Urteil des OLG Köln vom 03.08.2001

OLG Köln: gefahr, abtretung, rechtsnorm, tatsachenfeststellung, lieferung, offenkundig, anwendungsbereich, auflage, beschwerdeschrift, verordnung

Oberlandesgericht Köln, 2 W 136/01
Datum:
03.08.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 W 136/01
Vorinstanz:
Landgericht Arnsberg, 6 T 316/01
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners vom 28. Juni 2001
gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg
vom 22. Juni 2001 - 6 T 316/01 - wird nicht zugelassen und als
unzulässig verworfen. Die Kosten des Verfahrens der weiteren
Beschwerde hat der Schuldner zu tragen.
G r ü n d e
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1.
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Über das Vermögen des Schuldners ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Durch
Beschluss vom 18.5.2001 hat das Amtsgericht Arnsberg - Rechtspfleger - den Antrag
des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt, die das
Landgericht Arnsberg durch Beschluss vom 22.6.2001 zurückgewiesen hat.
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Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, das Amtsgericht
habe zu Recht befunden, dass die vom Schuldner erstrebte Restschuldbefreiung nicht
gewährt werden könne, weil der Schuldner die erforderliche Abtretungserklärung nicht
innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist vorgelegt habe. Da diese Abtretungserklärung
nach der Regelung des § 287 Abs. 2 InsO dem Antrag auf Restschuldbefreiung
"beizufügen" sei, müsse auch sie innerhalb der in § 287 Abs. 2 InsO bezeichneten Frist,
also spätestens bis zum Ende des - gemäss § 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO in dem
Eröffnungsbeschluss bestimmten - Berichtstermins (§ 156 InsO) vorgelegt werden.
Vorliegend habe der Schuldner die Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO nicht
bis zu dem am 19.10.2000 durchgeführten Berichtstermin, sondern erst als Anlage zum
Schriftsatz vom 05.03.2001 eingereicht, nachdem das Amtsgericht - Rechtspfleger - am
21.02.2001 auf die fehlende Abtretungserklärung und deren Folge hingewiesen habe.
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Dass das Amtsgericht den Schuldner vor dem Berichtstermin nicht darauf hingewiesen
habe, dass sein Antrag auf Restschuldbefreiung mangels Vorlage der
Abtretungserklärung gemäss § 287 Abs. 2 InsO unvollständig und damit unzulässig
gewesen sei, stehe der Zurückweisung des Antrags auf Restschuldbefreiung nicht
entgegen. Darauf, weshalb die rechtzeitige Antragstellung oder die fristgerechte Vorlage
der nach § 287 Abs. 2 InsO dem Antrag beizufügenden Abtretungserklärung
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unterblieben sei, komme es nach dieser Vorschrift nicht an.
Eine andere Beurteilung möge zwar dann geboten sein, wenn das Verfahren des
Insolvenzgerichts gegen Art. 103 Absatz 1 GG verstoße. Das sei indessen nicht der Fall
gewesen. Das Amtsgericht habe den Anspruch des Schuldners auf Gewährung
rechtlichen Gehörs nicht verletzt. Sowohl dem Schuldner als auch seiner
Verfahrensbevollmächtigten sei der Eröffnungsbeschluss und die Ladung zu dem
Berichtstermin ordnungsgemäß zugestellt worden. Beide hätten daher die Gelegenheit
gehabt, ihn wahrzunehmen. Dass ein Hinweis schriftlich erteilt werden müsse, schreibe
§ 139 ZPO, der über § 4 InsO Anwendung finde, nicht vor. Vielmehr könne dann, wenn
ein gerichtlicher Termin stattfinde, die Erteilung eines für erforderlich erachteten
Hinweises auch dem Termin vorbehalten bleiben. Dies gelte auch für den Hinweis auf
Mängel des Antrags auf Restschuldbefreiung. Ein solcher Hinweis sei hier indes
deshalb nicht in Betracht gekommen, weil weder der Schuldner noch seine damalige
Verfahrensbevollmächtigte an dem ihnen ordnungsgemäß und rechtzeitig bekannt
gegebenen Berichtstermin teilgenommen hätten.
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Gegen diesen ihm am 28.6.2001 zugestellten Beschluss hat der Schuldner mit am
29.6.2001 eingegangenem Schriftsatz vom 28.6.2001 sofortige weitere Beschwerde
eingelegt.
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Er beantragt,
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1. den Beschluss des Landgerichts aufzuheben und die
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Restschuldbefreiung anzukündigen.
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1. die Kosten des Verfahrens der Staatskasse
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aufzuerlegen.
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Zur Begründung seines Rechtsmittels führt der Schuldner u.a. aus, das Landgericht
habe verkannt, dass der Hinweis zu spät erfolgt sei, da er nach der Vorschrift des § 305
Abs. 3 i.V.m. §§ 305 Abs. 2 Nr. 2, 287 Abs. 2 Ins0 "mit der Monierung der Adressen und
des Schuldenbereinigungsplanes" hätte erfolgen müssen. Nachdem im Hinweis vom
22.10.1999 kein Hinweis darauf erfolgt sei, dass der Antrag gem. § 287 Ins0 nicht
vollständig sei, habe er davon ausgehen können, dass der formale Akt der
Abtretungserklärung ordnungsgemäß erfolgt sei. Da die Abtretung gefehlt habe, so der
Schuldner weiter, hätte das Verfahren nicht eröffnet werden dürfen, sondern eingestellt
werden müssen. Aufgrund des weiteren Verfahrens, als bis zum Hinweis des
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Rechtspflegers vom Februar 2001 das Verfahren eindeutig im Hinblick auf die
angestrebte Restschuldbefreiung fortgeführt worden sei, sei hier "der Fall des Art. 103
Abs. 1 GG gegeben".
Hinsichtlich der Kostenentscheidung sei festzustellen, dass das Verfahren lediglich
"wegen einer Amtspflichtverletzung der Richterin gem. § 839 BGB i.V. Art 34 GG in
diesen Stand versetzt wurde, weil der Hinweis auf die fehlende Abtretung fehlte".
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Weiter heißt es in der Beschwerdeschrift vom 28. Juni 2001, "Hinsichtlich der
Beschwerdesumme" werde "ebenfalls die weitere Beschwerde weiterverfolgt". Ziel des
Schuldners sei die Ankündigung der Restschuldbefreiung. Der Beschwerdewert sei hier
gem. § 77 Abs. 3 BRAGO i.V.m. § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO zu bestimmen. Somit sei sein
Interesse mit den in Frage stehenden restlichen Schulden zu berechnen.
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Das Oberlandesgericht Köln ist gemäß § 7 Abs. 3 InsO in Verbindung mit § 1 der
Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Zusammenfassung der
Entscheidungen über die weiteren Beschwerden in Insolvenzsachen vom 6. November
1998 (GVBl. 1998, 550; abgedruckt auch in NZI 1999, 66) zur Entscheidung über das
Rechtsmittel des Schuldners gegen den Beschluss des Landgerichts Arnsberg vom 22.
Juni 2001 berufen.
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Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners ist form- und fristgerecht eingereicht
worden (§§ 4, 7 InsO, 569, 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO). § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist im
Verfahren gemäß § 7 InsO nicht anzuwenden (vgl. BGH NZI 2000, 260; BayObLG NZI
1999, 451; Senat, NJW 2000, 223 = NZI 1999, 494 = ZIP 1999, 1929 [1930]; Senat, NZI
2000, 367 [368] = ZInsO 2000, 334 = ZIP 2000, 1628 [1629]; OLG Braunschweig, NZI
2000, 321; OLG Celle, ZIP 2000, 1675 [1676]; OLG Schleswig, NZI 2000, 165; HK-
Kirchhof, InsO, 2. Auflage, § 7 Rdn. 9).
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4.
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Der Senat lässt das Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde nicht zu. Es ist
daher als unzulässig zu verwerfen.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der weiteren Beschwerde gemäß § 7 Abs. 1
Satz 1 InsO sind nicht erfüllt.
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Die sofortige weitere Beschwerde ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO nur zuzulassen, wenn
diese darauf gestützt wird, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes
beruht und die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung geboten ist. Diese beiden Voraussetzungen müssen dabei
nebeneinander (kumulativ) gegeben sein (Senat, Beschluss vom 5. Januar 2001, 2 W
228/00; OLG Dresden, NZI 2000, 436). Vorliegend ist jedenfalls die letztgenannte
Voraussetzung nicht erfüllt.
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Die Nachprüfung der Beschwerdeentscheidung ist zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung dann geboten, wenn die ernsthafte Gefahr voneinander divergierender
insolvenzrecht-licher Entscheidungen besteht. Dies kann im Anwendungsbereich des
neuen Insolvenzrechts auch ohne eine bereits vorliegende obergerichtliche
Rechtsprechung der Fall sein, wenn abweichende Entscheidungen von Land- und
Amtsgerichten oder ernst zu nehmende Ansichten im Schrifttum zu bedeutsamen
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Rechtsfragen der Insolvenzordnung die Notwendigkeit einer einheitlichen Ausrichtung
begründen. Bloße Subsumtionsfehler des Landgerichts bei der Anwendung einer - an
sich zweifelsfreien und unumstrittenen - Rechtsnorm oder eine fehlerhafte
Tatsachenfeststellung im konkreten Einzelfall begründen dagegen keine generelle,
durch das Oberlandesgericht zu korrigierende Divergenz-Gefahr (Senat, NZI 2000, 224
[225]; Senat, Rpfleger 2000, 293 [294]; Senat Beschluss vom 3. März 2000, 2 W 31/00;
Senat, Beschluss vom 3. April 2000, 2 W 69/00; Senat, Beschluss vom 6. September
2000, 2 W 184/00; Senat, Beschluss vom 5. Januar 2001, 2 W 228/00; OLG Naumburg,
Beschluß vom 31.03.2000, 5 W 25/00; OLG Zweibrücken, ZInsO 2000, 398; OLG
Zweibrücken, NZI 2000, 271 [272]; HK-Kirchhof, a.a.O., § 7 Rdnr. 23 f.; Kübler/Prütting,
InsO, Stand 7. Lieferung 2000, § 7 Rdnr. 3 ff.; Becker in Nerlich/Römermann, InsO, § 7
Rdnr. 19 ff.; Hoffmann, NZI 1999, 425 [430]).
Im vorliegenden Fall bedarf die angefochtene Beschwerdeentscheidung des
Landgerichts Arnsberg vom 22. Juni 2001 keiner inhaltlichen Überprüfung zur
Sicherung einer einheitlichen insolvenzrechtlichen Rechtsprechung. Der Senat hat sich
bereits in dem in der Beschwerdebegründung des Schuldners zitierten Beschluss vom
4.10.2000 - 2 W 198/00 - (abgedr. in RPfl 2001, 41 ff.) zu allen vom Schuldner hier
aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit den Folgen des Fehlens einer
Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO bzw. der Versäumung der in § 287 Abs. 1
InsO bezeichneten Frist eingehend geäußert. Mit dieser auch vom Landgericht
ausdrücklich in Bezug genommenen Rechtsprechung des Senats steht die rechtliche
Würdigung des Sachverhalts in dem angefochtenen Beschluss in Einklang. Der
vorliegende Fall gibt auch keine Veranlassung zu einer ergänzenden Stellungnahme
des Senats. Der Beschwerdeführer selbst beanstandet nicht den - vom Senat geteilten -
rechtlichen Ansatz des Landgerichts. Er richtet seine Einwendungen der weiteren
Beschwerde vielmehr gegen die tatrichterliche Würdigung des konkreten Sachverhalts
im Einzelfall und meint, das Landgericht habe die Rechtsprechung des Senats zu
Unrecht bzw. unzutreffend auf den hier zugrunde liegenden Sachverhalt angewendet.
Diese allein den Einzelfall betreffenden (Verfahrens-)Rügen rechtfertigen die Zulassung
der Rechtsbeschwerde nicht.
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Die weitere Beschwerde des Schuldners muss daher mit der Kostenfolge aus §§ 4 InsO,
97 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen werden.
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5.
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Soweit es in der Rechtsmittelschrift vom 28. Juni 2001 heißt, "hinsichtlich der
Beschwerdesumme" werde "ebenfalls die weitere Beschwerde weiterverfolgt", betrifft
dies ersichtlich die Wertfestsetzung im Beschluss des Landgerichts vom 22. Juni 2001,
da die Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts keine Wertfestsetzung enthält. Wie sich
aus der näheren Begründung ergibt, wird insoweit das Ziel einer Heraufsetzung des
vom Landgericht mit 5.000,-- DM angegebenen Beschwerdewertes verfolgt. Da der
Schuldner selbst kein Interesse an einer Heraufsetzung des Beschwerdewertes haben
kann, handelt es sich insoweit offenkundig um eine Streitwertbeschwerde seines
anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten. Hierüber ist derzeit noch nicht zu
entscheiden. Das Landgericht wird zunächst über die Abhilfe zu entscheiden haben.
Bereits jetzt wird zur Zulässigkeit einer weiteren Beschwerde auf die
Senatsentscheidung NZI 2001, S. 91 hingewiesen.
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Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 5.000,- DM (geschätzt, wie
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Vorinstanz)