Urteil des OLG Köln vom 03.12.1996

OLG Köln (teilurteil, betrag, vertragsstrafe, höhe, aufrechnung, gefahr, firma, verzug, pauschalpreis, baurecht)

Oberlandesgericht Köln, 22 U 111/96
Datum:
03.12.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 U 111/96
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 42 O 41/96
Schlagworte:
TEILURTEIL PAUSCHALPREISVEREINBARUNG BAURECHT
ZULÄSSIGKEIT
Normen:
TEILURTEIL; PAUSCHALPREISVEREINBARUNG; BAURECHT;
ZULÄSSIGKEIT;
Leitsätze:
Wendet sich der Beklagte gegen einen aus mehreren Einzelpositionen
bestehenden (Werklohn-)Gesamtbetrag allein mit der Begründung, es
sei ein Pauschalpreis vereinbart, so ist ein Teilurteil über den
Pauschalpreisbetrag wder eine Überraschungsentscheidung noch
bedarf es einer Feststellung, aus welchen der einzelnen
Rechnungspositionen sich der zuerkannte Teilbetrag zusammensetzen
soll. Ein Teilurteil kann als zulässig bei Bestand bleiben, wenn der
Beklagte von einem gegen die Gesamtklageforderung ausgeübten
Zurückbehaltungsrecht nach vollständigem Abschluß der ersten Instanz
zur Aufrechnung nur gegenüber dem durch Teilurteil zugesprochenen
Betrag übergegangen ist.
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 29.3.1996 verkündete
Teilurteil des Landgerichts Aachen - 22 O 41/96 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
1
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung der
Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht durch Teilurteil
der Klägerin einen Werklohnteilanspruch in Höhe von 6.577,98 DM nebst Zinsen
zugesprochen. Die hiergegen gerichteten Angriffe in der Berufungsinstanz rechtfertigen
keine abweichende Beurteilung. Im einzelnen:
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1.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dem Teilurteil nicht um eine
Überraschungsentscheidung. In ihrer Klageerwiderung in erster Instanz hat die Beklagte
nicht verkannt, daß selbst bei Zugrundelegung ihres eigenen Vortrags von der
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Klageforderung ein Betrag in Höhe des Teilurteils übrig blieb. Sie hat sich insoweit
lediglich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen im Hinblick auf eine derzeit/damals
noch nicht bezifferbare Vertragsstrafenforderung seitens ihrer Auftraggeberin, der Firma
G. Bau GmbH. Ging aber die Beklagte selbst davon aus, daß jedenfalls einem Teil der
Klageforderung nur mit einem Zurückbehaltungsrecht begegnet werden konnte, so
handelt es sich nicht um eine Überraschungsentscheidung, wenn das Landgericht dann
genau diesen Betrag zugrundelegt und ausurteilt, weil es das Zurückbehaltungsrecht für
nicht schlüssig dargetan hält.
2.
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Auch die gegen die Zulässigkeit des Teilurteils gerichteten Angriffe der Beklagten
greifen nicht durch.
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a)
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Das Landgericht war nicht verpflichtet, Einzelpositionen der Gesamtforderung, aus
denen sich der von ihm ausgeurteilte Betrag zusammensetzt, zu benennen. Hierzu hätte
Veranlassung nur dann bestanden, wenn einzelne Positionen der
Gesamtklageforderung seitens der Beklagten etwa hinsichtlich Menge oder Aufmaß
angegriffen worden wären, somit in dem dann noch anhängigen Rechtsstreit in der
ersten Instanz über diese streitigen Einzelpositionen hätte entschiede werden müssen.
Nur dann wäre das Landgericht verpflichtet gewesen, im einzelnen zu beziffern, aus
welchen nicht streitigen Positionen sich die von ihm zugesprochene
Teilwerklohnforderung zusammensetzt. So lag der Fall hier aber nicht. Die Beklagte hat
nicht eine einzige Einzelposition der Gesamtrechnung dem Umfang nach bestritten,
sondern lediglich die Gesamtsumme selbst unter Hinweis darauf, daß ein Pauschalpreis
vereinbart worden sei. Im übrigen hat sie lediglich mit Gegenansprüchen aufgerechnet.
Angesichts dessen konnte im weiteren Verlauf des Rechtsstreits erster Instanz zu
keinem Zeitpunkt mehr Streit zwischen den Parteien über die Berechtigung einer
Einzelposition der Gesamtrechnung entstehen.
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b)
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Das Teilurteil ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gefahr widersprüchlicher
Entscheidungen unzulässig. Diese Gefahr erscheint nach Ansicht des Senats schon
deshalb nicht als gegeben, weil das Landgericht durch das Teilurteil lediglich über das
Nichtbestehen eines Zurückbehaltungsrechts der Beklagten entschieden hat. Hierdurch
wurden der Beklagten für den weiteren Verlauf des Rechtsstreits erster Instanz keine
Rechte genommen. Bei nachträglich eintretender Bezifferbarkeit des von ihr
behaupteten Vertragsstrafeanspruchs war sie jederzeit in der Lage, diesen im
Aufrechnungswege in den Prozeß einzuführen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen.
Denn dadurch, daß die Beklagte den angeblichen Vertragsstrafeanspruch im weiteren
Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens, das nunmehr zwischenzeitlich durch
Schlußurteil beendet worden ist, nicht mehr geltend gemacht hat, über diesen vielmehr
jetzt in der Berufungsinstanz durch den Senat abschließend entschieden wird, ist die
Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen ausgeschlossen. Das Bestehen eines
Vertragsstrafeanspruchs kann durch die abschließende Entscheidung im hiesigen
Verfahren nämlich nicht mehr Gegenstand der Berufung gegen das Schlußurteil sein.
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3.
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Das Landgericht hat auch zu Recht entschieden, daß der Klägerin ein
Teilwerklohnanspruch in Höhe von 6.577,98 DM zusteht. Die Beklagte hatte ein
Zurückbehaltungsrecht nicht schlüssig dargelegt. Es war weder dargetan noch sonst
ersichtlich, daß und warum der Auftraggeberin der Beklagten, der Firma G., gegen die
Beklagte ein Vertragsstrafeanspruch zugestanden hat, und daß und warum die Beklagte
wegen eines derartigen Anspruchs Rückgriff bei der Klägerin hätte nehmen können.
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Die in der Berufungsinstanz erklärte Aufrechnung der Beklagten mit einem ihr ihrer
Ansicht nach zustehenden Rückgriffsanspruch gegen die Klägerin bzw. hilfsweise
einem eigenen Vertragsstrafeanspruch ist zwar als sachdienlich zuzulassen, sie greift
jedoch nicht durch, weil die Beklagte das Bestehen von Gegenansprüchen nicht
schlüssig dargetan hat.
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a)
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Auch in der Berufungsinstanz hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen, warum
die von ihr an die Firma G. gezahlte Vertragsstrafe gerechtfertigt war und woraus sie ein
Rückgriffsrecht gegen die Klägerin ableiten will. Ihre bloße Behauptung, die Klägerin
habe ihre Werkleistung verspätet erstellt, reicht insoweit nicht aus.
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Auch soweit die Beklagte hilfsweise mit einem aus dem Vertrag mit der Klägerin sich
ergebenen Vertragsstrafeanspruch aufrechnet und sich insoweit auf Ziffer 4.4 der
vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien beruft, greift die Aufrechnung nicht
durch.
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Selbst wenn man - was durchaus streitig ist und vom Landgericht im Schlußurteil
abgelehnt wurde - zu Gunsten der Beklagten unterstellt, daß Ziffer 4.4 im Verhältnis der
Parteien Vertragsbestandteil geworden ist, sind die Voraussetzungen eines
Vertragsstrafeanspruchs nicht schlüssig dargetan. Die Beklagte trägt nämlich zur
Begründung ihres Anspruchs lediglich vor, die Klägerin sei mit
Mängelbeseitigungsarbeiten in Verzug gewesen. Der Senat vermag nicht zu erkennen,
wieso ein - unterstellter - Verzug mit Mängelbeseitigungsarbeiten eine Vertragsstrafe
gemäß Ziffer 4.4 sollte auslösen können. Ziffer 4.4 rechtfertigt nach Ansicht des Senats
ihrem Wortlaut nach das Einfordern der Vertragsstrafe nur für den Fall, daß die Klägerin
mit der Werkleistung als solcher den Fertigstellungstermin überschritten hat. Das
behauptet die Beklagte jedoch selbst nicht. Mängelbeseitigungsarbeiten - wie hier
zwischen den Parteien streitig - gehören aber nicht zu der Erstellung des Werkes als
solchem.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Wert der Beschwer für die Beklagte:
6.577,98 DM.
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