Urteil des OLG Köln vom 21.11.2001

OLG Köln: treu und glauben, widerruf, ex tunc, pfandrecht, sparkasse, aufrechnung, rückbürgschaft, auszahlung, agb, abtretung

Oberlandesgericht Köln, 13 U 137/01
Datum:
21.11.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 137/01
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 15 O 60/01
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 29.05.2001 verkündete Urteil
der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 15 O 60/01 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem
Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten
bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Hinterlegung oder
Sicherheitsleistung in Höhe von 90.000,00 DM abzuwenden, soweit
nicht die Klägerin vor der Vollstreckung ihrerseits in der selben Höhe
Sicherheit leistet. Beide Parteien können Sicherheit auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Groß-bank, öffentlich
rechtlichen Sparkasse, Volks-, Raiffeisen- oder Ge-nossenschaftsbank
erbringen.
T a t b e s t a n d:
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Die Klägerin nimmt nach einer Zahlung als Bürgin den Beklagten als Rückbürgen in
Anspruch.
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Die J.-W.-S. GmbH & Co. KG Druckerei und Papierverarbeitungswerk leaste mit
Verträgen vom 11.06.1993, 23.11.1995 und 30.04.1996 (Bl. 7 ff. GA) von der
Leasinggesellschaft der Sparkasse GmbH (im folgenden: LGS) mehrere Maschinen zur
Papierverarbeitung, für die monatliche Leasingraten von insgesamt 66.577,81 DM zu
zahlen waren. Mit schriftlicher Erklärung vom 30.12.1986 (Bl. 11 GA) hatte die Klägerin
generell die selbstschuldnerische Bürgschaft für Ansprüche der LGS aus im Rahmen
des LGS-Verbundvertrages vom 20.01./06.02.1984 zustande gekommenen
Mietverträgen übernommen. Durch im wesentlichen gleichlautende dreiseitige Verträge
vom 05.02./19.03.1997 (Bl. 106 ff. GA) wurde sodann zwischen der KG, der LGS und der
J.-W.-S. GmbH Druck + Papierverarbeitung vereinbart, dass die Leasingverträge durch
die GmbH als Leasingnehmerin übernommen werden sollten, die damit fortan
Hauptschuldnerin war. Gleichzeitig ermächtigte die GmbH die LGS, die fälligen
Leasingraten von ihrem bei der Klägerin geführten Geschäftskonto im
Lastschriftverfahren einzuziehen. In auf den selben Urkunden enthaltenen
Zusatzerklärungen bestätigte die Klägerin unter dem 26.02.1997, dass die von ihr
übernommene Bürgschaft für die Verpflichtungen aus den Leasingverträgen ab dem
Zeitpunkt der Vertragsübernahme auch für den Nachfolger entsprechend gelte.
3
Bereits durch schriftliche Erklärung vom 05.02.1997 (Bl. 12 GA) hatte der Beklagte, der
frühere persönlich haftende Gesellschafter der KG, gegenüber der Klägerin die
selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einem Betrag von 3.191.000,00 DM für alle
Forderungen der Klägerin gegen die J.-W.-S. GmbH "aus Leasingverträgen Nr. .... mit
der LGS" übernommen. Wegen weiterer Einzelheiten der Urkunde wird auf deren Inhalt
Bezug genommen.
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Am 29.09.1999 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Bonn - 99 IN 125/99 - (Bl. 13 f.
GA) in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der J.-W.-S. GmbH Druck +
Papierverarbeitung Herr Rechtsanwalt L.aus B. zum vorläufigen Insolvenzverwalter
bestellt. Des weiteren wurde in diesem Beschluss angeordnet:
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"Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens sind nur noch mit
Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO).
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8
Der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht allgemeiner Vertreter der Schuldnerin. Er
hat die Aufgabe, durch Überwachung der Schuldnerin deren Vermögen zu sichern
und zu erhalten. Er wird ermächtigt, mit rechtlicher Wirkung für die Schuldnerin zu
handeln, ist jedoch, unbeschadet der Wirksamkeit der Handlung, verpflichtet, diese
Befugnis nur wahrzunehmen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgabe schon vor der
Verfahrenseröffnung dringend erforderlich ist."
9
Durch Telefaxschreiben vom 30.09.1999 (Bl. 16 GA) widerrief der vorläufige
Insolvenzverwalter gegenüber der Klägerin unter Vorlage des vorgenannten
Beschlusses des Amtsgerichts Bonn vom 29.09.1999 sämtliche Lastschriften der letzten
6 Wochen. Hierauf buchte die Klägerin u. a. die Lastschrift der Leasingrate für den
Monat September 1999 in Höhe von 66.577,81 DM zurück. Da im weiteren Verlauf eine
Zahlung dieser Leasingraten nicht erfolgte, nahm die LGS die Klägerin aus der
Bürgschaft in Höhe von 66.577,81 DM zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 550,27 DM in
Anspruch.
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Durch Beschluss vom 01.12.1999 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen
der Hauptschuldnerin eröffnet.
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Mit der Klage verlangt die Klägerin den von ihr an die LGS gezahlten Gesamtbetrag von
67.128,08 DM vom Beklagten erstattet auf der Grundlage der von diesem erklärten
Rückbürgschaft vom 05.02.1997.
12
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der vorläufige Insolvenzverwalter habe den
Widerruf der Lastschrift nach dem Beschluss des Amtsgerichts wirksam und für sie
verbindlich erklärt. Einer Beteiligung der Hauptschuldnerin, d. h. einer Zustimmung
deren Geschäftsführers, habe es insoweit nicht bedurft. Eine inhaltliche Prüfungspflicht
habe der Klägerin nicht oblegen. Unbeachtlich sei in diesem Zusammenhang auch, ob
der Insolvenzverwalter gegenüber der LGS zum Widerruf der Lastschrift berechtigt
gewesen sei; denn nach dem Lastschriftabkommen sei der Widerruf in jedem Falle zu
beachten, weshalb die Lastschrift zurückzubuchen gewesen sei.
13
Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 67.128,08 DM nebst 6,64 % Zinsen seit dem
01.11.1999 zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat die Auffassung vertreten, der Widerruf der Lastschrift sei durch den Beschluss des
Amtsgerichts Bonn vom 29.09.1999 nicht gedeckt gewesen. Der vorläufige
Insolvenzverwalter sei nur zur Sicherung und Erhaltung der Masse, nicht aber zu deren
Anreicherung berechtigt gewesen. Dies habe er offenbar selbst so gesehen, wie der von
ihm gefertigte Entwurf einer entsprechenden Einverständniserklärung des
Geschäftsführers der GmbH vom 13.10.1999 (Bl. 34 GA) zeige. Da die Klägerin
gleichwohl die Lastschrift für September 1999 zurückgebucht habe, habe sie insoweit
den Bürgschafts- und Rückbürgschaftsfall treuwidrig herbeigeführt, so dass ihr
entsprechend § 162 BGB eine Inanspruchnahme des Beklagten verwehrt sei.
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Des weiteren könne die Klägerin den Beklagten auch deshalb nicht in Anspruch
nehmen, weil sie mit einem auf sie übergegangenen Regressanspruch gegenüber der
Hauptschuldnerin gegen deren Anspruch auf Auszahlung eines Kontoguthabens in
Höhe von 109.000,00 DM habe aufrechnen können. Im Verhältnis zum Beklagten habe
die Klägerin diesen Weg wählen müssen, zumal sie gewusst habe, dass die GmbH der
LGS die Leasingraten für September 1999 tatsächlich schuldete. Der Beklagte könne
deshalb berechtigterweise die Einrede der Aufrechenbarkeit nach § 770 Abs. 2 BGB
erheben. Soweit er in der Rückbürgschaftserklärung vom 05.02.1997 diesbezüglich
einen Einredeverzicht erklärt habe, sei die entsprechende Klausel gemäß § 9 AGBG
unwirksam.
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Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht den Beklagten antragsgemäß
verurteilt. Es hat den Widerruf der Lastschrift durch den vorläufigen Insolvenzverwalter
aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Bonn vom 29.09.1999 als wirksam und für
die Klägerin verbindlich angesehen und darüber hinaus ausgeführt, die
Inanspruchnahme des Beklagten stelle seitens der Klägerin keine unzulässige
Rechtsausübung dar, weil diese aufgrund des Widerrufs der Lastschrift nach dem
Abkommen der Spitzenverbände der Kreditgewerbes für das Lastschriftenverfahren
(Lastschriftenabkommen) ohne jede eigene Prüfungsmöglichkeit zur Rückbuchung der
Leasingraten für September 1999 verpflichtet gewesen sei. Auf die Einrede der
Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB könne sich der Beklagte nicht berufen, da
diese Einrede im Vertrag wirksam ausgeschlossen worden sei.
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Gegen dieses Urteil, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung
des Beklagten, mit der dieser seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der
Beklagte wiederholt und ergänzt dazu sein erstinstanzliches Vorbringen. Seine (Rück-)
Bürgschaftserklärung vom 05.02.1997 sei unwirksam, weil sie die verbürgte Forderung
nicht genau genug bezeichne und damit die in § 766 BGB vorgeschriebene Schriftform
nicht eingehalten sei. Zum Zeitpunkt 05.02.1997 habe die Klägerin auch noch keine
Bürgschaftserklärung für die J.-W.-S. GmbH abgegeben gehabt. Der Beklagte beruft
sich des weiteren erneut darauf, dass der Widerruf der Lastschriften durch den
vorläufigen Insolvenzverwalter unwirksam gewesen sei, weil durch den Beschluss des
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Amtsgerichts vom 29.09.1999 lediglich ein sog. schwacher vorläufiger
Insolvenzverwalter gemäß § 22 Abs. 2 InsO bestellt worden sei, ohne das dem
Schuldner gleichzeitig ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt worden sei. Der
vorläufige Insolvenzverwalter habe daher nicht ohne Zustimmung der GmbH-
Geschäftsführer handeln können, die mit dem Widerruf der Lastschriften nicht
einverstanden gewesen seien. Die Klägerin habe dies selbständig prüfen müssen und
auch erkennen können. Sie habe zudem gewusst, dass die GmbH der LGS die
Leasingraten für September 1999 tatsächlich schuldete. Der Beklagte beruft sich auch
erneut auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB. Der
entsprechende Verzicht in der Urkunde vom 05.02.1997 sei nach neuerer BGH-
Rechtsprechung unwirksam. Selbst wenn man dies anders sehe, stelle das
Zahlungsverlangen der Klägerin gegenüber dem Beklagten aber jedenfalls eine
unzulässige Rechtsausübung dar, da die Klägerin den Vermögensverfall der GmbH
gekannt habe. Wenn sie sich gleichwohl wegen ihres Regressanspruchs gegenüber der
GmbH nicht durch Aufrechnung gegen den dieser zustehenden Anspruch auf
Auszahlung des Bankguthabens befriedigt habe, sei der Rückgriff gegen ihn als
Rückbürgen treuwidrig. Zusätzlich beruft er sich insoweit auf § 776 BGB, da die Klägerin
das ihr nach § 21 AGB-Sparkassen eingeräumte Pfandrecht aufgegeben habe. Im
übrigen - so wendet der Beklagte schließlich noch ein - könne er allenfalls Zug um Zug
gegen Abtretung des der Klägerin gegenüber der J.-W.-S. GmbH zustehenden
Regressanspruchs zur Zahlung verpflichtet sein. § 774 BGB finde nach einer
Entscheidung des Reichsgerichts auf den Fall der Rückbürgschaft keine Anwendung.
Er macht deshalb insoweit ausdrücklich ein Zurückbehaltungsrecht geltend.
Der Beklagte beantragt,
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1. das Urteil des Landgerichts Bonn vom 29.05.2001 abzuändern und die Klage
abzuweisen,
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1. hilfsweise, dem Beklagten Vollstreckungsschutz gemäß §§ 711, 712 ZPO zu
gewähren und zu gestatten, eine angeordnete Sicherheit auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen
Sparkasse oder Genossenschaftsbank leisten zu dürfen.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die Berufung zurückzuweisen;
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1. der Klägerin und Berufungsbeklagten zu gestatten, Sicherheit auch durch die
Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volks- oder
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Raiffeisenbank zu leisten.
Mit Rücksicht auf das von dem Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht
beantragt sie jetzt hilfsweise,
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das angefochtene Urteil mit der Maßgabe aufrecht zu erhalten, dass der Beklagte
verurteilt wird, an die Klägerin 67.128,08 DM nebst 6,64 % Zinsen seit dem 01.11.1999
Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs der LGS gegen die S. GmbH auf Zahlung
der Leasingraten für den Monat September 1999 in Höhe von insgesamt 66.577,81 DM
gemäß Leasingverträgen vom 11.06.1993, 23.11.1995 und 30.04.1996 in der Fassung
der Vertragsübernahmen vom 26.02.1997 zu zahlen.
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Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens. Ergänzend führt sie aus, sie habe den mit der Klage
geltend gemachten Betrag von 67.128,08 DM am 26.10.1999 an die LGS überwiesen;
dazu legt sie einen entsprechenden Überweisungsbeleg (Bl. 109 GA) vor. Die Einrede
der Aufrechenbarkeit stehe dem Beklagten schon deshalb nicht zu, weil eine
Aufrechnungslage frühstens mit Zahlung der Bürgschaftssumme am 26.10.1999
entstanden sei, eine Aufrechnungserklärung ab diesem Zeitpunkt aber immer anfechtbar
und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO sogar
unwirksam gewesen wäre. Nr. 21 der AGB-Sparkassen habe ein wirksames Pfandrecht
an dem Kontoguthaben der GmbH von vorneherein nicht entstehen lassen. Schließlich
gehe auch das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht ins Leere, da nach einer
Zahlung des Beklagten die auf die Klägerin übergegangene Regressforderung gegen
die GmbH schon von Gesetzes wegen analog § 774 BGB auf den Beklagten übergehe.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst der eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist zulässig, in der Sache selbst jedoch
nicht begründet.
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Mit Recht hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von 67.128,08 DM verurteilt.
Der entsprechende Anspruch der Klägerin ergibt sich aus der zwischen den Parteien
vereinbarten Rückbürgschaft vom 05.02.1997 i. V. m § 765 BGB.
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Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe des Beklagten gehen fehl.
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I. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist dessen (Rück-) Bürgschaftserklärung vom
05.02.1997 wirksam.
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Die vorgenannte Erklärung ist dahin auszulegen, dass der Beklagte sich für eventuelle
Regressansprüche der Klägerin gegen die J.-W.-S. GmbH verbürgt hat, die dadurch
entstehen konnten, dass die Klägerin ihrerseits als Bürgin für die GmbH an die LGS
zahlte. In der schriftlichen Erklärung des Beklagten vom 05.02.1997 heißt es zwar: "Die
Bürgschaft wird zur Sicherung aller Forderungen der Sparkasse gegen J.-W.-S. GmbH...
aus Leasingverträgen Nr.... mit der LGS.... übernommen". Wie der Beklagte aber selbst
einräumt, standen der Klägerin aus den genannten Leasingverträgen ursprünglich keine
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eigenen Ansprüche zu. Vielmehr konnte die Klägerin solche lediglich nach
entsprechender Zahlung als Bürgin über § 774 BGB erwerben. Dass nur solche
Regressforderungen der Klägerin als Bürgin gemeint sein konnten, ergibt sich zwanglos
aus dem Zusammenhang dieser Rückbürgschaftserklärung mit den dreiseitigen
Übernahmeverträgen vom selben Tage zwischen der J.-W.-S. GmbH & Co. KG, der J.-
W.-S. GmbH und der LGS, durch welche die ursprünglich mit der KG abgeschlossenen
Leasingverträge von der GmbH als Nachfolgerin übernommen wurden. In den
entsprechenden Vertragsurkunden war unterhalb der Unterschriftenfelder von KG und
GmbH zudem bereits die Erklärung der Klägerin vorgedruckt, dass diese auch für die
GmbH als Nachfolgerin die Bürgschaft übernehme.
Dem Schriftformerfordernis des § 766 BGB ist durch die schriftliche
Rückbürgschaftserklärung des Beklagten vom 05.02.1997 genüge getan, da dort die
drei Leasingverträge, auf die sich der Regressanspruch der Klägerin gegen die GmbH
bezieht, nummernmäßig aufgeführt sind und zu diesen Leasingverträgen auch die - mit
den selben Nummern bezeichneten - "Zusatzvereinbarungen der Vertragsübernahme"
vom 05.02./19.03.1997 gehören, in denen die LGS ihre Zustimmung zu den
Vertragsübernahmen unter der Bedingung entsprechender Bürgschaftserweiterungen
der Klägerin erteilt hat und solche Bürgschaftserklärungen der Klägerin im unteren
Abschnitt dieser Urkunden bereits vorgedruckt waren. Für die Einhaltung der Schriftform
genügt insoweit, dass die Urkunde einen geeigneten Hinweis auf die verbürgte Schuld
gibt (BGH, NJW 1995, 1886 f.). Dies ist hier der Fall.
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Es ist auch unschädlich, dass die Klägerin den jeweiligen Zusatz der
Bürgschaftsübernahme auf den Vertragsübernahme-Urkunden vom 05.02/19.03.1997
selbst erst am 26.02.1997 unterzeichnet hat; denn eine (Rück-) Bürgschaft kann gemäß
§ 765 Abs. 2 BGB auch für eine künftige oder bedingte Hauptverbindlichkeit
übernommen werden, wenn diese nur hinreichend bestimmbar ist. Insoweit bestehen
hier keine Zweifel.
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II. Die Klägerin hat den mit der Klage geltend gemachten Betrag von 67.128,08 DM als
Bürgin an die LGS gezahlt, so dass der ursprünglich dieser zustehende Anspruch
gegen die J.-W.-S. GmbH auf Zahlung der Leasingraten für September 1999 gemäß §
774 BGB auf die Klägerin übergegangen ist. Da die Klägerin diesen Anspruch gegen
die GmbH wegen deren Insolvenz nicht verwirklichen kann, steht ihr aufgrund der
selbstschuldnerischen Rückbürgschaft des Beklagten vom 05.02.1997 ein
Zahlungsanspruch in der selben Höhe zu.
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1. Dass die Klägerin die Leasingraten für September 1999 an die LGS gezahlt hat,
hat der Beklagte erstmalig in der Berufungsbegründung bestritten. Die Klägerin hat
dazu jetzt den Überweisungsbeleg vom 26.10.1999 (Bl. 109 GA) vorgelegt. Da der
Beklagte dem anschließend nicht mehr entgegen getreten ist, ist davon
auszugehen, dass die Zahlung als solche nicht mehr weiter bestritten wird.
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1. Die Klägerin hat ihre Zahlung an die LGS aufgrund einer wirksamen eigenen
Bürgschaftsverpflichtung dieser gegenüber geleistet.
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Die Bürgschaftserklärung der Klägerin ergibt sich zunächst aus der Generalbürgschaft
vom 30.12.1986 i. V. m. den Bürgschaftserklärungen vom 26.02.1997 auf den
Zusatzvereinbarungen der Vertragsübernahmen vom 05.02./19.03.1997. Auch wenn in
der schriftlichen Erklärung der Klägerin vom 30.12.1986 die selbstschuldnerische
Bürgschaft für Ansprüche der LGS "aus im Rahmen des LGS-Verbundvertrages vom
20.01./06.02.1984 zustande gekommenen Mietverträgen" übernommen worden ist und
als Voraussetzung weiter vorgesehen war, dass in den einzelnen Mietverträgen
seitens der Sparkasse entsprechende Bürgschaftsübernahmen angeboten worden
waren, so hat die Klägerin doch jedenfalls nach Übernahme der drei
streitgegenständlichen Leasingverträge durch die GmbH für diese am 26.02.1997 die
Bürgschaft übernommen. In dem entsprechenden vorgedruckten Text wird zwar davon
ausgegangen, dass bereits für die KG eine Bürgschaft bestellt worden war. Dies ändert
jedoch nichts daran, dass es sich insoweit um selbständige Bürgschaftsbestellungen
handelte, zumal in dem sich jeweils darüber befindlichen Text die LGS ihre
Zustimmung zur Vertragsübernahme durch die GmbH von der Übernahme einer
entsprechenden Bürgschaft durch die Klägerin abhängig gemacht hatte.
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1. Die Klägerin war als Bürgin gemäß § 765 BGB zur Zahlung der Leasingraten für
September 1999 an die LGS verpflichtet. Insbesondere war bzgl. dieser
Leasingraten nicht durch Zahlung seitens der GmbH bereits Erfüllung eingetreten.
Zwar war es aufgrund der von der GmbH am 05.02.1997 der LGS erteilten
Einziehungsermächtigung die Leasingrate für September 1999 bereits vom Konto
der GmbH abgebucht und der LGS gutgeschrieben worden. Aufgrund des
Widerrufsschreibens des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 30.09.1999 ist die
Septemberrate jedoch mit Recht zurückgebucht, d. h. der LGS wieder belastet und
dem Konto der GmbH gutgeschrieben worden.
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a) Der seitens des vorläufigen Insolvenzverwalters, Herrn Rechtsanwalt L., erklärte
Widerruf war als solcher - auch ohne Zustimmung der Geschäftsführer der GmbH -
wirksam. Nach dem Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 29.09.1999 hat dieses zwar
neben der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters dem Schuldner nicht auch
ein allgemeines Verfügungsverbot gemäß § 22 Abs. 1 InsO auferlegt, so dass die
Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der GmbH nicht auf den
vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist. Vielmehr liegt der Fall des sog.
schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß § 22 Abs. 2 InsO vor. Danach hat,
wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, dem Schuldner aber kein allgemeines
Verfügungsverbot auferlegt wird, das Gericht die Pflichten des vorläufigen
Insolvenzverwalters im einzelnen zu bestimmen, wobei diese nicht über die Pflichten
des sog. starken Insolvenzverwalters nach Abs. 1 hinausgehen dürfen. Hier hat das
Amtsgericht bestimmt, dass der vorläufige Insolvenzverwalter nicht allgemeiner Vertreter
der Schuldnerin war, sondern die Aufgabe hatte, durch Überwachung der Schuldnerin
deren Vermögen zu sichern und zu erhalten. Es hat ihn jedoch gleichzeitig ermächtigt,
mit rechtlicher Wirkung für die Schuldnerin zu handeln. Soweit das Amtsgericht
hinzugesetzt hat, dass der vorläufige Insolvenzverwalter diese Befugnis nur
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wahrnehmen dürfe, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgabe schon vor Eröffnung des
Insolvenzverfahrens dringend erforderlich sei, hat es durch den Zusatz "unbeschadet
der Wirksamkeit der Handlung" ausdrücklich klargestellt, dass es sich insoweit nicht um
eine Einschränkung der Vollmacht handelte. Vielmehr hat das Amtsgericht den
vorläufigen Insolvenzverwalter damit ausdrücklich umfassend bevollmächtigt und ihn
lediglich nach innen in seinen Befugnissen beschränkt. Der von Herrn Rechtsanwalt L.
erklärte Widerruf der Lastschriften war danach mit Wirkung für die GmbH in jedem Falle
verbindlich, ohne das die Klägerin zu prüfen hatte, ob der vorläufige Insolvenzverwalter
sich damit möglicherweise im Innenverhältnis schadensersatzpflichtig machte. Etwas
anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Maßnahme des vorläufigen
Insolvenzverwalters offensichtlich gegen den Zweck der angeordneten vorläufigen
Insolvenzverwaltung verstieß (Eickmann u. a., InsO-Komm., 2. Aufl., § 22 Rn. 22, 30 f m.
w. N.). Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Zum einen war der Widerspruch gegen
die Lastschriftbuchungen als solcher zulässig, wie nachstehend noch auszuführen sein
wird, und zum anderen lag dieser noch im Rahmen der dem vorläufigen
Insolvenzverwalter obliegenden Sicherung des schuldnerischen Vermögens (Eickmann
u. a. , a. a. O., § 22 Rn. 31 m. w. N.).
b) Der Widerspruch des vorläufigen Insolvenzverwalters gegen die Lastschriftbuchung
der Leasingraten für September 1999 verpflichtete die Klägerin, den der GmbH insoweit
belasteten Betrag von 66.577,81 DM von der Bank der LGS, der L.B. H..-T..,
zurückzuholen und der GmbH wieder gutzuschreiben. Nach ständiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung handelt im Einzugsermächtigungsverfahren die
Schuldnerbank (hier die Klägerin), die eine Lastschrift zur Einlösung erhält, lediglich
aufgrund einer Weisung der Gläubigerbank (hier der L.B. H..-T..) im Rahmen des
zwischen den Banken bestehenden Girovertrages, nicht aber aufgrund einer Weisung
oder eines Auftrags des eigenen Kunden. Dieser, der Zahlungspflichtige, hat lediglich
seinem Gläubiger eine Einziehungsermächtigung, seiner eigenen Bank gegenüber aber
keinerlei Erklärung abgegeben. Da der Zahlungspflichtige über sein Konto frei verfügen
kann, unterliegt er seinem Kreditinstitut gegenüber auch keiner Beschränkung, ob und
aus welchem Grunde er einer Belastung wegen Lastschriften, die auf einer
Einziehungsermächtigung beruhen, wiederspricht. Der Widerspruch ist deshalb für
seine Bank grundsätzlich immer verbindlich, selbst dann, wenn dieser bekannt ist, dass
der Zahlungspflichtige die abgebuchten Beträge dem Zahlungsempfänger tatsächlich
schuldet (BGH Z 74, 309, 312, 316; 95, 103, 106; OLG Rostock WM 96, 2011; OLG
Düsseldorf, NJW-RR 2000, 557). Der Beklagte behauptet auch nicht etwa, dass die
Widerspruchsmöglichkeit der GmbH durch eine eigene Genehmigung bereits erloschen
gewesen wäre. Gegenüber seinem eigenen Kreditinstitut (hier der Klägerin) kann der
Schuldner grundsätzlich ohne zeitliche Beschränkung widersprechen, mindestens aber
6 Wochen lang, solange nämlich die Schuldnerbank nach dem Abkommen der
Spitzenverbände des Kreditgewerbes für das Lastschriftverfahren
(Lastschriftenabkommen) gegenüber der Gläubigerbank widersprechen kann.
Ausweislich des Widerrufsschreibens vom 30.09.1999 ist hier der Widerspruch
innerhalb von 6 Wochen erfolgt. Damit war der Zahlungsanspruch noch nicht durch
Erfüllung erloschen (BGH WM 2000, 1577; 1579; Schimansky/Bunte/Lwowski,
Bankrechtshandbuch Band I, 2. Aufl., § 58 Rn. 165 f., 178 f.).
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Nach allem war durch die Zahlung der Klägerin auf ihre Bürgschaftsschuld der
Anspruch der LGS gegen die GmbH auf Zahlung der Leasingrate für September 1999
nebst Verzugszinsen gemäß §§ 774, 712, 401 BGB i. H. v. insgesamt 67.128,08 DM auf
die Klägerin übergegangen.
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III. Der Beklagte kann sich auch nicht auf § 776 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift
wird der Bürge frei, soweit der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes
Pfandrecht aufgibt, aus dem der Bürge nach §§ 774, 412, 401 BGB hätte Ersatz
verlangen können. Soweit in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Rückbürgschaftserklärung des Beklagten vom 05.02.1997 in Ziffer 3 S. 4 vereinbart
worden ist, dass der Bürge aus der Aufgabe anderweitiger Sicherheiten keine Rechte
herleiten könne, dürfte dies zwar nach der Entscheidung des BGB im WM 2000, 764,
767 f. in dieser Allgemeinheit unwirksam sein. Die Voraussetzungen des § 767 BGB
sind hier jedoch aus mehreren Gründen nicht gegeben.
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Zweifelhaft ist bereits, ob es sich bei dem gemäß Nr. 21 Abs. 1 S. 2 Abs. 3 der AGB-
Sparkassen vereinbarten Pfandrecht - die Parteien sind sich einig, dass die AGB-
Sparkassen Inhalt des Girovertrages mit der GmbH geworden sind - um ein "für die
verbürgte Forderung bestehendes Pfandrecht" im Sinne von § 776 BGB handelt, aus
dem auch der Beklagte nach eigener Zahlung gemäß §§ 774, 412, 401 BGB sich hätte
befriedigen können. Der Regressanspruch der Klägerin gegen die GmbH beruht
nämlich weniger auf deren Geschäftsverbindung als vielmehr auf der Bürgschaft im
Zusammenhang mit dem Leasingvertrag. Jedenfalls aber ist aufgrund Nr. 21 Abs. 3 der
AGB-Sparkassen, der bestimmt, dass "Ansprüche gegen Kunden aus übernommenen
Bürgschaften... erst ab deren Fälligkeit gesichert (werden)", das Pfandrecht frühestens
mit Fälligkeit des Regressanspruchs der Klägerin gegen die GmbH entstanden (BGH,
WM 98, 2463; Nobbe, Bankrecht, aktuelle höchst- und obergerichtliche
Rechtsprechung, Rn. 848), hier also mit Zahlung der Klägerin am 26.10.1999. Die vom
Beklagten insoweit angeführte BGH Entscheidung in BGH Z 86, 340 ist schon deshalb
nicht einschlägig, weil sie ein Mobiliarpfandrecht betrifft. Ob am 26.10.1999 das
Kontoguthaben der GmbH noch vorhanden oder bereits ausgezahlt war, ist nicht ganz
klar. Nach dem Vortrag der Klägerin gemäß Schriftsatz vom 05.10.2001, Bl. 5, soll das
Guthaben auf entsprechende Aufforderung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit
Schreiben vom 18.10.1999 alsbald ausgezahlt worden sein. Die Klägerin durfte
deshalb auch aus Insolvenzgründen das Guthaben nicht mehr in Anspruch nehmen,
wie nachfolgend unter Ziffer IV 2. noch ausgeführt wird, so dass auch aus diesem
Grunde nicht von einer "Aufgabe" der Sicherheit im Sinne von § 776 BGB die Rede
sein kann (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 60. Aufl., § 776 Rn. 3).
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IV. Die Klägerin ist auch nicht nach Treu und Glauben wegen unzulässiger
Rechtsausübung (§ 242 BGB) an der Inanspruchnahme des Beklagten gehindert.
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1. Nach dem an die Klägerin gerichteten Schreiben der LGS vom 19.10.1999 (Bl. 17
f. GA), dem ein Schreiben von Herrn Rechtsanwalt L., des vorläufigen
Insolvenzverwalters, an die LGS vom 14.10.1999 (Bl. 117 f. GA) beigefügt war,
durfte die Klägerin ohne weitere Nachfrage bei dem vorläufigen
Insolvenzverwalter als Bürgin zahlen. Bei einer Gesamtbetrachtung beider
Schreiben konnte die Klägerin diesen nämlich entnehmen, dass Herr
Rechtsanwalt L. gegenüber der LGS erklärt hatte, die Leasingverträge jedenfalls
bis Ende des Jahres 1999 erfüllen und die "zukünftigen" Leasingraten aus der
Insolvenzmasse zahlen zu wollen, er aber eine Zahlung der Septemberraten 1999
abgelehnt hatte. Insoweit heißt es bereits in seinem Schreiben vom 14.10.1999:
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"Die Verpflichtungen aus der Vergangenheit, z. B. aus zurückgegebenen
Lastschriften, stellen meines Erachtens einfache Insolvenzforderungen dar,
welche gegebenenfalls zur Insolvenztabelle anzumelden sind." Soweit der
vorläufige Insolvenzverwalter in diesem Schreiben zugleich erklärt hatte, er werde
noch klären, ob es bei der Rückgabe der Lastschriften bleiben solle, durfte die
Klägerin dem Schreiben der LGS vom 19.10.1999 entnehmen, dass Herr
Rechtsanwalt L. ihr gegenüber eine entsprechende negative Erklärung
abgegeben hatte.
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Im übrigen entspricht es nach Auffassung des Senats auch der Rechtslage, wenn die
Leasingraten für September 1999 nicht mehr aus dem Vermögen der GmbH gezahlt
wurden (sondern statt dessen auf die Anmeldung zur Insolvenztabelle verwiesen
wurde). Zwar gelten gemäß § 55 Abs. 2 S. 2 InsO Verbindlichkeiten aus einem
Dauerschuldverhältnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als
Masseverbindlichkeiten, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm
verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat. Dabei ist streitig,
ob diese Vorschrift nur für den sog. "starken" vorläufigen Insolvenzverwalter gemäß §
22 Abs. 1 InsO gilt, auf den die allgemeine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis
übergegangen ist, oder auch für den sog. "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter
des § 22 Abs. 2 InsO (für letzteres: Nerlich/Römermann, InsO-Komm., § 55 Rn. 135;
Eickmann u. a. a. a. O., § 55 Rn. 26; dagegen wohl BGH, ZIP 97, 1551 f; insbesondere
auch OLG Köln, OLG R 2001, 336 m. w. N.; Kirchhof in Eickmann u. a., § 22 Rn. 30;
Hess, InsO-Komm. 1999, § 55 Rn. 159 ff). Diese Frage kann hier aber offen bleiben;
denn jedenfalls für rückständige Gegenleistungen wird die Annahme von
Masseverbindlichkeiten überwiegend abgelehnt, da es in § 55 Abs. 2 S. 2 InsO
ausdrücklich heißt, "soweit" der "vorläufige Insolvenzverwalter... in Anspruch
genommen hat", der vorläufige Insolvenzverwalter für die zurückliegende Zeit aber
nichts "in Anspruch genommen hat". Insoweit wird daher überwiegend von einer
Insolvenzforderung gemäß § 108 Abs. 2 InsO ausgegangen (Eickmann u. a., a. a. O., §
55 Rn. 27 m. w. N.; Eickmann-Kreft § 108 Rn. 20 f). Dem schließt sich der Senat an. Da
hier der vorläufige Insolvenzverwalter erst durch Beschluss des Amtsgerichts Bonn
vom 29.09.1999 bestellt worden ist, waren die Leasingverträge zu diesem Zeitpunkt in
bezug auf den Monat September 1999 seitens der LGS bereits fast vollständig erfüllt
worden, so dass vom vorläufigen Insolvenzverwalter bzw. der GmbH insoweit nichts
mehr in Anspruch zu nehmen war. Vielmehr war die Leasingrate für September 1999
zu diesem Zeitpunkt bereits in vollem Umfang rückständig.
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1. Zu Unrecht stützt der Beklagte den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung
des weitern darauf, dass die Klägerin sich durch Aufrechnung gegen einen
Anspruch der GmbH auf Auszahlung ihres Kontoguthabens habe befriedigen
können (§ 770 Abs. 2 BGB), weshalb sie sich durch Unterlassen dieser
Aufrechnung gegenüber dem Beklagten als Rückbürgen schadensersatzpflichtig
gemacht habe.
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Dabei kann dahinstehen, ob der in Ziffer 3 S. 2 der Rückbürgschaftserklärung vom
05.02.1997 vereinbarte Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770
BGB zumindest teilweise wirksam ist (vgl. BGH, NJW 81, 761 f; 95, 1886, 1888).
Entgegen der Auffassung des Landgerichts enthält die entsprechende Vertragsklausel
keine Einschränkung entsprechend § 11 Nr. 3 AGBG. Sie ist deshalb zumindest
insoweit als unwirksam anzusehen, als die Forderung des Hauptschuldners gegen
den Gläubigern unbestritten oder rechtskräftig festgestellt worden ist. Ähnliches dürfte
für den Fall gelten, dass über das Vermögen des Gläubigers oder des Schuldners das
Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (vgl. dazu BGH, NJW 75, 442 f; 78, 2244).
Selbst bei einem (teilweise) wirksamen Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit
gemäß § 770 Abs. 2 BGB bleibt dem Schuldner in jedem Falle aber der Einwand der
unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB für den Fall erhalten, dass die
Gläubigerbank sich gegenüber dem Bürgen schadensersatzpflichtig gemacht hat
(BGH, WM 91, 1294, 1296; Nobbe a. a. O., Rn. 1188).
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Im vorliegenden Fall kann der Klägerin jedoch nicht vorgeworfen werden, dass sie
durch Auszahlung des Bankguthabens an den vorläufigen Insolvenzverwalter Rechte
des Beklagten als Rückbürgen verletzt hat. Denn eine Aufrechnung mit ihrer
Rückgriffsforderung aus § 774 BGB gegenüber dem Anspruch der GmbH auf
Auszahlung des Kontoguthabens wäre gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO anfechtbar
gewesen (Eickmann-Marotzke, a. a. O., § 96 Rn. 10). Die Anfechtbarkeit beurteilt sich
insoweit nach § 130 InsO (kongruente Deckung). Hier ist die Aufrechnungslage
frühestens mit Zahlung der Leasingrate durch die Klägerin an die LGS am 26.10.1999
entstanden. Zu diesem Zeitpunkt war der Insolvenzantrag unstreitig bereits bestellt und
der Klägerin bekannt, so dass der Fall der Anfechtbarkeit gemäß § 130 Abs. 1 Ziffer 2
InsO vorliegt. Eine von der Klägerin vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens am
01.12.1999 erklärte Aufrechnung wäre danach nicht nur anfechtbar gewesen; vielmehr
wäre sie gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sogar ex
tunc unwirksam geworden (Eickmann-Marotzke, § 96 Rn. 12; - Kreft § 129 Rn. 16). Es
kommt deshalb nicht darauf an, ob das Kontoguthaben der GmbH bei der Klägerin am
26.10.1999 überhaupt noch bestand.
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Nach allem ist der Beklagte vom Landgericht zu Recht aufgrund der Rückbürgschaft
vom 05.02.1997 zur Zahlung von 67.128,08 DM nebst Zinsen verurteilt worden.
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V. Es bestand auch keine Veranlassung, diese Verurteilung dahin einzuschränken,
dass der Beklagte nur Zug um Zug gegen Abtretung des ursprünglich der LGS gegen
die J.-W.-S. GmbH zustehenden Anspruchs auf Zahlung der Leasingraten für
September 1999 zur Zahlung verpflichtet ist. Nach Auffassung des Senats steht dem
Beklagten insoweit kein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB zu, da bei Zahlung
des Beklagten der Regressanspruch der Klägerin gegen die GmbH gemäß § 774 BGB
auf den Beklagten übergeht, ohne das es einer entsprechenden Abtretung bedarf. Dies
gilt vorliegend schon deshalb, weil in der Rückbürgschaftsurkunde vom 05.02.1997
gerade auch die Ansprüche aus den Leasingverträgen nummernmäßig im Einzelnen
angegeben worden sind. Insoweit liegt der Sachverhalt hier anders als in dem vom
Beklagten zitierten Fall des Reichsgerichts (RGZ 146, 67, 70). Jedenfalls aber folgt der
Senat der Argumentation des OLG Oldenburg (NJW 65, 253; entgegen Palandt-Sprau,
vor § 765 Rn. 10), dass durch die Zahlung des Bürgen die Forderung des
ursprünglichen Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf den Bürgen übergegangen
ist, so dass nunmehr dieser Gläubiger der Forderung ist und bei Zahlung durch den
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Rückbürgen die Forderung in einem weiteren Schritt gemäß § 774 BGB auf den
Rückbürgen übergeht. Auf die zutreffenden Ausführungen des OLG Oldenburg in der
zitierten Entscheidung wird insoweit Bezug genommen.
Nach allem war die Berufung in vollem Umfang zurückzuweisen.
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Streitwert: 67.128,08 DM
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