Urteil des OLG Köln vom 02.02.2010

OLG Köln (vvg, diskothek, handel, zpo, fahrzeug, wagen, kennzeichen, leistung, wochenende, verwendung)

Oberlandesgericht Köln, 9 U 133/09
Datum:
02.02.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 U 133/09
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 10 O 188/09
Tenor:
1. Der Senat beabsichtigt, nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Berufung
der Klägerin zurückzuweisen.
2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.
Gründe:
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I. Die Berufung der Klägerin hat nach derzeitiger Sach- und Rechtslage keine Aussicht
auf Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.
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1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aufgrund der abgeschlossenen
Kraftfahrtversicherung Kfz-Handel und – Handwerk hinsichtlich des Q. mit dem roten
Kennzeichen TV – 00000 ein Entschädigungsanspruch wegen eines Teilediebstahls
vom 23.08.2008 gemäß § 12 Abs. 1 I b) AKB nicht zu.
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2. Die Beklagte ist wegen des Verstoßes gegen die Verwendungsklausel nach den §§ 2
c Abs. 1 a) AKB, 6 Abs. 1 VVG a. F. leistungsfrei.
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a) Das Fahrzeug Q. war mit dem roten Kennzeichen TV – 00000 versehen und nach § 2
Nr. 1 c) der Sonderbedingungen zur Kraftfahrtversicherung für Kraftfahrzeug-Handel und
- Handwerk in Verbindung mit dem von der Klägerin abgeschlossenen
Versicherungsvertrag (Anlagenheft) versichert. Danach sind je nach Inhalt des
abgeschlossenen Versicherungsvertrages eigene und fremde Fahrzeuge mit rotem
Versicherungskennzeichen nach § 28 FZV versichert.
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Nach dieser Vorschrift dürfen Fahrten im Sinne von § 16 Abs. FZV mit dem roten
Kennzeichen unternommen werden. § 16 FZV bestimmt, dass diese Fahrzeuge zu
Prüfungs-, Probe – oder Überführungsfahrten in Betrieb gesetzt werden dürfen. Es
besteht kein Versicherungsschutz, wenn das Fahrzeug zu einem anderen als den im
Versicherungsantrag angegebenen Zweck verwendet wird, § 2 c Abs. 1 a) AKB. So liegt
es hier.
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Das Fahrzeug war nicht für eine Prüfungs-, Probe – oder Überführungsfahrt eingesetzt.
Damit besteht keine Deckung in der Händlerversicherung. Eine Prüfungsfahrt von einem
amtlich anerkannten Sachverständigen oder eine Überführungsfahrt, welche der
Überführung des Fahrzeuges an einen anderen Ort dient, § 2 Nr. 24, 25 FZV, lag
erkennbar nicht vor.
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Eine Probefahrt ist anzunehmen, wenn eine Fahrt unternommen wird mit dem Ziele, die
Leistung und Gebrauchsfähigkeit von Kraftwagen festzustellen, § 2 Nr. 23 FZV (vgl.
Senat, r+s 2000, 189). Das kann von Herstellern, Händlern, Inhabern von Werkstätten
oder auch Kaufinteressenten geschehen (vgl. BGH NJW 1961, 1399; NJW 1974, 1558;
Senat, r+s 2000, 189; SP 2003, 387; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., Kfz-
Handel Rn 2).
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Vorliegend ist der behauptete Versicherungsfall nicht anlässlich einer Probefahrt
eingetreten, sondern bei dem Besuch einer Diskothek und dem Parken des Fahrzeugs
dort. Es handelt sich nicht um eine Fahrt zur Prüfung der Leistung und
Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs, sondern um eine Ausflugsfahrt zum
Wochenendvergnügen (vgl. Senat, r+s 2000, 189). Wie der Zeuge E. K. vor dem
Landgericht bekundet hat, habe man zunächst eine Probefahrt gemacht. Am
Samstagvormittag sei man sozusagen "überall" gewesen, beispielsweise in P.. Man
habe einfach mal mit dem Wagen fahren wollen und sei "übers Land gefahren". Am
Samstagabend habe man die Kinder abgegeben und der Zeuge und seine Ehefrau
seien dann zum "Steffi" nach U. gefahren. Man habe den Wagen zwischen 10.00 und
11.00 Uhr (abends) dort abgestellt und sei nachts um 3.00 Uhr wieder rausgekommen.
Die Zeugin K. hat diese Angaben bestätigt.
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Auch wenn man annimmt, dass der Wagen erst am Sonntagabend zurückgegeben
werden sollte, handelt es sich bei der Fahrt zur Diskothek nicht um eine Probefahrt. Für
die Fahrt zum "Steffi" hätte zudem der C. zur Verfügung gestanden. Im Vordergrund
stand nicht das Ausprobieren des Wagens, sondern die Fahrt zur Diskothek, die nicht
der Feststellung der Leistung und Gebrauchsfähigkeit des Q. diente. Anlässlich des
Aufenthalts in der Diskothek ist auch der behauptete Teilediebstahl entstanden.
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b) Einer Kündigung des Versicherungsvertrages bedurfte es nicht, weil nicht die
Versicherungsnehmerin die maßgebliche Obliegenheitsverletzung begangen hat,
sondern der mitversicherte Fahrer durch missbräuchliche Verwendung des roten
Kennzeichens (vgl. Prölls, a.a.O., § 6 VVG Rn 110).
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c) Auf das Vorliegen der Voraussetzung nach § 2 c Abs. 1 f) AKB kommt es bei der
Obliegenheitsverletzung nach a) nicht an. Im übrigen war der Klägerin als
Versicherungsnehmerin klar, dass der Q. nicht nur zu einer Probefahrt verwendet
werden sollte, sondern zu einer Vergnügungstour. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung
vor dem Landgericht selbst angegeben, dass sie ihrem Neffen den Q. über das
Wochenende gegeben habe, damit "die beiden mal was unternehmen konnten". Aus
diesem Grund habe sie auch für das Wochenende die Kinder gehabt (Bl. 59 GA).
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Danach besteht Leistungsfreiheit nach den §§ 6 Abs. 1 VVG a.F., 2 c) Abs. 1 a) AKB
wegen missbräuchlicher Verwendung des roten Kennzeichens (vgl. Senat, a.a.O.;
Knappmann, aaO., Kfz-Handel Rn 2 mit weiteren Nachweisen).
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3. Ob die Voraussetzungen der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung einer
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Teileentwendung geben sind (vgl. BGH VersR 1990, 736; VersR 1998, 488) und der
Senat insoweit an die Feststellungen des Landgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
gebunden ist – ein Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 314 ZPO ist nicht gestellt –
konnte offen bleiben.
II. Die Voraussetzungen des § 522 Abs.2 Satz 1 Nr.2 und 3 ZPO liegen vor. Die
Bedeutung der Sache geht nicht über den Einzelfall mit seinen Besonderheiten hinaus.
Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts auf Grund mündlicher
Verhandlung nicht.
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Der Senat weist vorsorglich auf die bei förmlicher Entscheidung nach § 522 Abs. 2 dem
Rechtsmittelführer verlorengehende Möglichkeit kostensparender Rücknahme gemäß
Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG hin.
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Köln, den 02.02.2010
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9. Zivilsenat
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