat, hat
das Landgericht der Klage mit Recht in vollem Umfang stattgegeben.
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Die Widerklage hat das Landgericht zu Recht als unbegründet angesehen. Aus der
Regelung in der Grunddienstbarkeit bzw. dem ihr zugrundeliegenden schuldrechtlichen
Bestellungsvertrag ergibt sich nicht, daß keine Abschlagszahlungen verlangt werden
können. Abschlagszahlungen sind keine "Abrechnung" im Sinne dieser Regelung.
Jedenfalls ist auch insoweit eine stillschweigende Vereinbarung der Parteien darüber
zustandegekommen, daß Abschlagszahlungen zu leisten sind, denn die Beklagte hat
jahrelang Abschlagszahlungen geleistet und damit ihr Einverständnis mit dieser
Regelung, die im übrigen auch der AVB Fernwärme und Wasser entspricht, zum
Ausdruck gebracht.
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Die Berufung war daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO; die
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Entscheidung über die Festsetzung des Wertes der Beschwer auf § 546 Abs. 2 ZPO.
Ein Anlaß, die Revision zuzulassen, bestand nicht.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 38.710,03 DM (34.750,03 + 3.960,- DM).
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