Urteil des OLG Köln vom 03.05.1995

OLG Köln (rechtliches gehör, zpo, kläger, anwesenheit, teilnahme, kenntnis, 1995, antrag, erstellung, unterlagen)

Oberlandesgericht Köln, 19 U 153/93
Datum:
03.05.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 U 153/93
Normen:
GG ART 103; ZPO §§ 286, 357
Leitsätze:
Recht des Prozeßgegners auf Teilnahme am Sachverständigentermin
trotz Geheimhaltungsinteresse und Gefährdung von
Geschäftsgeheimnissen
Das Interesse einer Partei an der Wahrung von Betriebsgeheimnissen
rechtfertigt es nicht, der Gegenpartei die Einsicht in von einem
gerichtlich bestellten Sachverständigen (hier: Wirtschaftsprüfer) zur
Erstellung des Gutachtens herangezogene Geschäftsunterlagen zu
verweigern und ihr in diesem Zusammenhang das Betreten der
Büroräume verwehren, in denen der Sachverständige diese
Geschäftsunterlagen prüft.
Tenor:
Der Antrag des Beklagten vom 09.03.1995, den Kläger persönlich von
der Mitwirkung bei Tätigkeiten des Sachverständigen in der Praxis des
Beklagten auszuschließen und ihm nur zu gestatten, sein
Mitwirkungsrecht durch einen zu beruflicher Verschwiegenheit - auch
ihm gegenüber - verpflichteten Wirtschaftsprüfer seines Vertrauens
auszuüben, wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
1
Das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG) wie auch § 286 ZPO
werden im Sachverständigenverfahren nur dann erfüllt, wenn dem Kläger (und dem
Gericht) die Geschäftsunterlagen des Beklagten, deren Kenntnis nach Ansicht des
Sachverständigen für die Erstellung des Gutachtens erforderlich ist, offen gelegt werden.
Dies mit Rücksicht auf etwaige Geschäftsgeheimnisse des Beklagten zu verweigern, ist
unzulässig (BGHZ 116, 47, 58). Der Kläger darf deshalb nicht in der vom Beklagten
gewünschten Weise von der Teilnahme an der Beweisaufnahme ausgeschlossen
werden (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 53. Aufl., § 357 Rn. 2; Musielak in
Münch. Komm. ZPO, § 357 Rn. 9, § 404 a Rn. 11; Thomas/Putzo, ZPO 18. Aufl., § 357
Rn. 1; so grundsätzlich auch Zöller/Greger, ZPO 19. Aufl., § 411 Rn. 3 a). Eine Art
Geheimverfahren im Zivilprozeß, um Betriebsgeheimnisse zu wahren, ist mit dem
geltenden Zivilprozeßrecht unvereinbar (Musielak a.a.O.). Die Rechte des Klägers
werden durch die Anwesenheit eines auch ihm gegenüber schweigepflichtigen
2
Vertreters nicht hinreichend gewahrt, weil damit er als Prozeßpartei von der ihm
zustehenden Kenntnis aller für das Gutachten wichtigen Tatsachen ausgeschlossen
würde. Dem Lösungsvorschlag von Zöller/Greger a.a.O., an den der Beklagte seinen
Antrag ersichtlich angelehnt hat, kann der Senat deshalb nicht folgen. Zur Klarstellung
ist darauf hinzuweisen, daß der Kläger selbstverständlich nicht berechtigt ist, von sich
aus nach Unterlagen des Beklagten zu fahnden. Es geht allein um sein Recht auf
Anwesenheit bei der Tätigkeit des Sachverständigen in den Räumen des Beklagten und
auf Einsicht in die von diesem für wesentlich gehaltenen Unterlagen.
2
3
2
4