Urteil des OLG Köln vom 25.11.1992

OLG Köln (kläger, verhältnis zu, fläche, frist, verjährung, minderung, betrag, höhe, verjährungsfrist, beschwer)

Oberlandesgericht Köln, 11 U 33/92
Datum:
25.11.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
11. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 U 33/92
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 8 O 1/91
Schlagworte:
Werkvertrag Gewährleistung Verjährungsfrist
Normen:
BGB §§ 634, 635
Leitsätze:
Für Gewährleistungsansprüche wegen mangelhafter Hofbefestigung aus
Verbundpflaster (in Mörtelbett) gilt die für Bauwerke geltende
Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 638 Abs. 1 BGB). Auch bei Bejahung
eines Verschuldens kann eine Neuherstellung nicht verlangt werden,
wenn die Beseitigung eines Mangels einen unverhältnismäßigen
Aufwand erfordern würde.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19. Dezember 1991
verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgericht Aachen - 8 O 1/91
- wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers wird das
angefochtene Urteil unter Zurückweisung seines weitergehenden
Rechtsmittels abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Die
Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40.588,18 DM nebst 4 % Zinsen
seit dem 14. Januar 1991 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage
abgewiesen. Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger zu
45 % und die Beklagte zu 55 %. Die Kosten der beiden
Nebeninterventionen werden den Nebenintervenienten zu jeweils 55 %
und dem Kläger zu 45 % auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens
tragen der Kläger zu 42 % und die Beklagte zu 58 %. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Beide Berufungen sind zulässig. Die der Beklag-ten ist unbegründet, die des Kläger ist
zum Teil begründet und im übrigen ebenfalls zu-rückzuweisen. Insgesamt hat die
Beklagte gemäß §§ 634, 635 BGB an den Kläger 40.588,18 DM zu zahlen.
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Daß die Werkleistung der Beklagten nicht ver-tragsgemäß und damit mangelhaft ist, ist
trotz der von ihr vorgenommenen Gleichsetzung mit ei-nem Kunstwerk nicht
zweifelhaft. Geschuldet war ein einheitliches Erscheinungsbild des Hofpfla-sters, was
die Verwendung gleich beschaffenen Materials voraussetzte. Tatsächlich sind aber
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zwei Sorten anthrazitfarbener Steine mit un-terschiedlicher Einfärbung durch
Eisenoxyd und eine weitere Sorte mit Rußeinfärbung verwendet worden, was unter
Sonneneinwirkung zu einem verschieden starken und verschieden schnellen
Ausbleichen führt. Eine völlige Farbechtheit konnte aus technischen Gründen offenbar
bei keinem Material erwartet werden. Abgesehen von gewißen Abweichungen infolge
unterschiedlicher Intensität der Sonneneinstrahlung war aber ein gleichmäßiges
Fortschreiten des Farbverlustes als selbstverständlich vorausgesetzt worden.
Demgegenüber haben jetzt nur noch die beiden ersten Steinsorten ein
anthrazitfarbenes, aber nicht eiheitliches Aussehen. Die dritte Fläche ist inzischen
hellgrau geworden.
Ansprüche des Klägers wegen der Mangelhaftig-keit sind nicht verjährt.
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Maßgebend ist die nach § 638 Abs. 1 BGB für Bauwerke geltende Frist von 5 Jahren,
die am 2. Januar 1991 bei der Einreichung der dann alsbald am 14. Januar 1991
zugestellten Klage noch nicht abgelaufen war.
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Es kann nicht festgestellt werden, daß die Par-teien die VOB zum Vertragsinhalt
gemacht haben, deren zweijährige Verjährung gemäß § 13 Nr. 4 bei Klageerhebung
bereits abgelaufen gewesen wäre; weil die Aufforderungsschreiben des Klä-gers vom
12. September 1989 und vom 13. August 1990 konnten die Verjährung nicht mehr
unter-brechen, weil dazu nach § 13 Nr. 5 nur das erste Nachbesserungsverlangen
geeignet ist, das der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen schon 1987 erklärt hat.
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Nach der Aussage des Architekten G. hat der Kläger den Vertrag selbst
abgeschlossen. In welcher Weise das geschehen ist und welche Schriftstücke dabei
zum Vertragsinhalt gemacht worden sind, wird nicht näher vorgetragen.
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Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, welche Bestimmungen in den nicht
vorgeleg-ten Zahlungs- und Verkaufsbedingungen der Be-klagten enthalten sind, auf
die in ihrem Ange-bot vom 1. Juli 1986 bezug genommen worden ist.
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Das Auftragsschreiben des Architekten vom 9. Juli 1986 ist nur von der Beklagten als
Auftragnehmerin unterzeichnet worden. Überdies enthalten die Vertragsbedingungen
des Architek-ten, auf die sich die Bezugnahme im Auftrags-schreiben erstrecken soll,
zwar eine Einbezie-hung an VOB, unter Ziffer 5 für die Gewährlei-stung aber eine
Verweisung auf das BGB und die Festlegung einer Frist von 5 Jahren.
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Richtet sich nach allem die Verjährung nach § 638 BGB, so ist die für die Bauwerke
geltende Frist von 5 Jahren maßgebend und nicht die für Arbeiten an einem
Grundstück festgelegte Frist von einem Jahr. Der Senat hat allerdings in ei-nem Urteil
vom 20. Dezember 1991 (11 U 190/91) für die damals zu beurteilenden Pflasterarbei-
ten eine Verjährungsfrist von einem Jahr zu-grunde gelegt. Er hat die Revision
zugelassen, die eingelegt worden ist und über die anschei-nend noch nicht
entschieden worden ist. Zu unterschiedlichen Auffassungen bei der Beurtei-lung der
Verjährung sind die Oberlandesgerichte Schleswig und Stuttgart gelangt (BauR
1991/663 bzw. 662).
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Von dem die im Urteil vom 20. Dezember 1991 zu-grundeliegenden Sachverhalt
unterscheidet sich der hier gegebene dadurch, daß die Pflasterung des Hofplatzes des
Klägers wegen des Mörtelbet-tes eine erhöhte Festigkeit besitzt. Aus die-sem Grunde
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ist das Pflaster in der mündlichen Verhandlung als eine "liegende Mauer" bezeich-net
worden, was ein Bauwerk beschreibt. Es ist eine feste Verbindung mit dem Untergrund
herbeigeführt worden. Inzwischen hat der Bun-desgerichtshof das oben erwähnte
Urteil des OLG Stuttgart aufgehoben und auch für die ihm zu-grundeliegende
Beschaffenheit eines Hofplatzes eine Frist von 5 Jahren bejaht (WM 1992/12919).
Ansprüchen des Klägers steht ferner nicht die Vereinbarung von 1988 über eine
Ausgleichszah-lung von 1.600,00 entgegen. Dieser Vertrag ist gemäß § 779 BGB
unwirksam.
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In Übereinstimmung mit der Beklagten und entge-gen den Ausführungen des
Landgerichts ist davon auszugehen, daß an sich eine abschließende Re-gelung
gewollt war.
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Im Schreiben vom 24. März 1988, mit dem Beklag-te den Scheck über 1.600,00 DM
übersandt hat, hat sie ohne Widerspruch des Klägers erklärt: "Hierdurch ist die
vorgetragene Reklamation ge-mäß Ihrem Einverständnis erledigt".
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Der Zeuge R. hat sich nur recht vage erinnert, meint aber jedenfalls, die beteiligten
seien so auseinandergegangen, daß Differenzen nicht mehr bestanden hätten. Der
Zeuge N. hat bekundet, es sei eine Zahlung von 1.600,00 DM vereinbart worden,
obwohl es sich um eine Farbabweichung gehandelt habe, wie sie von der
Betonindustrie zugelassen werde.
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Nach der Aussage des Zeugen Z. ist bei den Vorgesprächen, die er nach seinen
Bekundungen mitgehört, der Betrag als Entschädigung für die Zeit bis zur Angleichung
der Farben bezeichnet worden.
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Entgegen den Ausführungen des Landgerichts wäre auch das eine abschließende
Einigung, nämlich in der Annahme, die Farbunterschiede würden alsbald
verschwinden. Daraus erklärt sich auch der geringe Betrag, aus dem das Landgericht
herleitet, es spreche gegen eine abschließende Regelung.
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Die Aussage des Zeugen Z. stimmt überein mit der Darstellung des Klägers zu den
gemeinsamen Erwartungen im Schreiben vom 12. September 1989 dem die Beklagte
nicht entgegengetreten ist, daß sie und die Nebenintervenientin zu 1 a vielmehr zum
Anlaß genommen haben, die Angele-genheit zu überprüfen und sich gemäß
Schreiben vom 27. September 1989 im Interesse des Klägers an die
Nebenintervenientin zu 2 zu wenden.
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Unter diesen Umständen bestehen keine durch-greifenden Zweifel an der
Glaubwürdigkeit des Zeugen Z.. Eine erneute Vernehmung ist nicht erforderlich, da
auch das Landgericht von der Glaubwürdigkeit ausgegangen ist. Es hat den Zeugen
auch nicht anders verstanden, sondern hat nur andere rechtliche Folgerungen aus den
Angaben gezogen.
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Der Vergleich, der darin zu sehen ist, daß die Parteien sich unter beiderseitigen
Nachgeben darüber geeinigt haben, ob überhaupt ein Mangel vorlag und wie dieser zu
bewerten war, ist ge-mäß § 779 BGB unwirksam, da der nach dem Inhalt des
Vertrages als feststehend zugrundegelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht
entsprach und derjenige Streit, der durch den Vergleich beigelegt werden sollte, bei
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Kenntnis der Sach-lage gar nicht entstanden wäre.
Es ist nicht zweifelhaft, daß der Kläger sich nicht mit einem Betrag von 1.600,00 DM
hätte abfinden lassen, wenn er damit gerechnet hätte, daß sich im Laufe weniger Jahre
der jetzige Zustand ergeben würde. Aber auch die Beklagte trägt nicht vor, andere
Erkenntnisse bezüglich der künftigen Entwicklung gehabt zu haben. Darauf könnte sie
sich auch nicht berufen, weil ihr gegebenenfalls zum Vorwurf zu machen wäre, den
Kläger getäuscht zu haben.
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Für die hellgrau gewordene Fläche, die sich unstreitig auf 675 qm beläuft, steht dem
Kläger ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 675 x 57,20 DM = 38.600,00 DM zu.
Nach dem er die Be-klagte mit Schreiben vom 13. August 1990 unter Fristsetzung und
Ablehnungsandrohung vergeblich zur Nachbesserung aufgefordert hat, kann er nach
§§ 634, 635 BGB vorgehen. Daß er sich bei den Vergleichsverhandlungen bereit
erklärt hat, der Beklagten trotzdem noch Gelegenheit zur ei-genen Nachbesserung zu
geben, bindet ihn nicht, nachdem die Verhandlungen gescheitert sind.
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Die Beklagte hat nicht hinreichend dargelegt, daß sie in Bezug auf das Material kein
Ver-schulden trifft. Da dieses in verschiedenen Partien angeliefert wurde, mußte sie
erhöhtem Maße auf eine einheitliche Beschaffenheit ach-ten. Das gilt auch für ihre
Mitarbeiter, für die sie einzustehen hat, und die alle Abwei-chungen bei dem Aussehen
und der Kennzeichnung zum Anlaß für Nachprüfungen nehmen mußten.
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Die Höhe des vom Kläger im Anschluß an das Angebot der Firma H. geforderten
Betrages von 57,20 DM pro qm ist angemessen. Dabei kann es dahingestellt bleiben,
ob die Preisermittlung der Firma H. in allen Einzelheiten zutreffend ist. Insgesamt
erscheint sie aber nicht als überhöht.
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Immerhin hat die Beklagte im Jahre 1986 für die erstmalige Pflasterung einer Fläche
von 1.471,54 qm folgende Beträge vereinbart:
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PLanum herstellen 5,50 DM
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Mineralbeton 11,50 DM
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Verbundsteinpflaster 31,00 DM
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48,00 DM
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Jetzt müssen Pflasterung und Mörteluntergrund erneuert werden und ist das Planum
zumindest auszubessern. Es kommen die Kosten für das Ent-fernen der Steine und
des Mörtels und den Ab-transport hinzu.
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Mehrwertsteuer auf die Ersatzbeträge ist dem Kläger nicht zuzuerkennen, da die
Beklagte un-widersprochen vorträgt, er sei zum Vorsteuerab-zug berechtigt.
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Bezüglich der Fläche von 405 qm ist dagegen nur eine Minderung berechtigt, die auf
25 % von 405 x 31,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, insge-samt 3.578,18 DM
festgesetzt wird.
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Auch diese Fläche ist mangelhaft. Es wäre zwar nichts dagegen einzuwenden
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gewesen, wenn die Beklagte den gesamten Hof mit Steinen gepfla-stert hätte, wie sie
für die 405 qm verwendet worden sind. Nachdem sie aber einen Teilbereich mit den
jetzt dunkleren Steinen belegt hatte, war damit vorgegeben, wie die übrige Hoffläche
auszusehen hatte.
Es ist jedoch kein Verschulden der Beklagten ersichtlich. Es handelt sich um Steine
dersel-ben Herstellungsart wie die erste Lieferung. Damit entfielen Angaben bezüglich
des Herstel-lers oder der Produktionsweise als Unterschei-dungskriterien. Daß die
1986 vorhandenen Farb-töne für sich allein keinen besonderen Verdacht rechtfertigten,
ergibt sich daraus, daß der Kläger die Leistung unbeanstandet abgenommen hat.
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Es kommt hinzu, daß auch bei Bejahung eines Verschuldens eine Neuherstellung
nicht verlangt werden könnte. Der Unternehmer kann nach § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB
die Beseitigung eines Mangels verweigern, wenn sie ein unverhältnismäßigen
Aufwand erfordert (vgl. BGH NJW 1986/311).
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So verhält es sich hier. Gegenüber dem bei einer Neuerherstellung erforderlichen
Preis von 57,20 DM pro qm fällt vor allem ins Gewicht, daß der Erfolg einer
Auswechslung des Pflasters fragwürdig wäre. Es ist unstreitig, daß eine
Farbanpassung an die vertragsgemäß beschaffene Fläche allenfalls unter großen
Schwierigkeiten und eher durch einen gewissen Zufall erreichbar wäre und daß erst
recht keine Gewähr besteht, daß künftige Änderungen, wie sie durchaus zu erwarten
sind, denselben Verlauf nehmen.
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Ein etwaiges Verschulden des Beklagten, daß ebenfalls berücksichtigt werden müßte
(vgl. BGH WM 1987/1561) wäre jedenfalls gering und recht-fertigt keinen strengeren
Maßstab.
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Es verbleibt dann ein Anspruch des Klägers auf Minderung der Vergütung, diese kann
sich, da die Fläche von 405 qm als solche handwerklich einwandfrei ist, nur aus dem
Verhältnis zu dem vertragsgemäß beschaffenen Teilbereich ergeben. Ausgehend von
dem Vertragspreis für die Pfla-sterung von 31,00 DM pro qm wird die Minderung, die
sich daraus ergibt, daß der Kläger eine Farbabweichung in Kauf nehmen muß, auf 25
% geschätzt. Zu der Summe kommt die Mehrwertsteu-er hinzu, denn wegen der
Preisherabsetzung ist auch der frühere Vorsteuerabzug des Klägers rückgängig zu
machen.
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Auf die Ersatzbeträge muß der Kläger sich die gezahlten 1.600,00 DM anrechnen
lassen, für die die Rechtsgrundlage entfallen ist. Es verbleibt dann eine Forderung von
40.588,18 DM.
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Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 291 BGB.
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Der Feststellungsantrag des Klägers ist unbe-gründet. Ungenauigkeiten bei der
Bezifferung der Ersatz- und Minderungsbeträge beruhen dar-auf, daß diese geschätzt
werden müssen, und ändern nichts daran, daß die Höhe der Ansprüche des Klägers
abschließend beurteilt wird. Es wird nicht dargetan, daß eine Wahrscheinlich-keit
gegeben ist, daß noch andersartige Schäden und noch unverjährte Ansprüche in
Betracht kom-men könnten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 Abs. 1, 101 ZPO, die Entscheidung
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über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 70.000,00 DM
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Beschwer der Beklagten: 40.588,18 DM
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Beschwer des Klägers: ca. 29.500,00 DM
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