Urteil des OLG Köln vom 04.03.1998

OLG Köln (kläger, inventar, standort, marke, verhältnis zwischen, gesellschafter, höhe, klage auf zahlung, gesellschaft, herausgabe)

Oberlandesgericht Köln, 13 U 178/97
Datum:
04.03.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 178/97
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 9 O 93/97
Normen:
BGB §§ 242, 554A, 557, 1123 I; ZVG §§ 21 II, 148 I, 152 II;
Leitsätze:
1. Der auf Antrag des Grundpfandgläubigers nach Eröffnung des
Konkursverfahrens bestellte Zwangsverwalter darf das zur
kapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung umqualifizierte
Miet/Pachtverhältnis des Gesellschaftereigentümers mit der
Gemeinschuldnerin wegen der fehlenden rechtlichen Durchsetzbarkeit
der Miet-/Pachtzinsansprüche aus wichtigem Grunde kündigen. 2. Macht
der Zwangsverwalter von diesem Recht Gebrauch, darf der
Konkursverwalter die Herausgabe nicht unter Berufung auf die
gesellschaftsrechtlichen Grundsätze zur kapitalersetzenden
Nutzungsüberlassung verweigern, sondern muß sich auf einen
Erstattungsanspruch gegen den Gesellschafter in Höhe des
Nutzungswertes verweisen lassen. 3. Solange das Miet-/Pachtverhältnis
nicht beendet ist, kann der Zwangsverwalter ebensowenig wie der
Gesellschafter Miet/Pachtzins oder Nutzungsentschädigung für eine
kapitalersetzende Gebrauchsüberlassung verlangen.
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
1. Die Berufung des Beklagten gegen den Aus-spruch zu Ziffer 2. und 3.
des Urteils des Landgerichts Bonn vom 30. Juni 1997 - 9 O 93/97 - wird
zurückgewiesen. 2. Im übrigen wird das angefochtene Urteil auf die
Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers - unter
Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel - teilweise abgeändert
und wie folgt neu gefaßt: Es wird festgestellt, daß dem Kläger gegen den
Beklagten eine Masseforderung mit dem Rang des § 59 Abs.1 Nr.2 KO
in Höhe von 442.993,98 DM nebst 4% Zinsen aus monatlich je
40.272,18 DM seit dem 3. Werktag der Monate Februar bis Dezember
1997 (ein-schließlich) zusteht. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. 3.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 27%
und der Beklagte 73%. Von den Kosten des Berufungsverfahrens
werden dem Kläger 15% und dem Beklagten 85% auferlegt. 4. Das
Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der
Herausgabeverurteilung (Zif-fer 2. und 3. des Tenors des angefochtenen
Urteils) dadurch abwenden, daß er dem Kläger - beginnend mit dem
Monat April 1998 - bis zum 3. Werktag eines jeden Monats Sicherheit in
Höhe von jeweils 40.000,00 DM leistet. Die Sicherheit kann auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft eines allgemein als Steuerbürge
zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.
T a t b e s t a n d
1
Der mit Beschluß des Amtsgerichts Siegburg vom 27.9.1996 (42 L 75/96) zum
Zwangsverwalter des im Rubrum näher bezeichneten Grundstücks bestellte Kläger
verlangt von dem mit Beschluß des Amtsgerichts Siegburg vom 1.3.1996 (39 N 8/96)
zum Konkursverwalter über das Vermögen der Firma M.P. GmbH in T. (S.) bestellten
Beklagten Miet- und Pachtzinsen bzw. Nutzungsentschädigung für die Zeit vom
16.10.1996 bis (zuletzt) 31.12.1997 sowie Herausgabe der an die Gemeinschuldnerin
vermieteten Teilfläche (427 qm Bürofläche, 2.556 qm Produktionsfläche, ca. 35 PKW-
Einstellplätze) und der Maschinen und Fahrzeuge des der Gemeinschuldnerin
verpachteten Anlagevermögens.
2
Der Schuldner des von der Sparkasse B. als Grundpfandgläubigerin betriebenen
Zwangsverwaltungsverfahrens, Herr H.J., war alleiniger Gesellschafter und
Geschäftsführer der im Zuge einer Betriebsaufspaltung 1991 gegründeten M.P. GmbH.
Mit Vertrag vom 15.8.1991 (Bl. 13 ff. GA) vermietete er der späteren Gemeinschuldnerin
das mit Grundpfandrechten der Sparkasse B. belastete Betriebsgelände mit Büro- und
Produktionsräumen zu einem monatlichen Mietzins (einschließlich Umsatzsteuer) von
25.264,68 DM. Dieser Mietvertrag wurde durch einen Pachtvertrag vom 22.8.1991 (Bl.
23 ff./45 ff. GA) dahin erweitert bzw. (so die übereinstimmende Formulierung der
Parteien) modifiziert, daß Herr J. der Gemeinschuldnerin neben dem Betriebsgrundstück
und den Betriebsgebäuden das gesamte Anlagevermögen einschließlich Maschinen,
Betriebs- und Geschäftsausstattung zu einem (anteilig monatlich zu entrichtenden)
jährlichen Pachtzins von 180.090,00 DM überließ. In § 2 (Pachtdauer) des für die Zeit
bis 31.12.1996 fest abgeschlossenen Pachtvertrages heißt es (unter Ziffer 2.):
3
"Der Pächter ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung in der Zeit bis 30.06.1996 eine
Verlängerung des Pachtverhältnisses um weitere 5 Kalenderjahre zu verlangen. Wird
von diesem Pachtverlängerungsrecht kein Gebrauch gemacht, so endet das
Pachtverhältnis, ohne daß es einer Kündigungserklärung bedarf, am 31.12.1996."
4
Gegen Ende 1995 geriet die Gemeinschuldnerin in Liquiditätsschwierigkeiten, die den
alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer, Herrn J., dazu veranlaßten, am 17.1.1996
Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens zu stellen. Mit Schreiben vom 13.3.1996
wies der Beklagte, der den Betrieb der Gemeinschuldnerin mit derzeit ca. 30
Arbeitnehmern in den vermieteten Räumlichkeiten mit dem verpachteten
Anlagevermögen fortführt, um das Unternehmen nach Gesundung bei sich bietender
Gelegenheit zu veräußern, die von Herrn J. mit Anwaltsschreiben vom 29.2.1996 (Bl. 48
f. GA) ausgesprochene fristlose Kündigung des Miet- und Pachtverhältnisses zurück (Bl.
50 f. GA). Die von Herrn J. gegen den Beklagten erhobene Klage auf Zahlung von Miet-
und Pachtzinsen wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Bonn vom 7.10.1996
(9 O 132/96) aus dem Gesichtspunkt eigenkapitalersetzender Gebrauchsüberlassung
abgewiesen (Bl. 130 ff. GA, Bl. 90 ff. BA).
5
Nach der Bestellung des Klägers zum Zwangsverwalter forderte dieser den Beklagten
mit Schreiben vom 14.10.1996 (Bl. 28 GA) vergeblich zur Zahlung des Mietzinses auf.
Nach gescheiterten Einigungsbemühungen (siehe Schreiben vom 7.11.1996, Bl. 246 f.
6
GA, und Schreiben vom 13.12.1996, Bl. 244 f. GA) kündigte der Kläger mit Schreiben
vom 17.1.1997 (Bl. 53 f. GA) das bestehende Mietverhältnis gemäß § 554 Abs.1 BGB
fristlos und forderte den Beklagten auf, das Objekt bis zum 31.1.1997 geräumt an den
Kläger herauszugeben.
Der Kläger hat beantragt,
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1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger DM 181.224,81 nebst 9,5%
Zinsen seit dem 18.10.1996 aus DM 20.136,09
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05.11.1996 aus DM 40.272,18
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04.12.1996 aus DM 40.272,18
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06.01.1997 aus DM 40.272,18
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04.02.1997 aus DM 40.272,18
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zu zahlen;
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2. den Beklagten zu verurteilen, das von ihm als Betriebsstätte genutzte Teilstück
des im Grundbuch von S., Blatt 02484 eingetragenen Grundstücks, Gemarkung
S., Flur 17, Flurstück 692, B.e Allee 22 in T., bestehend aus 427 qm Bürofläche
im Erdgeschoß des Verwaltungsgebäudes und 2.556 qm Produktionsfläche im
Anschluß an das Verwaltungsgebäude sowie Zufahrt mit ca. 35 PKW-
Einstellplätzen zu räumen und an den Kläger herauszugeben;
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3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger folgende Maschinen des
Anlagevermögens herauszugeben:
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(1) Beschneideautomat, Standort: Stanzerei, (Inventar-Nr.: 100001);
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(2) Federrohr-Biegemaschine, Eigenbau, Standort: große Halle (hinten rechts),
(Inventar-Nr.: 100057);
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(3) Kompressor, Marke Dannöhl, Standort: Kompressorraum, (Inventar-Nr.:
100065);
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(4) Schalttisch, Marke Variomat, Standort: Stanzerei; (InventarNr.: 100002);
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(5) Fräsmaschine, Marke Aciera, Standort: Stanzerei, (InventarNr.: 100003);
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(6) Lötmaschine, Marke ELGA, Standort: Löterei, (Inventar-Nr.: 100006);
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(7) Schraubautomat, Marke Sortimat, Standort: große Halle (vorne), (Inventar-Nr.
100029);
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(8) Hochdruckkompressor, Marke Compair, Standort: Kompressorraum, (Inventar-
Nr.: 100039);
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(9) Hochdruckkompressor, Marke RICO, Standort: Kompressorraum, (Inventar-
Nr.: 100027);
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(10) Kompressor, Marke ALUP, Standort: Kompressorraum, (Inventar-Nr.:
201003);
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(11) Schraubmaschine, Marke Weber, Standort: große Halle (vorne), (Inventar-
Nr.: 100019);
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(12) Spritzautomat, Marke SPRIMA, Standort: Lackierraum, (Inventar-Nr.:
100032);
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(13) Microplasma-Schweißanlage, Marke Messer-Griesheim, Standort: (Inventar-
Nr.: 100066);
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(14) Stanzwerkzeug für die Fertigung von Endstücken, Eigenbau, Standort.
Stanzerei, (Inventar-Nr.: 100042),
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(15) Schaltfertigungsautomat für Anschlußstücke, Marke SCHAUBLIN, Standort:
Stanzerei, (Inventar-Nr.: 100041);
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(16) 6 Justiervorrichtungen, Eigenbau, Standort: große Halle, (Inventar-Nr.:
370006);
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(17) Kompressor, Marke Blitz, Standort: Kompressorraum, (Inventar-Nr.: 370012);
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(18) Trocknerschrank, Marke Atlas Copco, Standort: Stanzerei, (Inventar-Nr.:
370020);
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(19) Kraftfahrzeug, Marke FORD, Typ Transit FT 100 Kasten, amtliches
Kennzeichen: SU-MP 420 (Inventar-Nr.: 300003);
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(20) Gabelstapler, Marke Linde, Typ E15, (Inventar-Nr.: 370030);
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(21) Zeit-Terminal, Marke GFC-Düsseldorf, Standort: große Halle
(Eingangsbereich), (Inventar-Nr.: 375001).
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Mit Urteil vom 30.6.1997, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage
- bis auf die Zinshöhe - stattgegeben. Mit der zulässigen Berufung verfolgt der Beklagte
seine Rechtsauffassung weiter, daß der Kläger ebensowenig wie der Grundstücks- und
Maschineneigentümer J. selbst von ihm für die Zeit nach Dezember 1995 aufgrund des
Mietvertrages vom 15.8.1991 oder des Pachtvertrages vom 22.8.1991 noch Miete bzw.
Pacht für das der Gemeinschuldnerin überlassene Betriebsgrundstück und die der
Gemeinschuldnerin überlassenen Maschinen des Anlagevermögens verlangen könne,
weil das Miet- und Pachtobjekt der Gemeinschuldnerin von dem Eigentümer und
Gesellschafter J. in Eigenkapital ersetzender Weise überlassen worden sei. Der
Beklagte ist ferner der Ansicht, daß der Pachtvertrag vom 22.8.1991 nicht zum
31.12.1996 beendet worden sei, weil in seinem Schreiben vom 13.3.1996 (Bl. 50 f. GA)
zugleich die Erklärung zu sehen sei, daß er die Nutzung der mit Vertrag vom 22.8.1991
verpachteten Maschinen des Anlagevermögens auch über den 31.12.1996 hinaus
fortsetzen werde. Außerdem entspreche eine kürzere Pachtdauer als 10 Jahre auch
nicht den Anforderungen der Rechtsprechung an die Geltung vertraglich vereinbarter
zeitlicher Begrenzungen im Falle Eigenkapital ersetzender Nutzungsüberlassung.
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Der Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfange
abzuweisen,
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hilfsweise, dem Beklagten Vollstreckungsschutz gemäß § 712 ZPO zu gewähren
und das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
170
Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 10.12.1997 vorsorglich gemäß § 60 KO die
Einrede der von ihm im Bundesanzeiger vom 14.4.1997 veröffentlichten
Masseunzulänglichkeit erhoben hat, beantragt der Kläger unter Anpassung seiner im
Wege der unselbständigen Anschlußberufung erweiterten Zahlungsklage,
171
1. die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß anstelle der
Zahlungsverurteilung in dem angefochtenen Urteil (dort Ziffer 1 des Urteilstenors)
festgestellt wird, daß dem Kläger eine Masseforderung mit dem Rang des § 59
Abs.1 Nr.1 KO in Höhe von 181.224,81 DM nebst Zinsen wie ausgeurteilt zusteht;
172
1. ferner festzustellen, daß dem Kläger eine weitere Masseforderung mit dem Rang
des § 59 Abs.1 Nr.1 KO in Höhe von 402.721,80 DM nebst 9,5% Zinsen aus je
40.272,18 DM seit dem 1. Tag der Monate März bis einschließlich Dezember 1997
zusteht;
173
1. hilfsweise dem Kläger nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gemäß § 712 ZPO
gegen Sicherheitsleistung abzuwenden sowie ferner hilfsweise, dem Kläger die
Befugnis einzuräumen, Sicherheitsleistung durch Bürgschaft einer deutschen
Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse stellen zu lassen.
174
Der Kläger verteidigt die Gründe des angefochtenen Urteils und vertieft sie unter
Berufung auf den Normzweck der §§ 152 Abs.2 ZVG, 32a GmbHG und die noch vor
Gründung der Gemeinschuldnerin begründete dingliche Rechtsstellung der das
Zwangsverwaltungsverfahren betreibenden Grundpfandgläubigerin. Klageerweiternd
beansprucht er die Nutzungsentschädigung in Höhe von monatlich 40.272,18 DM bis
einschließlich Dezember 1997. Mit der Umstellung der Zahlungsanträge auf
Feststellung einer entsprechenden Masseforderung gegen den Beklagten trägt er der
vom Beklagten geltend gemachten Masseunzulänglichkeit Rechnung.
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Der Beklagte beantragt,
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180
die Anschlußberufung zurückzuweisen.
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Wegen aller Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die im
Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
182
Entscheidungsgründe
183
Die Berufung des Beklagten gegen die Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des
der Gemeinschuldnerin vermieteten Betriebsgrundstücks (Urteilsausspruch zu 2.) sowie
zur Herausgabe der Maschinen und Fahrzeuge des verpachteten Anlagevermögens
(Urteilsausspruch zu 3.) bleibt in vollem Umfange erfolglos (hierzu nachfolgend unter I.).
Im übrigen führen Berufung und Anschlußberufung zu einer teilweisen Abänderung des
angefochtenen Urteils, wie zur Hauptsache im Ausspruch zu 2. dieses Urteils erkannt
(hierzu nachfolgend unter II.).
184
I.
185
1. Die Regeln über die eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung betreffen das
Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft; sie sind nicht dazu bestimmt,
bestandsfeste Einwendungen des Konkursverwalters der Gesellschaft gegenüber
dem Zwangsverwalter des belasteten Gesellschaftergrundstücks zu begründen.
Zwar ist der Miet- und Pachtvertrag, durch den das Grundstück nebst Inventar der
Gesellschaft überlassen wurde, nach § 152 Abs.2 ZVG auch dem
Zwangsverwalter gegenüber grundsätzlich wirksam. Diese Bindung des
Zwangsverwalters setzt jedoch nach der Wertung des Gesetzes voraus, daß
umgekehrt auch der Mieter/Pächter zur Zahlung des vertraglich vereinbarten Miet-
und Pachtzinses verpflichtet bleibt. § 152 Abs.2 ZVG verfolgt insoweit denselben
Schutzzweck wie § 571 BGB, der auf Leihverhältnisse oder leiheähnliche
obligatorische Nutzungsrechte anerkanntermaßen (vgl. BGH NJW 1994, 3156,
3158 m.w.Nachw.) keine Anwendung findet. Es stellt sich daher bereits die Frage,
ob die eigenkapitalersetzende Gebrauchsüberlassung nicht eher wie ein
unentgeltliches (schuldrechtliches) Nutzungsrecht zu behandeln ist, mit der Folge,
daß § 152 Abs.2 ZVG schon deshalb nicht eingreift (so Gnamm, WM 1996, 189,
190 f.). Selbst wenn man dem - wohl zu Recht - entgegenhält, daß die
Umqualifizierung der miet- und pachtweisen Überlassung eines Grundstücks in
haftendes Kapital den Rechtscharakter des Miet- und Pachtverhältnisses
unberührt lasse (so z.B. Wenzel, WiB 1997, 119, 121; Jedzig, WuB II C. § 32a
GmbHG 3.97, S. 426), muß man jedenfalls der Tatsache Rechnung tragen, daß
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GmbHG 3.97, S. 426), muß man jedenfalls der Tatsache Rechnung tragen, daß
mit der Bindung des Zwangsverwalters nach § 152 Abs.2 ZVG auf der einen Seite
die Erstreckung der Beschlagnahmewirkung auf die in den Haftungsverband (§§
1192 Abs.2, 1123 Abs.1 BGB) fallenden Miet- und Pachtzinsansprüche (§§ 148
Abs.1 S.1, 21 Abs.2 ZVG) auf der anderen Seite korrespondiert: Dem
Grundpfandgläubiger soll nach dem Surrogationsprinzip der Miet-/Pachtzins
haften, weil die Beschlagnahme die Rechte des Mieters/Pächters unberührt läßt.
Wenn diese Surrogation versagt, weil die Ansprüche auf den Miet- und Pachtzins
nach den Regeln des Eigenkapitalersatzes im Gesellschaftsvermögen gebunden
sind, so erscheint es geboten, dem Zwangsverwalter zum Ausgleich das Recht zur
Kündigung des Miet-/Pachtverhältnisses zuzugestehen, um das Grundstück nebst
Inventar anderweitig zugunsten der Grundpfandgläubiger zu verwerten (Brandes
in EWIR § 32a GmbHG 4/97 und ders. bereits in Priester/Timm, Abschied von der
Betriebsaufspaltung?, 1990, S. 43, 45). Wird der Gesellschaft auf diese Weise der
Gebrauch des Grundstücks infolge der Zwangsverwaltung entzogen, ist der
Interessenausgleich im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter zu
suchen: der Gesellschafter hat den Nutzungswert zu erstatten (so auch Lauer, WM
1990, 1693, 1695; Uhlenbruck in Festschrift Heinsius, 1991, S. 841, 852 f.; Jedzig,
a.a.O.).
2. Es kann zwar nicht - wie das OLG München, WM 1997, 440 = Rpfl. 1997, 177 m.
Anm. Wenzel) meint - als "dingliche Rechtsänderung zugunsten der
Konkursmasse" angesehen werden, "wenn die bereits erfolgte Verhaftung der
Zinsen über die Grundschuld nicht zur Wirksamkeit käme". Vor der
Beschlagnahme kann der Eigentümer grundsätzlich frei auch über den Miet- oder
Pachtzins verfügen. Insoweit ist daher die Annahme folgerichtig: Auf Rechte des
Gesellschaftereigentümers, die infolge des kapitalersetzenden Charakters der
Nutzungsüberlassung nicht durchsetzbar sind, kann auch der
Grundpfandgläubiger nicht zugreifen (in diesem Sinne OLG Karlsruhe, ZIP 1997,
1758 im Anschluß an BGHZ 109, 55 = NJW 1990, 516). Das entspricht - mit der
Einschränkung aus § 1124 Abs.2 BGB - den sachenrechtlichen
Zuordnungsprinzipien, trägt jedoch zur interessengerechten Lösung des Konflikts
zwischen den Kapitalerhaltungsvorschriften des Gesellschaftsrechts und der
Verwertung eines Gesellschaftergrundstücks durch den Zwangsverwalter
zugunsten der Grundpfandrechtsgläubiger nichts bei. Hätte die Gesellschaft
anstelle der miet- und pachtweisen Nutzungsüberlassung das Eigentum am Miet-
und Pachtobjekt erhalten, hätte sie dieses bei Anordnung der Zwangsverwaltung
nicht unentgeltlich weiter nutzen können. Der Schutz einer kapitalersetzenden
Gebrauchsüberlassung kann aber schwerlich weiterreichen als wenn die
Gesellschaft Eigentümerin geworden wäre (Gnamm, WM 1996, 189, 191).
Andererseits würde eine Verwertung des Gesellschaftergrundstücks im Wege der
Zwangsversteigerung - so sie denn überhaupt wirtschaftlich sinnvoll wäre - trotz
des Ausnahmekündigungsrechts des Erstehers (§ 57a ZVG) in der Regel daran
scheitern, daß kein Interessent zu wertentsprechenden Geboten bereit wäre,
solange das Grundstück noch als Gesellschaftsvermögen nutzungsgebunden ist.
Schließlich wären Gesellschaftergrundstücke als Kreditgrundlage von vornherein
entwertet, wenn der kreditierende Grundpfandgläubiger dem Einwand der
kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung des Grundstücks durch die Gesellschaft
bzw. den Konkursverwalter ausgesetzt wäre. Es ist nach Auffassung des Senats
keineswegs eine hinzunehmende Konsequenz, daß - wie auch der Beklagte
einräumt - eine fortbestehende Bindung des Zwangsverwalters nach Maßgabe der
für eine kapitalersetzende Gebrauchsüberlassung entwickelten Grundsätze "zu
einer erheblichen Erosion der Grundpfandrechte in den Fällen führt, in denen der
Grundeigentümer zugleich Gesellschafter der Mieterin/Pächterin ist" (Bl. 41 GA).
3. Gesellschaftsrechtliche Bindungen, die ihre Rechtfertigung in der besonderen
Finanzierungsverantwortung des Gesellschafters für seine Gesellschaft finden,
können nicht uneingeschränkt auf außenstehende Kreditgeber erstreckt werden,
die durch Grundpfandrechte auf einem dem Gesellschafter gehörenden
Betriebsgrundstück abgesichert sind. So ist denn auch anerkannt, daß der
Zwangsverwalter unbeschadet der grundsätzlichen Bindung an bestehende Miet-
und Pachtverhältnisses nicht in gesellschaftsrechtliche Haftungsverhältnisse
eintritt, die lediglich im Innenverhältnis zwischen dem Gesellschafter und der
Gesellschaft begründet sind. Demgemäß muß der Zwangsverwalter auch dem
Einwand einer kapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung im Interesse der
betreibenden Grundpfandgläubiger wirksam begegnen können. Der
Interessenausgleich hat dann folgerichtig im Verhältnis von Gesellschaft und
Gesellschafter zu erfolgen. Letzterer ist zwar grundsätzlich nicht verpflichtet,
anstelle der weiteren Überlassung der Gegenstände den Wert des Nutzungsrechts
in Geld zu ersetzen. Ein solcher Wertersatzanspruch besteht jedoch
beispielsweise dann, wenn die weitere Nutzungsüberlassung dadurch unmöglich
wird, daß der Gesellschafter die Gegenstände gegen den Willen der Gesellschaft
oder des Konkursverwalters veräußert (BGH NJW 1994, 2349). Ein solcher
Ausnahmefall ist auch dann gegeben, wenn der Zwangsverwalter das zur
kapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung umqualifizierte Miet- und
Pachtverhältnis wegen der damit fehlenden rechtlichen Durchsetzbarkeit der Miet-
und Pachtzinsansprüche kündigt und die Herausgabe vom Konkursverwalter
verlangt, wie dies hier mit Schreiben vom 17. Januar 1997 (Bl. 53 f. GA) für das
Mietobjekt geschehen ist. Der Konkursverwalter kann die Herausgabe nicht unter
Berufung auf die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze zur kapitalersetzenden
Gebrauchsüberlassung verweigern, sondern muß sich dann auf einen
Erstattungsanspruch gegen den Gesellschafter in Höhe des Nutzungswertes
verweisen lassen.
4. Im vorliegenden Fall kommt hinzu: Der Pachtvertrag vom 22.8.1991 über das
Anlagevermögen endete bereits ohne Kündigungserklärung mit Ablauf der fest
vereinbarten Pachtdauer, somit zum 31.12.1996, weil der Beklagte von der
vertraglichen Pächteroption, durch schriftliche Erklärung in der Zeit bis zum
30.6.1996 eine Verlängerung des Pachtverhältnisses um weitere 5 Kalenderjahre
zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht hat. Daß diese vertragliche Regelung
auch unter den Gesichtspunkten der kapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung
bedenkenfrei ist, daß ferner das Schreiben des Beklagten vom 13.3.1996 (Bl. 50 f.
GA) nicht als wirksame Ausübung des Optionsrechts verstanden werden kann, hat
das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend begründet (§ 543 Abs.1 ZPO).
Die Berufung zeigt nichts auf, was dem Senat Veranlassung zu weiteren
Ausführungen hierzu geben könnte. Bereits in dem im Vorprozeß (9 0 132/96 LG
Bonn) ergangenen Urteil vom 7.10.1996 hat die Zivilkammer auf den engen
zeitlichen und sachlichen Zusammenhang des Grundstücksmietvertrages vom
15.8.1991 und des Anlagenpachtvertrages vom 22.8.1991 hingewiesen und hierzu
ausgeführt (Seite 16 f):
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188
"Auch wenn in § 2 des Mietvertrages keine feste Laufzeit entsprechend der Regelung
im Pachtvertrag vereinbart ist, so sind doch beide Verträge im Abstand von nur
wenigen Tagen unterzeichnet worden und dienten dazu, den Betrieb der Einzelfirma
des Klägers auf die GmbH zu verlagern. Anhaltspunkte dafür, daß hiernach eine
unterschiedliche Laufzeit beider Verträge gewollt gewesen sein könnte, sind damit
nicht erkennbar, so daß einiges dafür spricht, daß der Mietvertrag über das
Betriebsgrundstück jedenfalls nicht vor dem Ablauf des Pachtvertrages über das
sonstige Anlagevermögen und damit nicht vor dem 31.12.1996 enden sollte."
189
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190
Damit hält die vereinbarte Vertragsdauer der Gebrauchsüberlassung unter
Berücksichtigung der einseitigen Verlängerungsmöglichkeit auf 10 Jahre insgesamt
einem Fremdvergleich bedenkenfrei stand (der Beklagte geht selbst davon aus, daß
eine 10-jährige Laufzeit angemessen sei, Bl. 40 GA).
191
5. Demgemäß war der Kläger nach dem Scheitern seiner Bemühungen um eine
einvernehmliche Neuregelung des Mietverhältnisses zu der im Schreiben vom
17.1.1997 ausgesprochenen fristlosen Kündigung unter Aufforderung zur
Räumung und Herausgabe des Mietobjekts bis zum 31.1.1997 berechtigt. Der
Pachtvertrag war ohnehin bereits zum 31.12.1996 ausgelaufen; insoweit bedurfte
es keiner gesonderten Kündigung durch den Zwangsverwalter mehr. Das
Verlangen auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts umfaßte daher
sinngemäß auch die Herausgabe des Anlagevermögens.
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II.
195
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, daß dem Kläger zwar keine Miet-
und Pachtzinsansprüche für die Zeit bis zum 31.1.1997, wohl aber ein Anspruch auf
Nutzungsentschädigung gemäß §§ 557 Abs.1, 584b BGB für die hier geltend gemachte
weitere Nutzungsdauer von Februar bis Dezember 1997 (einschließlich) in Höhe von 11
x 40.272,18 DM = 442.993,98 DM zusteht. Der von dem Beklagten rechtswirksam
erhobenen Einrede der Masseunzulänglichkeit gemäß § 60 KO (bei nicht feststehender
Quote) hat der Kläger - der wohl einhelligen Auffassung der Rechtsprechung folgend
(z.B. BAG AP Nr. 1 zu § 60 KO m. Anm. Henckel; OLG Köln, ZIP 1980, 855; BSG ZIP
1981, 1108; OLG Düsseldorf, ZIP 1995, 2003 = WM 1996, 319; zu teilweise
abweichenden Lösungsvorschlägen im Schrifttum vgl. Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., §
60 Rdnr. 3d ff.) - durch Beschränkung seiner Zahlungsanträge auf die Feststellung einer
als Masseschuld mit dem Rang des § 59 Abs.1 Nr.1 KO (richtig: § 59 Abs.1 Nr.2 KO, vgl.
BGH NJW 1984, 1527) zu berichtigenden Forderung sachgemäß Rechnung getragen.
196
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1. Der Senat folgt der bereits oben unter I.1. dargelegten Auffassung, daß der
Zwangsverwalter ebensowenig wie der Gesellschafter Zahlung des Mietzinses für
eine kapitalersetzend wirkende Nutzungsüberlassung verlangen kann, solange
das Mietverhältnis nicht beendet ist (vgl. auch BGH NJW 1993, 2179 - eine
Mietzinsklage des Zwangsverwalters gegen den Konkursverwalter für die Zeit vor
einvernehmlicher Aufhebung der Mietverträge betreffend), daß dem
Zwangsverwalter jedoch zum Ausgleich des versagenden Surrogationsprinzips
ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des zugrundeliegenden Miet- bzw.
Pachtvertrages zuzubilligen ist. Auf diese Weise wird dem Zwangsverwalter
ermöglicht, das Grundstück zugunsten des/der betreibenden
Grundpfandgläubiger(s) neu zu vermieten, ohne durch
Kapitalerhaltungsvorschriften behindert zu sein. Wenn man davon ausgeht, daß
die Mieter- und Pächterrechte auch bei einer kapitalersetzenden
Gebrauchsüberlassung gemäß § 152 Abs.2 ZVG gegenüber dem
Zwangsverwalter wirksam bleiben, ohne daß andererseits die dafür als
Surrogation dienenden Miet- und Pachtzinsen verlangt werden können, dann muß
dem Zwangsverwalter auch die Möglichkeit eingeräumt werden, dieses Miet- oder
Pachtverhältnis aus wichtigem Grunde vorzeitig zu beenden, um entweder eine
neue Nutzungsvereinbarung mit dem Konkursverwalter zu treffen oder das
Grundstück für eine anderweitige Verwertung freizubekommen. Ein solches
Kündigungsrecht kann jedenfalls aus § 242 BGB hergeleitet werden (dazu, daß
durch die gesetzliche Regelung in § 554a BGB eine aus § 242 BGB hergeleitete
Kündigung aus wichtigem Grund nicht ausgeschlossen wird, vgl. BGH NJW 1996,
714). Zwar kann nach der Rechtsprechung des BGH eine solche Kündigung aus
wichtigem Grunde auf Umstände, die dem Einfluß des Kündigungsgegners
entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren,
nur ausnahmsweise gestützt werden, nämlich wenn die Voraussetzungen
gegeben sind, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der
Geschäftsgrundlage zur Lösung vom Vertrage berechtigen. Das ist hier
unabhängig davon, ob die aus Gründen des Eigenkapitalersatzes eingetretene
Bindung der Miet- und Pachtzinsen eher dem Risikobereich der
Grundpfandgläubiger des Gesellschaftereigentümers als demjenigen der
Gläubiger der Gemeinschuldnerin zuzurechnen ist, zu bejahen. Da die
Erstreckung der Beschlagnahmewirkung auf die Miet- und Pachtzinsen die
Kehrseite der gemäß § 152 Abs.2 ZVG von der Beschlagnahme unberührt
bleibenden Mieter- und Pächterrechte darstellt, entfällt die vom Gesetz
vorausgesetzte Grundlage für eine Bindung des Zwangsverwalters an den Miet-
und Pachtvertrag, wenn die Miet- und Pachtzinsen wegen der kapitalersetzend
gewordenen Nutzungsüberlassung im Gesellschaftsvermögen gebunden bleiben.
2. Daraus folgt: Der Beklagte schuldet erst von dem Zeitpunkt ab, zu welchem er
nach dem Scheitern der Vergleichsgespräche der Parteien mit
Kündigungsschreiben des Klägers vom 17.1.1997 zur Räumung und Herausgabe
des Mietobjekts aufgefordert wurde, eine Nutzungsentschädigung für die Dauer
der Vorenthaltung ab 1.2.1997. Die Höhe der vom Kläger berechneten
Nutzungsentschädigung für die Vorenthaltung des Betriebsgrundstücks nebst
Anlagevermögen bis einschließlich Dezember 1997 ist rechnerisch unstreitig. Der
Beklagte bestreitet zwar, daß der Kläger durch eine anderweitige Verwertung des
von ihm herausverlangten Betriebsgrundstücks und der von ihm herausverlangten
Gegenstände des Anlagevermögens monatliche Miet- oder Pachteinnahmen in
entsprechender Höhe hätte erzielen können. Dieses Bestreiten ist jedoch
gegenüber dem hier zu beurteilenden Anspruch auf Nutzungsentschädigung
gemäß §§ 557 Abs.1, 584b BGB unerheblich. Der Entschädigungsanspruch
beruht zwar nicht auf einem Vertrag, weil er gerade die Beendigung des Miet- und
Pachtverhältnisses voraussetzt. Er ist jedoch vertragsähnlicher Natur und tritt im
Rahmen des Abwicklungsschuldverhältnisses an die Stelle des ursprünglichen
Miet- und Pachtzinsanspruchs. Daß die Miet- und Pachtzinsen aus Gründen des
Eigenkapitalersatzes im Gesellschaftsvermögen gebunden waren, ändert nichts
daran, daß Miet- und Pachtzinsansprüche in der unstreitigen Höhe bestanden und
von der Beschlagnahme erfaßt wurden; sie konnten lediglich im Konkurse der
GmbH nicht geltend gemacht werden, weil sie nicht aus freiem, das Stammkapital
übersteigendem Vermögen erfüllt werden konnten. Der Rechtsgedanke des § 557
Abs.1 BGB, daß der dem Vermieter die Sache vorenthaltende Mieter nicht besser
stehen soll, als er bei Fortdauer des Mietvertrages stünde, findet daher auch hier
auf den Zeitraum nach dem 1.2.1997 Anwendung.
3. Verzugszinsen stehen dem Kläger nur in gesetzlicher Höhe zu (§ 288 Abs.1 ZPO).
Der Kläger ist gehindert, einen höheren Verzugsschaden aus dem zusätzlichen
Aufwand des Schuldners des Zwangsverwaltungsverfahrens für an die
betreibende Gläubigerin zu zahlende Kreditzinsen herzuleiten. Zum einen ist
schon keine Grundlage für eine Berechtigung des Klägers zur Liquidation dieses
Drittschadens ersichtlich. Zum anderen verletzt der Beklagte durch die
Nichtzahlung der Nutzungsentschädigung keine dem Schuldner des
Zwangsverwaltungsverfahrens gegenüber bestehenden Pflichten; diesem
schuldet er wegen der eigenkapitalersetzenden Bindung der
Gebrauchsüberlassung weder Miet- und Pachtzinsen noch eine
Nutzungsentschädigung.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO. Dem
Vollstreckungsschutzantrag des Beklagten (§ 712 ZPO) vermochte der Senat nur
in eingeschränktem Umfang zu entsprechen. Der Senat bejaht zwar die
Voraussetzung eines nicht zu ersetzenden Vollstreckungsnachteils wegen der
damit verbundenen Existenzvernichtung des nach den glaubhaft gemachten
Angaben des Konkursverwalters sanierungsfähig erscheinenden Unternehmens.
Das Urteil - wie vom Beklagten beantragt - nicht für vollstreckbar zu erklären, ist
indessen mit dem vorrangigen Gläubigerinteresse nicht zu vereinbaren. Es ist dem
Kläger nur dann zuzumuten, von einer Vollstreckung der Räumungs- und
Herausgabeverurteilung bis zur Rechtskraft dieses Urteils oder bis zu einer
anderweitigen Revisionsentscheidung abzusehen, wenn und solange der
Beklagte ihm laufend Sicherheit in der Größenordnung der in diesem Zeitraum
fällig werdenden Nutzungsentschädigung leistet (beginnend ab dem auf die
Verkündung dieses Urteils folgenden Monat).
Streitwert für die Berufungsinstanz bis (einschließlich) zur Erörterung der
Sache:885.850,59 DM (523.400,97 DM für die Berufung und 362.449,62 DM für die
Anschlußberufung);
198
sodann: 536.825,03 DM (303.176,16 DM + 39.000,00 DM + 194.648,87 DM).
199
Mit der nach der Erörterung der Sache vorgenommenen Beschränkung der
Zahlungsanträge auf Feststellung (im Hinblick auf die vom Beklagten geltend gemachte
Masseunzulänglichkeit) findet auch die streitwertbeschränkende Vorschrift des § 148
KO entsprechende Anwendung (BGH NJW-RR 1988, 689). Die
200
Nutzungsentschädigungsansprüche des Klägers fallen zwar in die 1. Rangordnung des
§ 60 KO. Nach Abzug der ab Anzeige der Masseunzulänglichkeit vorweg zu
befriedigenden Konkursverwaltervergütung (vgl. BGH NJW 1992, 692 und BVerfG NJW
1993, 2861) bleiben von den liquiden Mitteln (gemäß Aufstellung per 30.11.1997) nur
noch weniger als 200.000,00 DM übrig. Der Senat bemißt die Feststellungsanträge
daher nur mit 1/3 des Nennbetrages der zuletzt bis einschließlich Dezember 1997
beanspruchten Miet- und Pachtzinsen (1/3 von 583.946,61 DM = 194.648,87 DM).
Der Kläger ist durch dieses Urteil in Höhe von 46.984,21 DM beschwert (1/3 von
140.952,63 DM); die Urteilsbeschwer des Beklagten beträgt 489.840,82 DM.
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