Urteil des OLG Köln vom 22.11.1996

OLG Köln (kooperation, zusammenarbeit, uwg, beteiligung, teil, dienstleistung, bezug, beirat, gestaltung, geschäftsführung)

Oberlandesgericht Köln, 6 U 69/96
Datum:
22.11.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 69/96
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 0 861/95
Tenor:
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 27. Februar 1996
verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 0
861/95 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens
werden der Antragsgegnerin auferlegt.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
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Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Das Landgericht hat auch nach dem Berufungsvorbringen der Parteien zu Recht der
Antragsgegnerin mit Zif-fer 1.1. der einstweiligen Verfügung vom 22. Dezember 1995
die Verwendung des Hinweises "in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer"
in der von der Antrag-stellerin konkret beanstandeten und in der erwähnten
Beschlußverfügung wiedergegebenen Gestaltung untersagt und dieses
Unterlassungsgebot mit dem angefochtenen Ur-teil bestätigt.
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In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist davon aus-zugehen, daß die angegriffene
Form der Verwendung des Hinweises "in Kooperation mit der Bundesrechtsanwalts-
kammer" gemäß § 3 UWG unzulässig ist, denn ein nicht unbeachtlicher Teil der davon
angesprochenen Verkehrs-
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kreise wird dadurch in relevanter Weise über die Art und den Umfang der Kooperation
der Antragsgegnerin mit der Bundesrechtsanwaltskammer getäuscht. Die - durch die
Wettbewerbshandlung der Antragsgegnerin unmittelbar verletzte und damit auch ohne
Rückgriff auf § 13 Abs. 2 Ziff. 1 UWG klagebefugte und aktivlegitimierte - An-
tragstellerin kann deshalb von der Antragsgegnerin ge-mäß § 3 UWG Unterlassung
verlangen, wie mit dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung geltend ge-
macht.
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"Kooperation" bedeutet "Zusammenarbeit". Welcher Art diese Zusammenarbeit ist, wie
intensiv sie ist, welche Rechte den beteiligten Partnern zustehen, ob z.B. beide Partner
gleichberechtigt sind oder ein Partner nur ein Recht auf Anhörung hat sowie welche
Bereiche von der Zusammenarbeit erfaßt werden, wird allein durch die Angabe
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"Kooperation" noch nicht vermittelt. Eine ge-setzliche Definition dieses Begriffs gibt es
unstreitig nicht. Angesichts der zahlreichen Möglichkeiten, wie eine
Zusammenarbeit/Kooperation im Einzelfall jeweils gestaltet sein kann, liegt es auf der
Hand, daß es auch keinen einheitlichen Sprachgebrauch für diesen Begriff geben
kann. Handelt es sich danach bei "Kooperation" um eine mehrdeutige Angabe, muß
die Antragsgegnerin als Verwenderin des Begriffs alle Vorstellungen gegen sich
gelten lassen, die nicht unbeachtliche Teile der von ihr angesprochenen
Verkehrskreise mit diesem Hinweis in dem angegriffenen Werbeschreiben sowie in
der beanstan-deten Visitenkarte verbinden.
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Weder dieses Werbeschreiben noch die Visitenkarte der Antragsgegnerin enthalten
eine ausdrückliche Erläute-rung dazu, was dort jeweils unter der "Kooperation" der
Antragsgegnerin mit der Bundesrechtsanwaltskammer zu verstehen ist. Durch die
konkrete Anordnung und Gestaltung des Hinweises "in Kooperation mit der
Bundesrechtsanwaltskammer" wird jedoch dem Leser der Eindruck vermittelt, der in
dem Werbeschreiben und in der Visitenkarte jeweils herausgestellte "Anwalt-Suchs-
ervice" werde von der Antragsgegnerin und der Bundes-rechtsanwaltskammer
gemeinsam "getragen". Dies gilt einmal aus der Sicht derjenigen Rechtssuchenden,
an die sich die Antragsgegnerin, wie von der Antragstellerin durch eidesstattliche
Versicherung glaubhaft gemacht, mit den beanstandeten Handlungen wendet. Dies gilt
aber gleichermaßen aus der Sicht der Rechtsanwälte, die von der Antragsgegnerin
nach ihrem eigenen Vorbringen mit dem beanstandeten Werbeschreiben und der
Visitenkarte angesprochen werden. Zu der aufgezeigten Vorstellung und Erwartung
der Rechtssuchenden von der maßgeblichen Beteiligung der
Bundesrechtsanwaltskammer bei dem "Anwalt-Suchservice" trägt insbesondere bei,
daß der Hinweis auf die Kooperation der Antragsgegnerin jeweils unmittelbar im
Anschluß an die Firmenbezeichnung erscheint, wobei er sowohl durch diese
Plazierung als auch durch den Anschluß mit dem klein geschriebenen "in" gleichsam
als deren Fortsetzung - als weiterer Firmenbestandteil - wirkt. Die
Unternehmensbezeichnung der Antragsgegnerin mit dem Zusatz über die Kooperation
der Antragsgegnerin mit der Bundesrechtsanwaltskammer erweckt dadurch den
Eindruck einer "Gesamtbezeichnung"
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derjenigen Anbieter, die hinter dem "Anwalt-Suchservi-ce" stehen. In dem
Werbeschreiben wird dieser Eindruck noch dadurch verstärkt, daß die
"Gesamtfirmierung" im Kopf des Schreibens aufgeführt ist, also an der üblicherweise
für die Firmierung des Verfassers eines Schreibens verwandten Stelle, wobei sowohl
der Bestand-teil "Anwalt-Suchservice" der Unternehmensbezeichnung der
Antragsgegnerin als auch der Hinweis "Bundesrechts-anwaltskammer" durch
Fettdruck grafisch gleichwertig betont werden. In der Visitenkarte wird eine im wesent-
lichen vergleichbare Wirkung des durch die Plazierung der "Gesamtbezeichnung"
unterhalb des Hinweises "An-walt-Suchservice" und dessen Logo erzielt.
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Vor dem Hintergrund, daß es sich bei dem Anwalt-Suchs-ervice um eine Leistung
handelt, die der Sache nach zum unmittelbaren Tätigkeitsbereich der Bundesrechts-
anwaltskammer gehört und damit aus der Sicht der Rechtssuchenden und Anwälte
auch ohne weiteres von der Bundesrechtsanwaltskammer allein angeboten werden
könnte, wird deshalb nicht nur ein nicht unbeachtlicher Teil der von den beanstandeten
Handlungen der Antrags-gegnerin angesprochenen Verkehrskreise den Grund für die
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beschriebene Herausstellung des Zusammenwirkens der Antragsgegnerin mit der
Bundesrechtsanwaltskammer darin sehen, daß die Bundesrechtsanwaltskammer mit
der Antragsgegnerin bei dieser Dienstleistung gleichbe-rechtigt zusammenarbeitet und
der "Anwalt-Suchservice" somit von beiden gemeinsam "getragen" werde. Aus der
Sicht der von der Antragsgegnerin angesprochenen Rechtsanwälte mag dabei eher
fernliegen, daß dies
auch die Vorstellungen von wirtschaftlichen Verflech-tungen zwischen der
Antragsgegnerin und der - öffent-lich-rechtlichen - Bundesrechtsanwaltskammer
umfaßt. Zumindest werden aber auch die Rechtsanwälte ebenso wie die
Rechtssuchenden erwarten, daß der Bundesrechts-anwaltskammer in bezug auf den
"Anwalt-Suchservice" der Antragsgegnerin jedenfalls rechtlich eine maßgebliche
Einwirkungsmöglichkeit auf die Antragsgegnerin und de-ren Leistungsangebot
eingeräumt ist, die die durch die beanstandeten Handlungen hervorgerufene
Erwartung von der Zusammenarbeit der Antragsgegnerin mit der Bundes-
rechtsanwaltskammer rechtfertigt.
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Die tatsächliche Zusammenarbeit der Antragsgegnerin mit der
Bundesrechtsanwaltskammer, wie sie im vorliegenden Verfahren glaubhaft gemacht
worden ist, genügt jedoch nicht den aufgezeigten Erwartungen der Rechtssuchenden
und Rechtsanwälte von der Art und Weise dieser Koope-ration. Der - ohnehin nur
zwischen der Verlag S. KG und der Bundesrechtsanwaltskammer geschlos-sene -
Kooperationsvertrag vom 27./28. April 1994 räumt der Bundesrechtsanwaltskammer
keine entsprechenden Mit-wirkungsrechte in bezug auf den "Anwalt-Suchservice" ein.
Vielmehr wird dort in der Präambel ausdrücklich festgestellt, daß die
Bundesrechtsanwaltskammer mit dem Abschluß des Kooperationsvertrags "keine
wirtschaftli-che Verantwortung oder Mitverantwortung" für den An-walt-Suchservice
oder die Antragsgegnerin übernimmt und der Kooperationsvertrag lediglich
sicherstellen soll, daß die Bundesrechtsanwaltskammer "im Interesse der Anwaltschaft
auf berufsrechtliche und berufspolitische
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Entscheidungen durch Beteiligung in den entsprechenden Gremien" des Anwalts-
Suchservice einwirken kann. § 2 des Kooperationsvertrags, in dem die "Rechte und
Pflichten der Vertragspartner", wenn auch nur pauschal, genannt werden, bestätigt
diese Zielrichtung des Ver-trags und ist ebenso wie der Vertragsinhalt im übrigen nicht
geeignet, den Schluß zu begründen, die Bundes-rechtsanwaltskammer sei in bezug
auf den "Anwalt-Suchs-ervice" gleichberechtigte Partnerin der Antragsgeg-nerin.
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Das ebenfalls am 27./28. April 1994 zwischen der Verlag S. KG und der
Bundesrechtsanwaltskammer vereinbarte "Statut für den Beirat und den Geschäfts-
führungs-Ausschuß" führt ungeachtet der Beteiligung der
Bundesrechtsanwaltskammer an diesen beiden Gremien, die nach dem erwähnten
Kooperationsvertrag und nach dem "Statut" bei der Antragsgegnerin zu bilden sind, zu
keiner anderen Beurteilung. § 6 Abs. 1 des "Statuts" gewährt dem Beirat nur ein
Anhörungsrecht; § 7 Abs. 1 spricht lediglich davon, daß der Geschäftsführungs-Aus-
schuß die Geschäftsführung der Antragsgegnerin berät und die Sitzungen des Beirats
vorbereitet. § 6 Abs. 2 des Statuts nennt zwar Angelegenheiten, bei denen die
Geschäftsführung der Antragsgegnerin der Zustimmung des Beirats bedarf. Diese
Angelegenheiten umfassen aber neben der hier nicht interessierenden anwaltlichen
Gemeinschaftswerbung nur berufsrechtliche und berufs-politische Fragen "genereller
Art" bzw. den "Inhalt und Umfang des Katalogs der Interessenschwerpunkte", damit
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Fragen, die zwar für die generelle Gestaltung
des "Anwalt-Suchservice" von Bedeutung sein können, je-doch nichts daran ändern,
daß der "Anwalt-Suchservice" eine allein von der Antragsgegnerin angebotene und zu
verantwortende Dienstleistung bleibt, die nicht, wie es die beanstandeten
Wettbewerbshandlungen der Antrags-gegnerin suggerieren, mitverantwortlich auch
von der Bundesrechtsanwaltskammer getragen wird. Nichts anderes ergibt sich
schließlich aus § 6 Abs. 3 des "Statuts", wonach der Beirat in allen grundsätzlichen
berufsrecht-lichen Fragen an die Auffassung des Präsidiums der
Bundesrechtsanwaltskammer gebunden ist, oder aus § 7 Abs. 1 des "Statuts" der
festlegt, daß der Geschäfts-führungs-Ausschuß die Geschäftsführung der Antragsgeg-
nerin berät und die Sitzungen des Beirats vorbereitet. Ebenso enthält die von der
Antragsgegnerin vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers E. der
Bundesrechtsanwaltskammer vom 4. Juni 1996 keine Umstände, die den Schluß auf
eine weitergehende tatsächliche Einflußnahme der Bundesrechtsanwaltskammer auf
die Antragsgegnerin in bezug auf den "Anwalt-Suchs-ervice" und damit die
aufgezeigten Vorstellungen der Rechtssuchenden und Rechtsanwälte von der
Kooperation der Antragsgegnerin mit der Bundesrechtsanwaltskammer rechtfertigen
könnten.
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Die von der Antragsgegnerin angesprochenen Verkehrs-kreise werden daher durch
die mit dem Verfügungsantrag beanstandeten Handlungen der Antragsgegnerin im
Sinne von § 3 UWG irregeführt.
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Diese Irreführung ist auch relevant, denn sie ist ge-eignet, sowohl die
Rechtssuchenden als auch die von der Antragsgegnerin umworbenen Rechtsanwälte
zu veranlas-sen, sich der Dienstleistung der Antragsgegnerin zu be-dienen bzw. - als
Anwalt - sich dem "Anwalt-Suchservi-ce" der Antragsgegnerin anzuschließen. Es liegt
auf der Hand, daß ein "Anwalt-Suchservice", der von der Bundes-
rechtsanwaltskammer zumindest mitgetragen wird, aus der Sicht beider
Verkehrskreise ungleich attraktiver ist als eine entsprechende Dienstleistung eines
Wettbewer-bers der Antragsgegnerin, der nicht auf eine derarti-ge Beteiligung der
Bundesrechtsanwaltskammer verweisen kann. Der Rechtssuchende wird bei einem
"Anwalt-Such-
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service", an dem die Bundesrechtsanwaltskammer als Standesorganisation der
Anwälte in der von der Antrags-gegnerin suggerierten Weise maßgeblich beteiligt ist,
eine erhöhte Seriösität erwarten, was die Genauigkeit, Sicherheit und Aktualität der
Angaben zu den Anwälten und ihren Schwerpunkten und Interessengebieten angeht.
Der Rechtsanwalt wiederum wird davon ausgehen, daß ihm bei einer Beteiligung am
"Anwalt-Suchservice" der An-tragsgegnerin die nicht immer einfache Frage
abgenommen wird, mit welchen Angaben er "werben" darf, ohne eine berufsrechtliche
Beanstandung befürchten zu müssen, und im übrigen auch erwarten, daß ein von der
Bundes-rechtsanwaltskammer verantwortlich mitgetragener "An-walt-Suchservice" auf
eine gesteigerte Resonanz bei den Rechtssuchenden stoßen wird mit entsprechenden
positi-ven Auswirkungen für die sich an einem derartigen Ser-vice beteiligenden
Rechtsanwälte.
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Die beanstandeten Handlungen der Antragsgegnerin erfüllen danach den Tatbestand
des § 3 UWG, so daß die Antragsgegnerin die Antragsgegnerin zu Recht auf
Unterlassung in Anspruch nimmt. Dies gilt auch nach der im Rahmen des § 3 UWG
gebotenen Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen der Parteien.
Gegenstand des Unterlassungsbegehrens der Antragstellerin ist nur die konkret
beanstandete Form der Verlautbarung über die Zusammenarbeit der Antragsgegnerin
mit der Bun-desrechtsanwaltskammer. Der Antragsgegnerin bleibt es daher auch nach
dem Unterlassungsgebot des Landgerichts unbenommen, auf diese Zusammenarbeit
hinzuweisen, wenn dies - wie es ohne weiteres möglich ist - in zutreffen-der Weise
geschieht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO mit der Verkün-dung rechtskräftig.
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